Betrieb & Gewerkschaft

Beamte fordern höhere Bezahlung

KRAFTvoll GELOGEN

Scharfe Kritik an NRW Ministerpräsidentin
Beschäftigte sind keine Sparschweine

Protest mit rosa Riesen-Sparschwein.

 

In Düsseldorf demonstrierten am 15. Mai 2013 rund 10.000 Be­am­tin­nen und Beamte für eine höhere Bezah­lung. Aufge­ru­fen hatten der Deut­sche Ge­werk­schafts­bund (DGB) und der Deut­sche Beam­ten­bund (dbb). Anlass war eine Land­tags­sit­zung, bei der die rot-grüne Landes­re­gie­rung die Besol­dungs­ein­schnit­te der Landes­bediens­te­ten behan­delte. SPD und Bünd­­nis­90/Grüne wollen, dass die Tarif­erhö­hun­gen für Ange­stell­te im öffent­li­chen Dienst nur zum Teil auf die Beam­ten über­tra­gen werden.

 

Zorn und Wut stand Tausenden Beamten vor dem Düsseldorfer Landtag ins Gesicht geschrieben. Auf selbstgemachten Transparenten war zu lesen: »Wer hat uns verraten…? Sozial­demo­kraten!« oder »Ohne Streik­recht keine Rechte«. Symbolisch für den Kahlschlag von SPD und Grüne, ein Jahr nach der Landtagswahl, ein über­dimen­sionales pinkfarbenes Sparschwein neben der Kundgebungs­bühne mit der Aufschrift »1:1 für alle! Wir sind nicht das Sparschwein der Landes­regierung«. Unter den Demonstranten zahlreiche Sympathisanten und offenbar auch Wähler der SPD, die ihren Protest vor das Landes­parlament trugen. Sie wittern Verrat, sehen sich von der Minis­ter­prä­si­den­tin Kraft und ihrer Riege getäuscht. Die Landes­regie­rung setzt sich zusammen aus 99 Abgeord­neten der SPD und 29 der Grünen. Diese planen das Tarif­ergebnis im öffent­lichen Dienst nur auf 20 Prozent der Beamtinnen und Beamte anzuwenden. Der Rest bekommt nicht einmal den Infla­tions­ausgleich. Das Tarifergebnis wird nur für die Besol­dungs­gruppen A2 bis A10 umgesetzt. Damit werden die Beamtinnen und Beamte, so die Gewerk­schaft Erziehung und Wissen­schaft (GEW) »als Spars­chwein der Landes­re­gierung missbraucht.«

Beamte mit Protestplakat: »Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!«.

Kritisiert wurde die Herrschaftsform von Hannelore Kraft: »Die Ge­werk­schaften stelle man vor vollendete Tatsachen« so die GEW. »Unsere Beteili­gungs­rechte und die anderer Verbände werden de facto mit Füßen getreten.« Die Fach­gewerk­schaft wirft der nordrhein-westfä­lischen Landes­regierung einen weiteren Vertrauens­verlust vor. Trotz mehrfacher Ver­spre­chun­gen verweigere diese den Abschluss eines Eingrup­pie­rungs­tarif­ver­trages für angestellte Lehrer. »Von einer Gleich­behandlung der Bezahlung sei man Meilen­steine entfernt« so Dorothea Schäfer, NRW-Landes­vorsit­zende der GEW. Der Unterschied zwischen verbeamteten und angestellten Lehrkräften zeigt sich im Portemonnaie mit mehreren hundert Euro pro Monat. Gegenüber Unsere Zeit wies Schäfer auf Nachfrage darauf hin »es treffe nicht nur die jetzt beschäftigten Lehrer, sondern wirke sich auch massiv auf die späteren Pensionen der Beamten aus.« In einer Stellung­nahme vom 29. April des DGB NRW zum Gesetzes­entwurf weist dieser genau darauf hin. Durch die Entscheidung werden nicht bloß Erhöhungen aus­ge­setzt, es handele sich auch um Pensions­kürzungen. Geht man von einer Lebens­erwartung von 80 Jahren aus, verliert eine Pensionär in 18 Jahren seines Ruhestandes über 20.000 Euro.

 

Einem aktiven Beamten in A 11 wird auf Dauer im Verhältnis zu einer 1:1-Übernahme des Tarif­abschlusses des Tarif­vertrages der Länder (TdL) das Brutto­jahres­einkommen um 1.573,48 € gekürzt. Alleine durch die Verweigerung der Anpassung der Beamten­besoldung (BBesO) an die Tarif­erhöhung »spart« Rotgrün in NRW mindestens 710 Millionen Euro jährlich ab 2014.

 

Vergleicht man dies mit anderen Bundesländern und dem Bund bei der Bezahlung seiner Beamtinnen und Beamten ab A 11 BbesO, ist NRW eines der Schluss­lichter. Hinzu kommt eine erhöhte Arbeitszeit von 41 Wochen­stunden.

Protestierende Beamt mit Schild: »Ohne Streikrecht keine Rechte!«.

 

Andreas Meyer-Lauber, Vor­sitzender des DGB NRW, sagte auf der Kundgebung vor dem Düs­sel­dor­fer Land­tag, »es sei alles andere als sozial, den Be­sol­dungs­­grup­pen A 11 und A 12 noch nicht einmal einen In­fla­tions­­aus­gleich zu ge­wäh­ren. Eine solche Staf­fe­lung ist nicht ge­recht, es ist der Ver­such, die Be­am­ten­­schaft in NRW zu spal­ten.« Meyer-Lauber for­derte, den TdL um­­zu­set­zen. 5,6 Pro­zent Ge­halts­­stei­ge­rung, ge­staf­felt über zwei Jahre seien be­zahl­bar. »Wir sind ent­täuscht von der rot-grü­nen Lan­des­re­gie­rung. Die Be­am­ten haben ge­glaubt, dass es mit Han­ne­lo­re Kraft und Syl­via Löhr­mann keine wei­te­ren Son­der­­op­fer geben wird.« Der Ge­werk­­schafts­chef zweifelt zudem die Ver­fas­­sungs­­mä­ßig­­keit des Ge­set­zes­­ent­wurfs an.

 

Auf einer Vorkundgebung kritisierte der stellvertretende ver.di Landesleiter in NRW, Uli Dettmann, ebenfalls die geplante Besoldungs­anpassung. Gerade bei den 68.000 Kommunal­beamten im Land öffne sich die Schere zwischen Tarif­ange­stellten und beamteten Bediensteten immer weiter. »Da sitzen sich dann zwei Menschen bei der Stadt­verwal­tung gegenüber, die die gleiche Arbeit machen. Aber einer davon ist Beamter, hat am Monatsende weniger auf dem Konto, bekommt nur die Hälfte des Weihnachts­geldes, muss länger arbeiten und hat auch noch geringere Aufstiegs­chancen« so Dettmann.

 

An der Großdemonstration beteiligten sich die DGB-Gewerkschaften GEW, ver.di, die Gewerk­schaft der Polizei (GdP), dazu der Deutsche Beamten­bund (dbb) sowie der Deutsche Richter­bund (DRB). In zwei eindrucks­vollen Marsch­säulen waren die Protes­tierenden zum Landtag gezogen.

 

 

Text: Uwe Koopmann und Herbert Schedlbauer
Fotos: Herbert Schedlbauer

 


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