Partei

UZ – seit 45 Jahren Zeitung der DKP

UZ, Sozialistische Wochenzeitung – Zeitung der DKP

Zeitungskopf: UZ

27.02.2013 | Seit 45 Jahren gibt es die UZ, Sozialistische Wochenzeitung – Zeitung der DKP. Im April des Jahres 1969 erschien die erste Ausgabe. Nina Hager, die heutige Chefredakteurin der UZ, sprach mit früheren Chefredakteuren

  • Gerd Deumlich (April 1969 bis Dezember 1970)
  • Georg Polikeit (Januar 1972 bis Dezember1988)
  • Rolf Priemer (Juli 1996 bis März 2008)

über Geschichte, Gegenwart und Zukunft der UZ.

 

 

UZ:

Im April des Jahres 1969 erschien die erste Nummer der UZ, Zeitung der DKP.

Viele der jüngeren Mitglieder unserer Partei und gewiss auch andere Leserinnen und Leser unserer Zeitung wissen sehr wenig über die Geschichte unserer Zeitung: Warum stand eigentlich von Anfang an im Titel immer »sozialistische« Zeitung« bzw. Wochenzeitung? Warum haben sich die Herausgeber – zunächst Kurt Bachmann, dann der Parteivorstand – nicht dafür entschieden, die Zeitung der DKP »kommunistische« Zeitung zu nennen?

 

Porträt: Gerd Deumlich.

Gerd Deumlich:

»Sozialistische« oder »kommunistische« Zeitung war keine umstrittene Alternative zur Charakterisierung der UZ, als über ihre Konzeption entschieden wurde. Sie war die Zeitung der DKP. Eine Vermutung, es könnte eine taktische Konzession an den herrschenden Antikommunismus gemacht worden sein, widerlegt sich selbst: Darf die DKP den Sozialismus nicht als ihr Ziel benennen? Als wir die UZ auf einer Pressekonferenz vorstellten, wurde von bürgerlichen Journalisten-Kollegen etwas anderes moniert: Wie wir dazu kämen, »Unsere Zeit« zu titeln? Das sei doch neben der Realität! Unsere Antwort, damals sicher realistisch: Die Tendenz zum Sozialismus ist dominierend in unserer Zeit, das soll sich im Titel der Zeitung ausdrücken. Er bedeutet heute, dass wir trotz des Rückschlags der kommunistischen Bewegung an unserem Ziel festhalten. Das politische Anliegen, das die DKP mit der Herausgabe der UZ verfolgte, hat Kurt Bachmann damals treffend benannt: »Im vielfältigen Blätterwald gibt es eine große Lücke: Es fehlt eine sozialistische Wochenzeitung … In dieser Zeitung werden Sie sich konkret über die Politik der DKP orientieren können und doch feststellen, dass die UZ keine Parteizeitung im engeren Sinne ist. Sie will eine den breiten Massen unseres Volkes zugetane, aufgeschlossene sozialistische Volkszeitung sein«. (3. April 1969) Meines Erachtens spricht alles dafür, daran ebenfalls festzuhalten.

 

Georg Polikeit:

Die erste UZ-Ausgabe erschien am 3. April 1969 mit dem Untertitel »Sozialistische Wochenzeitung«, wobei die Verbindung zur DKP klar war, weil Kurt Bachmann, der erste DKP-Vorsitzende, als Herausgeber benannt war. Ich war damals nicht direkt beteiligt, weil ich bei der Neukonstituierung der Partei am 25. September vom Bundesausschuss zum Pressesprecher gemacht worden war und diese Aufgabe auch über die ersten Jahre hinaus beibehalten sollte.

 

Es erscheint mir aber sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass die UZ nicht aus dem Nichts entstanden ist. Schon vor der DKP-Konstituierung, durch die westdeutschen Kommunisten unter Berufung auf das Grundgesetz trotz fortbestehenden KPD-Verbots die Möglichkeit einer legaler Betätigung als kommunistische Partei zurückeroberten, waren Kommunistinnen und Kommunisten als Herausgeber oder Redakteure von örtlichen oder regionalen links-demokratischen bzw. sozialistischen Zeitungen tätig. Sie erschienen teils als Wochenzeitungen, teils im 14-Tage-Rhythmus, so »tatsachen« in Duisburg, »Frankfurter Bote« in Hessen, »heute« in Niedersachen, »Blinkfuer« in Hamburg, »offen und frei« in Stuttgart u.a.m. Sogar eine Vorläuferin, die sich »Unsere Zeit – UZ« nannte, gab es schon in den 60er Jahren, herausgegeben von einem linkssozialistischen Verleger in Mannheim und redigiert von dem Kommunisten Eberhard Weber. Zur Vorbereitung der UZ gehörten Gespräche mit allen diesen Genossinnen und Genossen, einmal um zu klären, wer von ihnen zur Mitwirkung in der UZ-Redaktion in Frage kam, und zweitens, um zu vereinbaren, wie die Abonnenten dieser Blätter als Bezieher der UZ gewonnen werden können.

 

Ich glaube nicht, dass es damals große Überlegungen gab, ob die UZ als »sozialistische« oder als »kommunistische« Zeitung bezeichnet werden sollte. Zumal schwer erkennbar ist, worin eigentlich der Unterschied bestehen soll. Bei der Neukonstituierung der DKP war klar, dass wir als großes strategisches Ziel zunächst die »sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft« in der BRD formulierten, natürlich in dem marxistischen Verständnis, dass dies die erste Stufe zu einer späteren kommunistischen Gesellschaft ist. Auch der Sozialismus war natürlich ein Ziel, das angesichts der damaligen Kräfteverhältnisse nicht als unmittelbare Tagesaufgabe angesehen werden konnte, sondern nur über einen längeren Prozess erreichbar war. In der auf dem ersten Parteitag der DKP beschlossenen Grundsatzerklärung – ein Parteiprogramm gab es noch nicht – hieß es, dass die DKP die gegenwärtige Aufgabe der sozialistischen und demokratischen Kräfte in unserem Land darin sieht, «im gemeinsamen Handeln eine grundlegende Veränderung des politischen Kurses herbeizuführen und dem gesellschaftlichen Fortschritt den Weg zu bahnen«, mit dem zunächst anvisierten strategischen Etappenziel der »Einschränkung der Macht des Monopolkapitals« und der »Umwandlung der Bundesrepublik in eine reale fortschrittliche Demokratie«, um so den Weg zu einer sozialistischen Umgestaltung der Verhältnisse zu öffnen.

 

UZ:

Ist die UZ immer dem von euch beschriebe Anliegen und ihrem Auftrag treu geblieben? Es gab die Jahre der Erneuererauseinandersetzung?

 

Porträt: Georg Polikeit.

Georg Polikeit:

Es war von Anfang an klar, dass die UZ nicht nur eine »Parteizeitung« im engen Sinn, nur ein »innerparteiliches Mitteilungsblatt« und Mittel der Selbstverständigung sein sollte. Wir wollten eine Zeitung, die so weit wie möglich über den Kreis der DKP-Mitglieder hinaus Leser und Abonnenten in der Arbeiterklasse und in den demokratischen Bewegungen finden und politische Wirkung »nach draußen« erzielen sollte. Als die UZ dann ab 1973 Tageszeitung wurde, hieß es im Beschluss des Parteivorstands vom März 1973 dazu, die Zeitung müsse »in Inhalt, Thematik, journalistischer Gestaltung, Sprache und Stil von Anfang an so gestaltet werden, dass sie den Charakter einer Zeitung trägt, die sich unmittelbar an die breite Öffentlichkeit, vor allem an die politisch interessierten Arbeiterleser wendet«.

 

Das war natürlich eine hoch gelegte Messlatte, die wir mit den zur Verfügung stehenden Kräften und Mitteln oft nur in Ansätzen erfüllt haben. Aber ich glaube schon, dass die UZ in der ganzen Zeit ihres Erscheinens eine Zeitung war, die die Berichterstattung über Arbeiterkämpfe und demokratische Bewegungen und über die internationale Politik mit einer getreuen Widerspiegelung der Standpunkte und Aktivitäten der Partei zu den verschiedensten Ereignissen und Themen verband.

 

Die Auseinandersetzung mit der »Erneuererströmung« ab 1987 war natürlich nicht nur in der Partei, sondern auch für ihre Zeitung eine schwierige und komplizierte Periode, zumal es diese Auseinandersetzung bald auch in der Redaktion selbst gab. Hinzu kamen dabei spürbare Einflüsse aus der internationalen kommunistischen Bewegung, vor allem aus den Auseinandersetzungen der damaligen europäischen sozialistischen Staaten untereinander und den Auseinandersetzungen in der KPdSU selbst. Ich gehe davon aus, dass wir diese Periode nicht bewältigt haben, ohne dabei auch Fehler zu machen. Ich meine aber, dass auch in dieser Situation die UZ eine wichtige und sogar unersetzliche Rolle gespielt hat, um die DKP so weit wie möglich zusammenzuhalten und die Mehrheit ihrer Mitglieder für das weitere Mitwirken in der Partei zu gewinnen, wenn es auch nicht gelang, die Abkehr des größten Teils der »Erneuerer« zu verhindern.

 

Gerd Deumlich:

Natürlich schlug sich die Auseinandersetzung um die »Erneuerung« der DKP auch in der UZ nieder. Doch blieb sie ein aktiver Faktor für den Erhalt der DKP als revolutionäre Partei. Hätten die »Erneuerer« die UZ »erobert« – es gäbe sie nicht mehr, so wie gefragt werden darf: Wo sind sie geblieben?

 

UZ:

War UZ von Anfang an Wochenzeitung?

 

Georg Polikeit:

Die UZ erschien ab 3.4.1969 zunächst als Wochenzeitung. Erst nach zwei Jahren, in denen sich die DKP mitgliedermäßig positiv entwickelte, konnte die Frage eines Übergangs zum täglichen Erscheinen aufgeworfen werden. Der Parteivorstand fasste den entsprechenden Beschluss auf seiner Tagung am 10./11. März 1973. Umgesetzt wurde er nach einer Vorbereitungsphase mit der ersten Nummer der UZ Tageszeitung am 1. Oktober des gleichen Jahres. Es war klar, dass dies nur mit umfangreicher politischer und materieller, das heißt auch finanzieller Solidarität unserer Bruderparteien in der DDR und anderen sozialistischen Staaten machbar war. Übrigens erschien die UZ zunächst neben der täglichen Ausgabe auch weiter noch gesondert als Wochenzeitung. Wir gingen davon aus, dass es nicht möglich sein würde, alle damaligen UZ-Wochenzeitungsabonnenten für das – teurere – Tagesabo zu gewinnen. Außerdem ging es auch um ein Instrument für den UZ-Freiverkauf am Wochenende, den eine ganze Reihe von DKP-Gruppen damals regelmäßig durchführten. Später wurde die Freitag-Tagesausgabe mit verstärkter Seitenzahl bewusst als gleichzeitige Wochenzeitung herausgegeben, um den Freiverkauf bedienen zu können, und auch Abonnenten hatten stets die Wahl zwischen dem Tages-Abo und einem Abo nur der Freitagausgabe als »Wochenzeitung«.

 

UZ:

In den 90er Jahren erschien die UZ einige Jahre nur alle zwei Wochen. Einige Genossinnen und Genossen in unserer Partei meinen jetzt, es wäre besser, die UZ wieder nur alle zwei Wochen herauszugeben. Ein Argument ist, das würde Kosten sparen … Andere verweisen darauf, es gäbe ja die Tageszeitung »junge Welt« zur ausreichenden Information …

 

Porträt: Rolli Priemer.

Rolf Priemer:

Geschwächt von den innerparteilichen Auseinandersetzungen mit reformistischen Kräften, die in der DKP Mitte der 80er Jahren aufbrandeten, und in Folge der Krise und des Zusammenbruchs der sozialistischen Länder Osteuropas, musste die Tageszeitung »Unsere Zeit« Ende 1989 eingestellt werden. Viele Mitglieder hatten den Glauben an unsere gute kommunistische Sache verloren. Schon im innerparteilichen Streit hatte die DKP viele Mitglieder verloren, und auch die UZ viele Leserinnen und Leser.

 

1990 befand sich die DKP in einem steilen Sinkflug. Mehr als die Hälfte der Mitglieder verließen die Partei. Auch die Abonnentenzahlen gingen stark zurück. Die finanziellen Mittel schmolzen stark zusammen. Eine dramatische Existenzkrise hatte die DKP erfasst. Die UZ wurde ab Januar umgestellt auf wöchentliches Erscheinen. Ab Ende Mai waren wir zahlungsunfähig. Das Erscheinen musste eingestellt werden. Für einige Wochen gab es keine zentrale Zeitung der DKP mehr. Und das in einer Zeit, in der die Verbliebenen so viel erfahren wollten und Orientierung erwarteten.

 

Im Spätsommer gelang es uns durch einen großartigen Solidaritätsbeweis der Kommunistischen Partei Luxemburgs, die unsere Zeitung in ihrer Druckerei zu für uns günstigen Konditionen herstellten und vor allem durch den selbstlosen Einsatz einer kleinen Gruppe ehemaliger UZ-Redakteure, die erwerbslos geworden waren und nun ehrenamtlich Artikel, Beiträge und Kommentare lieferten, die Zeitung vierzehntäglich wieder erscheinen zu lassen. Wir waren stolz darauf. Denn um uns herum gaben Kommunistische Parteien und ihre Zeitungen auf. Erst ab 1994 zeichnete sich bei uns eine gewisse Konsolidierung ab, da die Mitglieder- und Abonnentenverluste deutlich geringer wurden. Wir nahmen Kurs auf die wöchentliche Herausgabe der Zeitung. Im Juli 1996 starteten wir das Projekt »UZ-Wochenzeitung«. Start und Konzept wurden vom Parteitag 1996 beschlossen.

 

Daraus schöpften viele Mitglieder der DKP neue Hoffnungen und sogar in unserem zweifellos kleiner gewordenen Umfeld verspürten wir neuen Zuspruch. Auch an Infoständen hörten wir plötzlich: »Mensch, Euch gibt es noch« oder »Die UZ gibt es noch«. Sechs Jahre lang hatten viele Mitglieder den wöchentlichen Originalton DKP vermisst. Die Angst um ein Aus der DKP hatte zugenommen. Statt 25 mal bundesweite kommunistische Agitation und Propaganda, gab es sie jetzt wieder 50 mal und – ergänzt durch viele UZ-Extra – erheblich mehr Druckexemplare Wir können doch alle rechnen: 25.000 Exemplare Propaganda oder 50.000 Exemplare. Natürlich ist eine Zweiwochenschrift zwischen Daumen und Zeigefinger billiger, aber wöchentliche Argumente sind viel kostbarer, notwendiger und wirksamer. Mit der UZ haben wir also ein wichtiges Mittel zur bundesweiten, einheitlichen Information und Anleitung der Mitglieder der DKP und der Orientierung für ein einheitliches Auftreten und Handeln der Kommunistinnen und Kommunisten sowie auch unserer Freunde und Anhänger. Und die Verbreitung kommunistischer Positionen, der Originalton der DKP, wird durch niemanden authentisch ersetzt – auch nicht durch die Tageszeitung »junge Welt«, mit der wir freundschaftlich zusammenarbeiten.

 

Gerd Deumlich:

Die Zurücknahme auf ein vierzehntägliches Erscheinen war durch diese schwierige Lage nach der Konterrevolution von 1989/90 erzwungen. Das zu wiederholen würde keine Kosten sparen, sondern nur die politische Wirksamkeit der Zeitung schmälern und damit die wirtschaftlichen Probleme vergrößern. Es ist schon mit einer Wochenzeitung schwierig, an den Problemen der politischen, wirtschaftlichen usw. Entwicklung »dran zu bleiben«, ein vierzehntägliches Erscheinen ist immer eine Krampflösung, brächte die UZ um Aktualität. Dass es die »junge welt« gibt, ist ein großer Gewinn für die linken Kräfte. Aber ist das ein Argument gegen die UZ als Wochenzeitung? Nur wenn man meint, die DKP könnte auf eine politische Zeitung verzichten, die auf eine breite Öffentlichkeit zielt, sich stattdessen auf ein »Vereinsblatt« beschränken.

 

Georg Polikeit:

Wenn wir es uns finanziell und kräftemäßig leisten können, sollten wir das Erscheinen als Wochenzeitung beibehalten. Lenin hat mal gesagt: »Die Gründung der Partei bleibt, wenn nicht eine richtige Vertretung dieser Partei in einer bestimmten Zeitung organisiert wird, zu einem bedeutenden Teil ein leeres Wort«. Das war 1899 in dem Artikel »Unsere nächste Aufgabe«. Er verstand die zentrale Zeitung unter den damaligen Bedingungen der Illegalität als ein Instrument, um lokale Begrenztheit und Handwerkelei zu überwinden und das Bewusstsein von einem über die jeweiligen konkreten Kämpfe vor Ort hinausgehenden gemeinsamem Interesse und Zusammenhang zu entwickeln. »Durch lokale Arbeit allein kann eine solche Aufgabe nicht gelöst werden«.

 

Sicher, wir leben heute nicht unter den Verhältnissen von 1899 in Russland, die politischen und medialen Voraussetzungen sind heute ganz andere. Aber solange wir der drückenden Dominanz des gewaltig ausgebauten und raffinierten bürgerlichen Medienapparats ausgesetzt sind und wir über so gut wie keine anderen Medien verfügen, ist meiner Ansicht nach über die Rolle einer Zeitung der Partei im Sinn der Leninschen Vorstellungen als Instrument der öffentlichen Selbstdarstellung und als organisierender Faktor für den Zusammenhalt und die Entwicklung der eigenen Partei nachzudenken. Ich halte sie in diesem Sinn für unersetzlich.

 

Die »junge welt« ist als aktuelles Informationsmedium für deutsche Linke sicher wichtig und auch wertvoll. Aber es ist nicht zu übersehen, dass sie eine »pluralistische« linke Zeitung ist, in der unterschiedliche und manchmal auch gegensätzliche linke Kräfte zu Wort kommen. Wenn wir der DKP als eigenständiger Partei, die sich gemäß ihrem Parteiprogramm an der Theorie von Marx, Engels, Lenin orientiert, weiterhin eine eigenständige Rolle und Aufgabe in den politischen und ideologischen Auseinandersetzungen beimessen, braucht sie auch eine eigene Zeitung.

 

Meiner Ansicht nach wird eher umgekehrt ein Schuh daraus: lassen sich im Zeichen der kapitalistischen Krise nicht auch neue Frauen und Männer außerhalb unserer Partei, die sich deshalb Fragen stellen, dafür gewinnen, die UZ zeitweise oder regelmäßig zu lesen? Das ist meiner Meinung nach die Frage, vor der wir stehen – nicht nur zentral, sondern überall, wo Kommunistinnen und Kommunisten aktiv sind und mit anderen Menschen ins Gespräch kommen. Das verlangt sicherlich organisatorische Anstrengungen und geplantes Vorgehen.

 

UZ:

Es gibt zudem Genossinnen und Genossen, die meinen, die UZ wäre »viel zu breit« aufgestellt. In einem Wunschkatalog für die UZ-Inhalte fehlt die Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit. Andere meinen, sie enthalte unnötige Analysen über andere Parteien. Halbseitige »Ausschweifungen über reaktionäre Parteien« und auch Positionen aus der Partei »Die Linke« gehörten nicht in die Zeitung der DKP.

 

Gerd Deumlich:

Das sind alles Absagen an eine wirkliche Zeitung, Plädoyers dafür, dass sich die Partei nur noch mit sich selbst beschäftigen und das den Inhalt der Zeitung bestimmen soll. Ist dies eine kommunistische, eine marxistisch-leninistische Konzeption, die die Partei zu einer Art Selbstzweck erhebt? Welch ein enger Interessenshorizont wird denn da den Kommunistinnen und Kommunisten und ihrem Umfeld unterstellt?

 

Rolf Priemer:

Die UZ ist einerseits Zeitung der DKP und muss daher Informationen liefern, die kurz und faktenreich eine Alternative zu den Informationen der bürgerlichen Medien sind. Sie muss für die Entwicklung des politischen Bewusstseins von Kommunistinnen und Kommunisten in der DKP wirken. Sie muss eine Integrationsfunktion für Mitglieder der DKP übernehmen und sie muss auf die Entwicklung betrieblicher Kämpfe, von Klassenbewusstsein und auf die Ausweitung außerparlamentarischer Bewegungen orientieren.

 

Andererseits soll die UZ – auch weil ein großer Teil unserer Leserinnen und Leser gegenwärtig nicht Mitglieder der DKP sind – über die Partei hinaus wirken. Die Zeitung einer kommunistischen Partei ist eines ganz gewiss nicht: Es ist kein parteiinternes Blatt, kein Mitteilungsblatt für Parteimitglieder schlechthin – dafür haben wir die DKP-Informationen, spezielle Reader und auch die Newsletter entwickelt. Eine Diskussion, die übrigens immer wieder auflebt.

 

Es muss auch künftig Aufgabe der zentralen Zeitung sein, die Zeitung über die Parteireihen hinaus an andere Menschen – insbesondere an politische interessierte Arbeiter und Angestellte, an fortschrittliche parteilose, sozialistische und sozialdemokratische Arbeiter- und Gewerkschaftsmitglieder, an Partner in Bündnissen und Initiativen heranzubringen. Gewiss werden sie uns nicht in allem zustimmen. Sie werden unsere Politik, und damit den politischen Inhalt der Zeitung kritisieren. Um so wichtiger ist es, sie mit dem Originalton der DKP zu den aktuellen wie zu geschichtlichen aber auch auf die Zukunft gerichteten Vorstellungen, Forderungen und Zielen auch mittels der UZ bekannt zu machen – Woche für Woche. Besonders über den Aufbau und den Ausbau unserer Internetpräsenz ist das Interesse und der »Zugriff« auf Artikel der UZ nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern auf mehreren Erdteilen angestiegen. Das illustriert die Bedeutung und die Notwendigkeit der Herausgabe der UZ.

 

UZ:

Die UZ heute, dass ist eine kleine Redaktion, dass bedeutet jede Woche »zittern« wir um die Qualität der nächsten Ausgabe. Wir haben ein neues Layout, im Inhalt und im Fotobereich »zugelegt«, haben neue Autorinnen und Autoren gewonnen. Was ist eure Kritik, was müssen wir besser machen? Und was sind eure Wünsche an und für die UZ?

 

Rolf Priemer:

Das Erscheinen einer Ausgabe der UZ war wohl in jeder Phase der 45. Jahrgänge eine Kampfaufgabe für die Redaktion. Das ist sie natürlich besonders unter den heutigen Bedingungen. Es ist gut, dass die Redaktion »ackern« kann und sich auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stützen kann, die tatsächlich viel helfen. Zur Gewinnung neuer »Artikel-Lieferanten« gibt es keine Alternative. Ich freue mich über Verbesserungen, vor allem des Inhaltes. Doch kein noch so attraktives Layout wird die UZ stärker machen als ein erforderlicher Aufschwung betrieblicher und außerparlamentarischer Bewegungen. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn es gelingt, dass die auf eine neue Politik drängenden und systemkritischen Kräfte wesentlich stärker werden – und damit auch alle Linken, einschließlich der Kommunisten – wird auch die UZ wesentlich an Einfluss gewinnen können. Ob mit den immer wieder kritisierten ganzseitigen Artikeln (auch Bleiwüsten genannt, obwohl es Blei in der Zeitungsproduktion gar nicht mehr gibt) oder schönsten Fotos. Apropos Fotos: Da ist ne Menge gutes passiert, aber mir sind sie immer noch zu »grau« und unscharf.

 

Gerd Deumlich:

Die UZ musste immer, verglichen mit anderen Publikationen, mit einer kleinen Redaktion auskommen, dank auch vieler freier Mitarbeiter und Autoren, die Berührungsängste mit dem Blatt der DKP haben. Heute ist die Situation der Redaktion ungleich bescheidener und die UZ ist trotzdem eine gute Zeitung! Ich habe nur den Wunsch, dass man sich von den derzeitigen Schwierigkeiten nicht dazu verführen lässt, konzeptionell bescheidener zu werden. Ich denke noch immer an den Rat unseres ersten Ratgebers aus der damaligen DKP-Führung, Jupp Schleifstein: Die beste Werbung für die Zeitung ist die Zeitung.

 

Georg Polikeit:

Aus meinen bisherigen Antworten ergibt sich, dass ich nicht für eine »Schmalspur-UZ« sein kann. Warum lesen Menschen Zeitung? Weil sie daraus etwas Neues erfahren wollen. Warum sollen sie die UZ lesen? Weil ihnen die UZ Informationen und Standpunkte zu aktuell in der Bevölkerung diskutierten und im politischen Geschäft und den Medien umstrittenen Fragen liefert, und zwar eben aus einem ganz bestimmten Blickwinkel, ausgehend von den Arbeiterinteressen, von den Interessen der Bevölkerungsschichten, die nicht zur herrschenden Klasse gehören. Das heißt nicht nur Konzentration auf im herrschenden Medienbetrieb unterdrückten Informationen, sondern auch kontinuierliche »Gegeninformation« zu dem, was in den herrschenden Medien verbreitet wird.

 

Hierzu gehört die besondere Beachtung und Hervorhebung von Vorgängen in Betrieben und Gewerkschaften – gerade unter aktiven Gewerkschaftern ist doch noch am ehesten damit zu rechnen, dass bei ihnen aufgrund eigener Erfahrungen in ihrer gewerkschaftlichen Tätigkeit Fragen aufkommen, die sie nach mehr als der »offiziellen« Propaganda suchen lassen – und die wir, so weit möglich, in der UZ behandeln und beantworten sollten.

 

Ich würde es aber auch für einen politischen Mangel halten, wenn alle Welt beispielsweise über die Krise der FDP oder Streit in der CDU redet, aber die UZ dazu nichts zu sagen hätte. Sicher, »halbseitige Ausschweifungen« müssen es nicht immer sein. Aber manchmal braucht Analyse halt auch ihren Platz. Und über die Partei »Die Linke« müssen die Mitglieder der DKP doch Bescheid wissen, wenn wir sie nach wie vor als einen unserer nächststehenden Partner im politischen Kampf betrachten. Was der herrschende Medienbetrieb dazu bringt, ist in dieser Hinsicht nun wirklich nicht »ausreichend«, sondern von klarer Feindseligkeit bestimmt. Woher also sollen sich DKP-Mitglieder darüber informieren, was bei der »Linken« vorgeht?

 

Mir ist klar, dass mit der derzeitigen Kleinstredaktion der UZ die Erfüllung solcher Anforderungen eine schwierige Aufgabe ist, die mal besser, mal schlechter gelingt. Wünsche zur Verbesserung der Zeitung kann man natürlich viele äußern. Wenn ich es auf eine kurze Formel bringen sollte, würde ich vielleicht sagen: »zuviel Meinung, zu wenig Neues, zu wenig Information«. Das betrifft in erster Linie die »Aufmachung«. Oft sind in den einzelnen Beiträgen sehr wohl neue Informationen, Analysen, Ansichten enthalten. Aber sie sind zu sehr »versteckt« – häufig hat man auf den ersten Blick den Eindruck, dass man das, was drin steht, eigentlich schon kennt. Zuviele losungshafte Überschriften, der Inhalt zu wenig so dargeboten, dass man den Eindruck hat, etwas Neues zu erfahren, was man unbedingt lesen will.

 

Aber ich weiß auch, dass man das leichter einfordern kann, als es in der täglichen Arbeit umzusetzen. Meiner Ansicht nach müssen wir uns vor allem darüber klar sein, dass eine bessere Zeitung mehr Kräfte verlangt. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die UZ mehr »Enthüllungen«, mehr Exklusiv-Interviews, mehr Experten-Analysen usw. bringen könnte. Aber wer kann sie machen? Das erfordert Zeit und Aufwand, also auch Personal und Kosten. Deshalb beißt sich die Katze in den Schwanz.

 

Ich bin davon überzeugt: eine bessere UZ können wir im Grunde nur bekommen, wenn es möglich wird, dass ihre personelle und finanzielle Basis erweitert werden kann – und davon sind wir derzeit ziemlich weit entfernt. Das heißt mit anderen Worten, unsere Partei muss mit der jetzigen UZ, wie sie ist, mit ihren vorhandenen Mängeln, aber auch ihren Vorzügen, zunächst einmal mehr Leser und feste Bezieher gewinnen. Da ist es wie generell mit der Stärkung unserer Partei: den »großen Sprung nach vorn« wird es in absehbarer Zeit noch nicht geben. Niemand kann behaupten, dafür ein Patentrezept zu kennen – gleich welcher »Strömung« er oder sie sich in der innerparteilichen Diskussion zurechnet, oder auch nicht. Was meines Erachtens allein helfen kann, ist hartnäckige und geduldige Arbeit vor Ort mit den Kräften und Mitteln, die wir heute haben. Ohne Bejammern der eigenen Schwäche. aber mit dem historischen Optimismus, der sich für mich daraus ergibt, dass es der Kapitalismus ist, der in der Krise ist, und dass die Auswirkungen dieses krisengeschüttelten Kapitalismus die Menschen in ihrem privaten und öffentlichen Leben vor Herausforderungen stellt, die sie immer wieder bewusst oder unbewusst mit der Systemfrage konfrontiert.

 

Das Interview führte Nina Hager
Fotos (»grau und unscharf«): UZ
Aus  UZ vom 01.03.2013
unsere zeit – Zeitung der DKP

 

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