Köln

Einschätzung der Kölner Kommunalwahl vom September 2025


DKP-Wahlplakat während der Europawahlen 2024. Foto: DKP Köln

Anlässlich der konstituierenden Sitzung des Stadtrats am kommenden Donnerstag (6. November 2025) spekuliert die Kölnische Rundschau (KR) vom vergangenen Samstag (25. Oktober) über mögliche Koalitionen.
Tatsächlich ist die Lage für die herrschenden Parteien prekär. Im Verhältnis zur Wahl 2020 haben Linke, nämlich Linkspartei und BSW, zusammen 6 Sitze gewonnen, die auf der bürgerlichen Seite verloren gegangen sind. Die CDU verliert einen Sitz, ebenso wie die SPD, Grüne vier, die Gruppen Klima und Gut drei, die FDP zwei (sie bildet jetzt zusammen mit der Kölner Stadtgesellschaft eine Fraktionsgemeinschaft, um wieder Fraktionsstatus zu genießen). Dieses Debakel kann die AfD mit einem Gewinn von vier Sitzen nutzen, aber unterm Strich bleibt für die bürgerliche Seite ein Verlust-Volumen von sechs Sitzen, wenn man die Gruppe Volt nicht unberücksichtigt lässt.

Die KR schreibt, nachdem sie andere Verbindungen wegen Wackeligkeit ausgeschlossen hat: ein Bündnis aus Grünen (22 Sitze), SPD (18) und Linken (10) hätte eine Mehrheit von 50 Sitzen. Doch Burmester habe bereits durchblicken lassen, dass er kein Bündnis mit den Linken anstrebe und zur politischen Mitte tendiere.
Damit rücke eine „Kenia“-Konstellation aus Grünen, SPD und CDU in den Fokus. Mit 58 Sitzen hätte ein solches Bündnis, die KR nennt es Haushaltsbündnis, eine klare Mehrheit im Rat. Dem Vernehmen nach gebe es Überlegungen für gemeinsame Zielvorgaben, ohne einen ausführlichen Bündnisvertag auszuarbeiten, wie es Grüne, CDU und Volt nach der Wahl im Jahr 2020 getan hätten. Denn dafür wären die inhaltlichen Differenzen zu groß. Die größte Herausforderung dürfte sein, sich auf die Grundzüge des künftigen Haushalts ab 2027 zu einigen. Denn angesichts der Finanzkrise müsse gespart werden, sonst drohe der Stadt ein Haushaltssicherungskonzept.
Neben dem Haushalt würde ein solches Bündnis auch über wichtige Personalfragen abstimmen.
Wir werden also auf die vereinigten Verlierer und deren Rotstift eingeschworen. Mal sehen, ob sie das politisch aushalten. Am 13. November steht die Besetzung der Ausschüsse auf der Tagesordnung des Stadtrats, am 20. November sollen die Aufsichtsräte der städtischen Gesellschaften bestimmt werden.

Im Einzelnen (Referat im Kreisvorstand am 13. Oktober 2025)

Die Kölnerinnen und Kölner waren am 14. September 2025 zur Wahl des Oberbürgermeisters, des Stadtrats und der Bezirksvertretungen aufgefordert. 14 Tage später wurde der OB in einer Stichwahl bestimmt.
Zunächst zur Stadtratswahl. Wahlberechtigt waren 809.416 Wählerinnen und Wähler. Interessant ist, dass in den vergangenen fünf Jahren 11.110 Wahlberechtigte abgewandert sind. Köln schrumpft. Die Gründe sind zu erraten. Die Stadt ist mittlerweile für viele, insbesondere junge Familien, unwirtlich geworden angesichts von Wohnungsmangel und unbezahlbaren Mieten, wachsender Arbeitslosigkeit, Widrigkeiten bei der Versorgung mit Kitas und Schulen sowie öffentlichem Nahverkehr.
Beteiligt haben sich an der diesjährigen Kommunalwahl 461.664 Wählerinnen und Wähler, also 39.841 mehr als im September 2020. Die Wahlbeteiligung war mit 57,04 % um 5,66 Prozentpunkte höher als 2020.
Die Grünen erreichten 25,02 % (absolut: 114.881) gegenüber 28,52 % (= 118.997) im Jahr 2020. Sie verloren 3,5 Prozentpunkte. Auch die SPD verlor, sie erreichte mit 19,88 % 1,6 Prozentpunkte weniger, ebenso wie die CDU mit 19,89 %. Das sind ebenfalls 1,6 % weniger – macht in der Summe 6,7% Verlust für Grüne, CDU, SPD, den Parteien, die gegenwärtig in allerlei Kombinationen die Politik im Lande bestimmen. In Köln soll es eine Koalition von CDU, Grünen und Volt gegeben haben. Das Konzept scheint kaum wirksam gewesen zu sein. Die scheidende OB Henriette Reker äußerte dazu in der FAZ vom 6. September auf die Frage, was zehn Jahre im höchsten Amt Kölns mit ihr gemacht haben: „Ja, dass ich nicht mehr kochen kann, dass ich jetzt wieder Auto fahren lerne und dass ich kaum noch Freunde habe.“ „Politische Kontakte führen eben nicht unbedingt zu Freundschaften.“
In der Tat, laut Forsa-Umfrage (KR 12. Juli 2025) sind 78 % der Befragten mit der Arbeit der Stadtverwaltung unzufrieden. Vor acht Jahren waren das noch 46 %. Nur 17 % sind mit ihr zufrieden. Im Verhältnis zu diesen Umfrageergebnissen erscheinen die Verluste für Grüne, SPD und CDU noch gering.
An Zustimmung gewonnen hat die Linkspartei mit 10,83 % (plus 4,35% im Verhältnis zur Kommunalwahl 2020), in absoluten Wählerzahlen sind das 27.044 plus 22.659 = 49.703.
Auch die AfD hat gewonnen. Sie kam auf 9,11 %. Noch 2020 musste sie sich in Köln mit 4,38 % begnügen.
Die FDP fiel um 1,39 % auf 3,87 %. Volt hat sich leicht auf 5,03 % verbessern können. Von den 90 Sitzen im Stadtrat besetzen 22 die Grünen, 18 die SPD, 18 die CDU, 10 die Linke, 8 die AfD, 5 Volt, 3 die FDP, 2 das BSW, 2 Die Partei, 1 KSG und Gut & Klimafreunde einen Sitz.

Es lohnt sich vielleicht, das Ergebnis der Kommunalwahl zu dem der Bundestagswahl vom Februar ins Verhältnis zu setzen. Die Kölnerinnen und Kölner haben noch vor acht Monaten wie folgt gewählt:
CDU 22,2 %, das heißt: im Verhältnis zur Bundestagswahl rutschte die CDU bei der Wahl zum Stadtrat um weitere 2,3 % nach unten. Die GRÜNEN lagen im Februar bei 21,7 %, konnten sich also im September um 3,2% erholen. Auch die SPD hat gegenüber 19,2 % im Februar geringfügige 0,7 % gewonnen. Die Linke, im Februar noch mit 14,9 % gesegnet, hat gegenüber der Bundestagswahl 4,07 Prozentpunkte in Köln verloren.
Die AfD verliert etwas an Zustimmung gegenüber Februar, nämlich 0,89 % von 10,0 %.
FDP verliert 0,63 Prozentpunkte von 4,5 % im Februar. Das BSW 1,95 % von 3,9 %.

Zugegeben, die Bundestagswahlergebnisse lassen sich schon wegen der hohen Wahlbeteiligung schlecht mit den Kommunalwahlergebnissen vergleichen, auffällig sind aber die deutlichen Verluste der Linkspartei, die umso stärker bei den absoluten Zahlen ins Auge fallen müssten. Es liegen aber für die Stadt Köln aus methodischen Gründen keine gesonderten Daten zur Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl vor. Erklärt wird das mit der Schwierigkeit, die Ergebnisse der Urnen- oder Briefwahlbezirke passend gegenüberzustellen und so die Beteiligungsrelationen geographisch zuzuordnen. Und ich habe mir die kleinteilige Zählarbeit vor allem bezogen auf den Wahlkreis Köln/Leverkusen erspart.

Selbstverständlich bleibt dieser deutliche Unterschied des Linksparteiergebnisses bei der Bundestagswahl im Verhältnis zur Kommunalwahl erklärungsbedürftig.
Ich mutmaße, dass sich in den ersten beiden Monaten des Jahres die zahlreichen Massendemonstrationen gegen die AfD die Aufmerksamkeit vor allem junger Menschen auf sich zogen, diese Stimmung aber nicht bis zum Termin der Kommunalwahl vorgehalten hat. Zur Erinnerung: Im Februar erhielt die Partei Die Linke 14,9 Prozent der abgegebenen Kölner Stimmen. Unter den Frauen konnte sie 16,6 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Bei den Männern kam sie nur auf 12,1 %. 35,2 % der Jungwählerinnen und Jungewähler bis zu 24 Jahren wählten die Linke. Junge Frauen deponierten noch deutlicher, nämlich zu 45,7 %, ihr politisches Vertrauen bei der Linkspartei. Diese hohen Zustimmungswerte, die zudem mit einem erheblichen Zulauf von jungen Mitgliedern korrelieren, sind lehrreich, auch wenn diese Zustimmung unterdessen abklingt. Ich schätze, dass vor dem Hintergrund des empörenden Versuchs von Merz und seiner CDU, die Brandmauer gegen die AfD mit der Asylfrage einzureißen, die Orientierung der Linkspartei auf soziale Fragen den Ausschlag für diesen - womöglich flüchtigen - Erfolg gegeben hat.

Bekanntlich ist die Kölner politische Landschaft entlang der Klassengrenzen einigermaßen zerklüftet. Charakteristisch sind die Unterschiede zwischen den Stadtteilen Hahnwald und Chorweiler. In Chorweiler stieg die Beteiligung an der Wahl zur Bezirksvertretung von 22,51 % auf 24,45 %. Die Zustimmung für die CDU fiel von 26,33 % auf 16,78 %, die für die SPD von 35,04 % auf 25,69 %, die Grünen stürzten 9,84 % auf 6,16 %, aber die AfD kam von 11,64 % auf 28,13 %. Auch die Linke konnte gewinnen: sie kam von 10,04 % auf 14,09 %.
In Hahnwald dagegen, wo die Wahlbeteiligung von 60,49 % auf 67,87 % stieg, fiel die Zustimmung für die Grünen von 15,06 % auf 9,70 %, für die SPD von 5,40 % auf 4,37 %. Dagegen konnte die CDU das letzte Ergebnis 2020 von 52,02 % noch auf 54,37 % steigern, auch die FDP würde in diesem Nobelviertel nicht verhungern: sie kam von 18,90 % immerhin noch auf 14,16 %. Ähnlich steil wie in Chorweiler allerdings sind die Zugewinne für die AfD: von 5,71 % auf 12,64 %. Wie zum Spott konnte aber auch die Linkspartei geringfügig punkten: von 0,83 % auf 0,86 %.
Typisch für die Innenstadt (in diesem Falle Neustadt/Nord) sind indes folgende Ergebnisse: Die Grünen, im Jahre 2020 mit 45,86 % gesegnet, kommen auf 34,34 %, die SPD von 12,93 % auf 13,25 %, die CDU von 13,44 % auf 14,35 %, die Linke von 8,69 % auf 14,73 %. Die FDP fällt von 5,54 % auf 3,68 %. Die AfD gewann, ihre Prozente im Stadtteil Neustadt-Nord kletterten von 2,33 % auf 4,18 %.
Im Wahlbezirk 43 (Mülheim) wurde Attila Yusuf Gümüs (Linkspartei) mit 2.321 Stimmen (sechs mehr als der grüne Kandidat) direkt in den Stadtrat gewählt. Das war auch der Wahlkreis, in dem unser Genosse S 25 Stimmen erlangen konnte. Der andere Wahlkreis, den die Linkspartei direkt erobern konnte, hat die Nr. 37. Es ist Kalk 2. Hier gewann Isabel Gerken. Auf die Linkspartei entfielen 27,74 % (2020: 15,90 %), unsere Genossin T kam auf 29 Stimmen.
Für die DKP haben T im Stadtbezirk Kalk und S für den Wahlkreis 43 (Mülheim) im Stadtbezirk Mülheim kandidiert. Zusammen erlangten sie 54 Stimmen für den Stadtrat. Mit der Kandidatur für die BV Mülheim konnten wir 61 Stimmen erzielen.

Wir hatten auch versucht, mit B einen OB-Kandidaten aufzustellen. Dafür wären 450 Unterstützungsunterschriften nötig gewesen. Erreicht haben wir allenfalls 340. Dieses Ziel war also keineswegs aussichtslos, auch wenn wir es nicht erreicht haben. Überhaupt hatten wir durch die Unterschriftenkampagne Gelegenheit für zahlreiche produktive Gespräche.

Die Stimmenergebnisse können indes nicht zufriedenstellen. Eine ausführliche Verständigung über unseren Wahlkampf ist fällig. Wir haben immerhin ein Wahlprogramm zustande gebracht, aber insgesamt ist das Niveau unserer kommunalpolitischen Aktivitäten noch sehr niedrig.

Die DKP hat in wenigen Orten in NRW kandidiert. Die Wirkungen halten sich ähnlich wie in Köln in einem engen Rahmen.
Unsere Themen waren die Sparhaushalte der Kommunen, der Zusammenhang von Aufrüstung und Sozialabbau, die Wohnungsnot, Krankenhausschließungen, überhaupt die Gesundheitspolitik, aber auch der ÖPNV. Sie spielten im Wahlkampf insgesamt nur eine Nebenrolle. Angesichts der wenig politischen Werbung der bürgerlichen Parteien wären einschlägige Plakate, die auf die sozialen Probleme aufmerksam machen, fällig gewesen. Es hat aber auch an Geld gefehlt, erst recht die Aussicht, solches für politische Werbung ausgeben zu können.

Unser Genosse F hat auf dem Ticket der Linkspartei für den Stadtrat von Bergisch-Gladbach kandidiert. Vergeblich. Die Linkspartei hat nur drei KandidatInnen platzieren können.

In Dortmund hat die DKP für zwei Bezirksvertretungen kandidiert. Für die BV Innenstadt Nord kamen 59 Stimmen zusammen = 0,8%. Zwei Stimmen mehr als 2020. für die BV Innenstadt West wurden 61 Stimmen erreicht = 0,3%, eine weniger als 2020.
Die Wahlen zum Rat der Stadt Gladbeck erbrachten 207 Stimmen für die DKP = 0,70 %. Es reichte nicht. Gerd Dorka zieht nicht erneut in den Stadtrat ein.
Im Schwerpunkt Bottrop kandidierte die DKP zum Stadtrat und erzielte 1,27 % = 631 Stimmen. Damit konnte Irmgard Bobrzik ihr Ratsmandat verteidigen.
Die DKP in Essen hat für den Stadtrat kandidiert und 140 Stimmen = 0,06 % erzielt. Und für drei Bezirksvertretungen.
BV 3: 77 Stimmen = 0,21 %
BV 5: 45 Stimmen = 0,28 %
BV 6: 30 Stimmen = 0,18 %

Die Wahlergebnisse der NRW-Kommunen verbergen in ihrer Summe erhebliche Unterschiede je nach Gemeinde und örtlichen Problemen, illustrieren gleichwohl die Unzufriedenheit mit den regierenden Parteien. Die CDU konnte in den NRW-Kommunen insgesamt 33,3 % erringen, blieb damit um ein Prozent unterhalb des Ergebnisses von 2020, damals waren das noch 34,3 %. Die SPD kam auf 22,1 %, 2020 waren es noch 24,3 %. Grüne stürzten von 20 % auf 13,5 %. FDP von 5,6 % auf 3,7 %. Die Linke, die sich 2020 noch mit 3,8 % begnügen musste, erreichte in diesem Jahr 5,6 %. Den höchsten Zugewinn erreichte die AfD. Sie konnte ihr Ergebnis von 5,1 % auf 14,5 % fast verdreifachen. Letzteres ist nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, dass die öffentliche Diskussion von den sozialen Fragen weg führte, stattdessen Krieg propagierte und das politische Augenmerk des Publikums auf Flüchtlingsfragen richtete.

Am 28. September war die Stichwahl zur OB-Wahl zwischen Berîvan Aymaz von den Grünen und Torsten Burmester, SPD, fällig. Die CDU hat sich für Burmester ausgesprochen und folglich kam es auch dazu, dass die SPD mit ihrem Kandidaten in den Stadtteilen reüssierte, wo zuvor die CDU die Mehrheit hatte. Burmester hat die Stichwahl gewonnen. Er ist Befürworter des Ost-West-Tunnels für die U-Bahn, den die Grünen und Linken nicht wollen. Grüne und SPD sind für den Aufrüstungskurs, der für Überschuldung und Armut der Kommunen und für Sozialabbau sorgt.
Seit 2013 kommen aus dem Stadtrat immer dieselben Vorschläge zur Wohnungspolitik, ohne dass sich etwas ändert. OB Burmester wird kaum Gelegenheit haben, sich Freunde zu machen. Zunächst wird er versuchen, Absprachen zu treffen, die die Linkspartei außen vor halten.

Klaus, MV der Gruppe Köln Innenstadt, 27. Oktober 2025


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