Politik

Ende von Trump, aber noch nicht des Trumpismus

USA ProudBoys Trump Plakat

 

Die Zeit von jetzt an bis zum Tag der Amtseinführung Bidens könnte gefährlich sein, meint der leitende Redakteur von «People‘s World», C. J. Atkins  



13.11.2020 |
Die Niederlage von Trump bedeutet nicht das Ende der rechtsextremen Make America Great Again-Basis ++ Trump hat eine Massenbewegung hinter sich, die eine Massenbasis für Faschismus bilden kann ++ Trump wurde durch eine «all-people’s front» besiegt ++ die Demokratische Partei ist eine Kampfarena: Biden wird nicht einfach die gleiche neoliberale Politik wieder aufgreifen können, das durch Bernie Sanders ausgelöste «sozialistische Moment» wird weiter wachsen.

 

Vorbemerkung: Der Text ist eine Arbeitsübersetzung eines Beitrags des leitenden Redakteurs der Online-Zeitung «People’s World», C. J. Atkins, zum Ausgang der US-Präsidentenwahl. Der Beitrag wurde am 6. November mit dem Titel «Nachruf auf die Ära Trump» veröffentlichte, einen Tag, bevor die endgültige Wahlniederlage von Donald Trump und der Sieg des demokratischen Konkurrenten Joe Biden und seiner Vizepräsidentin Camilla Harris in der US-Öffentlichkeit bekanntgemacht wurden.

Er bietet einen Einblick in die Überlegungen und teilweise auch noch kontroversen Debatten der US-amerikanischen Linken an diesem aktuellen politischen Wendepunkt, der sich in dem Wahlausgang abzeichnet.

«People’s World» gilt als eine der KP der USA nahestehende marxistisch orientierte Online-Zeitung, die aber selbst Wert darauf legt zu betonen, dass sie partei- und organisationsunabhängig ist und neben der Meinung von US-Kommunist*innen auch die anderer linker Strömungen und Bewegungen sowie aus den Gewerkschaften veröffentlicht und die Stimme der verschiedenartigsten «Graswurzel»-Bewegungen sein will.
C. J. Atkins ist Doktor der Politischen Wissenschaften der York University in Toronto mit dem Schwerpunkt Forschungen und Lehrtätigkeit in Politischer Ökonomie und speziell der Entwicklung der Politik und Ideen der amerikanischen Linken.

Georg Polikeit

 

Nachruf auf die Ära Trumps

C. J. Atkins

Die amerikanische Bevölkerung hat ihre ultimative Entscheidung über das Schicksal von Donald Trump bekanntgegeben, und seine Botschaft an den Reality-TV-Star lautet: Sie sind gefeuert!

Das Rennen war in vielen Bundesstaaten enger, als die Umfragen vorhergesagt hatten und die Auszählung der Stimmen wird noch einige Tage weitergehen, aber es sind genügend Daten verfügbar, um zu sehen, dass Joe Biden gewonnen und Trump keinen Weg zu einer Wiederwahl mehr hat. Die Wählerinnen und Wähler fällten ihr Urteil über den Präsidenten und kehrten zu dem Schuldspruch zurück, den der von den Republikanern (»REPs») kontrollierte Senat beim Amtsenthebungsverfahren gegen ihn schändlicher Weise verweigert hatte.

Mehr als 70 Millionen Wählerinnen und Wähler überwanden alle Bestrebungen der «REPs», ihre Stimmabgabe zu blockieren, Säuberungen von schwarzen und Latino-Wähler*innen aus den Wählerverzeichnissen, manipulierte Veränderungen von Wahlbezirken, Sabotage der US-Postdienste, Einschüchterung durch bewaffnete rechtsextreme Milizen, Wahlverbote für ehemals Inhaftierte, verschlossene Wahllokale und Trumps Versuch, die Wahl zu stehlen, noch bevor die Auszählung beendet ist. Nichts davon hat ausgereicht.

Die Zeit von jetzt an bis zum Tag der Amtseinführung könnte gefährlich sein

Er fuchtelt mit dem Vorwurf des Massen-Wahlbetrugs herum, aber dafür gibt es keinerlei Beweise. Die Zeit von jetzt an bis zum Tag der Amtseinführung (20. Januar 2021, Übers.) könnte gefährlich sein, da Trump mit Verschwörungstheorien hausieren geht und versucht, seine rechten Mobs zu mobilisieren, um Chaos zu schaffen. Deshalb müssen die Anstrengungen der Bevölkerung, das Wahlergebnis zu schützen, fortgesetzt und sogar noch verstärkt werden.

Die faschistische, bewaffnete Miliz «Proud Boys» will wie Trump den Wahlsieg von Joe Biden nicht akzeptieren. Donald Trump hatte die paramilitärisch organisierte Schlägertruppe während des ersten TV-Duells mit Joe Biden dazu aufgerufen, zunächst einen Schritt zurückzutreten, sich aber «bereitzuhalten», damit der Wahlsieg nicht gestohlen wird.
Aufgehetzt von Trump, der seinen Anhänger*innen seit Tagen erzählt, dass ihm die Wahl «gestohlen» worden sei, rufen die «Proud Boys» jetzt für kommenden Samstag (14.11.) unter den Losungen «Million Maga March» (Make America Great Again) und «Stop the Steal» (Stoppt den Diebstahl) zu einer Großkundgebung in Washington auf.

Aber die Kontrolle des Weißen Hauses wird schließlich an Biden gehen, der die Corona-Pandemie zu bekämpfen haben wird und gleichzeitig versuchen muss, die Wirtschaft anzukurbeln. Die Demokratische Partei wird die Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten, obwohl sie Sitze verloren hat. Über den Senat wird nicht vor Januar entschieden werden, wegen großer Stichwahlkämpfe in Georgia (die erst im Januar angesetzt sind, Übers.), die wahrscheinlich erst endgültig entscheiden, wer dort die Kontrolle bekommt. Auf der Ebene der Bundesstaaten ist das Bild noch nicht vollständig, aber die Demokraten haben sicherlich nur glanzlose Ergebnisse zu verzeichnen.

US-Außenminister:
Es wird eine Amtsübergabe geben – von Trump zu Trump

USA Pompeo Bolsonaro

Während das Weiße Haus die Einleitung der Amtsübergabe von Donald Trump an Joe Biden blockiert und von Wahlfälschungen spricht, gießt US-Außenminister Mike Pompeo Öl ins Feuer: «Es wird eine glatte Übergabe geben – zu einer zweiten Trump-Regierung», zitiert die Nachrichtenagentur Bloomberg aus einem Presse-Briefing des Außenministers.
Vor dem Hintergrund, dass die USA immer wieder ausländische Regierungen auffordern, demokratische Entscheidungen zu akzeptieren, wies der Außenminister den Vorwurf der Heuchelei zurück. (zitiert nach ntv, US-Wahl-Liveticker, Dienstag, 10. November 2020, 19:31)

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die US-Botschaft in der Elfenbeinküste am 4.11. den Wahlsieger der dortigen Präsidentschaftswahl aufforderte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu achten. Staatschef Alassane Ouattara hat die Wahl in dem westafrikanischen Land mit überwältigender Mehrheit (94%) gewonnen.

In Washington werden die REP-Senatoren, genau wie sie es während der Obama-Jahre seit 2010 gemacht haben, nach der Amtseiführung von ‚Biden versuchen, jeden fortschrittlichen Vorschlag oder Gesetzentwurf zu blockieren; wenn sie (im Senat) die Mehrheit haben, werden die Dinge noch schlimmer. Das heißt, fortgesetzte Einheit der Anti-Trump-Koalition ist notwendig, wenn wir beginnen wollen, den von Trump angerichteten Schaden zu beheben.

Das offensichtlichste und schlimmste Erbe seines Regimes werden die 235.000 Amerikaner sein, die am Coronavirus gestorben sind, und die 100.000 oder mehr, von denen erwartet wird, dass sie noch vor seinem Ausscheiden aus dem Amt sterben werden. Diese grässliche Statistik, gepaart mit den über 25 Millionen Arbeitsplätzen, die infolge der von in seiner Amtszeit eingetretenen wirtschaftlichen Depression vernichtet wurden, machen Trump mit Sicherheit zum schlechtesten Präsidenten in der Geschichte der USA.

Doch schon bevor Covid-19 aufkam, verdienten seine Taten Verurteilung. Riesige Steuersenkungen haben die Superreichen noch reicher gemacht, das Einwanderungssystem wurde in eine breite Allee der Masseneinkerkerung verwandelt, die Gewalt weißer Rassisten und der Polizei ist sprunghaft angewachsen, Farbige und Frauen wurden zur Zielscheibe von Angriffen, die Gerichte neigen jetzt zum Rechtsextremismus und der militärisch-industrielle Komplex ist mächtiger denn je.

In den kommenden Tagen und Wochen wird es detaillierte Analysen darüber geben, wie genau sich der Sturz von Trump entwickelt hat. Aber wir können damit beginnen, darauf zurückzublicken, welche gesellschaftlichen, klassenmäßigen und politischen Kräfte seinen Aufstieg zur Macht unterstützt und welche ihn beendet haben.

Der Aufstieg von Trump

Es lohnt sich, noch einmal festzuhalten, dass Trump genau wie 2020 auch schon 2016 die Abstimmung der Wählermassen nicht gewonnen hatte. Hilary Clinton schlug ihn mit drei Millionen Stimmen mehr. Das heißt, es ist unbestreitbar, dass Trump zu großen Teilen an die Macht gelangte, weil er eine Massenbewegung hinter sich hatte, die ihn unterstützte. Sie war am stärksten in den Südstaaten und Teilen des Mittleren Westens, wo er sich unter Nutzung von krassem Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Islamophobie und Anti-Immigranten-Gefühlen Unterstützung verschaffte.

Trump hat eine Massenbewegung hinter sich ... sie bildet die Massenbasis für Faschismus

Die gute Nachricht, wenn es überhaupt eine gibt, ist, dass seine eingefleischten Anhänger bisher nur etwa ein Drittel der Wählerschaft ausmachten. Sie bilden die Massenbasis für Faschismus in den USA, wenn es Trump's faschistischen Tendenzen ermöglicht worden wäre, sich in einer zweiten Amtszeit zu beschleunigen. Dies sind die Wählerinnen und Wähler, die leider zu Trump stehen, egal wie empörend seine Rhetorik und seine Taten werden. Selbst hunderttausende Corona-Tote haben ihren Glauben nicht erschüttert. Die schlechte Nachricht ist, dass frühe Datenerhebungen zu den Wahlen zeigten, dass ihre Reihen gegenwärtig zahlenmäßig angewachsen sein dürften.

2016 verband Trump diese Basis mit genügend weißen Wählerinnen und Wählern aus der Arbeiterklasse in industriell entwickelten Staaten, die üblicherweise Demokraten wählten, um einen Sieg im Wahlleute-Kollegium herauszuholen. Jahrzehntelange unerfüllte «Globalisierungs»- und «Freihandels»-Wohlstandsversprechen machen die Menschen in diesen Gebieten empfänglich für Behauptungen, dass Trump «die Jobs zurückbringen» werde.

Das fand natürlich nicht statt, und nun sieht es so aus, dass Millionen Wählerinnen und Wähler in Gebiete wie Wisconsin, Michigan und Pennsylvannia ihn verlassen haben. Sein Versagen bei der Behandlung der Covid-19-Pandemie trug sicherlich dazu bei, noch mehr davon loszulösen.

Innerhalb des politischen und wirtschaftlichen Establishments sind die Gründe, warum sie Trump unterstützt haben, unterschiedlicher. Für viele republikanische Politiker war Trump einfach ein Mittel zum Zweck. Sie stimmten nicht überein mit seinem chaotischen Stil oder seinen Verschwörungstheorien, aber er lieferte die Steuersenkungen, die Deregulierung, die Militärausgaben und konservativen Richter, die sie wollten. Außerdem verfügte er über eine messianische Herrschaft über die Wählerbasis, die ihre Karrieren ausmachen oder abbrechen konnte.

Nun, da ihr König vom Thron gestürzt ist, wäre es nicht überraschend, wenn viele plötzlich beginnen würden zu behaupten, dass sie immer Zweifel über Trump hatten. Aber die Republikanische Partei trägt die direkte Verantwortung für seinen politischen Aufstieg. 35 Jahre Rep-Extremismus, beginnend mit der Übernahme der Republikanischen Partei durch die Rechten während der Präsidentschaft Reagans, die Einführung der neoliberalen Politik, die Jobs vernichtete, massive Konzentration des Reichtums, Unterstützung für die rassistische Tea Party und die Verfestigung eines rechtslastigen Medien Wirtschaftssystems, all das kam zusammen, um einen Kandidaten wie Trump möglich zu machen.

Die kapitalistische Klasse wurde 2016 weitgehend gespalten

Was die kapitalistische Klasse angeht, wurde sie 2016 weitgehend gespalten. Trumps Rücksichtslosigkeit und spalterische Politik wurde als eine Gefahr für die internationale neoliberale Ordnung gesehen. Deshalb waren Trumps früheste Unterstützer aus der Wirtschaft meist Vertreter des kleinen und mittleren Kapitals und der einheimischen Energiekonzerne.

Sektoren wie die großen Öl-, Finanz- und Hochtechnologie-Unternehmen hätten wahrscheinlich lieber einen Kandidaten aus dem republikanischen Establishment wie ein Jeb Bush oder einige wenige zuletzt sogar eine Demokratin wie Clinton vorgezogen. Ihr Geschäft ist international, sodass viele unwillig waren, jemanden wie Trump zu unterstützen, der damit drohte, Grenzen zu schließen und den freien Handel einzuschränken. Für diese war das entscheidende Kriterium ein kompetentes Management des kapitalistischen Systems.

Nachdem Clinton verlor, begrüßte allerdings die ganze Kapitalistenklasse natürlich erfreut die von einer Trump-Präsidentschaft dargebotenen Steuererleichterungen und Deregulierungen. Einige Sektoren wie der Militär-Industrie-Komplex erlebten, dass ihre Gewinne unter ihm explodierten. Alle von ihnen stellten fest, dass sein isolationistischer Protektionismus nicht alles war, was er vorgab zu sein. Am Ende lief es auf einen Zoll-Krieg gegen China und einige andere weniger dramatischen Schritte hinaus.

Faktisch hätten die meisten großen Kapitalisten vor COVID-19 eine zweite Amtszeit Trump im Jahr 2020 befürwortet. Doch mit der eskalierenden Coronavirus-Katastrophe und der wirtschaftlichen Depression erwärmten sich viele an der Wall Street und im Silicon Valley im Lauf des Sommers und Herbsts für eine Biden-Administration. Sie sind immer noch nicht begeistert von Bidens Vorschlag für Steuererhöhungen für Unternehmen und Privateinkommen über 400.000 Dollar, aber wenn der Senat unter der Kontrolle von Mitch McConnell bleibt, wird die Wall Street das von ihr gewünschte gespaltene Ergebnis erhalten.

Klar gab es aber auch weiterhin große Kapital-Kreise, die Trump unterstützten. Manager von milliardenschwere Hedgefonds und Immobilien-Mogule gehörten zu seinen größten Geldgebern, und die Fox News von Rupert Murdoch übertrugen jeden Abend loyal seine Verlautbarungen Angesichts von Trumps Bemühungen, noch in den letzten Tagen vor der Wahl Geld einzusammeln, sieht es so aus, dass dies nur Ausnahmen gewesen sein könnten. Letztlich bewies Trump wie für den Rest des Landes, dass er eine polarisierende Kraft auch für die Kapitalisten-Klasse war.

Ende von Trump, aber noch nicht des Trumpismus

Die Koalition, die Trump besiegte, ist die breiteste Wähler-Gruppierung, die es seit Jahrzehnten gegeben hat. Im Wesentlichen handelt es sich um eine «all-people’s front», die die Arbeiterklasse (sowohl Gewerkschaften als auch Unorganisierte), Black Lives Matter und Organisationen der amerikanischen Ureinwohner, Latinos und Immigrantengruppen, Frauen- und LGBTQ-Gruppen, asiatische und jüdische Organisationen, junge Menschen, progressive Muslime und mehr einbezog. In ihren Reihen sind Linke, Liberale, Zentristen, einige Konservative und Teile der Geschäftswelt.

Angesichts solch einer Verschiedenheit von Klassen- und sozialen Interessen wird es zu inneren Spannungen kommen, wenn wir in die Kämpfe der Nach-Trump-Periode eintreten. Das war bereits zu sehen, als Anfang dieses Jahres die Demokratische Plattform ausgearbeitet wurde. Die Linke drängte auf Medicare für alle, während die Lobbyisten der Versicherungsfirmen Widerstand leisteten. Das Ergebnis war der «public option» genannte Kompromiss, der private Versicherungen unangetastet ließ. Das ist nur ein Beispiel, aber es werden sicher noch mehr zustande kommen.

Die Demokratische Partei ist eine Kampfarena

Aber für jene, die denken mögen, dass Biden-Harris nur eine weitere neoliberale Administration der Demokraten sein wird, gibt es Gründe, noch einmal nachzudenken. Wir sind nicht in den 1990er oder 2000er Jahren, viel hat sich verändert. Die USA stehen einer tödlichen Pandemie und einer Wirtschaftskrise gegenüber, wie es sie seit der Großen Depression nicht mehr gegeben hat. Die Linken und Volksbewegungen sind aktiver und mobilisierter, als sie es seit Jahren gewesen sind. Wenn man all dies zusammenzählt, bedeutet es, dass Biden und die Demokraten nicht einfach das gleiche neoliberale Politikbuch wieder aufgreifen können.

Natürlich ist die Demokratische Partei eine Kampfarena. Große Teile des Finanzkapitals und des High-tech-Kapitals konkurrieren um Einfluss gegen die Arbeiter- und progressive Bewegungen. Das Kapital wird versuchen, eine Biden-Administration in seine Richtung zu ziehen, gegen die Bedürfnisse der Bevölkerung. Das ist der Grund, warum der Kampf weitergehen wird, auch wenn die Demokraten das Weiße Haus gewonnen haben.

Alles wird dominiert werden von der Notwendigkeit, die REPs im Senat zu bekämpfen, was es noch schwieriger machen wird, eine progressive Agenda durchzusetzen, unabhängig davon, ob McConell (Fraktionschef der REPs im Senat) dort die Führung hat oder nicht.

Was die rechtsextreme MAGA-Basis (MAGA = Make America Great Again –» Mache Amerika wieder groß», Trumps zentraler Wahlslogan, Übers.) angeht, bedeutet die Niederlage von Trump nicht, dass sie am Ende ist. Die letzten vier Jahre haben die übelsten rassistische und reaktionären Elemente ermutig – sie werden nicht plötzlich verschwinden. Und die Aufgabe, viele Millionen Menschen aus der – überwiegend weißen – Arbeiterklasse, die noch im Bann von Trump stehen, davon loszureißen, wird ernsthaftes Nachdenken und strategisches Vorgehen verlangen.

Selbst wenn Trump von der Bühne abtritt, wird es Republikaner geben, die in seine Fußstapfen treten werden, um seine Bewegung am Laufen zu halten, die sich den Moderaten bei den REPs widersetzen werden, die versuchen, ihre Partei vom faschistischen Rand zurückzuziehen. Es wird ausgedehnte Fraktionskämpfe in der Republikanischen Partei geben, aber leider wird es für lange Zeit immer noch Trumpismus mit oder ohne Trump geben.

Gefahr und Hoffnung

Die unmittelbare Gefahr, mit der das Land im Anschluss an diese Wahl konfrontiert ist, ist der Umstand, dass es noch zwei weitere Monate Trump geben wird.

Eine Menge mehr Menschen werden mit Covid-19 infiziert werden und allzu viele werden daran sterben. Am 10. November kommt der Affordable Care Act vor den von den Republikanern beherrschten Obersten Gerichtshof, womit die Gesundheitsvorsorge von Millionen in Gefahr gerät. (Anm.: unter Obama beschlossenes Gesetz für die Gesundheitsvorsorge. Der Oberste Gerichtshof hat am 10.11. das Gesetz an den Kongress zurück überwiesen.) Mit der Verabschiedung eines neuen wirtschaftlichen Rettungspakets in der Größenordnung des HEROES Act ( ), das möglicherweise versenkt wird, wenn die REPs im Senat die Mehrheit behalten, wird sich die Job- und Zwangsräumungskrise über den Winter verschärfen. Während sich die Unternehmenspleiten beschleunigen und Schockwellen durch das Finanzsystem schicken, droht der Corona-bedingte Abschwung zu einer größeren und ausgedehnteren Krise des Kapitalismus zu werden.

Trump abzuwählen, war die erste Hürde, aber noch höhere stehen an

Das ist die Situation, mit der Biden und die Volksbewegungen nun konfrontiert sind. Trump abzuwählen, war die erste Hürde im Kampf um die Rettung des Landes, aber noch höhere stehen an.

Trotz der beispiellosen Gefahren, die über uns hängen, vermitteln der Ausgang dieser Wahl und das Anwachsen der Widerstandsbewegungen unter Trump gute Gründe für Hoffnung.

Der Kampf um Jobs, persönliche Schutzausrüstungen, höhere Löhne, Gefahrenzulagen und die Gewerkschaften haben die Bewegung der Arbeiterklasse angekurbelt. Black Lives Matter (BLM) wurde zu einer ständigen Einrichtung und wird seine Arbeit fortsetzen, die mit dem antirassistischen Aufstand begonnen hat, der in diesen Sommer durch das Land fegte. Viele BLM-Führe und Aktivisten stellen eine Verbindung zwischen Kapitalismus und rassistischer Unterdrückung her, und sie wissen, dass eine wirkliche Beendigung derselben eine völlige Überholung des Wirtschaftssystems erfordert. Mit Cori Bush gewann Dienstagnacht mindestens eine BLM-Führerin einen Sitz im Kongress und wird sich dem sich ausweitenden progressiven Block im Repräsentantenhaus anschließen. Das ist eine Bewegung, die über den Kampf gegen den Trumpismus hinausgeht, und sie hat schon einen historischen Einfluss auf die USA-Gesellschaft gehabt.

Das «sozialistische Moment», das durch den Wahlkampf von Bernie Sanders ausgelöst wurde, wird auch weiter wachsen und Früchte tragen. Millionen junge Menschen und Arbeiter sind politisiert worden und sind jetzt offen für die Idee des Sozialismus – selbst wenn ihnen noch unklar ist, was genau damit gemeint ist. Reformen wie Gesundheitsvorsorge für alle, Besteuerung der Reichen, kostenlose Bildung, Gewerkschaftsrechte und Stopp des Klimawandels – das alles ist jetzt Teil der Mainstream-Diskussion, und die organisierte Linke, ganz besonders die Kommunistische Partei und die Demokratischen Sozialisten Amerikas haben ein rasches Wachstum erlebt.

Mehr Menschen denn je zuvor stellen den kapitalistischen Status quo in Frage und lernen, dass sie, wenn sie sich vereinen, Veränderung erreichen können. Die Niederlage von Trump ist der größte Beweis dafür, was möglich ist. Jetzt ist es an der Zeit, sein Erbe zu begraben und den Kampf fortzusetzen für eine gerechtere, von mehr Gleichheit geprägte und nachhaltige Zukunft.

 Von kommunisten.de

Quelle: People’s World, 6. November 2020: Obituary for the Trump era
https://www.peoplesworld.org/article/obituary-for-the-trump-era/