Antifaschismus
Köln: Gedenken in der Antoniterkirche
Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus
Am Montag, den 27. Januar 2014 fand in der Antoniterkirche die jährliche Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus statt. In diesem Jahr wurde der Menschen gedacht, die in Köln Ende 1944 dem zunehmenden Terror der Gestapo ausgesetzt waren. Die Kirche war wie immer dicht besetzt und viele Menschen nahmen auch an dem anschließenden Mahngang zum Denkmal für die Deserteure am Appellhofplatz teil.
In einer Collage aus Lageberichten, Zeitzeugenerzählungen, Auszügen aus Akten der Gestapo und vielen weiteren Materialien zeichneten die Schauspielerinnen und Schauspieler ein Bild dieser letzten Monate vor der Befreiung Kölns, unterstützt von drei Musikerinnen, die es gut verstanden die Stimmung musikalisch zu verdeutlichen.
Da wurde geschildert wie nach der »Aktion Gewitter« – einer Verhaftungswelle nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 – Frau Krone aus Brück verzweifelt aber letztlich erfolgreich versucht, ihren Mann aus dem Messelager in Deutz wieder freizubekommen und seinen Abtransport ins KZ zu verhindern.
Eine deutsch-französische Gruppe, Freunde und Bekannte des Ehepaars Heublein geraten ins Visier der Gestapo, weil sie sogenannte Feindsender gehört haben, im Luftschutzkeller kritische Bemerkungen gemacht haben. Martha Heublein hatte ein paar Wurfzettel entworfen, die bei der Verhaftung gefunden werden, ein paar mal vervielfältigt, aber noch nicht verteilt. Acht Menschen wurden so im November 44 verhaftet, angeklagt und im Januar bereits verurteilt, drei von ihnen zum Tode. Bereits zwei Tage nach dem Urteil wurden Martha und Karl Heublein und Jean Pierre May erschossen.
Die Schilderung der Hinrichtung von sowjetischen Zwangsarbeitern in Ehrenfeld im Oktober 1944, wenige Wochen bevor einige junge Edelweißpiraten dort ebenfalls erhängt wurden, zeigte das ganze Ausmaß der Brutalität des Naziregimes. Diese Hinrichtung ist in Bildern dokumentiert und sie wurden alle gezeigt. Begleitet von den Worten des Augenzeugen Georg S., der 1967 im Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen dieser Hinrichtung seine Erinnerungen an die Ereignisse der Staatsanwaltschaft schildert. Allerdings: Ein Prozess wurde den Henkern nicht gemacht. Das Ermittlungsverfahren gegen die beteiligten Gestapobeamten wurde 1969 eingestellt, weil keiner der Beschuldigten einer Straftat überführt werden konnte!
Trotz der zunehmenden Radikalisierung der Gestapo organisierte sich im Herbst 1944 von Sülz/Klettenberg aus noch einmal eine größere Widerstandsgruppe gegen das Terrorregime, eine Kölner Gruppe des »Nationalkomitees Freies Deutschland«. Zu dieser größten und breitesten Widerstandsgruppe während der späten Kriegsmonate von über 200 Menschen gehörten Kommunisten, Sozialdemokraten und parteilose NS-Gegnerinnen und -Gegner. Die Gruppe organisierte Sabotage in den Betrieben, in denen sie Mitglieder hatte, verteilte Flugzettel und verbreitete die Nachrichten der ausländischen Sender. Im Oktober 1944 notierte Jakob Zorn:
Die Alliierten sollen sehen, dass es in Deutschland nicht nur Menschen gab, die mit den brutalen und wahnsinnigen Plänen des Nazi-Imperialismus einverstanden waren und diese unterstützten, um das Herrenvolk der Welt zu werden, sondern dass es auch Menschen gegeben hat, die die guten Traditionen unserer Nation vor der Willkür und der Gewalt verteidigten.
Am 24. November 1944 verhaftete die Gestapo die Leitung des Komitees und nahm insgesamt fast 60 Mitglieder fest. Engelbert Brinker, Willi Tollmann und Otto Richter starben noch in Brauweiler an den Folgen der Folterungen durch die Gestapo. Die Häftlinge des Nationalkomitees sollten vor ein in Königswinter tagendes Sondergericht gestellt werden. Aber am 10. Februar 1945 wurde Brauweiler von der Gestapo geräumt, weil die alliierten Truppen nahten und die Häftlinge wurden in zwei Evakuierungstrecks nach Wipperfürth sowie in das hessische Rockenberg in Bewegung gesetzt. Nur dadurch haben die meisten dieser Widerstandsgruppe überlebt.
Am Mahnmal für die Deserteure sprach dann abschließend Antonia Rabente von der DGB-Jugend Köln. Wenn sich junge Menschen heute gegen Neonazis stark machen und Zivilcourage zeigen, würden ihnen dabei alle möglichen Steine in den Weg gelegt. Mit der Extremismus-Klausel würden Menschen, deren Arbeit zum großen Teil auf Vertrauen beruht, dazu gebracht, sich gegenseitig auszuspionieren und zu denunzieren. Und wer bestimme, was »extrem« ist? Der Verfassungsschutz, die Institution, die es zugelassen habe, dass drei Neonazis über zehn Jahre lang rassistisch motiviert morden konnten.
Mit der aktuellen Kampagne »Wer betrügt, fliegt«, werde wieder gegen Flüchtlinge und Zuwanderung gehetzt, Hass gegen die Schwächsten geschürt. Nicht nur am sogenannten rechten Rand der Gesellschaft, sondern in den Medien, der Politik, am Stammtisch, in Schule und Universität, und unabhängig von Stellung, Schicht, Alter, Umfeld und politischem Lager. Ihr Fazit: »Wir müssen uns selber immer wieder hinterfragen und die Gesellschaft im Auge behalten. Wir müssen den Mund aufmachen, wenn Hass geschürt wird. Wir müssen selber Solidarität, Unterstützung zeigen, dann können wir sie auch selber erwarten.«
u.b.
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