Zum 125. Geburtstag Ernst Thälmanns
Geboren am 16. April 1886 in Altona – ermordet am 18. August 1944 im KZ Buchenwald
Unser Thälmann
Von der Jahreswende 1918/19, dem Gründungsdatum der Kommunistischen Partei Deutschlands, bis zur illegalen Tagung ihres Zentralkomitees in Ziegenhals bei Berlin am 7. Februar 1933, auf der Ernst Thälmann zu dem Ergebnis kam: »Es ist der Bourgeoisie ernst damit, die Partei und die ganze Avantgarde der Arbeiterklasse zu zerschmettern.« sind es 13 Jahre und ein Monat. In den heutigen Betrachtungen über diese Zeit und die KPD überwiegen die kritischen Töne. Dabei ist nicht die bürgerliche Geschichtsschreibung oder das auch hier verbreitete Renegatentum gemeint, sondern es geht um Leute, die sich Marxisten nennen.
Wenn in Berlin bei Daimler von DKP-Mitgliedern eine Gruppe von Gewerkschaftern unterstützt wird, die Front macht gegen die anhaltenden Zugeständnisse des Betriebsrates an die Forderungen der Unternehmensleitung, sieht sich der Parteivorstand der DKP veranlasst, vor Sektierertum und der Wiederholung von Fehlern der KPD in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu warnen.
Kurt Pätzold, als Historiker nicht unbekannt und sich vermutlich auch als Marxist verstehend, sucht die »Schuld« für die Herrschaft des Faschismus in Deutschland ziemlich gleich verteilt auf die Kommunisten und die Sozialdemokraten.
Inzwischen gehört es zum so genannten »linken« Standard, die KPD und Thälmann als stalinistisch zu disquali?zieren. Und diejenigen, die sich als Kommunisten verstehen und für die der revolutionäre Weg zur Bewältigung der Gesellschaftsprobleme kein veraltetes Schlagwort darstellt, leiden unter den Unsicherheiten, die sich nicht zuletzt aus der Unkenntnis der eigenen proletarischen Geschichte ergeben.
Die sind in einem Beitrag dieser Art und dieses Umfangs nicht zu beseitigen. Der 125. Geburtstag von Ernst Thälmann kann aber ein Anlass sein, sich dieses Problems bewusst zu werden. Dazu wäre die Betrachtung dieser reichlich 13 Jahre hilfreich.
Die KPD, im Feuer der Novemberrevolution – später wird gesagt: zu spät – entstanden, begann als Partei ihren Kampf unter den Bedingungen der Niederlage dieser Revolution, der Restauration des ökonomischen Potentials des deutschen Imperialismus und des Vormarsches der politischen Reaktion. Ihre Führer waren bereits im Januar 1919 erschlagen worden, im März wurde Leo Jogisches im Gefängnis ermordet. In diesem Jahr befand sie sich faktisch in der Illegalität. Nicht alle programmatischen Fragen und Organisationsgrundsätze waren auf marxistisch-leninistischer Grundlage erklärt, es gab sektiererische Gruppierungen, die u.a. 1920 zur Gründung der KAPD führten.
Neben der KPD existierte in dieser Zeit die politisch wesentlich ein?ussreichere USPD, deren revolutionärer Teil sich Ende 1920 mit der KPD zur VKPD vereinigte, womit ein Sieg über die Zentristen errungen worden war. Bedingungen für eine revolutionäre Massenpartei waren damit geschaffen worden. Ernst Thälmann, von der USPD kommend, hatte diesen Prozess mit der Hamburger Organisation kräftig unterstützt.
Den schweren Weg der ideologischen und organisatorischen Konsolidierung der Partei illustriert die Abfolge ihrer Vorsitzenden: Paul Levi (1921 Ausschluss aus der KPD), Heinrich Brandler, Walter Stoecker, ab 1924 Hermann Remmele und schließlich ab August 1925 der aus der »linken Opposition« kommende Ernst Thälmann.
Zu keiner Zeit gelang es bei den zu führenden Kämpfen gegen die Offensive der Bourgeoisie unter den sich schnell verändernden Kampfbedingungen bei allen politischen Aufgabenstellungen sofort mit der richtigen Taktik zur Hand zu sein.
Dieser Weg musste in scharfen Auseinandersetzungen mit opportunistischen und linkssektiererischen Kräften gefunden werden. 1925 wurden die Ultralinken Ruth Fischer und Arkadi Maslow aus dem Politbüro entfernt. Erst 1932 war der Ein?uss der Gruppe um Heinz Neumann überwunden. Dieser ideologische Kampf musste geführt und durchgestanden werden, um eine mit den Volksmassen verbundene Politik, die schließlich in der Einheitsfrontpolitik gipfelte, zu entwickeln.
Ende 1932 gehörten der KPD 367 000 Mitglieder an und im November des gleichen Jahres erhielt sie bei den Reichstagswahlen fast 6 Millionen Stimmen. Mit dem Thälmannschen Zentralkomitee hatten die marxistisch-leninistischen Kräfte einen Sieg errungen.
Die KPD und ihr Kampf gehören zum wichtigsten Erfahrungsschatz der deutschen Arbeiterbewegung. Eine Herangehensweise, bei der die Probleme und Fehler der Partei statisch ?xiert und nicht in ihrem historischen Zusammenhang und im geschichtlichen Prozess betrachtet und bewertet werden, gehört zu den Methoden der antikommunistischen Gegner und hilft den Opportunisten, ihr Anpassungsverhalten zu erklären und ihre Abkehr vom revolutionären Weg schmackhaft zu machen. Der Zustand vieler kommunistischer Parteien, einschließlich der DKP, liefert 20 Jahre nach der Niederlage dazu den Anschauungsunterricht.
Ernst Thälmann anlässlich seines 125. Geburtstages am 16. April 2011 zu würdigen, fordert mit größter Dringlichkeit, sein politisches Vermächtnis in die heutige politische Praxis umzusetzen.
Hans-Günter Szalkiewicz
Quelle: Berliner Anstoß
Fotos: Archiv (1)
Wikipedia (2)