Personal wird verschlissen

Eine Studie der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), vorgestellt am 18. Juni, zeigt, welchen Belastungen die Krankenhausbeschäftigten tagtäglich ausgesetzt sind.

In der Erhebung kommt die Gewerkschaft zu dem Ergebnis, dass bundesweit mehr als 162.000 Stellen in Krankenhäusern, davon alleine 80.000 Pflegefachkräfte, fehlen. An der Umfrage anhand eines Belastungsscheck haben sich rund 600 Stationen beteiligt, die insgesamt etwa 13.000 Beschäftigte in den Krankenhäusern repräsentieren. Anhand der anfallenden und zu erledigenden Arbeit wurde bei der Erhebung die tatsächliche und notwendige Personalbesetzung erfasst. Fazit: Die Situation heute ist überwiegend so, dass 25 Prozent weniger Personal eingesetzt wird, als es nötig wäre, um eine Versorgung und korrekte medizinische Betreuung zu gewährleisten.

«Der Belastungsscheck belegt einmal mehr, dass die Personaldecke erschreckend kurz ist. Die Beschäftigten sind schon alle, wenn der Monat noch gar nicht rum ist», kritisiert Sylvia Bühler aus dem ver.di Bundesvorstand. «Das System funktioniert nur, weil die Beschäftigten über ihre Belastungsgrenze gehen und mit hohem persönlichen Einsatz versuchen, den Personalmangel auszugleichen. Sie werden regelrecht verschlissen» so Bühler weiter. Pro Schicht ist eine Pflegekraft im Krankenhaus in Deutschland für 10,3 Patient/innen zuständig. Diese Zahl ist doppelt so hoch wie im übrigen Europa.

Die Nächte in bundesdeutschen Krankenhäusern sind für schwerkranke Patienten besonders gefährlich. Grund hierfür ist eine permanente Unterbesetzung bei den Nachschichten. Durchschnittlich muss eine Krankenschwester dann bis zu 26 Patienten alleine versorgen. Auf einigen Stationen sogar bis zu vierzig. Der notwendige Fachstandard einer Intensivpflege wird nur auf 10,7 Prozent der Intensivstationen erfüllt.

Durch den Job werden immer mehr Beschäftigte selber krank. So sind die Beschäftigten in den Pflegeberufen in starkem Maße von psychischen und somatischen Erkrankungen betroffen. Die mit hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten, vermehrten Krankenhausaufenthalten und erhöhten Arzneimittelverordnungen einhergehen. Durchschnittlich sind Beschäftigte in Pflege- und Altenheimen 24 Tage im Jahr arbeitsunfähig krank.

In den Fragebogen schätzten 77 Prozent des Personals in der Gesundheits- und Krankenpflege ein, dass sie nicht bis zur Rente in diesem Beruf arbeitsfähig sind. Aufgrund dieser Befürchtungen wechseln zunehmend viele Kolleginnen und Kollegen vorzeitig in Teilzeit. Obwohl dies mit einschneidenden Lohnkürzungen verbunden ist. Vor sich hergeschoben wird ebenfalls ein Berg von 35,7 Millionen Überstunden, das sind 32,5 Stunden pro Beschäftigten.

Der von der Politik gewollte Zustand durch die Privatisierung des Gesundheitssystems hat nicht nur gravierende Folgen für die Pflegekräfte, sondern für alle die ins Krankenhaus oder Pflegeheim müssen. Sparen will man nicht nur bei den Lohnkosten, sondern auch durch eine weitere Rationalisierung. Getarnt wird dies mit Vorschlägen sogenannter Kompetenzkliniken. Zentralisierung mit möglichst wenig Personal ist dabei die Vorgabe der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Der Trend zu immer größeren Stationen ist bereits jetzt erkennbar und wird zukünftig eine noch größere Rolle spielen.

Mit der Studie weist ver.di schon heute nach, dass es «40 Betten und mehr» bei 17,7 Prozent aller Stationen gibt. Auch die Größe der Intensivstationen hat von 11,7 auf 14,4 Prozent zugenommen. Die Managementstrategie dabei ist, die Stationen mit Patienten unterschiedlichster Fachrichtungen, Krankheitsbilder, Risikofaktoren und Überwachungsbedarfe zu belegen.

Herbert Schedlbauer
UZ vom 29.06.2018
Foto: ver.di

Weitere Informationen