Politik

Anticapitalista!

Blockupy-Groß­de­mons­tration in Frankfurt

Demonstranten mit Regenschirmen vor großem Euro-Zeichen. Im Hintergrund SDAJ und DKP-Fahnen.

03.06.2013 | Ein biss­chen ist Block­u­py / Oc­cu­py in die­sem Jahr er­wach­sen ge­wor­den. Nicht nur, weil bei den Vor­be­rei­tun­gen der dies­jäh­ri­gen Pro­test­ta­ge die ver­schie­dens­ten Er­fah­run­gen und Hal­tun­gen der dar­an be­tei­lig­ten lin­ken Grup­pie­run­gen mit ein­flos­sen, son­dern auch weil die Vor­stel­lun­gen, wer die Adres­sa­ten der Pro­tes­te sein sol­len, kon­kre­ter ge­wor­den sind. Die in­ter­na­tio­na­le Gro­ß­de­mons­tra­ti­on am Sams­tag, die als zen­tra­ler Teil der Pro­tes­te ge­dacht war, be­gann bunt, fröh­lich und vol­ler Kraft. Die Deut­sche Bank, das Fi­nanz­ka­pi­tal, das ka­pi­ta­lis­ti­sche Wirt­schafts­sys­tem als Gan­zes, die Hun­ger-Spe­ku­la­ti­on, die Woh­nungs­ver­hält­nis­se im Ka­pi­ta­lis­mus – das al­les wur­de be­nannt, in vie­len Va­ria­tio­nen.

Das Trans­pa­rent der DKP stieß auf gro­ße Zu­stim­mung: »Deut­sche Bank ent­eig­nen, Fi­nanz­märk­te ent­mach­ten!« Da­zu hat­ten die Ge­nos­sIn­nen DKP-Fah­nen und Fah­nen der Eu­ro­päi­schen Lin­ken da­bei – denn un­ser Kampf ist in­ter­na­tio­nal und die­ser In­ter­na­tio­na­lis­mus be­schränkt sich nicht auf ei­ni­ge aus­ge­such­te Län­der. Er macht in Eu­ro­pa nicht Halt! Ge­nos­sIn­nen der SDAJ lie­fen vor­ne mit uns mit. Rot war die Haupt­far­be im ge­sam­ten De­mo-Zug und es gab auch wie­der wit­zi­ge Sprü­che wie »Der Sch€in trügt!« und »Sys­tem Er­ror!«, »Das Sys­tem ist Ba­na­ne!« … Es war ei­ne Rie­sen­stim­mung und die brau­chen wir, um auf lan­ge Sicht wei­ter­zu­ma­chen!

Zwei Demonstranten mit improvisierten Plakat: »Happiness for the Rich«.

Und dann auf einmal: Stopp!

Die Po­li­zei war nach den ers­ten vier Rei­hen in den vor­ne lau­fen­den an­ti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Block hin­ein­ge­sto­ßen und kes­sel­te die ca. 900 Men­schen ein. Ih­re Be­grün­dung: Pas­si­ve Be­waff­nung und Ver­mum­mung. Wenn je­mand ei­ne Son­nen­bril­le trägt oder ei­ne Fah­ne an ei­ner Fah­nen­stan­ge, dann ist das al­so Grund ge­nug, ei­nen 12.000 Men­schen gro­ße De­mons­tra­ti­ons­zug zu stop­pen und für 9 Stun­den ste­hen zu las­sen, oh­ne Was­ser, Es­sen und Toi­let­ten! Und als Schlimms­tes: Die Leu­te im Kes­sel, in­klu­si­ve be­glei­ten­de Jour­na­lis­ten und Rechts­an­wäl­te, wur­den als »Straf­tä­ter« be­zeich­net, mit Pfef­fer­spray be­sprüht und mit Schlag­stö­cken trak­tiert! Ih­re Per­so­na­li­en wur­den in ei­nem end­los lan­gen Pro­zess auf­ge­nom­men.

Da wer­den Er­in­ne­run­gen an ganz an­de­re Ver­hal­tens­wei­sen der Po­li­zei wach: Am 1. Mai durf­ten die Na­zis in Ha­nau zwei Stun­den lang un­an­ge­mel­det in der Stadt de­mons­trie­ren und da­bei mit Sand ge­füll­te Hand­schu­he zum bes­se­ren Schla­gen tra­gen, oh­ne dass ih­nen die­se ak­ti­ve Waf­fe von der Po­li­zei weg­ge­nom­men wur­de!

In einer Reihe: Polizisten mit Sprayflaschen.

In den 9 Stun­den Still­stand – et­was, das auch wir noch nie so er­lebt ha­ben – mach­ten die De­mons­tran­ten das Bes­te aus ih­rer Si­tua­ti­on: Al­le Re­de­bei­trä­ge, die auf der Ab­schluss­kund­ge­bung ge­hal­ten wer­den soll­ten, wur­den eben di­rekt vor Ort ge­hal­ten. Es gab im­mer wie­der In­fos zur La­ge im Kes­sel. Die dort teil­wei­se schwer ver­letz­ten Men­schen wur­den von Sa­ni­tä­tern an den Laut­spre­cher­wa­gen ver­arz­tet. Es wur­de dis­ku­tiert, spä­ter so­gar ge­tanzt… Al­lei­ne ge­las­sen wur­den die Ein­ge­kes­sel­ten je­den­falls nicht! Al­le ha­ben ge­merkt, dass sie zu­sam­men­hal­ten müs­sen – ei­ne Hal­tung, um die sich un­se­re Par­tei seit je­her be­müht.

Bei den Ver­hand­lun­gen mit der Po­li­zei wur­den al­le An­ge­bo­te der De­mons­tra­ti­ons­lei­tung ab­ge­lehnt, so­gar der Kom­pro­miss, auf der ab­ge­än­der­ten De­mo-Rou­te zu lau­fen im Ge­gen­zug zur Auf­lö­sung des Kes­sels. Das Gan­ze war po­li­tisch so ge­wollt, die De­mo soll­te nicht statt­fin­den. Das hat In­nen­mi­nis­ter Rhein zu ver­ant­wor­ten.

Mit Kreide auf die Straße geschrieben: »Warum wird wohl eine friedliche Demo verhindert?«.

Er­klär­bar viel­leicht so: Der so­zi­al­de­mo­kra­ti­sche Ober­bür­ger­meis­ter Feld­mann, der sich für die neue De­mons­tra­ti­ons­rou­te, vor­bei an der EZB, ein­ge­setzt hat­te, hat in der letz­ten Zeit ei­ni­ge lin­ke­re Ak­zen­te ge­setzt – so­wohl in der Woh­nungs­po­li­tik als auch bei dem Na­zi­auf­marsch am 1. Mai. Für Rhein, der die rech­te Po­li­tik von Ro­land Koch wei­ter­führt, war das mit Si­cher­heit ein Dorn im Au­ge, zu­mal Feld­mann bei der Stich­wahl um das Ober­bür­ger­meis­ter­amt 2012 ge­gen ihn ge­wann. Kann sein, dass Rhein hier mal Macht de­mons­trie­ren woll­te – po­li­tisch hat er al­ler­dings da­bei kei­nen Zen­ti­me­ter ge­won­nen!

Demonstranten mit Pappschildern: »Gegen Polizeigewalt. Solidarität mit den Aktivist_innen in Istanbul!«.

Ju­ris­tisch wird der Sams­tag ein Nach­spiel ha­ben – das De­mons­tra­ti­ons­recht ist in ei­nem Ma­ße ver­letzt wor­den, wie wir es uns al­le nicht vor­ge­stellt ha­ben.

Der ka­pi­ta­lis­ti­sche Staat sieht das sich bil­den­de Be­wusst­sein um das War­um von Aus­beu­tung und Krieg mit Furcht und Ab­leh­nung.

Sollen sie sich ruhig weiter fürchten, Blockupy kommt wieder!

Bettina Mandellaub
Quelle: kommunisten.de
Fotos: Karl-Reiner Engels / redpicture (3)
Irène Lang (2)