Politik

Der Korruptionsherd Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW

Flüchtige Flächen, bewegliche Immobilien

Landtagsgebäude in Düsseldorf.

Re­fe­rat auf der Kreis­vor­stands­sit­zung der DKP Köln, 9. Sep­tem­ber 2014

Im Mai 2009 gab es Auf­re­gung im Düs­sel­dor­fer Land­tag. Land­tags­ab­ge­ord­ne­te von SPD, Grü­nen und CDU for­der­ten Auf­klä­rung über ei­ni­ge Grund­stücks­ge­schäf­te. Um Ab­tei­lun­gen der Fach­hoch­schu­le von Deutz in die Köl­ner Süd­stadt ver­la­gern zu kön­nen, hat­te der lan­des­ei­ge­ne Bau- und Lie­gen­schafts­be­trieb (BLB) be­gon­nen, Grund­stü­cke auf dem Ge­län­de der ehe­ma­li­gen Dom-Braue­rei von der Bau­wens-Grup­pe zu kau­fen. Ge­schäfts­füh­rer der Bau­wens-Grup­pe sind die Ade­nau­er-En­kel Paul Bau­wens-Ade­nau­er und Pa­trick Ade­nau­er.

Das Land hat­te al­lein für ein Teil­stück 33,4 Mil­lio­nen Eu­ro ge­zahlt, das die Bau­wens-Grup­pe we­ni­ge Wo­chen vor­her für rund 23 Mil­lio­nen Eu­ro hat­te er­ste­hen kön­nen. Dem Skan­dal zum Trotz er­warb der BLB aber noch bis zum 4. Ja­nu­ar 2010 ins­ge­samt neun Lie­gen­schaf­ten mit ei­ner Flä­che von rund 87.000 qm für 87,13 Mil­lio­nen Eu­ro, ob­wohl ei­ne ver­bind­li­che Nut­zungs­zu­sa­ge nicht vor­lag. Es war auch kei­ne ent­spre­chen­de Stand­ort­ent­schei­dung für die Fach­hoch­schu­le ge­trof­fen wor­den. Al­le­mal han­del­te es sich um ei­nen un­er­laub­ten Vor­rats­kauf im Sin­ne des § 9 Satz 1 Bau- und Lie­gen­schafts­be­triebs­ge­setz (BLBG). Tat­säch­lich hat­te es in­tern Er­ör­te­run­gen über die Ri­si­ken des Grund­stücks­er­werbs ge­ge­ben, al­ler­dings ent­schied sich der BLB den­noch da­für. Aus Spe­ku­la­ti­ons­grün­den. Denn es sei »für den un­wahr­schein­li­chen Fall, dass der Er­satz­neu­bau schei­tern soll­te, durch­aus wahr­schein­lich, dass die Grund­stü­cke in der In­nen­stadt für die Un­ter­brin­gung an­de­rer Lan­des­nut­zer be­nö­tigt wer­den; dar­über hin­aus be­steht stets die Chan­ce, die­se Grund­stü­cke in lA-La­ge wie­der zu ver­wer­ten.« (Son­der­prü­fungs­be­richt des Lan­des­rech­nungs­ho­fes vom 4. Ju­ni 2014, S. 11)

Auch die Staats­an­walt­schaft Wup­per­tal in­ter­es­sier­te sich für die­ses Ge­schäft. Fi­nanz­mi­nis­ter Wal­ter-Bor­jans muss­te bald »Ver­stö­ße ge­gen die Lan­des­haus­halts­ord­nung« ein­ge­ste­hen. Ge­gen­wär­tig ar­bei­tet sich ein Un­ter­su­chungs­aus­schuss ge­mäch­lich an die Fra­ge her­an, wie der Be­schluss zur Ver­la­ge­rung der FH zu­stan­de ge­kom­men ist und »wer letzt­end­lich in wel­cher Form von dem be­schrie­be­nen Ab­lauf des Ver­fah­rens pro­fi­tiert hat.«

Zu die­sem De­tail hat­te am 21. Mai 2009 der Köl­ner Stadt­an­zei­ger mit­ge­teilt:

»Be­reits An­fang Mai 2008 soll es ein zwei­tes Werk­statt­ge­spräch im Zu­sam­men­hang mit der Er­stel­lung des städ­te­bau­li­chen Mas­ter­plans ge­ge­ben ha­ben, den IHK-Prä­si­dent Paul Bau­wens-Ade­nau­er in­iti­iert hat und der die Neu­bau­ten für die Fach­hoch­schu­le im Köl­ner Sü­den vor­schlägt.«

IHK-Prä­si­dent und CDU-Mit­glied Bau­wens-Ade­nau­er ist In­itia­tor wei­te­rer Pro­jek­te in Köln. Mit­tels Mas­ter­plan lässt er lang­fris­tig an­ge­leg­te Bau­pro­jek­te durch Al­bert Speer ent­wi­ckeln und pri­va­ti­siert ge­wis­ser­ma­ßen die Stadt­pla­nung in Köln.

Im Ju­li 2011 un­ter­des­sen ent­schied die Lan­des­re­gie­rung, die Fach­hoch­schu­le in Deutz zu las­sen.

Aber erst am 4. Ju­ni 2014 rügt der Lan­des­rech­nungs­hof in ei­nem aus­führ­li­chen Son­der­prü­fungs­be­richt den BLB so­wie man­geln­de Auf­sicht (sie­he Köl­ni­sche Rund­schau 6. Ju­ni 2014). Dem Steu­er­zah­ler sei durch den An­kauf des Dom­braue­r­ei­ge­län­des ein Scha­den von min­des­tens 36 Mil­lio­nen Eu­ro ent­stan­den. Der Rech­nungs­hof kri­ti­siert auch die da­ma­li­ge schwarz-gel­be NRW-Lan­des­re­gie­rung: Sie ha­be den lan­des­ei­ge­nen Bau­be­trieb BLB wäh­rend der An­käu­fe zwi­schen 2008 und 2010 nicht in ge­bo­te­nem Ma­ße kon­trol­liert. Und im­mer noch exis­tie­re kei­ne wirk­sa­me Kon­trol­le des BLB bei Grund­stücks­käu­fen. Der BLB hät­te un­ter an­de­rem er­ken­nen müs­sen, dass min­des­tens 42.000 qm der 87.000 qm als Grün­flä­che min­de­ren Wer­tes im Mas­ter­plan aus­ge­wie­sen wa­ren. Aber auch die­se Wie­se ging für ei­nen Qua­drat­me­ter­preis von 1000 Eu­ro über den La­den­tisch. Al­len­falls 20 Eu­ro wä­ren an­ge­mes­sen ge­we­sen. Al­lein hier­durch ent­stand ein Scha­den von 41,16 Mio Eu­ro. Die Ver­kehrs­wer­te sei­en ent­ge­gen der Lan­des­haus­halts­ord­nung (§ 64,3) nicht vor­her er­mit­telt wor­den.

Der BLB haf­te ver­trags­ge­mäß für die Alt­las­ten, oh­ne sich über sie vor­her kun­dig ge­macht zu ha­ben.

Zu­dem gab es kei­ne nach § 7,2 Lan­des­haus­halts­ord­nung (LHO) er­for­der­li­che Wirt­schaft­lich­keits­un­ter­su­chun­gen für den Neu­bau der FH Köln durch den BLB. Statt­des­sen hat­te der BLB im Zeit­raum von Au­gust 2008 bis Au­gust 2012 noch um­fang­rei­che Sa­nie­rungs- und Mo­der­ni­sie­rungs­maß­nah­men im Be­reich des In­ge­nieur­wis­sen­schaft­li­chen Zen­trums der FH ver­an­lasst. Die­se Kos­ten be­lie­fen sich auf ins­ge­samt 21,18 Mio Eu­ro.

»Ge­gen­über der Ver­käu­fer-Grup­pe ver­pflich­te­te sich der BLB NRW zur Zah­lung von ins­ge­samt 79,88 Mio. € für die Grund­stü­cke und Erb­bau­rech­te Dom­gär­ten I bis VII und IX. Zeit­gleich oder we­ni­ge Ta­ge zu­vor hat­te sich die Ver­käu­fer­grup­pe mit den je­wei­li­gen Vor­ei­gen­tü­mern bzw. vor­ma­li­gen Erb­bau­be­rech­tig­ten auf Kauf­prei­se von ins­ge­samt 55,54 Mio. € ge­ei­nigt. Ei­nen sach­li­chen Grund für die er­heb­li­chen Preis­stei­ge­run­gen in Hö­he von 24,34 Mio. € bzw. 43,8 % der Ur­sprungs­prei­se konn­te der BLB NRW nicht dar­le­gen.« (Son­der­prü­fungs­be­richt vom 4. Ju­ni 2014, S. 5/6)

Der Lan­des­rech­nungs­hof sieht in­des­sen ei­ne Chan­ce, den Kauf der Dom­gär­ten in der Köl­ner Süd­stadt rück­gän­gig zu ma­chen. Ein­zel­ne Ver­trä­ge, die das Land ab­ge­schlos­sen hat, könn­ten »we­gen Wu­chers nich­tig sein« (Köl­ner Stadt­an­zei­ger 3. Ju­li 2014).

Der BLB ist noch nicht sehr alt. Das Bau- und Lie­gen­schafts­be­triebs­ge­setz – BLBG – ist am 12. De­zem­ber 2000 ver­ab­schie­det wor­den, we­ni­ge Mo­na­te, nach­dem Wolf­gang Cle­ment als Mi­nis­ter­prä­si­dent, da­mals noch SPD, wie­der­ge­wählt wor­den war. Nach die­sem Ge­setz hat der BLB »die Auf­ga­be, Grund­stü­cke und grund­stücks­glei­che Rech­te für Zwe­cke des Lan­des nach kauf­män­ni­schen Grund­sät­zen zu er­wer­ben, zu be­wirt­schaf­ten, zu ent­wi­ckeln und zu ver­wer­ten und da­bei die bau­po­li­ti­schen Zie­le des Lan­des zu be­ach­ten.« (§ 2,1 BLBG).

Sol­che Sät­ze ent­hül­len schon den Ziel­kon­flikt, der prompt zu Auf­fäl­lig­kei­ten des Ge­schäfts­ge­ba­rens führt. Denn in Form und In­halt auf Pri­va­ti­sie­rung ge­rich­te­te Un­ter­neh­mens­zie­le sind kaum noch un­ter dem Fei­gen­blatt »bau­po­li­ti­sche Zie­le des Lan­des« zu ver­ber­gen. Sie ge­ra­ten zwangs­läu­fig zu Wirt­schaft­lich­keit und Spar­sam­keit der Haus­halts­füh­rung in Wi­der­spruch.

Es fal­len enorm ho­he Kos­ten beim Duis­bur­ger Lan­des­ar­chiv, dem Er­wei­te­rungs­bau des Po­li­zei­prä­si­di­ums Köln-Kalk, der Fach­hoch­schu­le Köln und dem Kauf des Schlos­ses Kel­len­berg an – und im De­zem­ber 2010 auch auf.

Die Wup­per­ta­ler Staats­an­walt­schaft er­mit­telt ge­gen füh­ren­de BLB-Mit­ar­bei­ter we­gen des Ver­dachts der Be­stech­lich­keit und Un­treue. Die Er­mitt­ler ge­hen von ei­nem drei­stel­li­gen Mil­lio­nen-Scha­den für das Land aus. Im Mai 2011 wird ein Un­ter­su­chungs­aus­schuss vom Land­tag ein­ge­setzt, der die Ge­schäf­te des BLB und die Kos­ten­stei­ge­run­gen bei den ge­nann­ten Bau­ob­jek­ten un­ter­su­chen soll. Bis zur Auf­lö­sung des Land­tags am 14. März 2012 kann er noch kei­ne Er­geb­nis­se vor­le­gen. Nach den Neu­wah­len im Mai 2012 setzt der Land­tag am 13. De­zem­ber 2012 er­neut ei­nen Un­ter­su­chungs­aus­schuss ein. Sein Auf­ga­ben­ka­ta­log muss er­wei­tert wer­den, jetzt geht es um wei­te­re Vor­gän­ge wie beim Vo­da­fo­ne-Hoch­haus in Düs­sel­dorf und dem Lan­des­be­hör­den­haus Bonn.

Drei Jah­re nach der Kon­sti­tu­ie­rung des ers­ten BLB-Un­ter­su­chungs­aus­schus­ses steckt die Un­ter­su­chung im­mer noch in den An­fän­gen. Die Köl­ni­sche Rund­schau be­merkt am 21. De­zem­ber 2013: »Be­stand­tei­le der Er­mitt­lungs­ak­ten ste­hen nicht zur Ver­fü­gung, an­de­re sind als ver­trau­lich ein­ge­stuft, und die ent­schei­den­den Fi­gu­ren der Af­fä­re kön­nen sich oh­ne­hin auf ihr Schwei­ge­recht be­ru­fen.«

An­ge­sichts der Skan­da­le ge­ben sich CDU und FDP be­sorgt und for­mu­lie­ren An­trä­ge, die den Pri­va­ti­sie­rungs­kurs ret­ten sol­len.

Der An­trag der FDP vom 24. Ju­ni 2014 ist über­ge­ti­telt: »Kor­rup­ti­ons­an­fäl­lig­keit und Miss­wirt­schaft be­en­den – Bau- und Lie­gen­schafts­be­trieb (BLB) in neue Struk­tu­ren über­füh­ren«. Der Lan­des­rech­nungs­hof ha­be sich in den letz­ten Jah­ren aus­führ­lich mit ei­ner Viel­zahl von Pro­jek­ten des BLB NRW kri­tisch aus­ein­an­der­ge­setzt und re­gel­mä­ßig in sei­nen Jah­res- und Son­der­be­rich­ten hor­ren­de Kos­ten­stei­ge­run­gen so­wie gra­vie­ren­de sys­te­ma­ti­sche Män­gel beim BLB NRW dia­gnos­ti­ziert.

Die FDP be­zieht sich na­ment­lich auf den Be­richt des Lan­des­rech­nungs­ho­fes über die Köl­ner Dom­gär­ten. Die Kon­struk­ti­on des BLB NRW sei nach heu­ti­gem Stand der Er­kennt­nis­se auf gan­zer Li­nie ge­schei­tert. Blo­ße kos­me­ti­sche Ver­än­de­run­gen in­ner­halb des BLB NRW reich­ten da­her nicht aus, um die hor­ren­de Ver­schwen­dung von Steu­er­gel­dern zu stop­pen. Es be­dür­fe viel­mehr ei­ner Über­füh­rung des BLB NRW in grund­le­gend neue Struk­tu­ren und ei­ner Neu­kon­zep­ti­on der Im­mo­bi­li­en­be­wirt­schaf­tung des Lan­des.

Die FDP for­dert ein Kom­pe­tenz­zen­trum, das die An­for­de­run­gen an die Be­reit­stel­lung von Lie­gen­schaf­ten durch op­ti­ma­le Aus­schrei­bun­gen am Markt und wett­be­werb­li­che Ver­ga­ben an Drit­te um­set­ze. Das ope­ra­ti­ve Ge­schäft sei ex­tern zu or­ga­ni­sie­ren und durch­zu­füh­ren.

Kurz­um: Teu­fel und Beel­ze­bub, Re­gen und Trau­fe. Wenn es nach der FDP gin­ge, wür­de der spe­ku­la­ti­ve Kauf und Aus­ver­kauf von Im­mo­bi­li­en und Grund­stü­cken be­schleu­nigt wer­den.

Auch die CDU ver­langt in ih­rem An­trag vom 1. April 2014 neue Struk­tu­ren beim Bau- und Lie­gen­schafts­be­trieb. Wie die FDP schil­dert sie die skan­da­lö­sen Vor­gän­ge, be­vor sie for­dert, dass der BLB zu ei­ner An­stalt des öf­fent­li­chen Rechts wei­ter­ent­wi­ckelt und der bis­he­ri­ge Ver­wal­tungs­rat in ei­nen par­la­men­ta­ri­schen Bei­rat um­ge­wan­delt wer­de. Ein Auf­sichts­rat, an­ge­rei­chert mit »im­mo­bi­li­en­wirt­schaft­li­chen Fach­leu­ten«, soll den BLB len­ken. Denn auch die CDU hält die Ge­le­gen­heit güns­tig zur For­cie­rung des Pri­va­ti­sie­rungs­kur­ses.

Am 28. Au­gust kommt es zu ei­ner öf­fent­li­chen An­hö­rung von Sach­ver­stän­di­gen in Land­tag.

Mar­tin Chau­met, seit dem 1. Ju­li Ge­schäfts­füh­rer des BLB und Nach­fol­ger von Rolf Kräh­mer, schil­dert un­ter an­de­rem das um­fang­rei­che »Im­mo­bi­li­en­port­fo­lio« des BLB: 4604 Ge­bäu­de, Miet­flä­chen von ins­ge­samt 10,5 Mio qm und ein Mie­t­um­satz von 1,2 Mrd Eu­ro 2013. Ge­mes­sen an die­sen Kenn­zah­len stün­de der BLB NRW als Im­mo­bi­li­en­un­ter­neh­men an zwei­ter Stel­le im EPRA-In­dex1 der eu­ro­päi­schen Im­mo­bi­li­en­un­ter­neh­men. Wert: neun Mil­li­ar­den Eu­ro.

Die Ver­tre­ter der Deut­schen Steu­er­ge­werk­schaft NRW, Fach­grup­pe »BLB in der DStG« und der ent­spre­chen­den Ver­di-Fach­grup­pe be­kla­gen, dass in der öf­fent­li­chen Wahr­neh­mung Skan­da­le im Vor­der­grund stün­den. Es rei­che nicht aus, »ei­ne wirt­schaft­li­che Flä­chen- und Im­mo­bi­li­en­ver­wal­tung ein­zu­for­dern, wenn die Nut­zer der Im­mo­bi­li­en aus­schlie­ß­lich Be­hör­den sind, die gleich­falls ex­tre­men Spar­zwän­gen aus­ge­setzt sind.« Ste­tig wer­de Per­so­nal und da­mit Fach­ver­stand ab­ge­baut. Das BLB ver­fü­ge ge­gen­wär­tig nur über 1672 be­setz­te Stel­len. Al­lein im Jahr 2013 sei­en er­neut 74 Stel­len ab­ge­baut wor­den. Der Per­so­nal­ab­bau seit 2001 be­tra­ge da­mit mehr als ein Drit­tel der Stel­len. Das füh­re da­zu, dass die Ei­gen­leis­tungs­quo­te sin­ke. Der Per­so­nal­ab­bau las­se sich nur noch mit ei­ner weit­ge­hen­den Pri­va­ti­sie­rung der Pla­nungs- und Bau­her­ren­leis­tung be­wäl­ti­gen. Die Zahl der Be­schäf­ti­gen sei seit 2001 um ein Drit­tel re­du­ziert wor­den, im glei­chen Zeit­raum ha­be sich aber der Ar­beits­auf­wand um ein Drit­tel er­höht, er­gänzt der Ver.di-Ver­tre­ter Rö­we­kamp. »Um dem Zu­wachs des Bau­vo­lu­mens bei der dras­ti­schen Per­so­nal­re­du­zie­rung im Ge­schäfts­be­reich Pla­nen und Bau­en be­geg­nen zu kön­nen, folg­te die da­ma­li­ge Re­gie­rung dem Zeit­geist ›Pri­vat vor Staat‹ und ver­ord­ne­te das Ziel stei­gen­der ›Fremd­ver­ga­ben‹.« Es wur­de ei­ne Fremd­ver­ga­be­quo­te von 70% ver­ord­net. Da­bei lä­gen die Kos­ten für die Ei­gen­er­le­di­gung von Pla­nungs­leis­tun­gen bei 18%, bei der Fremd­ver­ga­be hin­ge­gen bei ekla­tan­ten 38% der Bau­kos­ten. Da­mit er­höh­ten sich die Mie­ten um min­des­tens 40 Mil­lio­nen Eu­ro, so die Ver.di-Fach­grup­pe.

In der Tat war vom BLB NRW schon im Jahr 2006 auch im Fal­le der FH Köln ei­ne stra­te­gi­sche und bau­li­che Hoch­schul­stand­ort­ent­wick­lungs­pla­nung in Auf­trag ge­ge­ben wor­den. Ein ex­ter­nes Bü­ro für Ent­wick­lungs- und Im­mo­bi­li­en­ma­nage­ment hat­te sie er­ar­bei­tet und für die FH Köln ver­schie­de­ne Stand­ort­va­ri­an­ten, dar­un­ter auch die Ver­la­ge­rung von Tei­len der FH Köln in die Köl­ner Süd­stadt, un­ter­sucht. Für al­le Stand­ort­va­ri­an­ten wur­de – wen wird das wun­dern? – der Er­werb von zu­sätz­li­chen, un­ter­schied­lich gro­ßen Grund­stücks­flä­chen als er­for­der­lich an­ge­nom­men.

Die Lan­des­fach­grup­pe von Ver.di: Der Sen­kung der Per­so­nal­kos­ten um 25,5 Mio Eu­ro ste­he die Kos­ten­er­hö­hung der Fremd­ver­ga­be um 98 Mio Eu­ro ge­gen­über. Zu den »Vor­fäl­len, die zu staats­an­walt­li­chen Er­mitt­lun­gen und dem Un­ter­su­chungs­aus­schuss ge­führt ha­ben«, ver­weist die Ge­werk­schaft dar­auf, dass der BLB da­mit nicht al­lein be­fasst war. Im­mer sei das Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um, die je­wei­lig zu­stän­di­gen Res­sorts und die Po­li­tik »nicht nur in­for­ma­tiv, son­dern auch be­stim­mend« be­tei­ligt ge­we­sen.

Beim The­ma Rechts­form­än­de­rung ver­weist Ver.di auf Er­fah­run­gen mit den Kli­ni­ken. Im Ja­nu­ar 2011 muss­te sich der Land­tags­aus­schuss für In­no­va­ti­on, Wis­sen­schaft, For­schung und Tech­no­lo­gie über Ver­stö­ße ge­gen ar­beits­recht­li­che Vor­schrif­ten, über Aus­grün­dun­gen, Ta­rif­flucht, Nied­rig­lohn, Leih­ar­beit, ho­he Kran­ken­stän­de und das Feh­len von Mit­be­stim­mung als Fol­ge der Um­wand­lung der Kli­ni­ken in An­stal­ten des öf­fent­li­chen Rechts auf­klä­ren las­sen. Da zei­ge sich ein Wild­wuchs, der nicht mehr kon­trol­lier­bar sei. Die Lan­des­fach­grup­pe wen­de sich folg­lich ge­gen ei­ne Rechts­form­än­de­rung. Die ak­tu­el­len Pro­ble­me sei­en oh­ne sie zu be­he­ben.

Herr Zell­jahn vom Lan­des­rech­nungs­hof be­rich­tet, dass ei­ne markt­üb­li­che Mie­te nie ha­be rea­li­siert wer­den kön­nen. Die kos­ten­ori­en­tier­te Mie­te füh­re zwar auch zu Ver­lus­ten, sei aber prak­ti­ka­bel. Er plä­diert für ei­ne Un­ter­brin­gungs­richt­li­nie. Ein wei­te­res Pro­blem stel­le die Kon­kur­renz zwei­er Kon­troll­in­stan­zen dar: Ver­wal­tungs­rat und Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um. Der Ver­wal­tungs­rat sei nicht ef­fek­tiv.

In den Wirt­schaft­lich­keits­über­le­gun­gen müss­ten die In­ter­es­sen der Mie­ter­sei­te im über­ge­ord­ne­ten Lan­des­in­ter­es­se be­rück­sich­tigt wer­den. In­so­fern bie­te das Ver­mie­ter-Mie­ter-Mo­dell kein hin­rei­chen­des Steue­rungs­mo­dell. Statt­des­sen ha­be sich der BLB an die Vor­ga­ben der §§ 24 und 54 der Lan­des­haus­halts­ord­nung für Bau­maß­nah­men zu hal­ten.

Da­nach dür­fen Aus­ga­ben und Ver­pflich­tungs­er­mäch­ti­gun­gen für Bau­maß­nah­men erst ver­an­schlagt wer­den, wenn Plä­ne, Kos­te­nermitt­lun­gen und Er­läu­te­run­gen vor­lie­gen, aus de­nen die Art der Aus­füh­rung, die Kos­ten der Bau­maß­nah­me, des Grund­er­werbs und der Ein­rich­tun­gen so­wie die vor­ge­se­he­ne Fi­nan­zie­rung und ein Zeit­plan er­sicht­lich sind. Bau­maß­nah­men dür­fen erst be­gon­nen wer­den, wenn aus­führ­li­che Ent­wurfs­zeich­nun­gen und Kos­ten­be­rech­nun­gen vor­lie­gen.

Of­fen­bar ist das nicht mehr Usus. Der Lan­des­rech­nungs­hof for­dert auch ei­ne Kon­trol­le bei Grund­stücks­käu­fen. Zwar ist die ent­spre­chen­de Ver­ord­nung noch 2012 ge­än­dert wor­den und re­gelt jetzt in Ar­ti­kel 6 die Kom­pe­ten­zen des BLB, aber der Ar­ti­kel 4.3 der »An­wei­sung über die Ver­wal­tung und Or­ga­ni­sa­ti­on des BLB NRW« (An­wV­O­BLB) be­stimmt nach wie vor:

»Über Grund­stücks­an­käu­fe, de­ren Wert 50.000 Eu­ro über­steigt, so­wie über Grund­stücks­ver­käu­fe, de­ren Wert 50.000 Eu­ro über­steigt, ist der Ver­wal­tungs­rat in der nächst­fol­gen­den Sit­zung des Ver­wal­tungs­ra­tes zu un­ter­rich­ten.«

Große freie Fläche, holperiger Boden.Nach der mil­de for­mu­lier­ten Auf­fas­sung des Lan­des­rech­nungs­ho­fes sei ei­ne der­ar­ti­ge – nach­träg­li­che – Un­ter­rich­tung des Ver­wal­tungs­rats bei Grund­stücks­an­käu­fen »nicht sach­ge­recht«. In den Fäl­len Schloss Kel­ler­berg und Köl­ner Dom­gär­ten ha­be das zu er­heb­li­chen wirt­schaft­li­chen Nach­tei­len für das Land NRW ge­führt. Der Lan­des­rech­nungs­hof emp­fiehlt ei­ne exe­ku­ti­ve und ei­ne par­la­men­ta­ri­sche Kon­trol­le des BLB und hält die Än­de­rung der Rechts­form nicht für ziel­füh­rend.

Tat­säch­lich rich­tet der Lan­des­rech­nungs­hof die Auf­merk­sam­keit auf die kor­rup­ti­ven He­bel, die im BLBG und den Ver­ord­nun­gen des Fi­nanz­mi­nis­te­ri­ums ein­ge­baut sind, und weist nach, dass we­der das Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um noch die Lei­tung des BLB auf die­ser Ba­sis Im­mo­bi­li­en und Flä­chen wirt­schaft­lich und spar­sam zu ver­wal­ten in der La­ge sind.

Schlie­ß­lich wen­det sich auch der Lan­des­rech­nungs­hof ge­gen ei­ne Än­de­rung der Rechts­form.

Die­se öf­fent­li­che An­hö­rung des Haus­halts- und Fi­nanz­aus­schus­ses am 28. Au­gust dau­ert bis kurz nach 15.00 Uhr. Un­mit­tel­bar da­nach teilt Fi­nanz­mi­nis­ter Wal­ter-Bor­jans dem Aus­schuss mit, dass er die Grund­stücks­käu­fe des Lan­des auf dem Köl­ner Dom­braue­rei-Ge­län­de nicht rück­gän­gig ma­chen wer­de. Sein Fi­nanz­mi­nis­te­ri­um hat­te ei­ner Auf­for­de­rung des Lan­des­rech­nungs­ho­fes Fol­ge ge­leis­tet und ein Rechts­gut­ach­ten in Auf­trag ge­ge­ben. Die­ses Gut­ach­ten ha­be ei­ne Rück­ab­wick­lung als vor­aus­sicht­lich nicht mög­lich ein­ge­stuft. Nach § 138 BGB ist ein Rechts­ge­schäft, das ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­stö­ßt, zwar nich­tig. »Nich­tig ist ins­be­son­de­re ein Rechts­ge­schäft, durch das je­mand un­ter Aus­beu­tung der Zwangs­la­ge, der Un­er­fah­ren­heit, des Man­gels an Ur­teils­ver­mö­gen oder der er­heb­li­chen Wil­lens­schwä­che ei­nes an­de­ren sich oder ei­nem Drit­ten für ei­ne Leis­tung Ver­mö­gens­vor­tei­le ver­spre­chen oder ge­wäh­ren lässt, die in ei­nem auf­fäl­li­gen Miss­ver­hält­nis zu der Leis­tung ste­hen« (§ 138,2 BGB)

Zwar sei ein sol­ches Miss­ver­hält­nis an­zu­neh­men. Zu­sätz­lich zur ob­jek­ti­ven Äqui­va­lenz­stö­rung ver­lan­ge der Bun­des­ge­richts­hof als Vor­aus­set­zung ei­ner Rück­ab­wick­lung aber noch sub­jek­ti­ve Fak­to­ren. Re­gel­mä­ßig müs­se die ver­werf­li­che Ge­sin­nung des Be­vor­teil­ten zu be­ja­hen sein.

Die sei aber laut Rechts­gut­ach­ten nicht zu be­wei­sen.

In die­sem wie in al­len an­de­ren ein­schlä­gi­gen Fäl­len. So ist nun mal die Klas­sen­jus­tiz, sol­len wir glau­ben.

Tat­säch­lich aber hält der BGH ein grob ob­jek­ti­ves Miss­ver­hält­nis von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung für aus­rei­chend, um auf die be­grün­de­te Ver­mu­tung ei­ner ver­werf­li­chen Ge­sin­nung zu schlie­ßen (BGH, V ZR 249/12 vom 24. Ja­nu­ar 2014).

Klaus Stein, 9. September 2014


1 European Public Real Estate Association mit Hauptsitz in Brüssel. Deren Indices werden in Zusammenarbeit mit FTSE (UK) und NAREIT (USA) erstellt. Sie setzen sich aus börsennotierten Immobiliengesellschaften zusammen.