Politik

NSU-Prozess

Logo: Roter Keil zerstört Hakenkreuz.

Auch der Verfassungsschutz
gehört auf die Anklagebank

In einem mehr als nur zwiespältigen Licht …

 

19. April 2013 | Allein die Anklageschrift gegen Beate Zschäpe soll – so bürgerliche Medien – etwa 500 Seiten umfassen. Neben den Staatsanwälten der Bundesanwaltschaft werden mehr als 70 Nebenkläger mit 53 Anwälten am Prozess teilnehmen.

 

Das Oberlandesgericht München hat nun kurzfristig den Auftakt des Prozesses auf den 6. Mai verlegt. Für die Angehörigen der Opfer der NSUMördertruppe bringt diese Situation neue schwere Belastungen. Die Vertreter der bürgerlichen Medien werden dagegen jetzt vielleicht nur ihre Hotelplätze känzeln und umbuchen müssen. Die Plätze für Journalisten im Gerichtssaal werden nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes »neu vergeben«, die Akkreditierung beginnt von vorn.

 

Allgemein wird davon ausgegangen, dass der Prozess gegen Beate Zschäpe und andere – so Ralf Wohlleben, der zum engeren Umfeld der Mördertruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« gezählt wird – etwa zwei Jahre dauern könnte.

 

Doch worüber soll, wenn das denn alles so stimmt, denn da zwei Jahre verhandelt werden?

Denn dieser Prozess wird die Wahrheit gewiss nicht ans Licht bringen. Es wird meines Erachten auch hier versucht werden weiter zu vertuschen: Der tatsächliche Umfang des neofaschistischen Netzwerks und seiner internationalen Verflechtungen wird wohl kaum aufgedeckt. Und die Offenlegung des Wirkens der V-Leute, der staatlichen Finanzierungen und weiterer Verstrickungen von Verfassungsschutz und anderer staatlicher Behörden in den Terror ist schon gar »nicht im allgemeinen staatspolitischen Interesse«.

 

Fast täglich werden jedoch zu den Verstrickungen von Diensten und Politik in die NSU-Morde neue Fakten bekannt. Oder auch, dass mal wieder in einer Behörde »leider ganz aus Versehen« Akten »geschreddert« wurden … Nur aufgrund offizieller Duldung und Unterstützung konnte der NSU 14 Jahre unbehelligt morden. Von den sogenannten Sicherheitsbehörden wurden dabei die Morde lange immer nur als Taten von Einzelgängern hingestellt, als »Dönermorde« bezeichnet oder als »Tötungsdelikte mit wirtschaftskriminellem Hintergrund«. Dabei ist es, wie man in der Süddeutsche Zeitung am 19. November 2011 lesen konnte, »keineswegs neu, dass deutsche Neonazis mit dem Terrorismus sympathisieren und der Verfassungsschutz mit von der Partie ist.«

 

Polizei und Bundesregierung haben die Gefahr von Rechts immer verharmlost. Heribert Prantl hatte bereits zuvor festgestellt: »Der Verfassungsschutz observiert mit Akribie kritische Demokraten – gewalttätige Neonazis lässt er in Ruhe oder beschäftigt sie als V-Leute. Bei solchen Fehlleistungen kann man sich verzweifelt fragen, ob nicht nur die NPD, sondern auch der Verfassungsschutz verboten gehört«. Und weiter: »Immer mehr Menschen fragen sich, wer die Verfassung vor dem Verfassungsschutz schützt …« (Süddeutsche Zeitung, 17. November 2011).

 

Und wenn es Nebenkläger nicht einbringen, wird wohl auch nicht hinterfragt werden, warum – trotz Artikel 139 GG – faschistische Parteien und die Mehrheit faschistischer Organisationen in der Bundesrepublik bis heute nach wie vor nicht verboten sind, oder warum in der Bundesrepublik Deutschland die alten Nazis niemals wirklich zur Verantwortung gezogen wurden … Die jetzt geplanten Gerichtsverfahren gegen 50 KZ-Aufseher des Vernichtungslagers Auschwitz kommen – wie der Landesausschuss der VVN-BdA NRW aktuell erklärte – »äußerst spät«. Verbrechen der faschistischen Wehrmacht bleiben jedoch nach wie vor ungesühnt.

 

Viele dieser Fragen werden sich gewiss auch manche der Tausenden Demonstrantinnen und Demonstranten, die in München am vergangenen Sonnabend auf die Straße gingen, gestellt haben.

 

Über 200 Organisationen hatten aufgerufen, darunter auch die DKP und die SDAJ. In einem Flugblatt fragte die DKP München: »Hat der Verfassungsschutz versagt, oder ›ganze Arbeit‹ geleistet? Entspringt aus dem gemeinsamen antikommunistischen und nationalistischen Nenner von Verfassungsschutz und Neonazis so etwas wie ›betreutes Morden‹ und wer ist eigentlich von wem unterwandert?« Weiter heißt es: »Warum ließ man sie gewähren und wer hat Interesse daran, dass die NPD nicht verboten wird?« Betont wird, dass man Terror und »deutsch-nationalen Dünkel« brauche, um Kriegsbeteiligungen der Bundeswehr zu legitimieren.

 

  • »Nazis werden gebraucht, damit sich Empörung und Protest gegen die Auswüchse des Kapitalismus nach rechts orientieren.
  • Im Schatten einer europaweiten Diktatur der Finanzmärkte wächst die Gefahr rechtspopulistischer und nationalistischer Tendenzen in ganz Europa.
  • Sie zielen auf die Angstgefühle der wachsenden Schicht von Verlierern des kapitalistischen Globalisierungsprozesses und versuchen diese für nationalistische ›Lösungen‹ zu instrumentalisieren.

 

Dagegen ist gemeinsames Handeln nötiger denn je«.

Und deshalb muss gerade jetzt Öffentlichkeit mobilisiert und Druck gemacht werden.

 

Nina Hager
unsere zeit – Zeitung der DKP

 

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