Politik

Breiter Generalstreik in Griechenland

 Streik-Demo in Griechenland mit Transparent und viel Rot..

Alle Räder stehen still…

Die Deutsche Verkehrs-Zeitung (DVZ) erahnte es schon Stunden vor Streikbeginn: In Griechenland stehen alle Räder still, wenn die Gewerkschaften zum Generalstreik aufrufen. Bei der Griechischen Bahn TrainOSE war das auf der Strecke zwischen Athen und Thessaloniki sogar wörtlich zu nehmen. Es galt aber auch für den Nahverkehr, für den Flugverkehr, in den Häfen, Schulen und Krankenhäusern.

An der Spitze der Bewegung: die gewerkschaftliche Front PAME. Das Ziel: ausreichende Löhne und Renten sowie zusätzliches Personal für Bildung und Gesundheit.

Die TrainOSE liegt seit zwölf Jahren im Fadenkreuz des Klassenkampfes. Kampfziel: Privatisierung. Aber es dauerte, denn letztlich wurde erst Mitte September dieses Jahres verkauft. Ferrovie dello Stato Italiane zahlte den Spottpreis von 45 Millionen Euro – ganz im Sinne der Privatisierungsforderungen aus Brüssel und Berlin. Die Neue Züricher Zeitung (NZZ) schrieb: «Die Linksregierung ist im Bereich der Privatisierungen deutlich erfolgreicher als ihre bürgerlichen Vorgänger.» Und noch eine Ohrfeige dazu: «Dies geht primär auf das Konto von Alexis Tsipras.» Die Italiener waren das einzige Unternehmen, das überhaupt ein Angebot abgegeben hatte. Welch ein Deal!

Ein anderer Deal: Griechenland soll ein drittes «Hilfspaket» bekommen: 86 Milliarden Euro, verteilt über drei Jahre. Gegenforderung von Euro-Zone und Internationalem Währungsfonds (IWF): Staatsbetriebe privatisieren, Renten runter, Steuern rauf. Der wohl breiteste Generalstreik gegen die Syriza/ANEL-Regierung, die diesen Forderungen nachkommt, begann am Donnerstag, 14. Dezember, morgens um 6 Uhr schlagartig im ganzen Land. Es ist der 45. Generalstreik seit dem Ausbruch der Krise 2010. Nach Angaben der französischen Presseagentur AFP gingen über 20.000 Menschen auf die Straße. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl der BRD entspräche dies hier der Teilnehmerzahl von etwa160.000. Am 22. Dezember soll im Parlament über den Haushalt abgestimmt werden.

Der zweite Schwerpunkt in der politischen Auseinandersetzung der vergangenen Woche: die freundschaftliche Begegnung zwischen Ministerpräsident Alexis Tsipras (Syriza) und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (AKP). Beide Politiker leben in einer angespannten Ambivalenz nebeneinander. Sie sind freundschaftlich verbundene NATO-«Partner» und gleichzeitig – wenigstens phasenweise – spinnefeind in der bilateralen Begegnung. Das geht bis zu militärischen Scharmützeln um die unbewohnte Insel Imia (gr.) oder Kardak (türkisch). Relevant ist aber in erster Linie nicht die vier Hektar große Insel. Es geht perspektivisch um den Zugriff auf Öl und Gas in der Ägäis, im östlichen Mittelmeer. Zur «Verteidigung» wird auf beiden Seiten des Bosporus milliardenschwer aufgerüstet. Die Türkei hat bei Lockheed Martin 30 Flugzeuge vom Typ F-35 geordert, Es geht insgesamt um 385 Milliarden Dollar. Alexis Tsipras und «Verteidigungsminister» Panos Kammenos (ANEL) wollen ihre F-16 in den USA nachrüsten. Das Lob von Trump war Tsipras gewiss.

Und der dritte Schwerpunkt: Der Umgang mit den Flüchtlingen auf den ägäischen Inseln. 6.500 hat die Syriza/ANEL-Regierung zur «Entlastung» seit Oktober 6.500 nach Piräus und Kreta gebracht. Gemäß den Forderungen der EU von 2016 müssen alle Flüchtlinge, wenn sie nicht anerkannt sind, wieder in die Türkei – und nicht aufs Festland. Allein auf Lesbos leben 8.000 Migranten, dreimal mehr als geplant. Und neue kommen nach. Seit November sind es 3.800. Die Regierung will angesichts dieser Lage die Abschiebungen beschleunigen. Flüchtlinge, die jetzt von den Inseln aufs Festland gebracht werden, sollen nach Medienberichten gemäß einer Vereinbarung zwischen Tsipras und Erdogan wieder in die Türkei abgeschoben werden. Deutschland nimmt im Rahmen der Familienzusammenführung pro Monat maximal 70 Personen aus Griechenland auf.

Uwe Koopmann
Foto: KKE


Landesweiter Generalstreik