Politik
»Wir sind das (rechte) Volk!«
Bei PEGIDA trifft sich der rechte Mob mit der konservativen Mitte
Bisher war der Protest gegen Asylbewerber und deren Unterkünfte den Rechtsaußen unterschiedlich brauner Schattierungen vorbehalten. Seit ein paar Wochen wird das Spektrum der Straßendemonstranten mehr und mehr durch die gesellschaftliche Mitte bestimmt. Der gemeinsame Treffpunkt: die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (PEGIDA).
PEGIDA hat Resonanz: 500 Teilnehmer bei der Demonstration gegen »Glaubenskriege auf deutschem Boden« (Oktober), 1.700 am 10. November, mehr als 3.000 am 17. November, 5.500 am 24. November. Bei Facebook geht es um über 25.000 »Freunde«. Es wird Angst geschürt vor Überfremdung, Islamisierung des Abendlandes, überbordende Kriminalität, »Asylmissbrauch«. Viele Orientierungen erinnern latent an Hitlers »Mein Kampf«, den die Nazis als Gegenentwurf zum Marxismus feierten. Das Bedrohungsszenario, das die Nazis den jüdischen Mitbürgern zugeschrieben haben, wird jetzt durch eine Überwältigung »des Abendlandes« durch den Islam ersetzt.
Versatzstücke zu den ideologischen Grundlagen von PEGIDA finden sich auch bei der NPD. Gemäß der Pressemitteilung ihrer damaligen Fraktion im Sächsischen Landtag vom 31.03.2010 warnt sie davor, dass eine »kulturelle, ethnische und religiöse Überfremdung in Sachsen ›westdeutsche Ausmaße‹ annehme«. Beim »Großen Abendspaziergang« der PEGIDA in Dresden waren Ex- und aktive Mandatsträger der NPD dabei. Slogans der NPD: »Wir sind das Volk« und »Mit der PEGIDA den Volkswillen auf die Straße tragen!«
PEGIDA bekommt nicht nur Zustimmung von rechten Hooligans (HoGeSa = Hooligans gegen Salafisten) etwa in Köln oder Hannover, sondern auch Deckung aus der gesellschaftlichen Mitte. Frank Kupfer (52), Fraktionsvorsitzender der sächsischen CDU-Landtagsfraktion in der BILD-Zeitung: »Die Demonstranten sollten nicht in eine linke oder rechte Ecke geschoben werden. Es sind Menschen, die Sorgen haben.« Es sei »unsere Aufgabe, mit ihnen zu diskutieren.«
»Die Freie Welt« titelt am 19. November: »CDU und AfD verurteilen Anti-Pegida-Blockaden«. PEGIDA-Sprecher Lutz Bachmann wusste sich »nahezu identisch« mit Sachsens Innenminister Markus Ulbig hinsichtlich polizeilicher Verfolgung durch Sondereinheiten und Abschiebung von Asylbewerbern. Und noch einmal Zustimmung für die »Warnung« aus dem Munde Ulbigs: »Ich halte es für gefährlich, wenn hier die üblichen Antifa-Reflexe kommen. Ich denke, man kann bei dieser Konstellation nicht pauschal gegen Demonstranten sein, die ihre Meinung sagen.«
Bachmann verwies beim »Sechsten Großen Abendspaziergang« (24. November) auf die Nachahmer jenseits der Grenzen des sächsischen Freistaates: »Mit Stolz darf ich berichten, dass unser Dresdner Vorbild in den ersten Städten Nachahmer gefunden hat, die auch friedlich für unsere gemeinsamen Ziele Abendspaziergänge machen. Ich grüße hiermit unsere Freunde in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, der Pfalz, an der Nordsee und an der Ostsee. Diese alle bereiten sich im Moment auf Ihre Montagsspaziergänge nach Dresdner Vorbild vor und weitere werden schnell folgen!«
Auf der parlamentarischen Ebene bekommt PEGIDA Unterstützung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Der forderte eine leichtere Abschiebung von straffälligen Ausländern, die noch vor Weihnachten in einem neuen Gesetzesentwurf eingebracht werden soll. Im Koalitionsvertrag wird das Ausweisungsrecht »auf Täter schwerwiegender Straftaten und gewaltbereite Extremisten« gerichtet. Die besondere Aufmerksamkeit des Ministers gegenüber »kriminellen Asylbewerbern« suggeriert, dass die Kriminalstatistiken vehemente Gefahren erkennen lassen. Jüngste Untersuchungen haben das Gegenteil belegt: Viel Wind um nichts.
Für Montag, 8. Dezember, 18.30 Uhr, wurde eine PEGIDA-Demo in Düsseldorf (Landtag) angekündigt. Auch hier ist wieder mit Diskriminierungen zu rechnen. Angemeldet wurde die Veranstaltung von Rechtsanwalt Alexander Heumann, der dem Rechtsaußenflügel der AfD zugerechnet wird. Die Düsseldorfer Republikaner, »Die Rechte« und »Die Freiheit« haben Aktivitäten angekündigt.
Vor dem Landtag in Düsseldorf müssen Neonazis mit Gegenwehr rechnen. Dazu die SDAJ Köln: »Wir richten uns entschlossen gegen Neonazis, rechte Hooligans und ihre menschenverachtende Ideologie! Wir verurteilen den erstarkenden Rassismus in der Gesellschaft! Wir treten gemeinsam für die Betroffenen der HOGESA und gegen jede faschistische Ideologie ein! Denn Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.« Antifaschisten treffen sich am Montag um 17.30 Uhr auf dem Johannes-Rau-Platz.
Die DKP ist nicht nur aktuell aktiv. Sie blickt ebenfalls in die Zukunft. Am 18. Januar 2015 gibt es eine Beratung beim Parteivorstand zum antifaschistischen Kampf. Der Leitantrag zum kommenden Parteitag, der diesen Aufgabenbereich betrifft, muss noch verbessert werden. Die aktuellen Erscheinungen wie die Aufmärsche der sogenannten Hooligans gegen Salafisten, aber auch Beispiele erfolgreicher Gegenwehr müssen noch einbezogen werden.
Uwe Koopmann
Foto: Klaus Müller
unsere zeit – Zeitung der DKP