Partei
Ein Koalitionsvertrag für die Zukunft der herrschenden Klasse
Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, zur Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD
28. November 2013 | Es greift zu kurz, die Koalitionsvereinbarung zu kritisieren, weil sie »die großen Probleme« nicht angehe, oder weil sie nur verwalte anstatt für die Zukunft zu agieren, wie es Politiker der Linkspartei nach dem Abschluss taten. Es greift zu kurz und stimmt nicht: Diese Vereinbarung agiert für die Zukunft – und zwar im Sinne der herrschenden Klasse und des deutschen Imperialismus.
Die Menschen in unserem Land, die Menschen in Portugal, Italien, Griechenland, in der EU, die Flüchtlinge inner- und außerhalb der tödlichen Grenzen der EU, sie alle haben von dieser Vereinbarung Schlechtes zu erwarten.
Die offene Drohung kann jeder erkennen, der sich die Vereinbarung ansieht: »Verschärfte internationale Konkurrenz, auch aus den schnell wachsenden Schwellenländern (…) und die Knappheit natürlicher Ressourcen stellen uns vor neue Herausforderungen.« (S.13) »Ein zentraler Pfeiler unseres Erfolgs ist die Stärke der deutschen Unternehmen auf den internationalen Märkten. Ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit entscheidet maßgeblich über unseren Erfolg und Wohlstand. Deshalb setzen wir uns für globale Märkte und stabile Finanzsysteme ein, weil sie Voraussetzung für ein wachstumsfreundliches Investitionsklima sind.« (S.14)
Zu diesen Zielen passt es, dass die Rolle der NATO deutlich höher bewertet wird als die der UNO. Deutlich wird auch formuliert, was die Ursachen dafür sind: »Deutschland stellt sich seiner internationalen Verantwortung. Wir wollen die globale Ordnung aktiv mitgestalten. Dabei lassen wir uns von den Interessen und Werten unseres Landes leiten.« (S.168)
Die »Interessen und Werte unseres Landes«? Da darf man sich durchaus auf Marx und Engels besinnen, denn ihre Aussage stimmt noch heute: »Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Kapitalistenklasse verwaltet.«
Das muss auch nach innen durchgesetzt werden. Das erfordert Militarismus oder, wie es im Koalitionsvertrag formuliert ist: »Feierliche Gelöbnisse etwa sind Ausdruck der Verankerung der Bundeswehr in der demokratischen Gesellschaft. Die Koalition unterstützt den fortgesetzten Dialog der Bundeswehr in und mit der Gesellschaft. Die Verantwortung für unsere Veteranen wollen wir gemeinsam tragen. Dies gilt auch für die Fürsorge für Verwundete und Versehrte und die würdige Gestaltung der Erinnerung an unsere Gefallenen und Toten. Die Jugendoffiziere leisten eine wichtige Arbeit bei der Information über den Auftrag der Bundeswehr. Wir begrüßen es, wenn möglichst viele Bildungsinstitutionen von diesem Angebot Gebrauch machen. Der Zugang der Bundeswehr zu Schulen, Hochschulen, Ausbildungsmessen und ähnlichen Foren ist für uns selbstverständlich.« (Seiten 176/177)
Eine solche Offensive des Kapitals erfordert die Einbindung, vor allem der Gewerkschaften. Hier liegt der große Vorteil der Einbeziehung der SPD. Die Einbindung ist nicht teuer, aber ein paar Brotkrumen sollen es schon sein. Dazu gehört ein Mindestlohn, der weder ausreichend noch flächendeckend ist und der erst ab 2017 gilt – mal sehen, was da 8,50 Euro noch wert sind. Ein paar Almosen für die Rente, die kaum jemand erreichen wird. Dann ist aber auch schon Schluss mit der Kosmetik: »Um den Koalitions- und Tarifpluralismus in geordnete Bahnen zu lenken, wollen wir den Grundsatz der Tarifeinheit nach dem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip unter Einbindung der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesetzlich festschreiben.« (Seite 70)
Ganz unverhohlen soll hier durchgesetzt werden, was CDU und FDP nicht gelungen war: Die gesetzliche Tarifeinheit und damit die massive Einschränkung des Streikrechts. Da wundert es nicht, dass die Vertreter der Unternehmerverbände Schwierigkeiten hatten ihre öffentlichen Krokodilstränen nicht durch Grinsen zu konterkarieren.
Nein, dieser Vertrag ist keineswegs ein »erbärmliches Ergebnis« langer Verhandlungen, sondern ein massiver Angriff der herrschenden Klasse. Das sollte auch allen SPD-Mitgliedern klar sein. Mit sozial und demokratisch hat dieser Vertrag nichts mehr zu tun.
Quelle: RedGlobe
Foto: news.dkp.de
Der 185-seitige Vertrag zum Nachlesen (pdf)