Betrieb & Gewerkschaft
Die Solidarität endet bei der Eigentumsfrage der Bergwerke
Beileid und Hilfsangebote für die Bergleute – Profit bleibt vorrangig
Die Verflechtung von Politik und Kapital auf der einen Seite der Türkei und den Klassengegnern in Gewerkschaften und Gegnern des Kapitals auf der anderen Seite führt zu diffizilen Konstellationen im Klassenkampf. Die Westdeutsche Zeitung (WZ) zitiert den Bergmann Oktay Berrin, der gesagt habe, »es gebe in dem Bergwerk keine Sicherheit: ›Die Gewerkschaften sind Marionetten und die Geschäftsführung kümmert sich nur ums Geld.‹«
In Deutschland wird der Klassengegner vom DGB deutlich genannt: »Schlechte Arbeitsbedingungen, exzessive Einsparmaßnahmen, völlig unzureichende Arbeitssicherheit haben zu dem bislang wohl schwersten Grubenunglück in der Türkei geführt.« Die DGB-Region Düsseldorf-Bergisch Land rief deshalb mit dem Türkeizentrum zu Solidarität und Mahnwache vor dem DGB-Haus auf.
Die Zahl der Kumpel, die noch in dem Bergwerk sind, ist unbekannt. Die Firma Soma Kömürleri A. hat keine genauen Zahlen über die Mitarbeiter veröffentlicht. Mehrere tausend Angehörige sind vor Ort und warten. Unter den Toten ist ein 15-jähriges Kind. Der Vorsitzende von DISK sprach von »Massenmord«.
Nach der Privatisierung des Soma-Bergwerks halten sich die Bergwerksbetreiber und die eingesetzten Subunternehmer und Leiharbeitsfirmen weniger an Gesetze und Vorschriften. Hinweise auf mangelnde Sicherheit wurden vom Bergwerksbetreiber und der Regierung ignoriert.
Die Beschäftigten und deren Gewerkschaft Maden-Is, aber auch die Oppositionsparteien haben bereits mehrmals auf Defizite bei der Arbeitssicherheit in der Anlage hingewiesen. Im Parlament wurde von den Oppositionsparteien mehrfach ein Untersuchungsausschuss beantragt. Die AKP-Regierung hat diese Anträge im Parlament immer wieder, zuletzt am 29.04.2014, abgelehnt. Grubenunglücke sind in der Türkei keine Seltenheit. Mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen sowie fehlende Kontrollen in Bergwerksbetrieben haben in den vergangenen Jahren immer wieder zu schweren Unglücken beigetragen.
Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE: »Das Unglück von Soma macht in schrecklicher Weise die tatsächlichen Sicherheitsmängel deutlich. Wir erwarten und fordern, dass jetzt endlich die Sicherheitsstandards unter Tage eingehalten werden, um das Leben der Bergleute zu schützen.« Die IG BCE fordert die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und der Rechte der Gewerkschaften. Sie bietet konkrete Hilfe an. Sie äußert sich aber nicht zum Zusammenhang von Privatisierung, Gewinnerwartung, Arbeitsplatzabbau, Leiharbeit und Unfallrisiko.
Bernadette Ségol, Generalsekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbundes kritisierte, dass die Türkei einen armen Rekord in der Sicherheit halte. Sie hoffte ebenfalls, dass nun mehr für die Gesundheit, die Sicherheit und die Rechte der Beschäftigten getan werde.
Der türkische Präsident Abdullah Gül bekam von Bundespräsident Joachim Gauck ein Beileidsschreiben, in dem sich Gauck aber nicht zu den innertürkischen Eigentumsverhältnissen äußerte: »Meine Gedanken sind bei den Hinterbliebenen und den Angehörigen der noch vermissten Bergleute«. In pastoralem Ton schrieb auch Angela Merkel, dass Deutschland in diesen schweren Stunden eng an der Seite der Türkei stehe. Bei ihren Aussagen zur Ukraine und zu Russland wissen beide vermeintliche Ursachen und Täter beim Namen zu nennen.
Text: Uwe Koopmann
Foto: Bettina Ohnesorge
Die IG BCE richtete ein Spendenkonto ein. Stichwort: Solidarität Bergleute Soma. IBAN: DE55250101111811400104, SEB Hannover