Soziales
Mieten an die Millionäre?
Die Deutsche Annington
will die Gagfah schlucken.
Angebot: 3,9 Milliarden Euro. Frist: 21. Januar 2015. Das Ergebnis der Großfusion: 350.000 Wohnungen in einer Hand. Anders berechnet: 500.000 Bewohner werden von dem neuen Immobilienkonzern, dessen zukünftiger Sitz noch nicht feststeht, abkassiert. Es geht um mehr Mieteinnahmen und es geht um höhere Börsengewinne. Dafür bringt die Gagfah 810.000 Wohnungen ein. Neuer Gesamtwert: 21 Milliarden Euro. Rolf Buch, Annington: »Wir wollen einen nationalen Champion von europäischer Dimension schaffen.«
Mieter und Vermieter stehen sich bei einer solchen neuen Konstellation noch weniger als zuvor auf Augenhöhe gegenüber. Institutionelle Anleger und Finanzinvestoren wollen Geld sehen. Hinter Annington stehen der japanische Bankkonzern Nomura und die Principal Finance Group. Annington ging 2013 an die Börse, Gagfah war schon seit 2006 dabei. Spieler im Hintergrund für neue Kredite ist die im Immobiliengeschäft »erfahrene« US-Investmentbank JPMorgan.
Damit die Mieten möglichst ohne Murren gezahlt werden, gibt es geradezu selbstlose Verspechen: »Mieter profitieren weiterhin von bezahlbarem Wohnraum und Investitionen in energetische Sanierung und Schaffung altersgerechten Wohnraums.«
Annington und Gagfah wollen pro Jahr durch die Fusionierung 84 Millionen Euro einsparen. Soviele Hausmeister kann man gar nicht »freisetzen«, zumal es schon jetzt eine Unzahl von Mieter-Beschwerden wegen ausbleibender Instandsetzungen und nicht behobener Mängel gibt. Der Deutsche Mieterbund krallt sich an eine Hoffnung: Der Konzern möge aus seinen Fehlern lernen und verstärkt in Instandsetzung und Instandhaltung investieren.
Die Mieter teilen vielfach die Hoffnung nicht. Sie fürchten, dass jetzt alles noch schlimmer wird. Auch der Mieterverein Bochum fürchtet, dass der Service schlechter wird. Dabei hatte alles so sozialorientiert begonnen: Gagfah heißt »Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten« Dann wurde abgesahnt bei den Wohnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), bei den kommunalen Wohnungsgesellschaften Nileg in Hannover oder Woba in Dresden.
Die Annington speist sich aus Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften, die für Arbeiter, Angestellte und Beamte der Reichsbahn bezahlbaren Wohnraum bauten. Von Eon-Viterra kamen 138.000 Wohnungen.
Die Monopolisierung im Immobiliensektor hat eine Entwicklung genommen, die geradezu nach einer Vergesellschaftung schreit. VEB Gagfah wäre nicht schlecht. Dazu bedürfte es neuer Aktivitäten – nicht nur der Mieter.
Text und Foto: Uwe Koopmann