Düsseldorf

Das Verbot von »Kameradschaften« reicht nicht

Multikulturelles Sommerfest im Volksgarten in Düsseldorf zeigte inhaltliche Alternativen auf

Sommerfestwiese mit vielen Gästen.

Vor fast genau einem Jahr verbot der NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) drei »Kameradschaften« aus dem Neonazi-Sumpf: »Kameradschaft Aachener Land«, »Kameradschaft Hamm« und die »Kameradschaft Nationaler Widerstand Ruhrgebiet« mit Schwerpunkt in Dortmund wurden verboten. Bereits im Mai letzten Jahres hatte er die Kölner »Kameradschaft Walter Spangenberg« (Anführer: Axel Reitz) verbieten lassen.

900 Polizisten durchsuchten am 23. August Wohnungen und Vereinsräume in Ahlen, Bielefeld, Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Hamm, Heinsberg, Herdecke, Lünen, Münster, Schwerte und Welver.

Die Zusammenarbeit zwischen NPD und dem »Nationaler Widerstand Dortmund« dokumentieren 1000 NPD-Plakate, die bei der »Kameradschaft« gefunden wurden.

In NRW gibt es nach Angaben des Ministeriums 400 bis 600 gewaltbereite Neonazis. 4000 bis 5000 Verfahren wurden in den letzten Jahren eingeleitet. Das Interesse an dem »Aussteigerprogramm« ist nach Jäger so groß wie noch nie: Mit 34 Neonazis werden Gespräche geführt… Festnahmen gab es im August letzten Jahres nicht.

Ein tagesaktuelles Ereignis und eine Jahresbilanz verdeutlichen, dass es mit einem Verbot von Parteien wie der NPD und von Neonazikameradschaften allein nicht getan ist, solange die organisierten Neonaziaktivitäten weiterhin zugelassen werden. In Bad Nenndorf wurde der Auflauf der Neonazis auf der administrativ-juristischen Ebene erlaubt – aber von Antifaschisten so begleitet, dass der »Trauermarsch« der Veranstalter vorzeitig abgebrochen werden musste.

Eine Reihe Infostände.

Diesem punktuellen Erfolg steht entgegen, dass die Nazi-Aktivisten, die sich in den verbotenen Kameradschaften organisiert hatten, innerhalb eines Jahres zum Teil in der Partei »Die Rechte« Unterschlupf gefunden haben, denn die wurde als Nachfolgeorganisation vom Innenminister nicht verboten. »Die Rechte« war zeitlich passend im Mai 2012 von Christian Worch (Ex-DVU) gegründet worden. Die Staatsanwaltschaft in Dortmund lehnte es im Januar 2013 ab, wegen der Gründung des NRW-Landesverbandes zu ermitteln. Vom Bundeswahlausschuss wurde die Partei am 5. Juli 2013 zur Bundestagswahl 2013 als politische Partei zugelassen. Dem Ausschuss gehören neben dem Bundeswahlleiter Roderich Egeler (CDU) Vertreter von CDU, CSU, FDP, Grüne, SPD und Die Linke an.

Multikulturelles Engagement statt brauner Sumpfblüten bestimmte das Programm im Düsseldorfer Volksgarten in der ehemaligen KPD-Hochburg Oberbilk. Informationsstände hatten aus dem Parteienspektrum die Linkspartei und die DKP. Vertreten waren auch »Kuhle Wampe«, »Amnesty International«, Türkei-Zentrum, Vertreter der Kurden, »stay Düsseldorf«, Rote Hilfe, »see red« und die VVN. Ein Konzert mit griechischer und türkischer Musik stand in der Tradition der jeweiligen Friedensbewegungen. Mehrere regionale Bands signalisierten anschließend vor den etwa 1000 Besuchern: Rechte haben hier nichts zu suchen.

Uwe Koopmann


Fotogalerie mit Bildern von Irène Lang und Uwe Koopmann