Kultur
Sonnensucher! Die Kunstsammlung der Wismut
Ausstellung in der Orangerie in Gera
(verlängert bis 11. Mai 2014)
Der chemische Gehalt der Pechblende ist erst von Martin Heinrich Klaproth richtig analysiert worden. Uranit nannte er das Mineral. Ab 1790 hörte es auf den Namen Uranium. Es kam in Joachimsthal als Uranoxyd vor und wurde im 19. Jahrhundert zum Färben von Glas verwandt. Uran hieß es nach Uranos, dem siebten Planeten des Sonnensystems, der acht Jahre vorher, von Friedrich Wilhelm Herschel (1738-1822) entdeckt worden war. Erst Henri Bequerel bemerkte 1896 die Radioaktivität des Minerals. Für diese Bezeichnung ist Marie Curie verantwortlich, sie entdeckte auch das Radium. Für ihre Arbeiten zur Radioaktivität erhielten Henri Bequerel, Marie und Pierre Curie 1903 gemeinsam den Nobelpreis für Physik.
Zunächst wurde die Radioaktivität für medizinische Zwecke genutzt. Schon 1666 gab es eine Heilquelle in Ronneburg. Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha behandelte damit seine Gicht, ließ die Quelle tempelartig überbauen und machte Ronneburg zu einem bedeutenden Badeort. Einem Zerfallsprodukt des Radiums, Radon, wurde Heilwirkungen zugeschrieben und es verschaffte den entsprechenden Bädern Zulauf. Das Hotel »Radium Palace« in Joachimsthal wurde 1912 eröffnet. Mit Radiumpräparaten wurden Hautkrankheiten und Krebs behandelt. Es gab Radiumseife und Radiumshampoo, sogar ein Radiumbier war zeitweise erhältlich.
Von einer Krankheit namens Bergsucht hatte schon Paracelsus geschrieben. Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie als Lungenkrebs identifiziert, aber erst Ende der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts das Radon als Verursacher ausgemacht.
Die Kernspaltung kennen wir seit 1939
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Uran in der Tschechoslowakei und in Sachsen gefördert und in die UdSSR geschafft. Der Atombombenabwurf von Hiroshima und Nagasaki im August 1945 beschleunigte diese Vorgänge. Informationen von Klaus Fuchs, der als Physiker an der Entwicklung der amerikanischen Atombombe beteiligt war, verkürzten den gefahrvollen Zeitraum, der für die Aufhebung des US-amerikanischen Atomwaffenmonopols nötig war. Der Kalte Krieg schlug nicht in einen heißen um. Die UdSSR konnte am 29. August 1949 ihre erste Atombombe zünden. Aber sie benötigte Uran, das in Sachsen in der Erde lag. Die Firma mit dem irreführenden Namen Wismut holte es da raus.
Wismut AG
Erster Generaldirektor der Wismut AG war der NKWD-Generalmajor Michail M. Malzew. Er blieb es bis Mai 1951. Die Gründung der Wismut AG war am 10. Mai 1947 erfolgt, genauer Name: »Zweigstelle der Staatlichen sowjetischen Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie, Wismut«. Offizieller Zweck der Gesellschaft: Gewinnung von Buntmetall. Von Uran war nicht die Rede. 10 Tage nach ihrer Gründung wurden durch Befehl Nr. 128 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) sechs Bergwerke und ein Aufbereitungswerk in sowjetisches Eigentum übernommen. Die Wismut AG war ein sowjetisches Staatsunternehmen. Bis 1954 waren in der Generaldirektion ausschließlich sowjetische Offiziere und Zivilisten tätig.
»Aue«
Der Arbeitskräftebedarf war hoch und konnte nicht allein durch Freiwillige gedeckt werden. Die Besatzungsmacht sah sich zur Zwangsverpflichtung veranlasst. Am 1. August 1947 erließ die SMAD eine Befehl zur Stellung von 20 000 Personen für den Erzbergbau. Viele entzogen sich durch Flucht, andere mussten aus Krankheitsgründen entlassen werden. Der Uranbergbau wurde im Volksmund mit »Aue« bezeichnet, man verstand darunter Zwangsverpflichtung, harte Arbeit, schlechte soziale Verhältnisse und Wohnungsnot.
Der FDGB bzw. die IG Bergbau pochten auf die Geltung der deutschen Gesetzgebung im Uranbergbau. Die Gewerkschaften verhinderten, dass die Arbeitsbedingungen denen in Arbeitslagern ähnelten. Sie setzten Tarife durch. Und allmählich erhöhte sich der Anteil der Freiwilligen durch Leistungszulagen und hohe Lebensmittelrationen. Allerdings glich die Arbeitsorganisation militärischer Disziplin. Fehlverhalten wurde drakonisch bestraft. Es gab eine Sondergerichtsbarkeit, eine Abteilung »Bergbau« in der Justiz.
Aber die Wismutarbeiter wurden in der DDR am besten bezahlt. Sie genossen zudem ein reichliches kulturelles Angebot. Das war zunächst einmal die Folge von Auseinandersetzungen der Bergleute mit der Obrigkeit. Unter anderem kulminierte im August 1951 eine Schlägerei zwischen Polizisten und Bergleuten, die in einem Aufstand endete, in dessen Verlauf eine Polizeiwache in Saalfeld verwüstet wurde. Zwölf der Rebellen wurden zu Haftstrafen zwischen acht und fünfzehn Jahren verurteilt. Aber die Unruhen lösten auch eine Reihe von politischen Maßnahmen aus, die zuletzt in einen umfangreichen Plan für den Bau von Bergmannshäusern, Kommunal- und Kulturbauten mündeten. Wismut-Arbeiter waren am 17. Juni 1953 in Gera an spektakulären Aktionen beteiligt.
Die Aktivistenbewegung mit Adolf Hennecke hatte ihr Vorbild in Aktivisten des Uranbergbaus, einer davon hieß Josef Wenig. Allerdings mochte man keine Aktivistenbewegung mit dem Namen Weniger-Bewegung ins Leben rufen. Zu Hochzeiten waren bei der Wismut insgesamt 200 000 Menschen, davon 150 000 Bergleute beschäftigt.
Geheimhaltung
Der amerikanische Geheimdienst war lange Zeit über die Reichhaltigkeit der Uranvorkommen in Sachsen und Thüringen nicht im Bilde. Umso stärker bemühte er sich, die Geheimhaltung in diesem Bereich zu durchbrechen. Die Wismut wurde ein Objekt geheimdienstlicher Angriffe, sie gaben Anlass für Schauprozesse im Kulturpalast von Karl-Marx-Stadt, wie Chemnitz ab dem 10. Mai 1953 hieß.
Strahlenrisiko
Bis 1955 gab es keinerlei Messungen des Radongehaltes und keine Belehrungen der Bergleute über das Strahlenrisiko. Erst ab diesem Zeitpunkt wurden die Schächte besser bewettert und die Radonbelastungen drastisch gesenkt. Wer an Lungenkrebs erkrankte oder an Silikose, gehörte in der Regel der ersten Wismutgeneration an. Bis 1989 wurden bei 15 000 Bergleuten Silikose, bei 5 300 Lungenkrebs festgestellt. Andere Gesundheitsschäden waren Pressluft- und Überlastungsschäden (5 000) und lärmbedingte Schwerhörigkeit (4 700). Zwei Monate nach dem 17. Juni 1953 verzichtete die UdSSR auf weitere Reparationsleistungen der DDR. Alle Betriebe in sowjetischem Besitz wurden der DDR zurückgegeben. Ausnahme Wismut. Die wurde ab 1. Januar 1954 in eine sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft umgewandelt, die SDAG Wismut. Damit verbunden war, dass die Produktionskosten zur Hälfte übernommen wurden.
In Ronneburg bei Gera gab es die größten Uranvorkommen. Hierhin verlagerte sich Anfang 1954 der Schwerpunkt des Uranabbaus. In der Lagerstätte Ronneburg sind bis 1990 113 000 Tonnen Uran abgebaut worden.
Kultur
Zur Kulturarbeit der Wismut schreibt Rainer Karlsch in »Uran für Moskau. Die Wismut – eine populäre Geschichte«, Berlin 2007, S. 139 ff., kurz gefasst folgendes:
Der Bitterfelder Weg ließ Arbeitertheater entstehen und Zirkel schreibender Arbeiter. Im April 1959 hatte eine Autorenkonferenz des Mitteldeutschen Verlags im VEB Chemiekombinat Bitterfeld diskutiert, wie den Beschäftigten ein aktiver Zugang zu Kunst und Kultur ermöglicht werden könne. Die Trennung von Kunst und Leben, die Fremdheit von Künstler und Volk sollte überwunden werden. Künstler und Schriftsteller wurden aufgefordert, in den Fabriken zu arbeiten und Arbeiter bei deren eigener künstlerischer Tätigkeit zu unterstützen. Ziel war eine »Bewegung schreibender Arbeiter«.
In der Folge kam es in der Tat zu einem Aufschwung der Laienkunst. Regelmäßig wurden Arbeiterfestspiele veranstaltet. Bei der Wismut gab es Dutzende von Volkskunstgruppen und Zirkel mit insgesamt mehreren tausend Mitgliedern. In Aue entstand 1959 ein Arbeitertheater, es folgten solche in Gera, Auerbach und Königstein, die bis zum Ende des Kombinats existierten. Beliebt wurden Puppen- und Kindertheater. Es gründeten sich Amateurfilmgruppen, Zeichenzirkel, Keramikzirkel, Tanz- und Ballettgruppen, Blasorchester, Kabaretts, Tanzorchester, Chöre und Singeclubs.
Auf der Gegenseite entstand ein betriebliches Auftragswesen, das für professionelle Schriftsteller und bildende Künstler Planstellen einrichtete und beträchtliche Summen für Auftragswerke von Malern und Bildhauern ausgab. Die Bergleute Horst Salomon und Martin Viertel wurden zum Literaturstudium nach Leipzig geschickt. Nach ihrer Rückkehr wurden sie wieder eingestellt – als Schriftsteller. Sie konnten sich ausschließlich ihrer literarischen Arbeit widmen.
Martin Viertel veröffentlichte einen Wismut-Roman »Sankt Urban«, aber auch Kinderbücher und schrieb Stücke für das Geraer Arbeitertheater. Werner Bräunig aus Karl-Marx-Stadt kam 1957 in die Arbeitsgemeinschaft »Junger Autoren« der Wismut und wurde ein Jahr später zum Studium ans Literaturinstitut nach Leipzig delegiert. Er begann 1960 seinen Roman »Rummelplatz«. Der konnte aber erst 2007 posthum veröffentlicht werden. Der Film »Sonnensucher« von Konrad Wolf, der auch mal bei der Wismut gejobbt hatte, wurde 1958 fertig, aber nicht aufgeführt. Erst 1972 kam er in die Kinos. Er behandelt realistisch den Arbeitsalltag im Uranerzbergbau im Jahr 1950 und spart die Konflikte zwischen der sowjetischen Betriebsleitung, deutschen Kommunisten und zwangsverpflichteten Arbeitern nicht aus. Thema waren auch Auseinandersetzungen zwischen russischen Offizieren und ehemaligen SS-Leuten.
Rainer Karlsch erwähnt von den Künstlern Carl-Heinz Westenburger aus Tannenberg. Er lobt seine Bleistiftzeichnungen und Alexandra Müller-Jontschewas Porträt eines hochdekorierten Bergmann vor einer mondähnlichen Landschaft. Es ist in Gera zu sehen.
Ausstellungskatalog
Über weitere Künstler informieren die Texte im Katalog der Ausstellung. Heinrich Witz (1924 Leipzig – 1997 Halle) konnte sich nur kurze Zeit im Ruhm sonnen. Er war von 1959 bis 1961 durch einen Fördervertrag mit der Wismut verbunden, gleichzeitig Vorsitzender des Verbands Bildender Künstler Leipzig, konnte danach ein Jahr lang an der dortigen Hochschule für Grafik und Buchkunst lehren. Offenbar scheiterte er aber und zog sich enttäuscht nach Bernau bei Berlin zurück. Er muss ein witziger und charmanter Kerl gewesen sein. Künstlerisch stand er für einen sozialistischen Realismus, der – wie es Paul Kaiser ausdrückt – sich von den Wurzeln der deutschen Moderne genauso abschnitt wie von den progressiven Entwicklungen in der DDR-Kunstgeschichte, so dass seine Karriere, die er wohl der Protektion durch Alfred Kurella verdankte – auch Ulbricht schätzte ihn – kurzlebig blieb. Aber immerhin beginnt mit Heinrich Witz eine enge Verbindung zwischen der Leipziger Hochschule und der Wismut, die bis 1989 dauerte und von der unter anderem Wolfgang Peuker (1945-2001) und die schon erwähnte Alexandra Müller-Jontschewa (geb. 1949 Sofia) profitierten.
Kurella ist aber auch der Entdecker des Talents von Werner Tübke (1929-2004). Von diesem Künstler, berühmt durch das monumentale Bauernkriegspanorama bei Bad Frankenhausen, ist in Gera eine Lithografie von 1974 mit dem Bildnis eines Bauarbeiters in fürstlicher Haltung ausgestellt.
Alfred Kurella war erst 1954 aus der Sowjetunion in die DDR gekommen. Er arbeitete zunächst als erster Direktor des Institutes für Literatur in Leipzig. In den Jahren 1957 bis 1963 leitete er die Kulturkommission des Politbüros des Zentralkomitees der SED. Er hatte sich mit Georg Lukacs in der Expressionismus-Debatte gegen Brecht exponiert und verstand den sozialistischen Realismus als Form, die sich mit sozialistischen Vorzeichen ästhetisch am bürgerlichen Realismus des 19. Jahrhunderts orientierte. In Kurellas Zeit fällt die Bitterfelder Initiative, Otto Gotsche hat sie dort unter die Schriftsteller gebracht. Damals konnte man leicht des Formalismus geziehen werden, wenn Merkmale der Klassischen Moderne zu erkennen waren. Damit war 1963 erst einmal Schluss. Kurella wurde seiner Kulturkommissionspflichten entbunden.
Auftragskunst
Vielleicht sind an dieser Stelle einige Worte gegen die abfällig gemeinte Bezeichnung Auftragskunst am Platze. Damit wird durchgängig im Sonnensucher-Katalog das Verhältnis von Staat, Betrieben und Künstlern bezeichnet. Eckhart Gillen und der Soziologe Karl-Siegbert Rehberg hatten in diesem pejorativen Sinne schon im November 2005 in Berlin eine Ausstellung über »Malerei zwischen Staatsauftrag und Eigensinn« kuratiert. Man muss aber wissen, dass Kunst allenfalls in einem historisch kurzen Zeitraum ohne Auftrag entstanden ist. Kunstwerke sind sogar in der Regel die Folge eines Auftrags. Ich erinnere an die sixtinische Kapelle im Vatikan, deren Decken Michelangelo im Auftrag von Papst Julius II. bemalt hat. Den Isenheimer Altar hat Grünewald im Auftrag des Ordens der Antoniter geschaffen. Andere Kunstwerke Grünewalds sind im Auftrag des Kardinals Albrecht entstanden. Goya malte seine Gemälde im Auftrag – in der Regel des spanischen Königshauses, selbst das Werk »3. Mai 1808« zählt dazu – nur seine Radierungen waren verkäuflich. Picassos Wandbild Guernica wird 1937 als Auftragswerk der spanischen Republik realisiert. Es fällt schwer, Kunstwerke zu nennen, die keine Auftragswerke sind. Allemal aber gelten die Sätze aus der Deutschen Ideologie:
»Die Individuen, welche die herrschende Klasse ausmachen, haben unter Anderm auch Bewusstsein und denken daher; insofern sie also als Klasse herrschen und den ganzen Umfang einer Geschichtsepoche bestimmen, versteht es sich von selbst, dass sie dies in ihrer ganzen Ausdehnung tun, also unter Andern auch als Denkende, als Produzenten von Gedanken herrschen, die Produktion und Distribution der Gedanken ihrer Zeit regeln; dass also ihre Gedanken die herrschenden Gedanken der Epoche sind.« (MEW 3,46)
Selbst seit dem 18. Jahrhundert, vollends mit Beginn des 19. Jahrhunderts, als sich ein bürgerlicher Kunstmarkt herausbildete, antizipierten die Künstler die Gedanken und Vorstellungen ihres Publikums. Aber selbstverständlich hat es auch in dieser Zeit Aufträge gegeben. Der individuelle Künstler, Monade im Elfenbeinturm, ist eine Fiktion bürgerlicher Provenienz, die gerne verbreitet wird, um das Publikum nicht auf die Zusammenhänge von Bewusstsein und Klassenlage zu bringen. Ohne das verschließen sich aber die Kunstwerke der Deutung und verbergen ihren gesellschaftlichen Gehalt.
Tatsächlich ist die Kunst in der DDR nur zu einem geringen Maße für den Kunstmarkt produziert worden, das Gros entstand im Auftrag und viele konnten davon leben. Gerade dieser enge Zusammenhang von Kunst und gesellschaftlichen Institutionen, ihre neue öffentliche Funktion, ihr politisches Gewicht zeichnet sie in der sozialistischen Gesellschaft aus, macht aber auch in vielen Fällen ihre Gefährdung aus. Der Künstler wird politisch gefordert. Der Kapitalismus kann mit diesen ästhetischen Erzeugnissen, die selbstverständlich in die Zukunft weisen und heute einen geradezu utopischen Charakter gewinnen, gar nichts mehr anfangen. Anders herum konnten in einigen Fällen die Künstler mit dem Sozialismus nichts anfangen. So haben sich schon mal welche in die westlichen Sümpfe locken lassen, auch einige der Wismut-Künstler.
Die Reichswehrsoldaten tragen Helme mit Hakenkreuz
Bernhard Heisig (1925-2011) gibt seine Nationalpreise erst 1989, wenige Wochen nach dem Zusammenbruch der DDR, ab. Von ihm ist in Gera das Bild »15. März 1920« zu sehen. Es zeigt, wie Arbeiter in Gera anlässlich des Kapp-Putsches Reichswehrsoldaten entwaffnen, nachdem in Gera die Arbeiterwehren spektakulär gesiegt hatten. Die Reichswehrsoldaten tragen Helme mit dem Hakenkreuz der Brigade Ehrhardt. Gesichter sind durch die Helme verdeckt. Ein Vater erkennt seinen Sohn und ohrfeigt ihn. Das ganze spielt sich vor dem Marktplatz ab, an einer Hausecke mit Renaissance-Erker. Es ist ein Bild eines Genres, für das Heisig zum Spezialisten wird, ein Historienbild. Berühmt sind mehrfache Fassungen des Themas Pariser Kommune.
Kunstfunktionäre wie Gerhard Winkler, von 1958 bis 1963 Sekretär für Kultur der SED-Gebietsleitung Wismut, spielten eine Rolle, die nur im Sozialismus denkbar ist. Er regte Heisig zum Bildmotiv des Geraer Aufstands an. Bis 1976 hing das Bild im Bergbaubetrieb Schmirchau der Wismut. Hier entdeckte es Eberhard Bartke, Direktor der Nationalgalerie in Berlin. Prompt schenke es die Wismut der Nationalgalerie. Einige Jahre später, Winkler war mittlerweile Direktor der Kunstsammlung Gera, gelang es ihm, das Gemälde von der Nationalgalerie zurück zu erwerben. 1984 ist es von Heisig überarbeitet worden. Werner Petzold (geb. 1940) studierte 1959-1964 bei Heisig. 1972 bekam er von der Wismut den Auftrag für das Monumentalbild »Die friedliche Nutzung der Atomkraft« (16 mal 12 m, Emaille). Ab 1974 schmückte es die Wand des Verwaltungsgebäudes in Paitzdorf. Es ist angeregt von mexikanischen Wandbildern. Im unteren Teil stellt es die Produktion im Bergwerk dar, darüber in idealisierter Form die Gesellschaft mit planenden und vorwärtsweisenden Akteuren, im oberen Teil, hinter einem Atomium, einen Arbeiter, einen Kosmonauten samt Frau mit roter Fahne. Das Verwaltungsgebäude der Wismut existiert nicht mehr. Aber das Bild steht seit 2009 in der Gegend bei Löbichau frei in der Landschaft. Ein Ausschnitt des Bildes ziert den Sonnensucher-Katalog. Petzold ist mit insgesamt elf Exponaten in der Ausstellung vertreten. Eindrucksvoll auch sein Doppelporträt Sepp Wenig und Jugendbrigadier Gütschow von 1972. 1983 geht Petzold illegal in die BRD.
Hans Wolfgang Siegenbruk (geb. 1936) lebt mittlerweile in Düsseldorf. Er hat wohl längere Zeit in der Wismut gearbeitet. Von ihm stammt das Bild »Im Förderkorb« von 1989 und weitere in der Ausstellung (»Bergbaulandschaft bei Schlema«, 1975; »Junger Bergmann«, 1985; »Alte Strecke«, 1985 und die Lithografie »Impressionen unter Tage«, 1979).
In der Orangerie wird ein Film des mdr gezeigt, in dem Siegenbruk zusammen mit Rolf Düsedau interviewt wird. Darin geht es um das Schicksal der Kunstsammlung. Düsedau war von 1972 bis 1989 Kulturverantwortlicher der SDAG Wismut.
Die Sammlung
Die Wismut-Sammlung vereint wichtige ästhetische Zeugnisse des Sozialismus in der DDR. Viele Exponate geben nicht nur ein realistisches Abbild der Arbeit im Uranbergbau. Sie spiegeln die Wünsche und Hoffnungen der Bergarbeiter, ihren Arbeitsstolz, ihre Kultur, ihr historisches Bewusstsein.
Die Ausstellung ist wegen des Erfolgs noch bis zum 11. Mai verlängert. Die Bedeutung der Wismut-Sammlung wird allmählich erkannt und führt zu Bestrebungen, ihr einen ständigen Platz in Gera zu geben. Dem ist Erfolg zu wünschen.
Klaus Stein, 22. April 2014
Fotogalerie Kunst und Wismut – Fotos: Klaus Stein