Linker Niederrhein

150 Jahre Sozialdemokratische Partei Deutschlands

150 Jahre SPD – »schlechte Geschäfte unter einem ehemals guten Namen«

SPD-Gründer

 

Viersen, 23. Mai 2013 | Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands begeht heute ihren 150. Geburtstag. Da wir Grund haben, uns auf die gemeinsame Wurzel zu berufen, haben wir auch Grund, zu gratulieren! Die Gratulationen nimmt die SPD heute aber wohl lieber von anderen an: Die bürgerlichen Medien gratulieren, selbst die Kanzlerin gratuliert ihrem vermutlichen nächsten Koalitionspartner, und ganz Leipzig schwankt, ob nun gerade die SPD oder der Antisemit Richard Wagner gefeiert werden soll.

 

Heute morgen konnte mensch im ARD Morgenmagazin hören, die SPD wäre die einzige Partei gewesen, die 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz gekämpft habe. Bei solcher Geschichtsklitterung wird dann locker darüber hinweggesehen, dass die KPD bereits mit Terror verfolgt wurde und ihre Abgeordneten im KZ oder im Untergrund waren, als Otto Wels für die SPD im März '33 im Reichstag gegen das Ermächtigungsgesetz sprach. (Der gleiche Otto Wels, der als Stadtkommandant im Dezember 1918 demonstrierende Spartakisten erschießen ließ, der sich nach Papens Staatsstreich gegen Preußen 1932 gegen einen Generalstreik stark machte und diesen auch noch im Januar '33 ablehnte.)

 

Hans-Jochen Vogel durfte erklären, er sei stolz auf seine SPD, die »nie einen Krieg vom Zaun gebrochen und nie einen Krieg verherrlicht« habe und eine »Sozialdemokratie, die nie Menschen unterdrückt hat«. Nun denn - »vom Zaun gebrochen« dürfte für 1914 ja noch eine passende Formulierung sein - aber ermöglicht hat die SPD den Weltkrieg mit ihrer Zustimmung zu den Kriegskrediten. (Karl Liebknecht, der im Dezember als Einziger dagegen votierte, wurde von der SPD-Fraktion 1916 als Kriegsgegner ausgeschlossen und wurde dann 1919 zu einem der Gründer der KPD.) Und die Rolle der SPD - gemeinsam mit den Grünen - beim Krieg gegen Jugoslawien, dem ersten Krieg, der nach 1945 wieder von Deutschland geführt wurde, ließe sich durchaus als »vom Zaun brechen« bezeichnen. Und was die Unterdrückung von Menschen angeht, dürften die zweiunddreißig im Mai 1929 von einer unter sozialdemokratischem Befehl stehenden Polizei erschossenen Arbeiter kein passender Beleg sein. Und was waren die Berufsverbote gegen tausende Kommunistinnen und Kommunisten, die unter dem SPD-Kanzler Willi Brand eingeführt wurden den sonst, wenn sie keine Unterdrückung von Menschen waren? Wie wirkt sich das mit SPD-Zustimmung faktisch abgeschaffte Grundrecht auf Asyl auf die Unterdrückung von Menschen aus? Und wie schließlich Hartz-IV?

Wenn es denn schon weder die bürgerlichen Medien noch die SPD selber hinbekommt, ihren Feiertag ohne Geschichtsklitterung zu begehen - dann versuchen wir es eben, diese Aufgabe zu übernehmen:

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ist entstanden als Organ der sozialistischen Arbeiterbewegung. Sie wurde maßgeblich geleitet von der Theorie von Marx und Engels, erarbeitete sich 1891 ein marxistisches Programm, hatte so bedeutende Mitglieder wie Wilhelm und Karl Liebknecht, August Bebel, Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Clara Zetkin, Käte und Hermann Duncker, Wilhelm Pieck. Bei aller berechtigten Kritik an ihrer Rolle als Stabilisator der kapitalistischen Herrschaft in der Weimarer Republik, war sie doch zwingend in Gegnerschaft zum Faschismus und wurde deswegen nach '33 verboten und ihre Mitglieder verfolgt. Diese zwingende Gegnerschaft, die prinzipielle Unvereinbarkeit der Sozialdemokratie mit dem Faschismus wurde von der KPD leider erst zu spät erkannt. Das war ein Fehler. Die Versuche zu einer Anpassungsstrategie und die Zurückweisung der Vorschläge zum gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus durch die Sozialdemokratie noch nach dem Januar '33 belegen aber, dass die SPD-Führung die zwingende Gegnerschaft zum Faschismus leider immer noch nicht in ihrer Bedeutung erkannt hatte, als der Fehler von der KPD bereits korrigiert wurde. Die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten jedoch, die daraus lernten und dann nach der Befreiung vom Faschismus sich in Ost- und Westdeutschland für die Einheit der Arbeiterbewegung einsetzten, gehören ebenso zur ehrenvollen Geschichte der deutschen Sozialdemokratie. Für meinen Geschmack sicher eher, als die Schmidts, Schröders und Steinbrücks von heute.

 

Kurt Tucholsky schrieb schon 1923:

»Es ist ein Unglück, dass die SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands heißt. Hieße sie seit dem 1. August 1914 Reformistische Partei oder Partei des kleineren Übels oder Hier können Familien Kaffee kochen oder so etwas – vielen Arbeitern hätte der neue Name die Augen geöffnet, und sie wären dahin gegangen, wohin sie gehören: zu einer Arbeiterpartei. So aber macht der Laden seine schlechten Geschäfte unter einem ehemals guten Namen.«

Heinrich, Viersen
DKP Linker Niederrhein
Krefeld - Mönchengladbach - Viersen