Kultur

Hanna Fleiss: Deutsche Arbeiterfrau 1936-1945

Als sie deinem Mann endlich
Arbeit gaben nach sieben schrecklichen Jahren,
Zog kleines Glück ein in die Arme-Leute-Stube.
Da gabs wieder nen Happen im Magen,
Sonntags auch Kuchen mit Sahne,
Mal rausfahren an den Wannsee,
Damenwahl beim Ball verkehrt,
Das Nadelstrichkostüm, die Bluse
Mit Rüschen.

Durch die Arbeiterstraßen marschierten
Proleten in braunen Uniformen.
Dir taten sie nichts zuleide, du warst keine
Wie die Goldstein von nebenan.
Du warst ja eine von ihnen, von
Deutscher Rasse, von deutschem Blut.
Im Radio bellte der Führer.
Du fragtest dich nichts,
Deine Welt war wieder in Ordnung.

 

Der Alte, immer noch
Mit seiner Drückebergerstelle bei AEG,
Musste nicht an die Front.
Es hätte so schön sein können.

Wäre da nur nicht
Der Krieg, der verfluchte, gewesen.
Und als sie dir den Brief schickten,
Der Sohn gefallen an der Ostfront,
Weintest du nicht, du warst
Eine stolze Mutter in Schwarz.

Manchmal nur fragte die Enkelin
Nach dem Vater, das ging vorüber.
Sein Stahlhelmbild mit dem Hakenkreuz
Stand auf dem Vertiko. Der Held
Der Familie.

Und während der Alte schlief,
Wühltest du dich aus dem Bett,
Fielst auf die Knie, rangst die Hände.
Der Junge, mein Gott. Womit
Hattest du das verdient.

Ich schlage diesen Text als Friedenstext des Monats vor.

Wettbewerbstexte als Demonstration
gegen deutsche Kriegsbeteiligungen
Quelle:  friedensblog