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Ja, wir feiern ein neues Fest, obwohl die Forderung des alten noch nicht erfüllt wurde.
[Hier gibt's noch Fotos vom
Pressefest 2005]
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Betrieb und Gewerkschaft
Mindestlohn
»Ich denke, 10.000 Euro wären angemessen«
»Freu dich nicht zu früh, die reden über ihren Mindestlohn«
von Kostas Koufogiorgos
aus Neue Rheinische Zeitung |
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Die DKP fordert in Übereinstimmung mit Sozialbündnissen, Arbeitslosen- und Anti-Hartz-Initiativen, der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken, dem Sozialforum 2005 in Erfurt und weiteren Gruppen und Organisationen:
- Einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 10,00 EURO / Stunde für alle Produktions-, Handwerks- und Dienstleistungsbereiche, der jährlich der Steigerung der allgemeinen Einkommensentwicklung angepasst wird.
- Ein Arbeitsplatz muss zum Leben reichen. Diese Forderung erfüllt in Nordrhein-Westfalen auch den Anspruch des Artikels 24 der Landesverfassung.
- Die Einführung von Mindestlöhnen muss einhergehen mit der Rückgängigmachung von Arbeitszeitverlängerungen. Die Arbeitszeiten müssen verkürzt werden. 35-Stunden-Woche und Einschränkung von Überstunden für alle lohnabhängig Beschäftigten per Gesetz. 30-Stunden-Woche per Tarifvertrag!
- Die EU-Dienstleistungsrichtlinie gehört endgültig ersatzlos in den Papierkorb.
- Rente ab 60 – ohne Abschläge.
- Hartz IV muss weg.
Wir teilen nicht die Befürchtungen einiger Gewerkschaften, ein gesetzlicher Mindestlohn stelle die Tarifautonomie in Frage. Andere Gewerkschaften wiederum haben diese Befürchtungen auch nicht und diskutieren auch Forderungen nach einem gesetzlichen Mindestlohn. So wie Tarifverträge für z. B. längeren Urlaub als nach dem gesetzlichen Urlaubsanspruch und kürzere Arbeitszeiten als nach dem Arbeitszeitgesetz erkämpft wurden, so ist es weiterhin Aufgabe der Gewerkschaften, um höhere Löhne als die Mindestlöhne zu kämpfen, Arbeitszeitverlängerungen abzuwehren und Arbeitszeitverkürzungen mit vollem Lohnausgleich zu erstreiken.
[Diskussionspapier zur Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn]
Pressemitteilung vom 16. Juni 2005
Hauptversammlung der Lanxess AG: Entlastung verweigert
»Abspaltung zu Lasten von Belegschaft und Umwelt«
Anlässlich der heutigen Hauptversammlung der Lanxess AG in Düsseldorf monieren Kritiker den Sparkurs des neuen Unternehmens. Dieser gehe zu Lasten von Belegschaft und Sicherheit. Axel Köhler-Schnura von der Coordination gegen Bayer-Gefahren: »Die Chemie-Produktion bei Bayer war keinesfalls defizitär - sie genügte nur nicht den Profitzielen der Kapitaleigner. Die Zeche für die Abspaltung zahlt nun die Belegschaft«. Lanxess kündigte Anfang Juni an, knapp 1000 Arbeitsplätze zu vernichten und die Gehälter zu kürzen. Das Lanxess-Werk in Dormagen soll größtenteils geschlossen, der Bereich Kunstfasern zudem verkauft werden. Die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) fordert, Vorstand und Aufsichtsrat wegen der unsozialen Geschäftspolitik nicht zu entlasten.
Auch die Sicherheitslage in den teilweise hochgefährlichen Werken hat sich durch die Ausgliederung nicht erhöht - im Gegenteil. Im spanischen Murcia brannte ein Werk fast vollständig ab, die Produktion ruht seitdem. Im Leverkusener Werk gab es im Januar einen Großbrand. Unter besonderer Kritik steht auch die Lanxess-Fabrik im südafrikanischen Durban, in deren Nähe hochgefährliches Chrom im Grundwasser gefunden wurde - Lanxess musste für die Sanierung eine Rückstellung von 40 Millionen Euro bilden. Die CBG fordert, die zurückgestellten Gelder für eine gründliche Dekontamination des Geländes und eine Entschädigung aller Vergiftungsopfer zu verwenden.
Proteste gibt es zudem gegen die hohe Zahl von Störfällen im Lanxess-Werk Addyston/USA. Dort war mehrfach das krebserregende Acrylnitril ausgetreten. Ruth Breech von Ohio Citizen Action, einem Umweltverband mit 100 000 Mitgliedern: »Das Werk befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft von einem Kindergarten und einer Grundschule. Allein im letzten halben Jahr gab es 16 Unfälle, neun Mal traten giftige Chemikalien aus.« Ohio Citizen Action fordert anlässlich der Lanxess-Hauptversammlung eine Entlassung der Werksleitung von Addyston und ein sofortiges Ende der Vergiftung der Nachbarschaft des Werks.
Philipp Mimkes von der CBG ergänzt: »Die Vernachlässigung von Gesundheit und Umwelt zugunsten von Konzernprofiten hat bei Bayer und Lanxess System. Durch die angekündigten weiteren Sparmaßnahmen wird die Sicherheitslage in den Lanxess-Werken noch prekärer. Die Produktion gefährlicher Stoffe wie Acrylnitril oder Phosgen hat nichts in der Nähe von Wohngebieten zu suchen«.
Coordination gegen Bayer-Gefahren
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Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, ehem. MdB, Burgwald
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Kultur
Albert Einstein: Sozialist und Antifaschist »In diesem Jahr wird hierzulande das Einsteinjahr gefeiert. Anlass sind der 100. Geburtstag der Relativitätstheorie und der 50. Todestag des weltberühmten Wissenschaftlers. Einsteins Beiträge zur theoretischen Physik veränderten maßgeblich das Weltbild der Physik. Sein Hauptwerk ist die Relativitätstheorie, die er weitgehend im Alleingang formulierte, und die das Verständnis von Raum und Zeit revolutionierte. Einstein machte sich jedoch nicht nur als Physiker einen Namen, sondern auch durch seinen Einsatz für Völkerverständigung und Frieden. Er verstand sich selbst Sozialist und Antifaschist. 1933 emigrierte er aufgrund der Machtübergabe an die Faschisten in die USA.
"Diese Lähmung der Einzelnen halte ich für das größte Übel des Kapitalismus. (...) Ich bin davon überzeugt, daß es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert." (Albert Einstein, 1949)
Das folgende Essay "Why Socialism" gehört sicherlich zu den unbekanntesten Arbeiten Albert Einsteins. Das liegt auch daran, dass gerne verschwiegen wird, dass sich Einstein als Sozialist verstand und gegen Faschismus und Krieg engagierte. "Why Socialism" wurde erstmals 1949 in der ersten Ausgabe der Zeitschrift 'Monthly Review' veröffentlicht.« (www.solid-web.de)
Albert Einstein: Warum Sozialismus?
Ist es nun ratsam für jemanden, der kein Experte auf dem Gebiet ökonomischer und sozialer Fragen ist, sich zum Wesen des Sozialismus zu äußern? Ich denke aus einer Reihe von Gründen, daß dies der Fall ist.
Laßt uns die Frage vorerst vom Standpunkt der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus betrachten.
Es mag so erscheinen, als ob es keine wesentlichen methodologischen Unterschiede zwischen Astronomie und Ökonomie gäbe: Wissenschaftler beider Gebiete versuchen allgemein akzeptable Gesetze für eine begrenzte Anzahl von Phänomenen zu entdecken um deren Zusammenhänge so verständlich wie möglich zu machen. Aber in Wirklichkeit existieren solche methodologischen Unterschiede. Die Entdeckung von allgemeingültigen Gesetzen im Bereich der Ökonomie wird dadurch erschwert, daß die zu betrachtenden ökonomischen Phänomene von vielen Faktoren beeinflußt sind, die einzeln schwer zu beurteilen sind. Außerdem waren die Erfahrungen, die sich seit Beginn der sogenannten "zivilisierten Periode" der menschlichen Geschichte angesammelt haben - wie wir wissen - stark von Faktoren beeinflußt und beschränkt, die keineswegs ausschließlich ökonomischer Natur sind. Zum Beispiel verdanken die größeren Staatengebilde ihre Existenz den Eroberungen. Die erobernden Völker machten sich selbst - gesetzlich und wirtschaftlich gesehen - zur privilegierten Klasse des eroberten Landes. Sie sicherten sich das Monopol an Landbesitz und ernannten Priester aus ihren eigenen Reihen. Diese Priester - die die Macht über das Erziehungswesen hatten - institutionalisierten die Teilung der Gesellschaft in Klassen und schufen ein Wertesystem, das die Menschen von da an - in einem hohen Grad unbewußt - in ihrem sozialen Verhalten leitete.
Aber auch wenn diese historische Tradition eigentlich der Vergangenheit angehört, haben wir das, was Thorstein Veblen die "räuberische Phase" der menschlichen Entwicklung nannte, nirgends wirklich überwunden. Die wahrnehmbaren ökonomischen Fakten gehören zu eben dieser Phase und selbst diejenigen Gesetze, die wir aus ihnen ableiten können sind nicht auf andere Phasen anwendbar. Da es das reale Ziel des Sozialismus ist, genau über diese räuberische Phase menschlicher Entwicklung zu siegen und diese zu überwinden, kann die heutige wissenschaftliche Ökonomie wenig Licht auf die zukünftige sozialistische Gesellschaft werfen.
Zum Zweiten ist der Sozialismus auf ein sozial-ethisches Ziel ausgerichtet. Wissenschaft kann jedoch keine Ziele schaffen, geschweige denn sie den Menschen einflößen: Wissenschaft kann bestenfalls die Mittel liefern, mit denen bestimmte Ziele erreicht werden können.
Aber die Ziele selbst werden von Persönlichkeiten mit hochgesteckten ethischen Idealen erdacht und - wenn diese Ziele nicht totgeboren, sondern vital und kraftvoll sind - werden sie von den vielen Menschen übernommen und weitergetragen, die teilweise unbewußt die langsame Weiterentwicklung der Gesellschaft bestimmen.
Aus diesen Gründen sollten wir auf der Hut sein und keine Wissenschaft und wissenschaftliche Methode überschätzen, wenn es um eine Frage der Probleme der Menschheit geht; und wir sollten nicht davon ausgehen, daß Experten die einzigen sind, die ein Recht darauf haben, sich zu Fragen zu äußern, die die Organisation der Gesellschaft betreffen.
Unzählige Stimmen behaupten seit geraumer Zeit, daß nun, da die menschliche Gesellschaft eine Krise durchmache, ihre Stabilität ernsthaft erschüttert worden sei. Es ist charakteristisch für solch eine Situation, daß sich Individuen gleichgültig oder sogar feindlich gegenüber der kleinen oder großen Gruppe verhalten, zu der sie gehören. Hierzu eine persönliche Erfahrung: Ich erörterte vor kurzem mit einem intelligenten und freundlich gesonnenen Mann die Bedrohung durch einen erneuten Krieg, der meiner Meinung nach die Existenz der Menschheit ernsthaft gefährden würde, und ich bemerkte, daß nur eine supranationale Organisation Schutz vor dieser Gefahr gewährleisten könnte. Daraufhin sagte mein Besucher - sehr ruhig und gelassen -: "Warum bist du so vehement gegen das Verschwinden der Menschheit?"
Ich bin mir sicher, daß ein Jahrhundert früher niemand so leicht eine derartige Bemerkung gemacht hätte. Es ist die Aussage eines Mannes, der sich vergebens bemüht hat, sein inneres Gleichgewicht zu finden und der mehr oder weniger die Hoffnung auf Erfolg verloren hat. Es ist der Ausdruck einer schmerzhaften Vereinsamung und Isolation, an der so viele Leute in dieser Zeit leiden. Was ist die Ursache? Gibt es einen Ausweg?
Es ist einfach, solche Fragen aufzuwerfen, viel schwieriger hingegen, sie mit Gewißheit zu beantworten. Doch das muß ich versuchen, so gut ich kann, obwohl ich mir der Tatsache bewußt bin, daß unsere Gefühle und unsere Bestrebungen oft widersprüchlich und obskur sind und daß sie nicht in einfachen Formeln ausgedrückt werden können.
Der Mensch ist gleichzeitig ein Einzel- und ein Sozialwesen. Als ein Einzelwesen versucht er, seine eigene Existenz und die derjenigen Menschen zu schützen, die ihm am nächsten sind sowie seine Bedürfnisse zu befriedigen und seine angeborenen Fähigkeiten zu entwickeln. Als ein Sozialwesen versucht er, die Anerkennung und Zuneigung seiner Mitmenschen zu gewinnen, ihre Leidenschaften zu teilen, sie in ihren Sorgen zu trösten und ihre Lebensumstände zu verbessern. Allein die Existenz dieser vielseitigen, häufig widerstreitenden Bestrebungen macht den speziellen Charakter des Menschen aus, und die jeweilige Kombination bestimmt, inwieweit ein Individuum sein inneres Gleichgewicht erreichen und damit etwas zum Wohl der Gesellschaft beitragen kann. Es ist gut vorstellbar, daß die relative Kraft dieser beiden Antriebe hauptsächlich erblich bedingt ist. Aber die Persönlichkeit wird letztlich weitestgehend von der Umgebung geformt, die ein Mensch zufällig vorfindet, durch die Gesellschaftsstruktur, in der er aufwächst, durch die Traditionen dieser Gesellschaft und dadurch, wie bestimmte Verhaltensweisen beurteilt werden. Der abstrakte Begriff ,,Gesellschaft" bedeutet für den einzelnen Menschen die Gesamtheit seiner direkten und indirekten Beziehungen zu seinen Zeitgenossen den Menschen früherer Generationen. Das Individuum allein ist in der Lage, zu denken, zu fühlen, zu kämpfen, selbständig zu arbeiten; aber es ist in seiner physischen, intellektuellen und emotionalen Existenz derart abhängig von der Gesellschaft, daß es unmöglich ist, es außerhalb des gesellschaftlichen Rahmens zu betrachten. Es ist die "Gesellschaft" die den Menschen Kleidung, Wohnung, Werkzeuge, Sprache, die Formen des Denkens und die meisten Inhalte dieser Gedanken liefert, sein Leben wird durch die Arbeit möglich gemacht und durch die Leistungen der vielen Millionen Menschen früher und heute, die sich hinter dem Wörtchen "die Gesellschaft" verbergen.
Deshalb ist die Abhängigkeit des Einzelnen von der Gesellschaft ein Naturgesetz, das - wie im Falle von Ameisen und Bienen - offenbar nicht einfach so abgeschafft werden kann. Doch während der gesamte Lebensprozeß von Ameisen und Bienen bis hin zum kleinsten Detail an starre, erbliche Instinkte gebunden ist, sind die sozialen Muster und die engen sozialen Verbindungen der Menschen sehr empfänglich für verschiedenste Veränderungen. Das Gedächtnis, die Kapazität, Neues zu versuchen und die Möglichkeit, mündlich zu kommunizieren haben für den Menschen Entwicklungen möglich gemacht, die nicht von biologischen Gegebenheiten diktiert wurden. Solche Entwicklungen manifestieren sich in Traditionen, Institutionen und Organisationen, in der Literatur, in wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften, in künstlerischen Arbeiten. Das erklärt, weshalb der Mensch in einem gewissen Sinne sein Leben selbst beeinflussen kann und daß in diesem Prozeß bewußtes Denken und Wollen eine Rolle spielt.
Der Mensch erwirbt mit der Geburt durch Vererbung eine biologische Grundlage, die wir als fest und unabänderlich betrachten müssen. Dies schließt die natürlichen Triebe ein, die für die menschliche Spezies charakteristisch sind. Darüber hinaus erwirbt er während seines Lebens eine kulturelle Grundlage, die er von der Gesellschaft durch Kommunikation und durch viele andere Arten von Einflüssen übernimmt. Es ist diese kulturelle Grundlage, die im Lauf der Zeit Änderungen unterworfen ist, und die zu einem großen Teil die Beziehungen zwischen dem Individuum und der Gesellschaft bestimmt. Die moderne Anthropologie hat uns durch vergleichende Untersuchungen der sogenannten "primitiven Kulturen" gelehrt, daß das soziale Verhaften von Menschen sehr unterschiedlich sein kann und jeweils abhängig ist von den vorherrschenden kulturellen Mustern und dem in der Gesellschaft vorherrschenden Organisationstyp. Auf diese Tatsache können diejenigen bauen, die das Los der Menschen verbessern wollen: Menschen werden nicht durch ihre biologischen Konstitution dazu verdammt, einander zu vernichten oder auf Gedeih und Verderb einem schrecklichen, selbst auferlegten Schicksal zu erliegen.
Wenn wir uns fragen, wie die Gesellschaftsstruktur und die kulturelle Einstellung des Menschen geändert werden soll, um das menschliche Leben so befriedigend wie möglich zu machen, sollten wir uns immer bewußt sein, daß es bestimmte Bedingungen gibt, die wir unmöglich verändern können. Wie bereits erwähnt, sieht die biologische Natur des Menschen in der Praxis keine Änderung vor. Des weiteren haben technologische und demographische Entwicklungen der letzten Jahrhunderte Bedingungen geschaffen, die bleibend sind. Bei einer relativ hohen Bevölkerungsdichte und mit Blick auf die Waren, die für ihre Existenz unentbehrlich sind, sind eine extreme Arbeitsteilung und ein hoch zentralisierter Produktionsapparat unbedingt notwendig. Die Zeiten, in denen Individuen oder relativ kleine Gruppen völlig autark sein konnten - und die zurückblickend so idyllisch erscheinen - sind unwiderruflich vorbei. Es ist nur eine leichte Übertreibung, zu behaupten, daß die Menschheit jetzt sogar eine weltweite Gemeinschaft in Bezug auf Produktion und Verbrauch bildet.
An diesem Punkt angelangt kann ich kurz aufzeigen, was für mich das Wesen der Krise unserer Zeit ausmacht. Es betrifft die Beziehung des Einzelnen zur Gesellschaft. Der Einzelne ist sich seiner Abhängigkeit von der Gesellschaft bewußter als je zuvor. Aber er erfährt diese Abhängigkeit nicht als etwas Positives, Organisches, als Schutzgewalt, sondern eher als eine Bedrohung seiner naturgegebenen Rechte, oder sogar seiner ökonomischen Existenz. Außerdem ist seine Stellung in der Gesellschaft so, daß die egoistischen Triebe ständig hervorgehoben, während die sozialen Triebe, die er von Natur aus hat, schwächer werden und immer mehr verkümmern. Alle Menschen leiden unter diesem Prozeß der Verschlechterung - ganz gleich welche Stellung sie in der Gesellschaft innehaben. Als unwissentlich Gefangene ihrer eigenen Ichbezogenheit fühlen sie sich unsicher, einsam und des ursprünglichen, einfachen und schlichten Genusses des Lebens beraubt. Der Mensch kann den Sinn seines kurzen und bedrohten Lebens nur innerhalb der Gesellschaft finden.
Die ökonomische Anarchie der kapitalistischen Gesellschaft heute ist meiner Meinung nach die eigentliche Ursache des Übels. Wir sehen vor uns eine riesige Gemeinschaft von Erzeugern, deren Mitglieder unaufhörlich bestrebt sind, einander die Früchte ihrer kollektiven Arbeit zu entziehen, - nicht mit Gewalt, aber in getreuer Einhaltung der gesetzlich feststehenden Regeln. In dieser Hinsicht ist es wichtig, zu realisieren, daß die Produktionsmittel - d.h. die ganze produktive Kapazität, die für das Produzieren von Verbrauchsgütern wie auch zusätzlichen lnvestitionsgütern erforderlich ist, - gesetzlich gesehen im privaten Besitz von Individuen sein können und zum größten Teil ist das auch so.
Um es einfacher zu machen werde ich im folgenden all jene als "Arbeiter" bezeichnen, die kein Eigentum an Produktionsmitteln besitzen - auch wenn dies nicht der üblichen Verwendung des Ausdrucks entspricht. Der Eigentümer der Produktionsmittel ist in einer Position, in der er die Arbeitskraft des Arbeiters kaufen kann. Mit den Produktionsmitteln produziert der Arbeiter neue Waren, die ins Eigentum des Kapitalisten übergehen. Wesentlich in diesem Prozeß ist die Relation zwischen dem, was der Arbeiter verdient und dem, was ihm dafür bezahlt wird - beides gemessen am wirklichen Wert. Dadurch daß der Arbeitsvertrag ,,offen" ist, wird das was der Arbeiter erhält nicht vom wirklichen Wert der produzierten Waren bestimmt sondern durch seinen Minimalbedarf und durch die Erfordernisse des Kapitalisten im Zusammenhang mit der Zahl der Arbeiter, die miteinander um die Arbeitsplätze konkurrieren. Es ist wichtig, zu verstehen, daß sogar in der [ökonomischen] Theorie die Bezahlung des Arbeiters nicht vom Wert seines Produkts bestimmt wird.
Privates Kapital tendiert dazu, in wenigen Händen konzentriert zu werden - teils aufgrund der Konkurrenz zwischen den Kapitalisten und teils, weil die technologische Entwicklung und die wachsende Arbeitsteilung die Entstehung von größeren Einheiten auf Kosten der kleineren vorantreiben. Das Ergebnis dieser Entwicklungen ist eine Oligarchie von privatem Kapital, dessen enorme Kraft nicht einmal von einer demokratisch organisierten politischen Gesellschaft überprüft werden kann. Dies ist so, da die Mitglieder der gesetzgebenden Organe von politischen Parteien ausgewählt sind, die im Wesentlichen von Privatkapitalisten finanziert oder anderweitig beeinflußt werden und in der Praxis die Wähler von der Legislative trennen. Die Folge ist, daß die "Volksvertreter" die Interessen der unterprivilegierten Schicht der Bevölkerung nicht ausreichend schützen. Außerdem kontrollieren unter den vorhandenen Bedingungen die Privatkapitalisten zwangsläufig direkt oder indirekt die Hauptinformationsquellen (Presse, Radio, Bildung). Es ist deshalb äußerst schwierig und, für den einzelnen Bürger in den meisten Fällen fast unmöglich, objektive Schlüsse zu ziehen und in intelligenter Weise Gebrauch von seinen politischen Rechten zu machen.
Die Situation in einem Wirtschaftssystem, das auf dem Privateigentum an Kapital basiert, wird durch zwei Hauptprinzipien charakterisiert: erstens sind die Produktionsmittel (das Kapital) in privatem Besitz, und die Eigentümer verfügen darüber, wie es ihnen paßt; zweitens ist der Arbeitsvertrag offen. Natürlich gibt es keine rein kapitalistische Gesellschaft. Vor allem sollte beachtet werden, daß es den Arbeitern durch lange und bittere politische Kämpfe gelungen ist, bestimmten Kategorien von Arbeitern, eine ein wenig verbesserte Form des "nichtorganisierten Arbeitervertrags" zu sichern. Aber als Ganzes genommen unterscheidet sich die heutige Wirtschaft nicht sehr von einem "reinem" Kapitalismus.
Die Produktion ist für den Profit da - nicht für den Bedarf. Es gibt keine Vorsorge dafür, daß all jene, die fähig und bereit sind, zu arbeiten, immer Arbeit finden können. Es gibt fast immer eine ,,Herr von Arbeitslosen". Der Arbeiter lebt dauernd in der Angst, seinen Job zu verlieren. Da arbeitslose und schlecht bezahlte Arbeiter keinen profitablen Markt darstellen, ist die Warenproduktion beschränkt und große Not ist die Folge. Technologischer Fortschritt führt häufig zu mehr Arbeitslosigkeit statt zu einer Milderung der Last der Arbeit für alle. Das Gewinnmotiv ist in Verbindung mit der Konkurrenz zwischen den Kapitalisten für Instabilität in der Akkumulation und Verwendung des Kapitals verantwortlich und dies bedeutet zunehmende Depressionen. Unbegrenzte Konkurrenz führt zu einer riesigen Verschwendung von Arbeit und zu dieser Lähmung des sozialen Bewußtseins von Individuen, die ich zuvor erwähnt habe.
Diese Lähmung der Einzelnen halte ich für das größte Übel des Kapitalismus. Unser ganzes Bildungssystem leidet darunter. Dem Studenten wird ein übertriebenes Konkurrenzstreben eingetrichtert und er wird dazu ausgebildet, raffgierigen Erfolg als Vorbereitung für seine zukünftige Karriere anzusehen.
Ich bin davon überzeugt, daß es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert. in solch einer Wirtschaft gehören die Produktionsmittel der Gesellschaft selbst und ihr Gebrauch wird geplant. Eine Planwirtschaft, die die Produktion auf den Bedarf der Gemeinschaft einstellt, würde die durchzuführende Arbeit unter all denjenigen verteilen, die in der Lage sind zu arbeiten und sie würde jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind einen Lebensunterhalt garantieren. Die Bildung hätte zum Ziel, daß die Individuen zusätzlich zur Förderung ihrer eigenen angeborenen Fähigkeiten einen Verantwortungssinn für die Mitmenschen entwickeln anstelle der Verherrlichung von Macht und Erfolg in unserer gegenwärtigen Gesellschaft.
Dennoch ist es notwendig festzuhalten, daß eine Planwirtschaft noch kein Sozialismus ist. Eine Planwirtschaft als solche kann mit der totalen Versklavung des Individuums einhergehen. Sozialismus erfordert die Lösung einiger äußerst schwieriger sozio-politischer Probleme: Wie ist es angesichts weitreichender Zentralisierung politischer und ökonomischer Kräfte möglich, eine Bürokratie daran zu hindern, allmächtig und maßlos zu werden? Wie können die Rechte des Einzelnen geschützt und dadurch ein demokratisches Gegengewicht zur Bürokratie gesichert werden?
In unserem Zeitalter des Wandels ist Klarheit über die Ziele und Probleme des Sozialismus von größter Bedeutung. Da unter den gegenwärtigen Umständen die offene und ungehinderte Diskussion dieser Probleme einem allgegenwärtigen Tabu unterliegt halte ich die Gründung dieser Zeitschrift für ausgesprochen wichtig.
Albert Einstein
Presseinformation |
Leverkusen, 9.
April 2005 |
Zum Tode des
Schriftstellers Max von der Grün
Die Kulturvereinigung Leverkusen e. V. – eine Vereinigung,
die
aus der Arbeiterkultur- und -sportbewegung der Weimarer Republik
hervorgegangen ist – hat mit Betrübnis vom Ableben
des
Schriftstellers Max von der Grün Kenntnis genommen.
Mit Max von der Grün verliert die demokratische und
antifaschistische Bewegung eine gewichtige Stimme, die sich durch ihre
vielfältigen Werke zu Wort meldete.
Und nicht nur in seiner Arbeit wurde sein humanistisches Bewusstsein
sichtbar. In Erinnerung wird bleiben, dass er bei antifaschistischen
Aufrufen und Aktivitäten mitwirkte (wie zum 60. Jahrestag der
faschistischen Machtübertragung 1993 in Düsseldorf
und bei
der Jury des Günther-Weisenborn-Literaturpreises der VVN)
sowie
demokratische Initiativen unterstützte.
So hatte er 1994 den Bürgerantrag eines Vorstandsmitgliedes
unserer Vereinigung zur Benennung einer Straße nach dem
antifaschistischen Schriftsteller Günther Weisenborn in
Leverkusen-Opladen unterstützt. Jahre später wurde
dann diese
Forderung von der Stadt umgesetzt.
Max von der Grün, der mit Romanen wie »Irrlicht und
Feuer« und, »Stellenweise Glatteis«
Themen der
einfachen Menschen literarisch verarbeitete und den Leser durch
milieugetreue Schilderungen und spannende Erzählweise
fesselte;
Max von der Grün, der mit
»Vorstadtkrokodile« beste,
humanistische Literatur für Kinder und Jugendliche beisteuerte;
Max von der Grün, der mit Erzählungen wie
»Am Tresen
gehen die Lichter aus« dazu beitrug, Menschen zum Nachdenken
zu
bringen, aktiv zu werden dafür, dass die Lichter für
die
Menschen in Stadtteilen und der Welt nicht ausgehen mögen;
Max von der Grün hat sich um eine demokratische, humanistische
Gesellschaft in unserem Lande verdient gemacht.
Seinen Intentionen folgend wird die Kulturvereinigung Leverkusen e.V.
weiterhin bemüht sein, mit ihren bescheidenen Mitteln an der
Verwirklichung dessen mitzuwirken.
Kulturvereinigung
Leverkusen e. V. • Am
Stadtpark 68 • 51373
Leverkusen • Tel.:
0214-45418 • Fax:
0214–46450
www.kulturvereinigung.de
E-mail: KultLever@web.de
Spendenkonto: Sparkasse
Leverkusen, Kontonummer 100 00 65 27, Bankleitzahl 375
51 440
Pressemitteilung vom 5.
April 2005
60. Jahrestag der
Befreiung von Krieg und
Faschismus
»Aus der
Geschichte
lernen«
Im Rahmen ihrer
Veranstaltungsreihe zum 60. Jahrestag der Befreiung von Krieg und
Faschismus
hatte die Kulturvereinigung Leverkusen e. V. russische Gäste
eingeladen. Vor
einem interessierten Publikum nahmen sie unter dem Motto:
»Aus
der Geschichte
lernen« Stellung zum Thema.
Prof. Dr. Abdulchan
Achtamajan, Prof. Dr. Wladimir Naumow aus Moskau und der ehemalige
Botschaftsrat Dr. Anatoli Popow machten in ihren Eingangsstatements
ihre
Erfahrungen mit dem Krieg, mit dem Faschismus, mit der
Nachkriegsordnung und
Schlussfolgerungen für heute sichtbar. Prof. Achtamajan setzte
sich besonders
mit Geschichtsverfälschungen auseinander, die nicht nur in
Deutschland über den
Krieg und den faschistischen Terror verbreitet werden, sondern auch
zunehmend
in Medien in Russland zu finden sind.
Prof. Naumow, der als
13-Jähriger
zur Zwangsarbeit nach Bielefeld verschleppt wurde und der wie die
beiden
anderen Teilnehmer am Gespräch anlässlich des
60. Jahrestages der
Befreiung des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Stalag 326 in
Stukenbrock
in Deutschland weilte, schilderte seine Erlebnisse, die vom Revisor der
Kulturvereinigung, Vladimir Visch übersetzt wurden.
Anatoli Popow berichtete
u.
a. von den Zuständen im heutigen Russland, wo ein hoher
Prozentsatz – dabei
jene, die bei der Befreiung vom Faschismus mitwirkten und halfen, dem
unmenschlichsten Krieg der Geschichte ein Ende zu bereiten –
am
Rand des
Existenzminimums lebten.
Walborg
Schröder,
Vorsitzende der Deutsch-Russischen Gesellschaft Rhein/Ruhr –
dank
deren
Vermittlung der Besuch zustande kam – hatte ebenfalls die
soziale
Situation
mancher Veteranen geschildert. Die Teilnehmer diskutierten die
Beiträge; bei
allen wurde sichtbar, dass die Lehren der vergangenen Jahrzehnte von
vielen
gezogen wurde, die sich aktiv in der Friedens- und der Antifa-Bewegung
engagieren.
Der Vorstand der
Kulturvereinigung Leverkusen e. V. stellte als sichtbaren Ausdruck der
Solidarität 300 Euro für die Veteranen zur
Verfügung.
Kulturvereinigung
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Umwelt
MCS: Chemie-Opfer klagen an
» Die sollten wissen, wie die Situation in diesem Lande ist!«
Der Fall des Ehepaars Fischer ist typisch für PatientInnen mit Multipler Chemikalien-Unverträglichkeit (MCS). Ebenso sehr wie unter ihrer Krankheit leiden sie darunter, dass diese nicht als eine solche anerkannt wird. Bayer & Co. haben erfolgreich alles darangesetzt, Chemie als Auslöser schwerster Gesundheitsstörungen aus den Medizin-Büchern zu tilgen. Die Betroffenen gelten deshalb als eingebildete Kranke. »Alles psychisch«, lautet die Diagnose stets. Das Düsseldorfer Gesundheitsamt leitete gegen Ellen Fischer sogar ein Entmündigungsverfahren ein.
Von Jan Pehrke
Im Sommer 1991 fiel Ruth Fischer plötzlich bewusstlos vom Fahrrad. Die mit ihrem Mann in der US-amerikanischen Kleinstadt Stuart lebende Frau kam sofort in ein Krankenhaus. Die ÄrztInnen versorgten die Deutsch-Amerikanerin, konnten sich ihren Zusammenbruch aber nicht erklären. Bald darauf zeigte ihr Körper weitere auffällige Reaktionen. Ruth Fischer erblindete kurzzeitig, bekam Schweißausbrüche und litt unter Schlaflosigkeit. Es begann eine Odyssee durch Praxen und Kliniken. Die Diagnosen entsprachen fast der Anzahl der konsultierten MedizinerInnen und reichten bis zu Darm- und Bauchspeicheldrüsen-Krebs. Erst nach einem Jahr fand ein Doktor die wahre Ursache ihrer Beschwerden heraus. Ein toxischer Schock hatte ihren Körper an dem Sommertag getroffen, ausgelöst durch Haushaltsinsektizide. Mit diesen war Ruth Fischer in Kontakt gekommen, weil die Verwaltung der Wohnanlage, in der sie mit ihrem Mann lebte, regelmäßig Kammerjäger in die Häuser schickte. Sie verspritzten hauptsächlich das von DOW ELANCO hergestellte - und inzwischen verbotene - Organophosphat DURSBAN mit dem Wirkstoff Chlorpyrifos, der sich auch in den Bayer-Produkten RIDDER, BLATTANEX und PROFICID befindet. Später wiesen die ExpertInnen im Hausstaub noch weitere Stoffe nach wie Permethrin, enthalten in ADVANTIX, Bayers Anti-Flohmittel für Hunde. Die Insekten-JägerInnen hatten nämlich eigene Gift-Mixe angerührt, um die potentiellen Plagegeister nicht an eine Substanz zu gewöhnen. Allerdings gewöhnte sich auch der menschliche Körper nicht an die Biozide. »Es gibt kein gefahrloses Biozid«, erklärt der kurz nach seiner Frau ebenfalls an MCS erkrankte Siegfried Fischer, »Das sagt ja der Name schon: ,Bio' für Leben und ,zid' für Tod«.
Nach diesem Befund entschlossen sich die Fischers, in die Bundesrepublik zurückzukehren. Dort, wo Bayer-Forscher in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Pestizide entwickelt hatten, sollten doch auch die Behandlungsmethoden für die durch diese Substanzen hervorgerufenen Vergiftungserscheinungen am weitesten gediehen sein, dachte das Ehepaar - ein folgenreicher Irrtum. In Bayers homeland kann nicht sein, was nicht sein darf. Nicht die Chemie stimmt nicht, sondern der Mensch. »Wer nach einer Organophosphat-Vergiftung nicht innerhalb von zwei Wochen gestorben ist, bei dem ist nach der deutschen amtsmedizinischen Meinung alles psychosomatisch«, zitiert Siegfried Fischer den MCS-Experten Müller-Mohnssen. Mit diesem Verdikt müssen auch die Fischers leben. Einer wahren Menschenverfolgung sehen die Fischers sich ausgesetzt, »weil der Industrie das Wort ,Chemie' nicht passt«. Nicht auf ärztliches Unvermögen, sondern eindeutig auf den Druck von Bayer & Co. führt er die Ignoranz der Krankheit gegenüber zurück. Nur einmal schien sich eine Kehrtwende anzudeuten. Die SPD veranstaltete 1998 kurz vor der Bundestagswahl ein Hearing zum Thema »MCS« und versprach, die Krankheit offiziell anzuerkennen. Später wollte die Partei nichts mehr davon wissen. »Die hat uns zu 100 Prozent verraten«, empört sich der Mann.
Dabei hat Fischer zufolge der Anschlag in der U-Bahn von Tokio mit dem Bayer-Gift Sarin noch einmal eindeutig Aufschluss über MCS gegeben. Die unterschiedlichsten Reaktionsweisen zeigten sich. 12 Menschen starben sofort, einige konnten sich nicht mehr bewegen, bei nicht wenigen versagte das Sprachzentrum, andere wiederum blieben unversehrt. Welche Symptome sich herausbildeten, hing von der Konstitution der Einzelnen ab, dass sie aber alle auf das Sarin als Auslöser zurückgingen und nicht etwa dem subjektiven Faktor geschuldet waren, darin waren sich die Fachleute einig.
Aber auf die Wissenschaft hierzulande machte das wenig Eindruck. »Wäre rechtzeitig, z. B. in der Universität Düsseldorf, die Vergiftungsfolge überhaupt mal erwogen worden, man hätte uns noch helfen können«, klagt Siegfried Fischer. Jetzt bemüht der Rentner sich nur noch darum, den Gesundheitszustand seiner Frau so gut es geht stabil zu halten. Aber selbst dabei helfen ihm die medizinischen Einrichtungen nicht. Ellen Fischer ist inzwischen ans Bett gefesselt und zeigt bei der geringsten Dosis der in unserem Alltag allgegenwärtigen Chemie Besorgnis erregende Reaktionen. Deshalb ersuchte Fischer das Düsseldorfer Gesundheitsamt um Unterstützung bei der Isolation seiner Frau von der »chemischen Gesellschaft«, der Suche nach einer Wohnung ohne Gifte. Aber die Behörde scheute die Kosten. Sie war schnell mit der Diagnose »alles psychisch« bei der Hand und leitete sogar ein Entmündigungsverfahren gegen Ellen Fischer ein, um das lästige Ehepaar loszuwerden. Siegfried Fischer zog vor das Amtgericht und bekam Recht zugesprochen. »Bei dem Betroffenen bestehen schwere neuro-toxische Schäden sämtlicher Organsysteme nach Vergiftung durch Organophosphate. Dies folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere aus dem Gutachten des Dr. Kiefer«, urteilten die Richter. Ein Verfahren vor den Sozialgerichten gegen die Krankenkasse läuft bereits seit drei Jahren. Sie weigert sich nämlich, Ruth Fischer von der Pflegestufe I in die Pflegestufe II zu setzen und spielt auf Zeit. Und die Gerichte spielen mit. Seinen Glauben an die Unabhängigkeit der Justiz hat Siegfried Fischer längst verloren: »Die Richter müssen tun, was die Mächtigen sagen«. Das Ehepaar hätte das Land längst verlassen, wenn Ellen Fischer transportfähig wäre, sagt der Mann verbittert.
In den USA haben nämlich Justizwesen und staatliche Institutionen gegenüber dem Einfluss der Chemie-Lobby eine gewisse Autonomie bewahrt, wie ein dort anhängiges Verfahren zeigt. DOW ELANCO haben die Fischers allerdings nicht auf die Anklagebank bekommen. Die Rechtsanwälte rieten ihnen von diesem Schritt ab. Das Unternehmen hätte sich sofort auf die Position zurückgezogen, nicht DURSBAN an sich, sondern lediglich eine falsche Anwendung hätte zu der Vergiftung geführt und damit wahrscheinlich auch Erfolg gehabt, prophezeiten die JuristInnen. So hat das Ehepaar Fischer den Kammerjäger, bzw. die Versicherung seiner Berufsvereinigung, verklagt. Seit acht Jahren läuft der aufwändige Prozess schon. Mehrmals reisten US-AnwältInnen und ExpertInnen nach Düsseldorf, um sich vor Ort ein Bild von dem Gesundheitszustand Ellen Fischers zu machen. Zudem hörten die RichterInnen zahlreiche WissenschaftlerInnen an. Bislang bestätigten alle Fachleute den Zusammenhang zwischen der Insektizid-Ausbringung und der Erkrankung - »mit Ausnahme der Deutschen«, bemerkt Siegfried Fischer. In den Vereinigten Staaten haben nämlich staatliche Einrichtungen wie das sich für Benachteiligte einsetzende Wohnungsamt »U.S. Department of Housing and Urban Development« und die Umweltbehörde EPA MCS offiziell anerkannt. In einem Memorandum der EPA heißt es: »Chlorpyrifos und andere Insektizide stehen nach Berichten in Zusammenhang mit chronischen Schädigungen bei Menschen wie peripherale Neuropathie und chronischen, auf Nervenschädigungen zurückgehende Verhaltensstörungen (beides Nervenleiden, Anm. SWB) sowie einer Überempfindlichkeit gegenüber vormals keinerlei negative Reaktionen hervorrufenden Chemikalien«. Diese amtliche Beglaubigung von MCS ließ rund 70 Prozent aller Klagen vor den Sozialgerichten zugunsten der Opfer ausgehen. Auch Siegfried Fischer äußert Zuversicht: »Ich hab keine Bedenken, dass nicht zu unseren Gunsten entschieden wird«. Aber für ihn und seine Frau dürften die Mühlen der Justiz zu langsam mahlen. »Für uns bringt das nichts mehr, aber für die Nachwelt, da sind ja so viele Menschen, die sollten wissen, wie die Situation in diesem Lande ist«, ereifert sich Fischer. Darum bezeichnet er es als sein Hauptanliegen, die Öffentlichkeit zu informieren. So könnte er vielleicht wenigstens anderen das Schicksal ersparen, das er und seine Frau erleiden müssen.
Aus »Stichwort Bayer 2/05«. Ein Probeexemplar senden wir gerne zu: CBGnetwork@aol.com
» Stichwort Bayer« ist die Zeitschrift der Coordination gegen Bayer-Gefahren, Postfach 150418, D-40081 Düsseldorf
Offener Brief an National Geographic Deutschland:
Umweltverbände protestieren gegen Kooperation mit dem Bayer-Konzern
Klaus Liedtke
Chefredakteur National Geographic Deutschland
Kehrwieder 8
20457 Hamburg
23. Juni 2005
Sehr geehrter Herr Liedtke,
mit Verärgerung haben wir die Kooperation zwischen National Geographic Deutschland und der Bayer AG bei der Gründung des Global Exploration Fund "Süßwasser" zur Kenntnis genommen. Wir sind der Meinung, dass das sinnvolle Anliegen, Forschung zum Schutz des Trinkwassers zu befördern, durch die Zusammenarbeit mit einem der größten Wasserverschmutzer Deutschlands diskreditiert wird.
Fabriken und Produkte des Bayer-Konzerns belasten Grund- und Oberflächenwässer in aller Welt. Sie sollten dem Unternehmen nicht gestatten, dies durch einen Griff in die Portokasse zu kaschieren.
Zur Problematik "Wasserverschmutzung durch den Bayer-Konzern" einige Beispiele:
- Bayer gehört zu den 10 größten Direkteinleitern von Schadstoffen in Deutschland. Das Unternehmen emittiert über das Abwasser jährlich rund 600 Tonnen Phosphor, 3.400 to Stickstoff, 1,5 Mio to anorganischer Salze, 73 to Chlororganika und 29 to Schwermetalle (Werte für 2002 bzw. 2003). Das Grundwasser rund um Bayer-Werke ist häufig stark belastet - so wurden kürzlich in der Nachbarschaft der Bayer-Fabrik in Durban/Südafrika bis zu 4800 mg Chrom pro Liter Grundwasser gefunden.
- Bayer ist der weltweit größte Pestizid-Hersteller. Agrogifte belasten in aller Welt Böden und Grundwasser. Allein in Deutschland werden jährlich mehr als 30.000 to Pestizide versprüht, rund 30% des Grundwassers sind dadurch belastet. Die Wasserwerke müssen jährlich dreistellige Millionenbeträge ausgeben, um das Trinkwasser frei von Pestiziden zu halten.
- Täglich verbraucht der Bayer-Konzern rund 2,1 Millionen cbm Wasser. Allein das Werk Leverkusen erzeugt doppelt so viel Abwasser wie die benachbarte Millionenstadt Köln. Die meisten Werke des Unternehmens entnehmen dem Boden hochqualitatives Grundwasser und leisten hierfür aufgrund "alter Wasserrechte" nicht einmal Abgaben.
- Jahrzehntelang gelangten aus der Dhünnaue, einer der weltweit größten Chemie-Deponien, hohe Mengen Schadstoffe in den Rhein. Der Bayer-Konzern hatte in der Dhünnaue mehrere hunderttausend Tonnen Chemiemüll ungesichert gelagert.
- Seit vielen Jahren fordern Umweltgruppen die Veröffentlichung der Einleiterdaten der Bayer-Werke. Das Unternehmen verweigert dies. Als der "Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse" die Daten für das Werk Leverkusen einsehen wollte, rief Bayer sogar die Gerichte an. Es wollte seine in die Flüsse eingeleiteten Schadstoffmengen per Urteil zum Betriebsgeheimnis erklären lassen, kam aber mit seinem Ansinnen nicht durch. "Chemie im Dialog" sieht anders aus.
- Zahlreiche Produkte des Unternehmens belasten noch nach Jahrzehnten die Umwelt. So gehörte Bayer zu den weltweit größten PCB-Herstellern - auch dann noch, als die Risiken Polychlorierter Biphenyle durch Gesundheitsbeeinträchtigungen in den Produktionsanlagen allgemein bekannt waren. Das Hafenbecken von Oslo ist beispielsweise stark mit PCB aus Schiffsanstrichen verseucht, größtenteils durch Lacke von Bayer.
Der Konzern sucht seit Jahren Kooperationen mit glaubwürdigen Organisationen (z.B. UNEP, WHO, Umweltverbänden). Dabei wählt Bayer gezielt solche Bereiche aus, in denen das Unternehmen in der Kritik steht. Solche "best practice"-Projekte verstellen jedoch den Blick darauf, dass Chemie-Unternehmen für eine große Zahl von Umweltproblemen verantwortlich sind.
Wir fordern Sie auf, die Zusammenarbeit mit der Bayer AG einzustellen. Diese Kooperation schadet dem Umwelt- und Trinkwasserschutz.
In Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, Mitglied der Störfallkommission
Philipp Mimkes, Coordination gegen BAYER-Gefahren
Harald Gülzow, Verein zum Schutz des Rheins und seiner Nebenflüsse
Dirk Jansen , Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland NRW
Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Germany)
Peter Willers, Aktionskonferenz Nordsee
Henry Mathews, Dachverband Kritischer Aktionärinnen und Aktionäre
Nikolaus Geiler, Ak Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
Für Rückfragen: CBGNETWORK@aol.com
0211 - 333 911
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Pressemitteilung
vom
6. April 2005
USA: Verbot von
Bisphenol A in Babyflaschen gefordert
größte
Hersteller: Bayer, Dow, GE Plastics
Die
kalifornische Abgeordnete Wilma Chan
fordert in einem Gesetzesentwurf ein Verbot der Chemikalie Bisphenol A
in allen Produkten, mit denen Kleinkinder in Kontakt kommen. Chan ist
Vorsitzende des Gesundheits-Ausschuss des kalifornischen Parlaments,
vor zwei Jahren setzte sie bereits ein Verbot giftiger
Flammschutzmittel durch.
»Die meisten Eltern wären sicherlich schockiert,
wenn sie
erführen, dass Plastik-Babyflaschen die Gesundheit ihrer
Kinder
schädigen können. Wenn man sich die
wissenschaftlichen
Untersuchungen ansieht, gibt es keinen Zweifel, dass diese Chemikalien
in Babyprodukten verboten werden müssen«, so Wilma
Chan.
Bisphenol A (BPA) wird bei der Herstellung von Plastikflaschen, der
Innenbeschichtung von Konservendosen, in Lebensmittel-Verpackungen und
in Zahnfüllungen eingesetzt. Die hormonellen Risiken der
Chemikalie sind seit Jahrzehnten bekannt. Säuglinge, deren
Hormonsystem noch nicht ausgereift ist, sind besonders
gefährdet -
Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen und verfrühte sexuelle Reife
können die Folge einer Exposition sein. Neue Studien zeigen,
dass
schon die Aufnahme geringster Dosen BPA die Entwicklung des Gehirns
behindert. Untersuchungen ergaben zudem, dass BPA aus Babyflaschen,
besonders nach längerem Gebrauch, in die Nahrung austritt.
Prof. Jürgen Rochlitz, Mitglied der Deutschen
Störfallkommission und Beirat der Coordination gegen
BAYER-Gefahren e.V.: »Bisphenol A und andere hormonaktive
Substanzen
haben in Produkten des täglichen Bedarfs absolut nichts
verloren.«
Axel Köhler-Schnura vom Vorstand des Vereins ergänzt:
»Konzerne reagieren nur auf öffentlichen Druck und
harte
Verbote. Bei BAYER und Co. regiert der Profit - menschliche Gesundheit
und Umweltschutz sind uninteressant für die Konzernbosse. Die
wenigen Fälle, in denen die Produktion gefährlicher
Stoffe
eingestellt wurde, kamen nur zustande, weil die Herstellung
unprofitabel oder der öffentliche Druck zu groß wurde.«
In den USA werden jährlich über eine Million Tonnen
BPA
produziert, in Europa rund 700.000 to. Die größten
Produzenten sind Bayer, Dow Chemicals und GE Plastics. Bayer produziert
die Chemikalie in Baytown/USA, Uerdingen und Antwerpen. In den
vergangenen Jahren hat Bayer neue BPA-Fabriken in Thailand und China
eröffnet. Auch das Umweltbundesamt möchte die
Verwendung von
Bisphenol A einschränken - kann sich jedoch nicht gegen die
Wirtschaftslobby durchsetzen. In Japan hingegen wurde die Verwendung
von Bisphenol A in Babyflaschen vom Gesundheitsministerium stark
reglementiert.
Lesen Sie zu dem geplanten Verbot in Kalifornien einen aktuellen Artikel
des Francisco Chronicle
Coordination gegen BAYER-Gefahren
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Beirat
Dr. Sigrid Müller, Pharmakologin, Bremen
Dr. Erika Abczynski, Kinderärztin, Dormagen
Eva Bulling-Schröter, ehem. MdB, Berlin
Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Chemiker, ehem. MdB, Burgwald
Dr. Janis Schmelzer, Historiker, Berlin
Wolfram Esche, Rechtsanwalt, Köln
Dorothee Sölle, Theologin, Hamburg (gest. 2003)
Prof. Dr. Anton Schneider, Baubiologe, Neubeuern
Prof. Jürgen Junginger, Designer, Krefeld
Mitte April wurde die Landesgartenschau NRW eröffnet – auf
dem Gelände einer ehemaligen Giftmülldeponie des
Bayer-Konzerns. Das Neue Deutschland berichtet in seiner Ausgabe
vom 3. Mai 2005 über die Kritik an dem »Feigenblatt auf der
Dhünnaue«:
Es grünt so grün das Gift... |
|
Auf Giftmüll-Boden blüht die
Landesgartenschau in Leverkusen
Von Christiane Martin,
Leverkusen
Jahrzehntelang
benutzten Bayer-Konzern und die Stadt Leverkusen die Dhünnaue als
Problem-Deponie. Jetzt ist das Gelände eine »grüne
Insel« –
Umweltschützer monieren unzureichende Schutzmaßnahmen.
Auf
weitläufigen Wiesen tummeln sich Kinder, Familien haben die
Picknickdecke ausgebreitet, Liebespaare kuscheln auf Parkbänken,
und
Senioren schlendern durchs Blütenmeer – doch die Idylle auf
der Mitte
April eröffneten nordrhein-westfälischen Landesgartenschau
trügt. Unter
dem Gelände verbirgt sich einer der größten
Giftmüllskandale
Westdeutschlands, der für die Verantwortlichen zwar Schnee von
gestern
ist, bei Umweltverbänden aber bis heute als höchst brisant
gilt.
Jahrzehntelang hatten der Chemiekonzern Bayer und die Stadt Leverkusen
die Auen des Flüsschens Dhünn, auf denen nun die
Landesgartenschau
angelegt ist, als Deponie genutzt.
Bis
in zwölf Meter Tiefe lagern hier etwa drei Millionen Tonnen
Chemierückstände, Bauschutt und Hausmüll. Während
der Leverkusener
Bürgermeister in dem sanierten und durch die Landesgartenschau
rekultivierten Gelände einen »glücklichen
umweltpolitischen und
städtebaulichen Schlusspunkt« sieht, kritisiert die
Coordination gegen
Bayergefahren (CBG) die Sanierung wie auch die historische Aufarbeitung
als unzureichend.
»Von einer nachhaltigen Sicherung der Deponie
kann nicht gesprochen werden«, sagt Philipp Mimkes,
Geschäftsführer der
CBG. Das verseuchte Erdreich sei weder abgetragen noch vollständig
umschlossen worden. Lediglich oberirdisch und seitlich sei es abgedeckt
worden, nach unten sei es offen. Frank Stupp, Pressesprecher der
Landesgartenschau hält dem entgegen, dass die im Untergrund
lagernden
Gesteine eine natürliche Barriere bilden würden, muss jedoch
zugeben,
dass diese Schichten nicht komplett wasserundurchlässig sind. CGB
und
Umweltverbände fordern deshalb eine nachhaltige Sicherung.
»Es gab
Pläne, Teile der Abfälle vor Ort durch eine thermische
Behandlung zu
entsorgen und den Rest vollständig zu umkoffern«, sagt
Mimkes. Aus
Geldgründen sei dies unterblieben, mutmaßt er.
Die Geschichte der
Dhünnaue liest sich wie ein Öko-Krimi. Trotz der Gifte im
Boden
errichtet Leverkusen in den 1950er Jahren auf der Deponie
Wohnhäuser,
eine Schule, einen Kindergarten und ein Altenheim. Eher zufällig
wird
Mitte der 1980er Jahre eine Umweltprüfung durchgeführt. Das
Ergebnis:
die Aue ist mit hochgiftigen Schadstoffen belastet. Die Stadt empfiehlt
den Bewohnern, die Gartennutzung einzuschränken und die
Auen-Wiesen
nicht mehr zu betreten. Leverkusener Ärzte fordern dagegen eine
Umsiedlung der Bewohner. Erst Anfang der 1990er entschließt man
sich,
die Wohnbebauung aufzugeben und das Gelände zu sanieren.
»Wir
wollen und können nichts von der Geschichte der Dhünnaue
verheimlichen«, sagt Stupp. Eine Ausstellung auf dem Gelände
präsentiere ja offen die historischen Abläufe. Den Opfern der
Giftmülldeponie einen Gedenkstein zu setzen, wie es CBG verlangt,
geht
Stupp aber zu weit: »Es gibt keine konkreten Hinweise auf Opfer.
Wer
weiß schon, ob eine Krebserkrankung mit dem Müll zu tun
hat.«
Recherchen des »Spiegel« von 1992 belegen indes, dass es
bei den
Bewohnern zu einer statistischen Häufung von tödlichen
Krebserkrankungen kam. »Das wird einfach unter den Teppich
gekehrt«,
empört sich Mimkes.Der Bund für Umwelt und Naturschutz in
Nordrhein-Westfalen schließt sich dem an. »Ich halte es
für bedenklich,
dass eine Altlast von Bayer zur Kaschierung des Skandals in ein
Vorzeigeprojekt veredelt wird – und das mit öffentlichen
Mitteln«, sagt
Geschäftsführer Dirk Jansen.
Die meisten Besucher der
Landesgartenschau freuen sich indes über den schönen Park.
Viele wissen
von der problematischen Geschichte, finden es aber »ganz
toll«, was man
aus der ehemaligen Deponie gemacht hat. »Besser als
vorher«, sagt ein
Besucher. Vor dem Gift im Boden hat er keine Angst.
Es gibt aber
auch kritische Stimmen. Christiane Berger ist Gartenbau-Spezialistin
und resümiert: »Ich finde das Gesamtkonzept eintönig.
Es fehlen Bäume
auf den viel zu großen Rasenflächen. Man merkt, dass hier
keine tief
wurzelnden Pflanzen gepflanzt werden durften, weil das die Abdeckung
der Deponie schädigen könnte.« Für sie sieht das
Ganze auch bildlich
wie ein großer grasgrüner Deckmantel aus.
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Bearbeitet:
21.06.2007
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