Politik

DIDF zu den Urteilen im NSU-Prozess

 Transparent: «NSU-Komplex auflösen!».


Mehr Fragezeichen als Antworten

Am 11. Juli wur­den die Ur­tei­le im Pro­zess rund um den «Na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Un­ter­grund» (NSU) ge­fällt. Die Haupt­an­ge­klag­te Beate Zschä­pe wurde we­gen­ be­son­de­rer Schwe­re der Schuld zu le­bens­lan­ger Haft ver­ur­teilt. Ralf Wohl­le­ben wurde als Waf­fen­be­schaf­fer des NSU wegen Bei­hil­fe zum Mord zu zehn Jah­ren Haft ver­ur­teilt. Auch Hol­ger G und Andre É. er­hiel­ten eine Haft­stra­fe von drei bzw. zwei Jah­ren und sechs Mo­na­ten wegen Un­ter­stüt­zung einer ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung. Der An­ge­klag­te Cars­ten S. wurde wegen Bei­hil­fe zum Mord in neun Fäl­len zu drei Jah­ren Ju­gend­stra­fe ver­ur­teilt, weil er zur Tat­zeit noch min­der­jäh­rig war. Die An­wäl­te der An­ge­klag­ten haben Re­vi­si­on an­ge­kün­digt.

Der so­ge­nann­te NSU hatte acht tür­kisch und einen grie­chisch­stäm­mi­gen Un­ter­neh­mer und eine Po­li­zis­tin er­schos­sen und meh­re­re Bom­ben­an­schlä­ge, u. a. in der Köl­ner Keup­straße, durch­ge­führt sowie meh­re­re Ban­ken über­fal­len.

Zeynep Se­fa­riye Eksi, Vor­sit­zen­de der tür­kisch-kur­di­schen «Fö­de­ra­ti­on de­mo­kra­ti­scher Ar­bei­ter­ver­ei­ne» (DIDF), sagt zum Aus­gang des Pro­zes­ses: «Das Ge­richt ist mit den Ur­tei­len weit unter den ge­for­der­ten Stra­fen ge­blie­ben. Das fin­den wir falsch und ein schlech­tes Zei­chen an die mi­gran­ti­sche Be­völ­ke­rung in Deutsch­land, deren Ver­trau­en in den deut­schen Staat tief er­schüt­tert wurde, als De­tails der NSU-Mor­de und die Ver­stri­ckung der deut­schen Po­li­zei- und Staats­schutz­be­hör­den darin an die Öf­fent­lich­keit ge­lang­ten!»

Die DIDF-Ju­gend er­läu­tert auf ihrer Home­page: «Von 2000 bis 2011 wur­den zehn Men­schen aus ras­sis­ti­schen Mo­ti­ven bru­tal er­mor­det. Zu­erst wur­den den Op­fern kri­mi­nel­le Ma­chen­schaf­ten vor­ge­wor­fen, bis im Jahre 2011 das Be­ken­ner­vi­deo des an­geb­li­chen ‹NSU-Tri­os› ver­öf­fent­licht wurde. Bis dahin wur­den die Opfer von den Me­di­en als Schul­di­ge dar­ge­stellt. Von An­fang an wur­den die Fa­mi­li­en und Hin­ter­blie­be­nen mit den be­schä­men­den Fahn­dungs­maß­nah­men der Po­li­zei schi­ka­niert und kri­mi­na­li­siert. Ras­sis­ti­sche Be­grif­fe wie ‹Dö­ner­mor­de› waren tag­täg­lich in den Schlag­zei­len. Die Opfer wur­den zu Tä­tern ge­macht, die ei­gent­li­chen Täter wur­den ge­schützt.»

Die DIDF-Vor­sit­zen­de er­gänzt ab­schlie­ßend dazu: «Wir haben be­reits seit Be­ginn der Pro­zes­se wie­der­holt kri­ti­siert, dass die Rolle des Ver­fas­sungs­schut­zes beim Auf­bau, bei der Fi­nan­zie­rung und bei der Pla­nung und Durch­füh­rung der Morde lü­cken­los auf­ge­klärt wer­den müss­te, um das Ver­trau­en wie­der­zu­er­lan­gen. Je­doch hat der Pro­zess mehr Fra­ge­zei­chen hin­ter­las­sen, als Ant­wor­ten zu geben. Der Ver­fas­sungs­schutz als Staats­or­gan ist tie­fer in die Morde ver­wi­ckelt, als zu­ge­ge­ben wurde, mas­sen­wei­se Akten sind un­nö­tig ge­schred­dert wor­den und viele sind dau­er­haft unter Ver­schluss. Unter einer lü­cken­lo­sen Auf­klä­rung, wie das von Kanz­le­rin Mer­kel ver­spro­chen wurde, ver­ste­hen wir was an­de­res!»

Von CH | UZ vom 20. Juli 2018
Foto: nsuprozess.net


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