Kultur

Tunesien, Algerien, Marokko – sichere Länder?

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Maghreb

Porträt Yasmina Khadra.

Die Länder Tunesien, Algerien und Marokko gehören zum Maghreb. Die Maghrebiner – wie sie korrekt benannt werden – sind in Deutschland in Verruf geraten und sollen in ihre «sicheren» Heimatländer abgeschoben werden.

Wer sich ein Bild davon machen möchte z.B. über Algerien, dem empfehle ich die Algier-Trilogie von Yasmina Khadra (Pseudonym von Mohammed Moulessehoul).

«In den drei 1997 und 1998 erschienenen Kriminalromanen (Morituri, Doppelweiß, Herbst der Chimären) beschreibt er aus der Sicht des unbestechlichen Kommissars Brahim Llob das von Bombenanschlägen, Korruption und ökonomischer Perspektivlosigkeit weiter Teile der Bevölkerung geprägte Alltags-Drama der algerischen Gegenwart. Khadra schrieb diese Romane mit Blick auf eine europäische (französische) Leserschaft.» wikipedia

Die Kinder wachsen auf der Strasse auf ohne Perspektiven. Sie organisieren sich in Banden um zu überleben. Manche algerischen Eltern schicken ihre Kinder zu Verwandten nach Frankreich, in der Hoffnung, dass sie dort ein besseres Leben finden werden.

Aber auch in Frankreich ist ihr Leben nicht besser. Dies beschreibt in seiner Trilogie von Marseille der Journalist, Schriftsteller und einige Jahre auch Mitglied der FKP, Jean-Claude Izzo. Er sagte einmal: «Diese Gesellschaft ist nur noch in Form von Kriminalromanen zu beschreiben.»

In der Tat, sowohl die Romane von Yasmina Khadra, als auch die von Jean-Claude Izzo sind schwer verdauliche Lektüre.

2016 oder 2015 brachte das deutsche Fernsehen eine Dokumentation über das Leben der Jugendlichen in den Vororten von Paris: Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit und Abrutschen in die Kriminaltät.

Viele versuchen deshalb seit einiger Zeit ihr «Glück» in Deutschland: sie versuchen sich hier mit allen Mitteln über Wasser zu halten. Eine Verurteilung wegen krimineller Taten heisst für sie: ein Dach über dem Kopf und drei Mahlzeiten am Tag. Das ist nach ihrem Vorleben keine Abschreckung.

Dies soll keine Entschuldigung dieser Jugendlichen und ihrer Gesetzesüberschreitungen sein, sondern eine Erklärung. Aber daraus den Schluss zu ziehen, dass alle Nordafrikaner so sind, sie aufgrund ihres Äusseren einzukesseln und als «Nafris» zu bezeichnen, ist diskriminierend und rassistisch.

Dies ist ein allarmierendes Zeichen für unsere gesellschaftliche Entwicklung.

Text: I.Lang
Foto oben: privat, alte Postkarte
Porträt Yasmina Khadra von Georges Seguin (Okki)
Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9901469

Khadra lebt jetzt in Frankreich, lässt sich aber nicht von der westlichen Sichtweise vereinnahmen, sondern plädiert für gegenseitiges Kennenlernen und Verstehen. In einem Interview mit dem SWR sagte er 2006: «Der Westen interpretiert die Welt, wie es ihm passt. Er entwickelt gewisse Theorien, die seiner Weltsicht entgegenkommen, die aber nicht immer der Wirklichkeit entsprechen. Als Moslem schlage ich eine neue Sicht auf Afghanistan vor, auf den religiösen Fanatismus und die – wie ich es nenne – Religiopathie. Mein Roman ‹Die Schwalben von Kabul› gibt den Lesern im Westen eine Chance, ein Problem, das er sonst nur oberflächlich einkreist, im Kern zu verstehen. Da der Fanatismus für alle eine Bedrohung darstellt, trage ich dazu bei, die Ursachen und Hintergründe zu begreifen. Vielleicht findet man dann einen Weg, ihn unter Kontrolle zu bringen.»