Betrieb & Gewerkschaft

30-Stunden-Woche fordern!

Portät: Professor Dr. Heinz-J. Bontrup

An der Gewerkschaftsbasis wird die Forderung nach der 30-Stunden-Woche lauter:

Arbeitszeitverkürzung notwendig

 

Die Re­prä­sen­tan­ten der Ein­zel­ge­werk­schaf­ten tun sich bei der Kam­pa­gne für die Um­set­zung ei­ner Ar­beit­zeit­ver­kür­zung schwer. Trotz zahl­rei­cher Be­schlüs­se. Mitt­ler­wei­le gibt es des­halb ver­stärkt Dis­kus­si­ons­be­darf bei den Mit­glie­dern. In Düs­sel­dorf fand auf In­itia­ti­ve der ver.di Orts­ver­eins­vor­stän­de Düs­sel­dorf und Lin­ker Nie­der­rhein im Fach­be­reich 8, Me­di­en Kunst und In­dus­trie, ei­ne zwei­te Ver­an­stal­tung zum The­ma statt. Am 4. Ju­ni gab es durch Pro­fes­sor Dr. Heinz-J. Bon­trup star­ke Ar­gu­men­te für ei­ne Ar­beits­zeit­ver­kür­zung. Bon­trup, der an der West­fä­li­schen Hoch­schu­le Gel­sen­kir­chen-Bot­trop-Reck­ling­hau­sen un­ter­rich­tet, ge­hört zu den Her­aus­ge­bern und 100 Un­ter­zeich­nern ei­nes of­fe­nen Brie­fes vom Früh­jahr 2013. Er hält es für un­ver­zicht­bar, ei­ne brei­te Dis­kus­si­on für ei­ne 30-Stun­den-Wo­che, bei vol­lem Lohn- und Per­so­nal­aus­gleich, an­zu­kur­beln.

 

Das Ma­ni­fest für ei­ne Ar­beits­zeit­ver­kür­zung rich­tet sich nicht nur an die Ge­werk­schaf­ten. An­ge­spro­chen sind auch die Spit­zen­ver­tre­ter der So­zi­al- und Um­welt­ver­bän­de, Par­tei­en des Bun­des­ta­ges so­wie die Kir­chen­vor­stän­de. Sie wer­den auf­ge­for­dert, wirk­sa­me Maß­nah­men ge­gen die Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit zu er­grei­fen. Bon­trup be­ton­te »die Be­wäl­ti­gung der Ar­beits­markt­kri­se er­for­dert ei­ne ak­ti­ve Be­tei­li­gung al­ler de­mo­kra­ti­schen Kräf­te im Land«. Wirt­schaft­li­che Macht und neo­li­be­ra­le Po­li­tik müs­se dar­an ge­hin­dert wer­den, die Kri­sen­las­ten der lohn­ab­hän­gi­gen Be­völ­ke­rungs­mehr­heit, den Ar­beits­lo­sen und den so­zi­al Schwa­chen auf­zu­bür­den. »Das geht nur über ei­ne brei­te Ar­beits­zeit­ver­kür­zungs­de­bat­te«, sag­te der Uni­ver­si­täts­leh­rer.

 

­Der Wirt­schafts­öko­nom plä­diert für ei­ne grund­le­gen­de an­de­re Her­an­ge­hens­wei­se der Ge­werk­schaf­ten. »In Ta­rif­ver­hand­lun­gen ge­hö­re kein Schmu­se­kurs, son­dern Kon­flikt­be­reit­schaft ge­gen­über den Herr­schen­den«. Der Grund­wi­der­spruch zwi­schen Lohn­ar­beit und Ka­pi­tal wer­de bei der Ar­beit­neh­mer­or­ga­ni­sa­ti­on nicht mehr er­kannt. Ver­schwie­gen wer­de, dass die Ar­beits­zeit­fra­ge in der Ge­schich­te der Ar­bei­ter­be­we­gung im­mer ei­ne gro­ße Rol­le ge­spielt ha­be. Um Ar­gu­men­ta­ti­ons­hil­fen bei den Mit­glie­dern für ei­ne Ar­beit­zeit­ver­kür­zung zu ent­wi­ckeln, müs­sen die Ge­werk­schaf­ten »die Volks­wirt­schafts­leh­re wie­der in die Bil­dungs­ar­beit auf­neh­men«.

 

Bei heu­te rund 23,5 Mil­lio­nen Voll­zeit­be­schäf­tig­ten wer­den bei ei­ner 30-Stun­den-Wo­che in fünf Jah­ren 4,7 Mil­lio­nen zu­sätz­li­che Ar­beits­kräf­te be­nö­tigt. Fi­nan­zier­bar ist dies durch die Un­ter­neh­men und ei­ner stär­ke­ren Be­las­tung der Ver­mö­gen­den im Land. Die Ver­mö­gens­ein­kom­men be­tru­gen 2012 über 640 Mil­li­ar­den Eu­ro. Dar­auf hin­zu­wei­sen und auf­zu­klä­ren sei Auf­ga­be der Be­schäf­tig­ten­ver­tre­tung. Se­he die­se die Not­wen­dig­keit nicht, dro­he nach Auf­fas­sung des Re­fe­ren­ten ei­ne Ver­elen­dung gro­ßer Tei­le der Men­schen in der Bun­des­re­pu­blik. Wird das nicht er­kannt, steht die Exis­tenz der Or­ga­ni­sa­ti­on auf dem Spiel. »Das wird fürch­ter­lich, dann ist kein Wi­der­stand auf die­sem Feld mehr mög­lich«, so Bon­trup wei­ter. Völ­lig un­ver­ständ­lich sei, dass man aus­ge­rech­net die SPD ho­fie­re, die ent­schei­dend für die Ver­schlech­te­rung der Ar­beits- und Le­bens­be­din­gun­gen durch die Agen­da 2010 ge­sorgt ha­be. Wol­le man aus der De­fen­si­ve, so ist die ein­zi­ge lo­gi­sche Kon­se­quenz ge­gen die stän­dig zu­neh­men­de Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rung und ei­ner mör­de­ri­schen Ar­beits­ver­dich­tung, kür­zer zu ar­bei­ten.

 

Text: Herbert Schedlbauer


Ohne Arbeitszeitverkürzung nie wieder Vollbeschäftigung!