Soziales

Spitzelstaat

Mann mit Richtmikrofon hinter halbgeöffneter Jalousie

 

 

 

Sofort nach Bekanntwerden der neuen "Schnüffelverordnung" vom 20. 5. 2009 kündigte das Erwerbslosen Forum Deutschland an, gerichtliche Schritte gegen die Bundesagentur für Arbeit (BA) einzuleiten. Nach einer Woche nahm dann Arbeitsminister Olaf Scholz diese mit dem lapidaren Hinweis vom Tisch, man sei sich einig, "dass Observationen im Auftrag der BA nicht stattfinden werden. Zudem war die Anweisung offenbar ohne jede Kenntnis der Ministeriumsspitze erfolgt, und gelogen hatte die Agentur für Arbeit auch, als sie behauptete, die Anordnung sei mit dem Beauftragten für Datenschutz abgestimmt.

 Was bezweckte eigentlich die BA mit diesem Vorstoß? Es war auf jeden Fall ein Versuch, die sogenannte Verfolgungsbetreuung zu intensivieren. Es war der beabsichtigte Versuch am Parlament vorbei strafrechtliche Anordnungen durchzusetzen. Es war also ein weiterer Versuch mittels der Agentur für Arbeit den Entdemokratisierungsprozess in unserem Land weiter voranzutreiben. Ein weiterer Versuch den Überwachungsstaat auszubauen.

Nicht nur, dass in der Bundesrepublik der Verfassungsschutz kritische Bürger staatlich abgesegnet bespitzelt, nicht nur, dass durch die Leistungsabteilungen der ARGEN beauftragte Detekteien Hartz-IV-Empfänger ausspionieren, nun sollten die in die Armut Gestoßenen auch noch durch die Nachbarn ausgespäht werden. Das erinnert an Blockwartzeiten. Mir graust vor der folgenreichen Weiterentwicklung des Gedankens: Heute sollen wir die "gierigen", "faulen" und "arbeitsscheuen" ALG-II-EmpfängerInnen bespitzeln - weil es bei Karstadt, bei Opel, bei der Telekom ja so viele offene existenzsichernde Arbeitsstellen gibt - morgen bespitzeln wir die WohngeldempfängerInnen, danach die Bafög-BezieherInnen. Und dann? Vielleicht die, die sich überlegen, ein Widerspruchsverfahren zur Höhe der rechtswidrig gekürzten Rente einzureichen?

Adah Young
unsere zeit - Zeitung der DKP
Foto: Labournet.de