Frieden
Massaker am Wenzelnberg
Von den NATO-Schattenkriegern bis zu den NSU-Bombern
Nazis weiterhin aktive Mörder – VVN-Sprecher legte den Finger in die Wunde
In der Wenzelnbergschlucht bei Solingen wurde am Sonntag, 19. April 2015, eindrucksvoll an die 71 gefangenen Opfern vor 70 Jahren erinnert, die dort bestialisch von Nazi-Schergen ermordet wurden. Es war nicht nur ein klärender Rückblick, sondern auch eine mahnend-kritische Vorschau in Gegenwart und Zukunft.
Die Mitglieder des symphonischen Blasorchesters der Musikschule Solingen stimmten mit dem Stück »Riflessi« (»Widerschein«) des italienischen Komponisten Michele Netti auf die Feier ein. Die Saxophongruppe mit ihren im Sonnenschein goldreflektierenden Instrumenten und die dunklen Holzblasinstrumente verdeutlichten optisch die emotionalen Widersprüche dieser aufrüttelnden Geschichtsstunde.
Oberbürgermeister Norbert Feith aus Solingen, der die Gäste begrüßte, konnte drei Zeitzeugen an dieser »Stätte des Massenmordes« willkommen heißen, wo die 71 Männer am 13. April erschossen worden waren, obwohl die amerikanischen Befreier bereits vor den Toren der Stadt standen. Es ging den »willigen Vollstreckern« darum, die Zeugen ihrer Verbrechen zu vernichten. Eine ganze Stunde dauerte die Exekution.
Feith erinnerte auch an den Widerstand in Solingen. 540 Solinger wurden zu 1392 Jahren Zuchthaus und Gefängnis verurteilt. Er kritisierte, dass die Täten nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Heute gelte es, »stets wachsam zu sein«. Beschämend fand er, dass erneut eine Flüchtlingsunterkunft in Solingen mit Hakenkreuzen beschmiert worden sei. Dem gelte es laut zu widersprechen.
Die Projektgruppe »Pro Agenda/Contra Nazis« des Jugendstadtrates Solingen stellte ihrem Wortbeitrag das Motto »Aus der Vergangenheit lernen heißt aktiv werden« voran. Die beiden Akteurinnen listeten die Anschläge in den letzten Jahren auf, sie verwiesen darauf, dass diese Zahlen weiterhin ansteigen. Auch ihnen war der Widerstand in der NS-Zeit Vorbild. – Die Friedensbitte »Dona nobis pacem« (»Gib uns Frieden«), vertont von Wolfgang Amadeus Mozart, leitete über zur Rede von Günter Bischoff von der Kreisvereinigung der VVN-BdA Solingen.
Bischoff ging über den Rückblick von Oberbürgermeister Feith hinaus: Er erinnerte eingangs an den Schwur von Buchenwald – und die gleich anschließende Integration von Massenmördern und Helfern in staatstragende Funktionen der bundesdeutschen Gesellschaft. Der Verfassungsschutz und andere Spionageeinrchtungen wurde von »unentbehrlichen Fachkräften« aus der Nazi-Zeit aufgebaut. »Gladio« »Stay behind« und andere internatonal agierende Terrortruppen mordeten bis in die Gegenwart. Verfassungsschutz und NSU bilden gemeinsame Schnittstellen. Vielfache Verfälschung, Verdrängung und Beschönigung präge das Geschichtsbild. – Mit Freude konnte Bischoff feststellen, dass es nach 70 Jahren endlich gelungen sei, eine Stele in Solingen-Wald für den Widerstandskämpfer Karl Bennert und seine Gruppe zu benennen. Diese Stele wird am 8. Mai enthüllt.
Text: Uwe Koopmann
Fotos: I.Lang, Klaus Müller
- Rede von Günter Bischoff
- Fotogalerie von Klaus Müller
- Fotogalerie von Irène Lang
- Fotogalerie von Uwe Koopmann