Betrieb & Gewerkschaft

Erste Bilanz der Betriebsratswahlen 2018

Streikende: «Steht auf, wer freie Arbeit will!». 

DGB-Gewerkschaften gestärkt

Eine der größten Wahlen in Deutschland sind die Betriebsratswahlen. Rund elf Millionen Werktätige sind zu den Urnen gerufen worden, um etwa 180 000 Betriebsräte in ca. 28 000 Betrieben zu wählen.

Allen Versuchen, den Einfluss der Gewerkschaften einzuschränken und allem «Gewerkschaftsbashing» von interessierten Kreisen zum Trotz, sind mehr als zwei Drittel der Betriebsräte Mitglied einer Gewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Sie bilden die Basis des Einflusses der Gewerkschaften in Deutschland und finden in den Betrieben weiterhin Anerkennung.

In den Betrieben fand Wahlkampf statt, in denen die gewerkschaftlichen Vertrauensleute und Betriebsgruppen Bilanz zogen und sich für die kommenden Jahre positionierten. Die Anzahl der Betriebe, in denen gewählt wird, übersteigt selbst die Anzahl von Gemeindevertretungen in Deutschland erheblich. Bei diesen Dimensionen ist es nur schwer verständlich, warum die Aktivitäten nur so geringe öffentliche Beachtung finden. Dieses Jahr war es anders. «Spannend war das vor allem auch deshalb, weil rechtspopulistische Kräfte versuchen, in den Betrieben Fuß zu fassen und den traditionell eher links organisierten DGB-Organisationen Konkurrenz zu machen», beschrieb es der Deutschlandfunk auf seiner Website.

So neu ist das Gebaren dieser «neuen» Rechten nicht. Mit bekannter sozialer Demagogie wird gegen die Gewerkschaften Front gemacht. Die Auswertungen der Wahlen stehen insgesamt noch aus, es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass die DGB-Gewerkschaften aus den Betriebsratswahlen eher gestärkt hervorgehen. Auch in den wenigen Betrieben wo rechte Listen aufgestellt wurden, konnten diese zwar Mandate gewinnen, jedoch nicht zulasten der DGB- Gewerkschaften. Also alles in bester Ordnung? Die Wahrheit ist differenzierter.

Die Betriebsratswahlen zeigen einen deutlichen Unterschied des betrieblichen Wahlverhaltens zu den politischen Wahlen. In der Masse wurden auch diesmal gewerkschaftliche Kandidatinnen und Kandidaten bestätigt. In einer Analyse der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) wird deutlich, dass betrieblich gewerkschaftlich orientierte Listen soziale Haltepunkte bilden. Bei aller möglichen Kritik verstehen es die Betriebsräte, Vertrauensleute und gewerkschaftliche Betriebsgruppen mittels Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen den gesellschaftlichen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen. Danach sind politische Angebote zur Gestaltung der Arbeitswelt und zur Sicherung von Beschäftigteninteressen geeignet, der Anziehungskraft der «neuen» Rechten entgegenwirken. Es wird aber auch deutlich, dass gesamtgesellschaftlich sich die Auswirkungen der neoliberalen Politik bei den politischen Wahlen Ausdruck verschaffen. Der zunehmende Leistungsdruck oder die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes führen zur Verunsicherung. Es erscheint zwar paradox, dass eine politische Partei (AfD) zum Sprachrohr gewählt wird, die wirtschafts- und sozialpolitisch genau für eine Verschärfung eintritt. Das zeigt aber auf, wo die Gewerkschaften für einen Gegenkurs ansetzen müssen. Für die neugewählten Betriebsräte kommt es darauf an, in ihrem betrieblichen und gewerkschaftlichen Einfluss ein klares Profil für die Interessen der Werktätigen zu zeigen und durchzusetzen.

Analysen heben hervor, dass die Verunsicherungen zum stärkeren Einfluss von rassistischen Ressentiments führen und diese auch latent vorhanden waren. Daher darf das gute Ergebnis der Gewerkschaften bei den Betriebsratswahlen nicht über die Gefahr von rechts hinwegtäuschen.

Die Umgangsweise mit rassistischen oder faschistischen Meinungen muss daher eindeutig sein. Aktivitäten dürfen innerhalb der Gewerkschaften nicht hingenommen werden, dem Eindruck einer irgendwie gearteten Zusammenarbeit muss entgegengewirkt werden, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter müssen in die Lage versetzt werden, sich inhaltlich zu positionieren und es muss «Rückkehrern» die Tür offengehalten werden. Hierzu hat während der Betriebsratswahlen eine Sensibilisierung in den Gewerkschaften stattgefunden. Hier gilt es anzusetzen und mit und in den Gewerkschaften zu wirken.

Rainer Perschewski
Aus Marxistische Blätter 4-18
Foto: Werner Sarbok


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