Jugend

Revolution Bildung

Jugend-Aktionstag der IG Metall
in Köln

Jugendliche Demonstranten mit SDAJ-Fahnen.Bei schöns­tem Wet­ter ver­sam­mel­ten sich am Sams­tag, den 27. Sep­tem­ber, 20.000 jun­ge Ge­werk­schaf­te­rin­nen und Ge­werk­schaf­ter aus dem ge­sam­ten Bun­des­ge­biet, um für ein funk­tio­nie­ren­des Wei­ter­bil­dungs­ge­setz, ei­ne ge­rech­te Re­form des BAföG und des Be­rufs­bil­dungs­ge­set­zes zu de­mons­trie­ren. Es gab Kund­ge­bun­gen am Heu­markt, am Hans-Böck­ler-Platz, zwei lan­ge De­mons­tra­ti­ons­zü­ge und ei­ne Bä­ren­stim­mung un­ter dem Mot­to »Bil­dung. Macht. Zu­kunft.« Und als Ab­schluss ein Kon­zert Ma­te­ria, bos­se und Irie Ré­vol­tés in der La­xess-Are­na.

Jugendliche Demonstranten mit SDAJ-Fahnen.Det­lef Wet­zel, Ers­ter Vor­sit­zen­der der IG Me­tall, freu­te sich über das be­ein­dru­cken­de Bild von 20.000 Ju­gend­li­chen auf dem Platz, die hier stell­ver­tre­tend für den grö­ß­ten po­li­ti­schen Ju­gend­ver­band Deutsch­lands, für die jun­ge IG Me­tall, stün­den. Bil­dung dür­fe nicht al­lein wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen die­nen. Ju­gend­li­chen aus bil­dungs­fer­nen El­tern­häu­sern dür­fe der Zu­gang zu hö­he­rer Bil­dung nicht ver­wehrt wer­den. Nur ein Vier­tel er­rei­che ein hö­he­res Bil­dungs­ni­veau als ih­re El­tern. Über ei­ne vier­tel Mil­li­on jun­ger Men­schen hin­gen in War­te­schlei­fen zwi­schen Schu­le und Aus­bil­dung fest.

Jugendliche Demonstranten mit Schildern und Transparenten.In der Me­tall-Ta­rif­run­de wer­de sich die IG Me­tall für ei­ne Bil­dungs­teil­zeit stark ma­chen, um den Be­schäf­tig­ten bes­se­re be­ruf­li­che Auf­stiegs­chan­cen zu er­mög­li­chen. Denn, so Wet­zel, »gu­te Bil­dung braucht ne­ben Geld auch Zeit. Und da­zu brau­chen wir das Han­deln von Un­ter­neh­men und Po­li­tik«.

Chris­tia­ne Ben­ner, im IG Me­tall-Vor­stand für die Ju­gend zu­stän­dig, warn­te da­vor, »Men­schen wie Mar­me­la­den­glä­ser« zu be­han­deln. »Das ak­tu­el­le Bil­dungs­sys­tem klebt ih­nen Eti­ket­ten ›Haupt­schu­le, Re­al­schu­le oder Gym­na­si­um‹ an, die le­bens­lang an ih­nen haf­ten blei­ben«. Laut Be­rufs­bil­dungs­be­richt 2014 der Bun­des­re­gie­rung be­daue­re die Hälf­te der Be­frag­ten, sich man­gels Zeit und Geld nicht qua­li­fi­ziert wei­ter­bil­den zu kön­nen. »Vor al­lem Be­schäf­tig­te mit ge­rin­ger Qua­li­fi­ka­ti­on brauch­ten Per­spek­ti­ven und fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung.« Ben­ner for­der­te ei­nen An­spruch auf Aus­zei­ten für Bil­dung und ei­ne ge­rech­te Re­form des Be­rufs­bil­dungs­ge­set­zes. Bil­dung dür­fe nicht Ar­beit­ge­ber-Will­kür blei­ben und auch kein Fei­er­abend-Hob­by.

Jugendliche Demonstranten mit Schildern, Transparenten und SDAJ-Fahnen.Bun­des­ju­gend­se­kre­tär Eric Lei­de­rer for­der­te ei­ne ra­di­ka­le Re­form des BAföG, das selbst­stän­di­ges Le­ben er­mög­li­che und nie­man­den in die Ver­schul­dung trei­be. Lei­de­rer klag­te die Wirt­schaft an, die Zu­kunft der jun­gen Ge­ne­ra­ti­on aufs Spiel zu set­zen. »Fakt ist, dass von den Ar­beit­ge­bern in den Me­tall- und Tech­ni­ker­be­ru­fen im letz­ten Jahr 10% Aus­bil­dungs­stel­len we­ni­ger an­ge­bo­ten wur­den als nach­ge­fragt wa­ren. Es ist die Aus­bil­dungs­po­li­tik der Un­ter­neh­men, die für Fach­kräf­te­man­gel sorgt.«

Jugendliche Demonstranten vor DKP-Schirm.Des­halb for­de­re die IG Me­tall-Ju­gend in der an­ste­hen­den Ta­rif­run­de in der Me­tall- und Elek­tro­bran­che ei­nen at­trak­ti­ven Wei­ter­bil­dungs­ta­rif­ver­trag bei gleich­zei­tig ge­si­cher­tem Ein­kom­men.

Kürz­lich äu­ßer­te Lei­de­rer an­läss­lich der Ver­öf­fent­li­chung des Bil­dungs­mo­ni­tors 2014: Die Ar­beit­ge­ber­lob­by »In­itia­ti­ve Neue So­zia­le Markt­wirt­schaft« ver­su­che mit Bil­dung Zeit und Kos­ten zu spa­ren. »Der Mensch wird in die­ser Sys­te­ma­tik sprich­wört­lich zur Wa­re. Als Hu­man­ka­pi­tal soll der Mensch Pro­fit ab­wer­fen. Des­we­gen soll Bil­dung im­mer schnel­ler und bil­li­ger wer­den. Bil­dung be­deu­tet un­ter die­sen Ge­sichts­punk­ten nichts an­de­res als Ent­mensch­li­chung.« »Mit un­se­rer hu­ma­nis­ti­schen Vor­stel­lung von Bil­dung hat das je­den­falls nichts zu tun. Für uns ist gu­te Bil­dung der Schlüs­sel zur Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung. Die Men­schen wer­den be­fä­higt so­zia­le und wirt­schaft­li­che Zu­sam­men­hän­ge zu durch­schau­en und ih­re In­ter­es­sen zu ver­tre­ten.

Porträt: Zwei Demonstranten.Le­bens­lan­ges Ler­nen ist die Grund­la­ge selbst­be­stimm­ten Le­bens und ei­ner funk­tio­nie­ren­den De­mo­kra­tie – dem steht die Vor­stel­lung des Bil­dungs­mo­ni­tors mit Markt­an­pas­sung und Hu­man­ka­pi­tal ent­ge­gen.«

Plakat: »IG Metall Jugendaktionstag 27. September 2014. Wir fordern: Ein funktionierendes Weiterbildungsgesetz! Eine gerechte Reform des Berufsbildungsgesetzes! Eine radikale Reform des BAFÖG! Einen attraktiven Weiterbildungstarifvertrag!«.Ei­ne Bil­dungs­po­li­tik nach den Vor­stel­lun­gen der Ar­beit­ge­ber be­deu­te in der Kon­se­quenz: »Bil­dung wird den Ge­set­zen des Mark­tes un­ter­wor­fen. In die­ser ein­sei­ti­gen Sicht ist Bil­dung ei­ne Res­sour­ce, die mit ma­xi­ma­lem Pro­fit ver­wer­tet wer­den muss. Was kei­nen kurz­fris­ti­gen wirt­schaft­li­chen Nut­zen hat, wird für be­deu­tungs­los er­klärt. Ent­mensch­li­chung statt Per­sön­lich­keit. Fa­tal dar­an ist, dass die­se Ent­wick­lung der Grund für Chan­cen­un­gleich­heit ist – es wer­den Zu­gangs­bar­rie­ren ge­schaf­fen. Gu­te Bil­dung ist nicht für je­den zu ha­ben. Bil­dung wird da­durch mehr und mehr zur Lu­xus­wa­re und Auf­stiegs­mög­lich­kei­ten blei­ben ver­wehrt. Hier set­zen wir mit un­se­rer Kam­pa­gne ›Re­vo­lu­ti­on Bil­dung‹ an. Für uns ist gu­te Bil­dung für al­le die Grund­la­ge ei­ner ge­rech­ten und de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft. Und das ist, wo­für wir kämp­fen.«

Text und Fotos: Klaus Stein


Fotogalerie: Revolution Bildung 27. Sept 2014