Köln

Eine Spende für die Sozialklinik von Thessaloniki

Interview 

19. Mai 2019. Christine Reinicke hat unsere Spende für eine Solidaritätsklinik in Thessaloniki übergeben. Und sie hat bei dieser Gelegenheit ein Interview gemacht.


 Interview

Christine: Wir bringen Euch eine kleine Spende von 1000 Euro die von den Mitgliedern der Innenstadtgruppe der DKP Kölns und weiteren Gästen anlässlich des 70sten Geburtstags unseres langjährigen Mitglieds Klaus Stein, für Euch gesammelt wurden. Wir wollen einen Bericht darüber schreiben und würden uns freuen, wenn ihr uns ein paar Fragen beantworten könntet.

Nach unserer Recherche haben sich Solidaritätskliniken in ganz Griechenland nach der Krise im Jahre 2008 gegründet, um Menschen, die keinen Zugang zum Gesundheitssystem haben, die notwendige medizinische Hilfe zukommen zu lassen.

Wann habe ihr hier mit eurer Arbeit in der Klinik angefangen?

«Hier in Thessaloniki haben wir im Jahre 2014 angefangen.»

Gibt es noch andere Kliniken?

«In Griechenland gibt es mehrere, hier nur eine.»

Wie viele haben nach 2008 angefangen und mussten ihre Arbeit wieder einstellen?

«Einen größeren Versuch hier in Thessaloniki hatte es unmittelbar nach 2008 gegeben. Es hat damals viele Diskussionen gegeben, wie was zu tun ist. Mehrere Gruppen und Parteien wollten das Projekt auf ihre Fahne schreiben und deshalb hat es letztendlich nicht geklappt. Aber es wurde viel Erfahrung gesammelt und man hat verstanden, dass gemeinsame Entscheidungen wichtig sind, auch wenn sie manchmal langsamer zustande kommen.»

Seit 2008 haben etwa 20000 Ärzte Griechenland verlassen, wovon Deutschland profitiert. Wie wirkt sich der Ärzte-Mangel in Griechenland aus?

«Die Krankenhäuser haben einfach ihr nötiges Personal nicht mehr. Ich will lieber ein Beispiel erzählen: Meine Freundin ist abends um 8 Uhr mit einem dringenden Problem ins Krankenhaus gegangen. Am nächsten Morgen um 8 Uhr wurde sie erst behandelt. Es ist überhaupt nicht möglich, dass man notwendige Hilfe schnell bekommt. Das kann auch manchmal tödlich sein. Manchmal muss man sogar stundenlang stehend warten.»

Ich habe gelesen, dass heute eine Ärztin mit 20 Jahren Berufserfahrung etwa 1500 Euro netto pro Monat verdient. Könnt ihr das bestätigen?

«Ja, sie verdienen viel weniger als in Deutschland.»

Wie sieht es mit Krankenschwestern oder Pflegern aus?

«Genauso.»

Versorgt ihr nur Menschen, die nicht versichert sind?
Versorgt ihr Geflüchtete?

«Wir versorgen hier alle Menschen. Z.B. hat unser Zahnarzt sehr viel zu tun, denn die staatlich Unterstützung ist kaum vorhanden. Es entsteht auch ein privater Markt, z.B. in Nord-Mazedonien, wo die private Zahnversorgung viel billiger ist. Dort stellt man sich darauf ein und lernt sogar griechisch. Wir haben hier auch sehr viele Medikamente, denn die Menschen können die Zuzahlungen zu den nötigen Medikamenten einfach überhaupt nicht leisten.»

Wie viele Menschen arbeiten hier?

«Es sind vielleicht 30 Ärzte, die immer wieder einige Stunden hier her kommen. Insgesamt arbeiten etwa 200 Personen hier.»

Von wem bekommt ihr Unterstützung?

«Wir bekommen Geld von Vereinen und wir nehmen private Spenden. Wir nehmen weder Geld von Parteien noch von Kirchen. Einmal haben wir sogar EU-Gelder abgelehnt. Wir fanden das verlogen: Erst wird unser Gesundheits-System kaputt gemacht und dann sollen wir ein bisschen Geld bekommen.»

Gibt es Leistungen, die mit der staatlichen Krankenkasse abgerechnet werden können?

«Wir bekommen keinerlei staatliche Leistungen.»

In Griechenland breiten sich Erkrankungen wie Tuberkulose wieder aus. Die Selbstmordrate und die Säuglingssterblichkeit hat erheblich zugenommen. Wie wirken sich die finanziellen Kürzungen auf die Entwicklung der Krankheiten aus?

«Neben dem, was Sie gesagt haben, breitet sich auch Krebserkrankungen vermehrt aus.»

Eine letzte Frage: Macht euch euer Beruf noch Spaß?

«Ja, weil man durch die Arbeit hier in Kontakt mit vielen Menschen, mit Gruppen und Organisationen, ist und weil man in einem sozialen Bereich tätig ist. Schön ist es auch zu sehen, dass die Bedürftigen ihre Forderungen immer besser formulieren können, denn es geht um ihre Gesundheit.»

 


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