Jugend

Probleme und Perspektiven in der NRW-Schulpolitik

DKP-Wahlplakat wird angebracht. Einstein streckt die Zunge raus: «Bildung für alle!»

«Alles ist
relativ»

Michael Schulte, Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW bilanzierte vor der Landtagswahl am 14. Mai die Bildungspolitik des mit 17,9 Millionen Bewohnern einwohnerstärksten Bundeslandes: «Alles ist relativ.»

Offensichtlich ist der Blickwinkel entscheidend, denn mit objektiv richtigen Zahlen kann man dennoch täuschen. Das gilt zum Beispiel für die Arbeitsplatzstatistik, die die absoluten Zahlen nennt – aber verschweigt, wie weit es etwa um Zeitverträge oder Mindestlohn-Jobs geht. Sozialministerin Andrea Nahles und Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) jubeln im Gleichklang mit der CDU. Die Gewerkschaften kritisieren. Die DKP entlarvt.

Ähnliches gilt für die Bildungspolitik in NRW. Die Landesregierung von SPD und Grünen erklärt den Schuletat um 25 Prozent gesteigert. 7000 neue Stellen seien geschaffen worden. Gegenrechnung: Gemessen am Gesamtetat seit 2010 (Beginn der Kraftregierung I) wuchsen die Bildungsausgaben gerade mal um 1,84 Prozentpunkte. Michael Schulte fragt ironisch: «Priorität für Bildung?»

Die Betrachtung der Zahlen könnte ergänzt werden mit einer Beobachtung aus dem Leben: Es beginnt damit, dass Kinder morgens hungrig in die Schule gehen. Auf der anderen Seite der Sozialleiter gibt es einen steigenden Anteil an privilegierten Privatschulen, vielfach unter kirchlicher Obhut. Die Schere öffnet sich weiter zwischen arm und reich. Gleichzeitig wird in den Schulen von den Kindern das alte Stück vom Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel aufgeführt.

Während die Personalkosten seit Jahren nicht gestiegen sind, sind die Anforderungen gewachsen: Klassenfrequenzrichtwerte, Inklusion, islamischer Religionsunterricht, Integration von Flüchtlingskindern. Ähnliches an den Hochschulen: 40 Prozent mehr Studierende. In der Betreuungsrelation von Hochschullehrern und Studierenden liegt NRW im Ländervergleich an letzter Stelle. Und nebenbei bemerkt: die lebenslange Schlechterstellung der angestellten Lehrenden im Vergleich zu den Beamten. Da rührt sich nichts bei der Landesregierung.

Unterm Strich bleibt bei punktuellen Verbesserungen eine Perspektivlosigkeit in vielen Bereichen, die die Landesregierung nicht kompensieren kann. Ein Ausgleich zwischen Bund und Ländern findet im Schulbereich nicht statt. Das wird sich unter Rot/Grün und auch unter Schwarz/Gelb nicht ändern. Und unter Schwarz/Rot auch nicht. Diese Parteien sind dem System verhaftet. Das System ist für sie relevant. Und sie selber werten sich als systemrelevant. Das ist wie bei Hypo Real Estate. Wer zahlte da die Zeche?

Text und Foto: Uwe Koopmann