Soziales

Stellwerke, Privatisierung und Wahlen

»Umverteilung« von unten nach oben

Stop-Schild mit eingedrücktem »STOP«: »Druck beenden – Personal besser planen!«.

Acht Millionen Überstunden und neun Millionen Stunden ausstehender Urlaub – das wirft ein Licht auf die ständige Überlastung der Beschäftigten. Der Skandal um das unterbesetzte Stellwerk Mainz und den Zusammenbruch eines geordneten Bahnverkehrs in dieser Region bringt die unhaltbaren Verhältnisse ans Licht. Alexander Kirchner, Vorsitzender der Gewerkschaft EVG: »Mainz ist die Spitze des Eisbergs«. Tausend Stellwerker sollen bundesweit fehlen. Das geht auf die Knochen der Kolleginnen und Kollegen und auf Kosten der Sicherheit der Fahrgäste.

Stellwerke sind ein neuralgischer Punkt. Aber fehlendes Personal und daraus folgende Überlastung der Beschäftigten gibt es auch in anderen Bereichen des Bahn-Konzerns. Dass die Bundesbahn von einem öffentlichen Versorger zu einem Konzern umgebaut worden ist, der Profit bringen muss, ist der Skandal hinter dem Skandal. Das ist der Grund für gesteigerte Arbeitshetze, schlechtbezahlte Jobs, teuere Tickets, Unpünktlichkeit.

Die Bahn ist nur ein Beispiel. Der Trend geht ganz allgemein dahin, die Einrichtungen der öffentlichen Versorgung zu privatisieren, vom Kindergarten bis zur Wasser- und Stromversorgung, von der Telekommunikation bis zu Hochschulen, von der Krankenversicherung bis zu Kliniken und Altersheimen. Immer ist die Folge eine Verschlechterung der Löhne und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und Teuerung, unübersichtliches Tarif- und Preischaos, Unterversorgung für die Menschen, die diese Einrichtungen in Anspruch nehmen müssen.

Die Versprechungen, die mit der Privatisierung einhergingen, waren ganz andere. Angeblich sollte die Privatisierung alles besser machen. Nach zwei Jahrzehnten sind wir eines Besseren belehrt. Private Abzocke bedeutet Verschlechterung.

Ist die Privatisierung deshalb ein Fehler? – Das kommt auf den Standpunkt an.

Für die Kapitalisten hat sich durch die Offnung der öffentlichen Dienste und Versorger für private Geschäftemacher ein neues Profitfeld erschlossen. Das hatten sie dringend nötig, weil sie nicht wohin wissen mit den anfallenden Profiten, die sich ja wieder irgendwie »verwerten«, neuen und zusätzlichen Profit bringen sollen. Ihre Regierungen, von Schmidt über Kohl und Schröder bis zu Merkel, haben das absichtlich in die Wege geleitet. Es gab dafür keinerlei Sachzwang, aber um so mehr Profitzwang.

Für die Beschäftigten und Konsumenten macht die Privatisierung dagegen alles schlechter, dafür aber teuerer. Von einem Fehler sollten wir trotzdem nicht reden. Es handelt sich ja nicht darum, dass Regierende und Manager sich getäuscht haben. Sie haben diese Folgen ja einkalkuliert. Die »Flexibilisierung des Arbeitsmarkts« und die Einführung der Konkurrenz in den privatisierten öffentlichen Diensten waren ja das Ziel. Wenn Profit gemacht wird, geht das auf irgendjemandes Kosten. – Es geht auf die Kosten der Beschäftigten und der Konsumenten. Genau das war und ist die Absicht. Es handelt sich um ein Element der allgemeinen »Umverteilung« von unten nach oben.

Ein Fehler war und ist es aber, auf die regierungsamtliche Kapitalistenpropaganda hereinzufallen. Die Privatisierung ist nicht modern, kein Sachzwang und vor allem nicht zum Nutzen der Masse der Bevölkerung. Sie ist eine politische Entscheidung, hinter der die Profitinteressen des Kapitals stehen.

»Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten«, ist ein oft zu hörender Spruch. Seine Stimme verschenken muss man deshalb trotzdem nicht. Wer bei den anstehenden Wahlen seine Stimme CDU/CSU, FDP, SPD oder Grünen gibt, verschenkt seine Stimme. Dafür kann er/sie aber des Dankes sicher sein: Nach den schönen Wahlkampfsprüchen kriegt man den verdienten Tritt in den Hintern.

ai
Quelle: DKP Nachrichten


Siehe dazu auch: http://www.bahn-fuer-alle.de/media/docs/2013/AltGeschBer2012.pdf