Neue juristische Kurve der CO-Pipeline von Bayer

Von Bayer MaterialScience über Covestro und BVG zurück zum OVG Münster

 Aktionskunst: Zum Knoten verschlungenes Rohr.

Zehn Jahre dauert mittlerweile die Auseinandersetzung um die hochgiftige Kohlenmonoxid-Pipeline zwischen Dormagen und Uerdingen. Geplant wurde die CO-Pipeline von der Firma Bayer MaterialScience, die zum 1. September 2015 in die Covestro AG überging, beide Unternehmen der Bayer AG. Der Bau wurde im Dezember 2009 abgeschlossen. Bis 2011 musste allerdings nachgebessert werden, da Bayer die Vorgaben nicht eingehalten hatte. Unter anderem gab es fast 100 Abweichungen von der ausgewiesenen Trasse. Seit August 2014 befasst sich das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe mit dem Rechtsstreit. Statt über eine juristische Ziellinie wurde die Auseinandersetzung jetzt vom BVG überraschend in eine neue Kurve umgeleitet: zurück zum OVG Münster.

Dieter Donner, Pressekoordinator von sieben rechtsrheinischen Anti-Pipeline-Initiativen entlang des Rheins, erinnert: Im August 2014 war das Verfahren vom Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster ausgesetzt und als Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVG) in Karlsruhe geleitet worden. Dazu vertrat das OVG die Rechtsauffassung, dass Teile des Enteignungsgesetzes verfassungswidrig seien. Dieses Enteignungsgesetz war am 2006 einstimmig von CDU, SPD, FDP und auch mit allen Stimmen der damaligen Grünen im Landtag von NRW zum Vorteil von Bayer beschlossen worden. Es durfte mit diesem Gesetz enteignet werden zum Vorteil des Weltkonzerns, der vorgab, dass die Verlegung des Giftrohres dem Gemeinwohl nütze und nicht primär dem Gewinnstreben der Konzernzentrale geschuldet sei. Nach dem OVG Münster sollte nun der BVG Karlsruhe entscheiden. Ob dieses Gesetz mit der Verfassung in Einklang stehe, sei nicht vom OVG Münster abschließend zu prüfen, meinten die Richter dort am Aegidiikirchplatz 5. Dafür sei doch Karlsruhe zuständig. Immerhin geht es um eine 67 Kilometer langes Giftrohr, das nicht nur über enteignete landwirtschaftliche Flächen geführt wird, sondern auch in der Nähe von Schulen, Wohnhäusern und Kindergärten verläuft.

Etwas überraschend kam jetzt die Mitteilung vom Bundesverfassungsgericht, dass das Verfahren schneller bearbeitet und entschiedet wurde, ohne dass Informationen in die Öffentlichkeit gelangten.

Die Geschäftsstelle des 1. Senats hat auf eine Entscheidung der zuständigen Kammer hingewiesen, die über die Richtervorlage des OVG Münster einen Beschluss gefasst hat. Die schriftliche Abfassung dieses Beschlusses soll noch in diesem Monat abgefasst und zugestellt werden. Dieser Begründung wird zu entnehmen sein, weshalb es zu keiner Entscheidung des Senats zu einer Verfassungswidrigkeit des Rohrleitungsgesetzes gekommen ist.

Da es sich hier um ein spezielles Verfahren zwischen den Gerichten handelt und die Kammer und nicht der Senat des BVG entschieden hat, wird dies nun wohl wieder das OVG Münster beschäftigen.

Der Zusammenschluss der Initiativen, in dem auch die DKP aktiv ist, wird weiter verfolgen, wie die «Lex Bayer», also das Gesetz speziell für die Interessen von Bayer, in die Kurve kommt, ins Schleudern gerät oder vom OVG Münster aus dem Verkehr gezogen wird. Dieter Donner: «Wir stellen uns gegebenenfalls auf viele weitere Jahre im  Kampf um die Lebens- und Eigentumsrechte der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ein.»

Für die DKP, die beschlossen hat, in NRW am 14. Mai zur Landtagswahl anzutreten, ist die parlamentarische und insbesondere die außerparlamentarische Auseinandersetzung mit den Konzerninteressen von Bayer ein Musterbeispiel für den Kampf um Bürgerinteressen und gegen die Kapitalinteressen eines Weltkonzerns.

Text und Foto: Uwe Koopmann


Anmerkungen:

Richtervorlage: Eine Richtervorlage nennt man die Vorlage eines Fachgerichtes, gemäß der das Bundesverfassungsgericht entscheiden soll, ob ein Gesetz verfassungsmäßig ist (Art. 100 Absatz 1 des Grundgesetzes und §§ 80 ff. Bundesverfassungsgerichtsgesetz)