Antifaschismus

Aufrecht gegen Nazis

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würdigt Maria Wachter:

Leben einer »Unverbesserlichen«


Zum Tod der Düsseldorfer Antifaschistin und Kommunistin Maria Wachter

Ob sie stolz sei auf ihr Alter, wurde Maria Wachter gefragt, als sie am 21. April dieses Jahres in Düsseldorf im Kreis von Freunden und Genossen ihren 100. Geburtstag beging. Auf ihr Alter sei sie nicht stolz, dafür könne sie ja nichts. »Aber ich bin natürlich stolz darauf, jetzt fast 80 Jahre der Kommunistischen Partei anzugehören«, sagte Wachter.

Im September wollte sie dieses Jubiläum feiern. Nun ist Maria Wachter, eine der letzten Überlebenden des antifaschistischen Widerstandskampfes in Nordrhein-Westfalen am vergangenen Mittwoch in Düsseldorf gestorben. Das Leben einer aktiven Teilnehmerin an den Kämpfen des kommunistischen Widerstandes gegen Krieg und Faschismus hat sich erfüllt. »Es ist eine Pflicht, gegen die alten und neuen Nazis auf die Straße zu gehen und zu verhindern, daß sie ihre Propaganda verbreiten können«, mahnte sie immer wieder.

Wachter wuchs in einer sozialdemokratisch geprägten Familie auf. Über den kommunistischen Arbeitersportverein »Dynamo« kam sie 1930 zu KPD. Ein Jahr später wurde sie Mitglied der vom Schauspieler und späteren Intendanten des Düsseldorfer Schauspielhauses und des Deutschen Theaters in Berlin Wolfgang Langhoff betreuten Agitprop-Theaterguppe »Nord-West-Ran« in Düsseldorf. Als am 26. Januar 1932 Adolf Hitler, der »Führer« der faschistischen NSDAP im Düsseldorfer Industrieclub vor 300 Bank- und Konzerchefs sein Programm vorstellen konnte, gehörte sie zu der großen Schar der Demonstranten, die vor dem feudalen Parkhotel mahnten und warnten: »Wer Hitler wählt, wählt den Krieg«.

Von 1933 bis 1935 lebte sie in ihrer Heimatstadt als Mitglied einer Widerstandsgruppe im Untergrund. Anschließend besuchte sie bis 1937 die internationale Leninschule in Moskau. Über den Pariser Exilvorstand der KPD kam sie als sogenannte Instrukteurin zu der in Amsterdam sitzenden Abschnittsleitung West der KPD. Bis 1939 reiste sie in dieser Funktion regelmäßig mit gefälschten Papieren zur Betreuung der im Bielefelder Raum wirkenden Widerstandsgruppen der KPD, unter anderem in die Oetkerwerke und die Fahrradfabrik Dürkopp. Als »feindliche Ausländerin« wurde sie 1939 in Paris verhaftet und im Frauenstraflager Rieucros (Cevennen) interniert. Über 13 verschiedene Haftanstalten erfolgte zur Jahreswende 1942/43 der Transport nach Düsseldorf. Es folgte ein Prozeß in Hamm, die Verurteilung zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe und anschließender Haft im KZ Ravensbrück. Davor bewahrte sie die Befreiung Mitte April 1945.

Wieder in Düsseldorf erlebte sie bald, daß der Antikommunismus erneut zur Staatsdoktrin wurde. Antifaschisten wurden aus den Ämtern gedrängt, 1951 wurde die FDJ verboten, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) wurde mit Verbot bedroht. 1956 dann wurde die KPD erneut in die Illegalität gedrängt. Unter der Beschuldigung, gegen das Urteil verstoßen und die illegale Betriebsgruppe der Partei im Stahlwerk Oberbilk angeleitet zu haben, wurde sie 1958 inhaftiert und vor Gericht gestellt. Eine »Unverbesserliche« sei sie, hatten die Richter mit Verweis auf die ihnen vorliegenden Gestapo-Akten befunden. Wachter mußte zwar freigesprochen werden, die Opferrente als Verfolgte des NS-Regimes wurde ihr jedoch abgesprochen.

Viele Jahre wirkte Maria Wachter in der Bundesgeschäftsstelle der VVN-BdA in Frankfurt/Main. Zuletzt war sie Ehrenvorsitzende der Verfolgtenorganisation in Nordrhein-Westfalen. Mit großem Engagement widmete sie sich der Erinnerung an den antifaschistischen Widerstand. Dem Förderverein der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte gehörte sie als Ehrenmitglied an. Die »Volksvertreter« der Stadt konnten sich nicht zu einer öffentlichen Ehrung der Frau aufraffen, die so aufrecht durch das Leben gegangen ist. Im September 2008 verweigerte der Rat der Stadt in Koalition von CDU/FDP/SPD bei Stimmenthaltung der Grünen und eines SPD-Ratherrn die Zustimmung zum Antrag der Linken auf Verleihung der Ehrenbürgerschaft.

Hans Daniel
Quelle: jungeWelt
 25.08.2010



Die Trauerfeier für Maria Wachter findet am 20. September, ab 13.20 Uhr, in der Kapelle des Stoffeler Friedhofs, Bittweg 60, in Düsseldorf statt.