Betrieb & Gewerkschaft

Arbeitskreis »Betrieb und Gewerkschaft« über TTIP

Demonstranten setzen einzelne große Buchstaben zu Protestschrift zusammen. Zu lesen ist: »...KONZERNE«.

 

Am 14. 10. 2014 tag­te der Ar­beits­kreis »Be­trieb und Ge­werk­schaft« des Be­zirks Rhein­land-West­fa­len der DKP. Es wur­den ver­schie­de­ne be­trieb­li­che, ge­werk­schaft­li­che und ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Pro­ble­me dis­ku­tiert. Haupt­the­ma wa­ren die Frei­han­dels­ab­kom­men TTIP, CE­TA und TI­SA. Da­zu gab es fol­gen­de Ein­lei­tung:

 

TTIP – CETA – TISA

Auf der Website der EU-Kommission wird das TTIP als das »größte Handelsabkommen der Welt« bezeichnet.

Mit CETA, TTIP und TISA starten die USA und die EU nun einen weiteren Versuch, Liberalisierungen im Welthandel durchzusetzen. Vor allem aber soll das Gewicht des neu entstehenden Handelsblocks der Wirtschaft enorme Wettbewerbsvorteile auf den Weltmärkten bringen und damit auch ihre politische Macht stärken.

44 % der Weltproduktion findet in den USA und der EU statt, in denen aber nur gut 12 % der Weltbevölkerung arbeiten und leben. Die Achsen der Weltwirtschaft sollen zu Gunsten dieses Blocks verschoben werden. Aufstrebende Länder wie die BRIC-Staaten werden sich den von diesem Block gesetzten Regeln anpassen müssen oder müssen mit erheblichen Nachteilen rechnen, von den armen Entwicklungsländern ganz zu schweigen.

Streng geheim

Die Verhandlungen zu beiden Abkommen wurden in Kooperation mit Wirtschaftslobbyisten und unter strengster Geheimhaltung vorbereitet. Die EU und die USA beauftragten dazu den 2007 von dem damaligen US-Präsidenten Georges W. Bush, Bundeskanzlerin Merkel und dem EU-Kommissionspräsidenten Barroso gegründeten transatlantischen Wirtschaftrat mit den Verhandlungen. Der setzte eine Arbeitsgruppe ein, der u. a. die Bertelsmann-Stiftung, Business Europe, der European American Business Council und der Transatlantic Business Dialogue angehören.

Die Gewerkschaften, NGOs, Umwelt- oder Verbraucherverbände hatten weder bei den Vorbereitungen noch bei den Verhandlungen selbst eine Mitsprachemöglichkeit.

Am 8. Juli 2013 begann in Washington die erste Verhandlungsrunde. Es wurden 32 Arbeitsgruppen zu den einzelnen Fragekomplexen gebildet. Verhandlungspartner sind der EU-Kommissar für Handel de Gucht und der US-Handelsminister. Hinter verschlossenen Türen wurde und wird über Dienstleistungen, Investitionen, Energie, Rohstoffe und Regulierungsmaßnahmen verhandelt. Nach der ersten Verhandlungsrunde wurden die Vertreter der Wirtschaft, der Gesellschaft wie Gewerkschaften und NGOs, Umwelt- und Verbraucherschützer als sogenannter Stakeholder (Unparteiische/aber auch Interessenvertreter) angehört, ebenso ein Ausschuss des EU-Parlaments. Beteiligt wurden sie aber nicht.

Hinter den Kulissen hat jedoch vor allem die Wirtschaft die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Laut Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 11. 12. 2013 dürfen mehr als 600 Vertreter der Wirtschaftslobby ihre Positionen und Vorschläge einbringen. Sie hätten auch Zugang zu wichtigen Dokumenten, die noch nicht einmal den Regierungen der einzelnen EU-Länder vorlägen.

Protest

Nachdem in den letzten Wochen und Monaten die Protestbewegung sehr viel lauter und größer geworden ist, hat man jetzt einigen ausgesuchten EU-Parlamentariern Einblick in das TTIP gewährt. In einem hermetisch abgeschotteten Raum durften sie in das bisher Verhandelte mit englischem Text reinschauen, durften keine Kopien, nicht einmal Notizen machen, Handys mussten draußen abgegeben werden.

Das Ceta-Abkommen ist zwischenzeitlich fertig verhandelt und veröffentlicht und soll in Kürze beschlossen werden.

Ziel der Abkommen ist es, nicht nur tarifäre Handelsbarrieren, also Zölle und Quoten, sondern insbesondere die nicht-tarifären Handelshemmnisse auf ein Minimum zu reduzieren. Das sind in erster Linie Vorschriften, die Unternehmen oder Investoren den Zugang zum jeweils anderen Markt erschweren können. Dazu gehören Qualitätsstandards,Verpackungsvorschriften, Herkunftsangaben und technische oder rechtliche Anforderungen an importierte Produkte. Auch die Förderung eigener Exporte z. B. durch Steuervorteile gehört hierzu.

Die Zölle zwischen EU und USA sind mit Durchschnitswerten von 5,2 % in der EU und 3,5 % in den USA bereits sehr niedrig. Lediglich in einigen Branchen finden sich noch hohe Spitzenzölle. So schützt die EU ihre Landwirtschaft mit Zöllen von bis zu 205 %, die USA erhebt dagegen hohe Zölle auf einige Industriegüter (Textilien (42) und Bekleidung (32) sowie Leder u. Schuhwerk (56)). Von der Beseitigung dieser Zollschranken kann also kein Wirtschaftswachstum, das man als solches bezeichnen kann, ausgehen.

Die Herabsetzung nicht-tarifärer Handelshemmnisse schätzt man als ungleich wirkungstärker ein. Allerdings unterscheiden sich diese nicht-tarifären Regulierungen zwischen den USA und der EU mitunter erheblich.

Und in dieem Segment, so meine ich, verspricht man sich den großen Reibach, will man aus den arbeitenden Menschen, aus dem größten Teil der Bevölkerung noch das Letzte herauspressen.

Es ist vorgesehen, dass Regulierungsinstitutionen beider Seiten künftig stärker kooperieren und bereits im Vorfeld neuer Gesetze umfassende Konsultationsprozesse stattfinden, um eine zunehmende Einheitlichkeit der Regelungen zu gewährleisten. Das heißt: Bevor ein Parlament ein Gesetz beschließen kann, muss es erst durch die Prüfung einer Kommission der Lobbyisten. Mit anderen Worten: Die großen Konzerne schreiben dann ganz offiziell die Gesetze.

Ein weiterer wichtiger Punkt in den Verhandlungen ist die Liberalisierung des Dienstleistungssektors. Die Gleichberechtigung ausländischer Anbieter beim Zugang zu öffentlichen Aufträgen soll auf allen Ebenen der staatlichen Institutionen, also auch auf regionaler und kommunaler Ebene verwirklicht werden.

Für Streit dürfte vor allem das ewige Sorgenkind des Freihandels – die Landwirtschaft – sorgen. Die EU und die USA könnten hier mit Blick auf die Standards und Regelungen kaum unterschiedlicher sein. Beispielsweise ist es in den USA normal, das Fleisch hormonbehandelter Tiere zu essen. Die EU verbietet dagegen die Einfuhr.

Im Unterschied zu den USA müssen hierzulande Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Pflanzen enthalten, gekennzeichnet sein.

Auch in puncto Finanzprodukten und Dienstleistungen sind die regulatorischen Diskrepanzen enorm. Allerdings sind die strengeren Regeln in diesem Fall auf Seiten der USA zu finden.

Die USA fordern zusammen mit großen Konzernen noch mehr Exklusivrechte an »geistigem Eigentum«. Kritiker fürchten daher die Rückkehr des ACTA-Abkommens zum Urheberrecht, das 2012 von einer Welle der öffentlichen Empörung gestoppt wurde.

Die Liste der Diskrepanzen und Streitpunkte ließe sich von Datenschutzrichtlinien bis hin zu Richtlinien für Chemikalien beliebig fortsetzen. Einzig die audiovisuellen Medien sind auf Drängen Frankreichs bis auf weiteres aus den Verhandlungen ausgeklammert, um die kulturelle und sprachliche Vielfalt Europas zu schützen.

Die Versprechen: Laut einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie des »Center for Economic Policy Research« könnte das TTIP bis 2027 wegen sinkender Kosten für bisherige Prüf- und Genehmigungsverfahren oder Verbote zu einem Wachstumszuwachs von 0,5 % in der EU und 0,4 % in den USA führen. Obwohl dies gerade einmal ein Wachstum von 0,034 % für die EU und 0,028 Prozentpunkte für die USA im Jahr darstellen würde, wird das TTIP zum kräftigen Konjunkturpaket hochstilisiert.

Als weiteres Versprechen wird angeführt, dass auf Grund sinkender Preise als Folge des erhöhten Wettbewerbs und geringerer Kosten das reale Einkommen eines durchschnittlichen Europäischen Haushalts jährlich um zusätzliche 500 Euro steigen soll. Doch auch dieser Wert ergibt sich ausschließlich aus Modellrechnungen. Erfahrungen mit Freihandelsabkommen der Vergangenheit zeigen, dass das versprochene Ausmaß von Preissenkungen nie erreicht wurde.

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung prophezeit die Schaffung von über 2 Millionen Arbeitsplätzen, davon knapp über eine Million in den USA und ca. 181.000 in Deutschland. Da sich dieser Zuwachs aber erst im Laufe der nächsten 10 bis 20 Jahre ergeben soll, ist der Effekt kaum der Rede wert.

Gewinner werden vor allem multinationale Konzerne sein. In den USA sind es vor allem die großen Dienstleistungsanbieter von Transport-, Versicherungs- und Finanzdienstleistungen, in der EU insbesondere die Industrieexporteure wie z. B. die Autoindustrie. Auf beiden Seiten erhoffen sich große Konzerne außerdem aus der Öffnung des öffentlichen Sektors (TISA) neue Geschäftsfelder und daraus resultierende Gewinne, wie z. B. die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge (Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, Gesundheitswesen, Bildung) und der Zwang, das Beschaffungswesen für diese Dienstleistungen bis hinunter zur Kommune der Ausschreibung im gesamten TTIP-Raum zu unterwerfen. Unternehmen auf dem Binnenmarkt gerieten durch die Importe verstärkt unter Druck. Kommt es dadurch zu Konkursen, sollen die davon betroffenen Beschäftigten einfach in boomende Exportbranchen wechseln, so der Hinweis im TTIP. dass es dabei zu erheblichen Problemen auf Grund nicht passender Qualifikation, Kultur- und Sprachdifferenzen kommen kann, bleibt im Modell ebenso unberücksichtigt wie die Bewältigung der Folgen umfassender Wanderungsbewegungen. Selbst eine Entvölkerung ganzer Regionen ist im Modell kein Problem, in der Realität aber mit erheblichen sozialen und strukturellen Verwerfungen verbunden. (Diese Denke allein zeigt schon, dass nur von den Unternehmen her gedacht wird.)

Beschäftigte sollen zu Nomaden verkommen, immer auf der Suche nach Arbeitsplätzen und Einkommen (wie in den USA, wo man auf den Campingplätzen oft Wohnmobile sieht mit einem kleinen Schild »That is our only home«.

Die größten Gefahren und Risiken stellt allerdings der sogenannte Investorenschutz dar

Investoren sollen stärker vor direkter und indirekter Enteignung geschützt werden, heißt es. Theoretisch könnten darunter alle politischen Maßnahmen verstanden werden, die Profite oder lediglich zukünftig erwartete Profite von Konzernen negativ beeinträchtigen. Mit Hilfe des vorgesehenen Streitschlichtungsmechanismus können ausländische Investoren Staaten auf Schadenersatz verklagen, wenn bestimmte Gesetze, die zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger,der Beschäftigten oder der Umwelt dienen, ihren erwarteten Gewinn beeinträchtigen So wird beispielsweise befürchtet, dass auf diese Weise das »fracking« gegen den Willen von Staaten und deren Bevölkerung durchgesetzt werden könnte.

Die Schiedsgerichte selbst sind keine Institutionen des demokratischen Rechtsstaates, sondern Privatgerichte außerhalb nationalstaatlicher Rechtssysteme. Sie werden von je einem Juristen der Unternehmensseite, des Staates und einer anderen Institution (Rechtsanwaltskanzleien) besetzt. Berufungsverfahren oder eine höhere Instanz, die solche Entscheidungen widerrufen könnte, gibt es nicht. So wird die Demokratie ausgehebelt!!

(Bereits weltweit ca. 560 Verfahren, Vattenfall ./. Bundesrepublik Deutschland wegen Atomenergieausstieg, Forderung 3,7 Mrd., verhandelt wird in Washington)

Schutzgesetze u. soziale Standards fallen damit den Profitinteressen von Unternehmern zum Opfer oder werden gar nicht erst erlassen, um von vornherein hohe Strafen zu vermeiden. Damit wird der Rechtsstaat unterlaufen.

Hinsichtlich der Auswirkungen von CETA,TTIP und TISA auf Löhne und Sozialstaat ist alarmierend, dass die USA bisher nur zwei der acht ILO-Normen ratifiziert haben. Die Vereinigungs- und Kollektivverhandlungsfreiheit ist teilweise beträchtlich eingeschränkt, wodurch die Arbeit von Gewerkschaften erheblich erschwert wird. Es gibt in USA in den Betrieben und Verwaltungen vordemokratische Verhältnisse, wie verdi es bezeichnet. Werden keine verbindlichen Absprachen getroffen, können Unternehmen die niedrigeren Standards ausnutzen.

Die europäischen Standards in Umwelt-, Verbraucher- und Klimaschutz sind den amerikanischen und europäischen Lobbyisten ein Dorn im Auge. Nachhaltigkeitsstandards bei Biokraftstoffen, Gentechnik, Lebensmitteln, Chemikalien, Autoemissionswerten laufen den Unternehmensinteressen zuwider. Sie üben Druck auf das Vorsorgeprinzip aus. Allein 1.300 chemische Stoffe sind in der EU verboten, in den USA erlaubt. In der EU muss ein neues Produkt durch Experimente nachweisen, dass es nicht schädlich ist. In USA darf es auf den Markt kommen und wird nur dann verboten, wenn die Schädlichkeit im Markt nachgewiesen wird (wichtig bei Medikamenten).

Gesellschaftlich notwendige Güter wie Wasser, Bildung, Gesundheit, Pflege sind schon lange im Fokus von privaten Anbietern. Hier könnten Privatisierungen der Öffentlichen Daseinsvorsorge durch Druck auf Grund von TTIP/CETA/TISA forciert werden. Qualitätseinbußen, Preissteigerungen und die Ausgrenzung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen sind damit vorprogrammiert. Bund, Länder und Kommunen sind kaum mehr in der Lage, lokale Wirtschaften anzukurbeln oder bestimmte Wirtschaftszweige gezielt zu unterstützen. Kommunen, die bestimmte Dienstleistungen in eigener Regie anbieten möchten, werden bei den Schiedsgerichten verklagt. Fraglich ist, ob Behörden noch Aufträge unter Einhaltung bestimmter sozialer, ökologischer oder tarifvertraglicher Regelungen vergeben können.

Es ist kaum nachvollziehbar, welche Lobbygruppen in den Verhandlungen angehört werden, wie groß ihr Einfluss ist und welche Inhalte besprochen werden. Schon das vom Europäischen Rat verliehene weitreichende Verhandlungsmandat ist demokratiefeindlich, weil die Verhandlungen geheim sind, die Abkommen aber auf allen Ebenen vollständig bindend sein sollen. Weder Vertreter der Nationalstaaten noch der EU-Ebene haben Einfluss auf die Verhandlungsergebnisse. Nationale Gesetzgebung wird ausgehebelt, ohne dass die Betroffenen Gestaltungsmöglichkeiten haben. Das EU-Parlament soll über das TTIP abstimmen, aber nur als Gesamtpaket, ohne die Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen. Wir können uns ausmalen, wie die Mehrheit des EU-Parlaments abstimmem wird. Das gesamte Paket wird sicher nicht abgelehnt.

Ist das TTIP einmal abgeschlossen, ist es nie wieder zu ändern. Weil dafür alle Vertragspartner zustimmen müssen, können die USA oder ein einziges EU-Land jede Änderung blockieren.

Forderungen von Gewerkschaften

  • Völlige Transparenz und umfassende Beteiligung von Parlamenten, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften an den Verhandlungen
  • Anpassung von Vorschriften und Standards auf dem höchsten Niveau
  • Vollständige Ratifizierung der ILO-Normen
  • Sicherung von Mitbestimmungs- und Arbeitnehmerrechten in transatlantischen Unternehmen auf höchstem Standard
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort
  • Schutz von Verbraucherrechten, von persönlichen Daten und von Urheberrechten
  • Öffentliche Dienstleistungen und das öffentliche Beschaffungsrecht sind aus dem Abkommen auszuklammern.
  • Das Investoren-Streitschlichtungsverfahren wird abgelehnt.
  • Keine Verhandlungen und Entscheidungen über audiovisuelle Dienstleistungen.

Wenn diese Mindestanforderungen an ein transatlantisches Freihandelsabkommen nicht erfüllt werden, dann bleibt nur die Ablehnung.

Unsere Meinung dazu:

Ein solches Abkommen ist nicht nur ein Angriff auf Demokratie, Sozial-, Umwelt-, Gesundheits-, Verbraucher- Klimaschutz- und Arbeiterrechte zugunsten des großen Kapitals, sondern auch ein Großangriff auf alle bisher erreichten Standards der Menschen. Ziel ist, dem in der Welt herumstreunenden Kapital Anlagemöglichkeiten ungeahnten Ausmaßes für seine Profitinteressen zu verschaffen. Selbst wenn die Forderungen der Gewerkschaften Erfolg hätten, würde der jetzige Standard eingefroren und könnte nie mehr verbessert werden.

Deshalb weg mit CETA,TTIP und TISA in Gänze.

Was uns und den Gewerkschaften blühen kann, zeigt das sogenannte »Union Busting« in den USA. Dort ist eine ganze Branche darauf spezialisiert, Rechte der Beschäftigten und Gewerkschaftsstrukturen auszuhebeln und zu zerschlagen. Zum Teil konnte man das hier in Deutschland schon spüren am Klassenkampf oder Kriegführung von oben gegen unten bei amerikanischen Konzernen, die in Deutschland Kettenfilialen eröffneten. Sie versuchten und versuchen die gleichen Tricks auch hier.

Aus verdi-PUBLIK:

Im VW-Werk Chattanooga, Tennessee scheiterte im Februar 2014 trotz der Hilfe des VW-Betriebsrats aus Deutschland und trotz der Unterstützung der amerikanischen Automobilarbeiter-Gewerkschaft UAW der Versuch, eine Arbeitnehmervertretung zu wählen. Die Mehrheit der Beschäftigten dort stimmte dagegen. Eine historische Niederlage der US-Gewerkschaften.

Dieses Ergebnis ist natürlich politisch erpresst worden. Ein sogenanntes »Zentrum für Arbeiterfreiheit« stellte riesige Werbetafeln auf mit der Botschaft »Die UAW hat in Detroit die Autoproduktion zerstört.«  Finanziert wird dieses Zentrum von Konzernen wie Google, Koch Industries – der auch die Tea-Party finanziert – und vom Heuschrecken-Fonds Blackstone. Republikanische Senatoren und der Gouverneur von Tennessee drohten die Streichung von dreistelligen Millionen-Subventionen für das VW-Werk an, wenn die Gewerkschaft die Abstimmung gewinnen sollte.

In USA müssen die Gewerkschaften in jedem einzelnen Betrieb eine Urabstimmung beantragen. Die muss von der Arbeitsbehörde genehmigt werden. Stimmt die Mehrheit der Beschäftigten zu, sich von der Gewerkschaft vertreten zu lassen, hat die das Recht, mit der Unternehmensleitung einen Haustarifvertrag abzuschließen. Diese Arbeitsbehörde ist in den 30er Jahren als Konsequenz aus der Weltwirtschaftskrise gegründet worden. Mit ihr wurden die Gewerkschaften aufgewertet und zum ersten Mal im Kapitalismus ein Mindestlohn vereinbart. Unter Reagan wurde in den 80er Jahren diese Behörde in ihr Gegenteil umgewandelt, nämlich zur Kontrolle der Gewerkschaften. Es wurden unternehmerfreundliche Beamte eingesetzt. Gewerkschaftsfunktionäre müssen in 100-seitigen Formularen Auskunft über ihre finanziellen Verhältnisse geben, z. B. über aufgenommene Kredite.

In diese Unterlagen können die Unternehmer Einsicht nehmen. Sie haben das Recht, die erwähnten »Union Busters« zu engagieren, die sich selbst als »Gewerkschafts-Vermeidungsfirmen« bezeichnen. Die legen dann Widerspruch gegen die Urabstimmungen ein und verhindern sie teilweise um Jahre. Neben Flugblättern und Videos erklären sie in Pflicht-Belegschaftsversammlungen die angeblichen Nachteile einer Belegschaftsvertretung. Das alles demoralisiert die Beschäftigten. Zudem wird eine regelrechte Erpressung aufgebaut: Sie organisieren Unterschriftenlisten gegen die Gewerkschaft. Am Eingang zum Betrieb notieren und fotografieren Sicherheitsleute jeden, der ein Flugblatt der Gewerkschaft annimmt. 75 % der Unternehmen arbeiten mit solchen Erpresserfirmen.

Häufig wird mit Betriebsschließung gedroht. Das ist zwar gesetzlich verboten, aber niemand kümmert das, denn die Bußgelder werden fast nie verhängt oder sind so niedrig, das sie aus der Portokasse bezahlt werden können.

Das war auch in Chattanooga so. Es wurden für die Drohung mit Arbeitsplatzverlust keine Bußgelder verhängt.

Die USA haben bis jetzt 6 der 8 Kernnormen der ILO nicht unterschrieben, nicht das Recht auf freien Zusammenschluss der Beschäftigten, auf kollektive Tarifverträge oder auf gleichen Lohn für Mann und Frau für gleiche Arbeit.

Aber auch von den 177 technischen Normen der ILO haben die USA nur 11 ratifiziert: Nicht dabei sind u. a. der Schutz gegen Verstrahlung, Lärm und Giftstoffe, die Regelungen zur Nacht- und Teilzeitarbeit, zum Mutterschutz und das Recht der Migranten, der Hausangestellten und der Landarbeiter.

Der Mindestlohn in den USA beträgt $ 7,75, das sind 5,32 €, Ausnahmen sind möglich bis hinunter auf $ 2,13. Der Gewerkschafts-Dachverband AFL/CIO stellte im letzten Jahr fest, dass solche Abkommen wie das TTIP zu stagnierenden oder sinkenden Löhnen und steigenden Einkommens-Ungleichheiten geführt haben und forderte jetzt, die Verhandlungen zu TTIP auszusetzen.

 


 ver.di PUBLIK

  • Eine gemeinsame Initiative von ver.di, dem entwicklungspolitischen Netzwerk INKOTA und der Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international
  • Weitere Beiträge zu TTIP & Co