Kultur

Buchtipp

Buchtitel.

«Armut»

von Christoph Butterwegge

Überall auf der Welt gibt es Armut. Trotzdem spricht kaum jemand darüber. Einerseits wird das Thema oft verdrängt, weil man selbst in die Armut «abrutschen» könnte. Andererseits suggerieren die bürgerlichen Medien auch hierzulande, dass es bei uns Armut gar nicht gäbe, es sei nur ein «Jammern auf hohem Niveau».

Christoph Butterwegge nimmt sich in seinem neuesten Buch der Thematik an. Dabei verzichtet er bewusst auf Kolonnen von Zahlen diverser Statistiken, sondern erhellt Hintergründe und stellt Zusammenhänge her.

In seiner interessanten historischen Betrachtung des kontrovers diskutierten Armutsbegriffs greift der Autor auf die wesentliche Unterscheidung zurück: Die «absolute Armut» als existenzielle Mangelerscheinung, bei der die Grundbedürfnisse wie ausreichende Nahrung, Kleidung, Wohnung und medizinische Versorgung nicht befriedigt werden können, und die «relative Armut», wenn man sich am gesellschaftlichen Leben nicht beteiligen kann und den allgemein üblichen Lebensstandard in seinem Land deutlich unterschreitet. Letzteres ist auch in Deutschland vorherrschend.

In offiziellen Berichten werden die Ursachen und Wirkungen daher gern vertauscht. So seien Menschen arm, weil sie schlecht gebildet sind, aber eben weil sie arm sind, können sie an guter Bildung nicht teilhaben. Hartz IV würde als Erfolg im Kampf gegen Armut gefeiert, dabei ist dies eine der Ursachen. Der Autor erkennt, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln und die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft zwangsläufig Armut hervorbringen und ohne eine grundlegende Änderung der bestehenden Eigentums- und Machtverhältnisse keine Veränderung möglich ist. Dennoch fordert er lediglich einen «interventionsfähigen und -bereiten Wohlfahrtsstaat» und sieht in der «solidarischen Bürgerversicherung», ergänzt durch eine «soziale Mindestsicherung», die Lösung aller Probleme.

Trotzdem ist das Buch für alle diejenigen empfehlenswert, die sich von den Herrschenden und ihren Medien nicht irreführen lassen wollen.

Rainer Grabowski
Quelle: Gießener Echo