Politik

»Besetzt die Wallstreet!«

Pfefferspray gegen friedliche Demonstranten

Mensch mit Maske vor dem Gesicht. »Occupy Wall Street«.

 

Unter der Losung »Besetzt die Wallstreet!« hatten weit über tausend Demons­tranten am 1. Oktober 2011 die berühmte Brooklyn-Hänge­brücke in New York blockiert. Die Polizei ging mit großem Aufgebot gegen die Demons­tranten vor und nahm nach ihren eigenen Angaben über 700 Beteiligte fest.

 

 

Vom Liberty-Platz aus war der Demons­trations­zug am frühen Nachmittag gestartet, auf der Brücke aber ins Stocken geraten. Viele versuchten, auf den Gehstei­gen über die Brücke zu gelangen, die jedoch zu eng waren, sodass es zu Verstop­fungen kam. Das veran­lasste einige hundert Teil­nehmer, dann auch auf die Fahr­bahn zu gehen und dort weiter zu demons­trieren. Dadurch wurde der Auto­verkehr zeit­weilig unter­bunden. Als die Polizei eingriff und Teil­nehmer fest­nahm, kam es zu spon­tanen Sitz­blockaden. Erst am Abend konnte der Verkehr wieder normal über die Brücke fließen.

 

 

Die Bewegung »Occupy Wall Street« ist vom Beispiel der spani­schen »Indignados« (Empörten) inspi­riert. Schon Mitte Septem­ber hatten einige tausend Teil­nehmer versucht, in kleinen Gruppen in die Wall­street zu gelangen und dort direkt vor der schwer bewachten New Yorker Börse zu demons­trieren. Schon damals war es zu Zusammen­stößen mit der Polizei gekommen, die den Aufmarsch verhin­dern wollte. Im Anschluss hatten sich einige hundert Beteiligte in den nahen Zuccoli-Park zurück­gezogen und dort ihre Zelte aufge­schlagen, um nach dem spanischen Beispiel eine symbo­lische Dauer-Besetzung des Geländes zu instal­lieren. Eine Woche später, am 24. September, versam­melten sich die Beteilig­ten und neu hinzu gekommene Unter­stützer erneut zu einem Marsch Richtung Börse. Diesmal attackier­te die Polizei den völlig friedlichen und gewalt­freien Marsch zum Teil sogar mit Pfeffer­spray, was große Empörung auslöste.

 

Die Hauptmotive der Beteiligten sind Protest gegen die Auswir­kungen der Finanz- und Wirt­schafts­krise und die dadurch verur­sachte wachsende Verar­mung und soziale Notlage vieler Menschen, gegen die ange­kündigten Sozial­kürzungen, während gleich­zeitig Milliar­den für die Stützung von Banken und für die welt­weiten Militär­einsätze ausgegeben werden. In Ansprachen wurde das »Diktat der Finanz­märkte« angeprangert. »Make jobs, not war« (Schafft Arbeits­plätze, keinen Krieg) und »Der Mensch geht vor Profit« war auf selbst gemalten Plakaten zu lesen. »Wir sind die 99 Prozent«, verkündeten die Beteiligten selbst­bewusst, um damit den Gegensatz zu den 1 Prozent Super­reichen zu verdeut­lichen, deren Reichtum immer weiter wächst.

 

Inzwischen beginnt sich die über das Internet vernetzte Bewegung auf andere Städte der USA auszu­breiten. Auch in Boston fand am letzten Freitag eine Demo gleicher Art in der Nähe der »Bank of America« statt, an der nach Angaben der Veranstalter rund 3000 Menschen teil­genommen haben. Der Protest richtete sich unter anderem gegen die Zwangs­ver­steigerung von Immobilien. Es gab 24 Festnahmen.

 

Dirk Grobe
Foto: vipez