Politik
Richtungswechsel in Finnland?
Wirtschaftsmagazin warnt vor »Sozialistischem Manifest«.
Seit Ende Juni wird Finnland von dem konservativen Ministerpräsidenten Jyrki Katainen und einem »Sechserpack« regiert. Die finnische Zeitung HELSINGIN SANOMAT titelte: »Das Programm der neuen Regierung ist ein schwerer Schlag gegen die Reichen«. Nachdem es bei den Wahlen im April einen Rechtsrutsch gegeben hatte und die rechtspopulistischen »Wahren Finnen« an die 20 Prozent der Stimmen erhalten hatten, ist diese Regierung eine echte Überraschung. Der Regierung gehören außer den Konservativen die Sozialdemokraten, die Grünen, die Schwedische Volkspartei, die Christdemokraten und die Linksallianz an.
»Nachdem die Wahren Finnen in der Opposition bleiben, strebten wir die Bildung einer Regierung mit einer rot-grünen Mehrheit an, auch wenn der Premierminister von der liberal konservativen National Coalition Party ist«, sagte Jussi Saramo, politischer Sekretär der Linksallianz.
Jutta Urpilainen, Parteichefin der Sozialdemokraten, sieht einen »Richtungswechsel« in der finnischen Politik.
Während die Gewerkschaften die Regierung und ihr Programm begrüßen, schlagen der Verband der finnischen Industrie und die Finanzlobby Alarm. Das größte Wirtschaftsmagazin Finnlands warnt vor dem Regierungsprogramm als »Sozialistisches Manifest«.
Die Sechs-Parteienkoalition erhöht die Steuern auf Kapitalgewinne von bisher 28 Prozent auf 30 Prozent und für Kapitaleinkommen über 50.000 Euro jährlich auf 32 Prozent. Die Erbschaftssteuer für Vermögen über 200.000 Euro wird von 13 auf 16 Prozent erhöht. Im Gegenzug wird die Steuer für niedrige Einkommen gesenkt, die Mehrwertsteuer bleibt stabil, Arbeitslosenhilfe und Grundsicherungseinkommen werden erhöht, das Renteneintrittsalter wird nicht angetastet. Finnland bewegt sich damit genau entgegengesetzt zum allgemeinen Trend in der Europäischen Union.
»Die ist die stärkste ausgestreckte Hand zu den Armen, die ich in meinem Leben erlebt habe. Ich bin sehr stolz auf diese Errungenschaft«, meint der Vorsitzende der Linksallianz Paavo Arhinämäki. Jussi Saramo schränkt ein: »Da die wirtschaftliche Situation sehr kompliziert ist, beinhaltet das Regierungsprogramm auch schlechte Punkte, die für die Linke sehr hart zu akzeptieren waren.« Zwei der vierzehn Abgeordneten der Linksallianz votierten denn auch gegen die neue Regierung.
Die zentralen Punkte des Regierungsprogramms:
- die Arbeitslosenhilfe wird um 100 Euro monatlich erhöht,
- das Grundsicherungseinkommen steigt um 25 Euro im Monat,
- Mietsenkung bei den staatlich geförderten Wohnungen,
- die Steuer auf Kapitaleinkommen wird von 28 auf 30 bzw. 32 Prozent erhöht,
- die Erbschaftssteuer für hohe Vermögen steigt,
- die Steuer für niedrige Einkommen wird reduziert,
- die Mehrwertsteuer wird nicht erhöht (allerdings steigt die Steuer auf Alkohol, Tabak, Softdrinks und Süßigkeiten)
- das Renteneintrittsalter wird nicht erhöht,
- im Bildungsbereich wird gekürzt, aber Bildung ist auf allen Ebenen kostenlos und die Stipendien für Studierende werden an den Preisindex gebunden.
- eine neue Steuer für Atomenergie wird eingeführt,
- es werden keine neuen AKW gebaut,
- starke Kürzung bei den Rüstungsausgaben und den Subventionen für Unternehmen,
- Finnland wird nicht Mitglied der Nato,
- die finnischen Truppen werden aus Afghanistan abgezogen und die zivile Hilfe für Afghanistan wird erhöht,
- Finnland wird sich für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die multilaterale Kooperation bei Steuern und die Schließung von Steueroasen stark machen
- Finnland wird die neoliberalen Mechanismen und den Internationalen Währungsfond beim Euro-Rettungsschirm nicht stoppen, aber versuchen ihn »fairer zu machen«.
In Abwägung der Möglichkeiten und der Defizite des Regierungsprogramms entschieden die Parlamentsfraktion und der Parteivorstand der Linksallianz mit 40 zu 23 Stimmen für die Regierungsbeteiligung. Die Linksallianz ist mit zwei Ministern in der Regierung vertreten: dem Minister für Transport und dem Minister für Kultur und Sport.
Text: lm
Quelle: kommunisten.de
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