Nach Rechtsschwenk an Rhein, Lippe und Ruhr - antifaschistische Gemeinsamkeit schaffen!
Erklärung der VVN-BdA
von Nordrhein-Westfalen
22.05.2017 | «Der Rechtsruck der Mitte ist vollzogen: Man hofft darauf, die großen Probleme wieder außer Landes zu halten. Inzwischen sind alle ein bisschen AfD. Nach der Niederlage in NRW war es höchste Zeit für Schulz, seine Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit zu konkretisieren. Stattdessen präsentierte die SPD ein abgedroschenes Programm für innere Sicherheit, das Thomas de Maizière hätte schreiben können.» Jagoda Marinic in der Süddeutschen Zeitung am 20/21. Mai 2017.
Was haben wir nun bekommen?
Eine Regierungsoption aus einer CDU, die auf den letzten Metern des Wahlkampfes besonders viele Anleihen bei der CSU nahm und einen scharfmacherischen CDU-Mann, Herrn Bosbach aus Bergisch-Gladbach, als Hauptberater bekam.
Dann einen Partner für diese CDU in Gestalt der FDP, die nie ihre Vergangenheit mit alten Nazis und jungen Antisemiten (Achenbach, Weyer, Möllemann) aufgearbeitet hat.
Und eine völkisch-rassistische AfD, die aus dem Stand auf über 7 Prozent kam und die für die Unterstützung einer rechten CDU/FDP-Regierung bereit steht.
Abgewählt wurde aus der Regierung eine Sozialdemokratie – und nicht nur eine Frau Kraft –, die antifaschistisch, antirassistisch zögerlich war und antimilitaristisch untätig. Die einen Innenminister hatte, der außer mit markigen Worten dem Neonaziproblem nicht wirklich zu Leibe rückte. Die sich von den Gewerkschaften oft isolierte. Und die in den letzten Tagen vor der Wahl sich darin übte, besonders auf die LINKEN draufzuhauen.
Abgestraft wurden die Grünen, die sich nicht entschließen können, zu ihren antimilitaristisch-demokratischen Wurzeln zurückzukehren.
Landesparlamentarisch untergegangen sind leider die Piraten. Nicht untergegangen sind die LINKEN, denen eine hauchdünne Schicht von Stimmen fehlte, um ihren Erfolg von 2010 zu wiederholen. Linke bei Grünen und SPD sollten sich endlich für eine antifaschistische und antimilitaristische Gemeinsamkeit links von der Parteiführung stark machen.
Es gilt aufzurufen zur Gemeinsamkeit der Demokraten. Die gewerkschaftlichen Aktivitäten in Richtung auf eine Stärkung der außerparlamentarischen Bewegung verdienen weitere Unterstützung. Die in dem Brief der VVN-BdA an die Parteien von NRW geforderte Einhaltung der Landesverfassung und ihre Anwendung bleiben Grundlage antifaschistischer Arbeit, ebenso wie unsere Mitarbeit in der Bewegung «Aufstehen gegen Rassismus» und anderen lokalen antifaschistischen Bündnissen, um den weiteren Fortschritt der AfD zu verhindern.
Wenn die NRW-Wahl eine Testwahl für die Bundestagswahl gewesen sein soll, dann sagen wir den Demokratinnen und Demokraten: Test nicht bestanden! Nun aber alle ran, um die Prüfung des 24. September zu bestehen!
Das Ergebnis der Landtagswahl bedeutet einen Rechtsruck in NRW
Wenn der ehemalige NRW-Integrationsminister Armin Laschet jetzt den Law&Order-Mann gibt, ist dies der eigentliche Erfolg ultrarechter Kräfte. Deren Themen, vertreten durch Laschets CSU-Wahlhelfer wie auch von der AfD, erreichen die «bürgerliche Mitte». Der designierte Ministerpräsidenten Laschet will weitere Eingriffe in den Rechtsstaat. In seinem «Zehn-Punkte-Plan» verlangt er mehr Videoüberwachung sowie ereignis- und verdachtsunabhängige Personenkontrollen («Schleierfahndung»). Durchsetzen soll dies eine «Regierungskommission», angesiedelt bei der Staatskanzlei unter Vorsitz des CDU-Hardliners Bosbach. Sekundiert vom sogenannten «Terrorismusexperten» Peter Neumann vom Londoner King's College.
Der zukünftige Koalitionspartner FDP wird dem nichts entgegensetzen wollen. Das zeigen erste Erklärungen nach der Wahl. FDP-Chef Lindner sieht «die Differenzen zwischen den Liberalen und der CDU beim anstehenden Sondierungsgespräch in NRW weniger bei der inneren Sicherheit, als vielmehr bei Fragen der Wirtschaftspolitik.» Die FDP setzt ausschließlich auf den Turbo für noch mehr neoliberale Wirtschaftspolitik. Schwarz/Gelb wird die soziale Ungleichheit weiter verschärfen.
Damit wird der Nährboden weiter gestärkt, auf dem Unzufriedenheit und Zukunftsängste großer Bevölkerungsteile wachsen. Und die sie anfällig machen für vermeintlich einfache Lösungen rechter Rattenfänger wie der AfD, bei der sie ihre Wut auf «die da oben» los zu werden glauben. Wut auf die, die nur «reden, aber nichts tun».
Wenn zugleich über eine Millionen ehemaliger SPD-, Grüne-, Linkspartei- oder Nichtwähler einer mit Law&Order auftretenden CDU und einer völkisch-rassistischen AfD die Stimmen geben, besteht hierin die große Herausforderung für Antifaschisten.
Geschäftsführender Landesausschuss der
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der Antifaschisten
Foto: Von Wolkenkratzer - Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0