Betrieb & Gewerkschaft

Die Solidarität endet bei der Eigentumsfrage der Bergwerke

Beileid und Hilfsangebote für die Bergleute – Profit bleibt vorrangig

 

Teilnehmer der Mahnwache mit Fahnen und Pappschildern zum Beispiel: »Profit statt Sicherheit. Privatisierung tötet. Erdogan ist Schuld!« oder »14 000 Tote bei Arbeitsunfällen seit Erdogans Wirtschaftswunder«.

Die Ver­flech­tung von Po­li­tik und Ka­pi­tal auf der ei­nen Sei­te der Tür­kei und den Klas­sen­geg­nern in Ge­werk­schaf­ten und Geg­nern des Ka­pi­tals auf der an­de­ren Sei­te führt zu dif­fi­zi­len Kon­stel­la­tio­nen im Klas­sen­kampf. Die West­deut­sche Zei­tung (WZ) zi­tiert den Berg­mann Ok­tay Ber­rin, der ge­sagt ha­be, »es ge­be in dem Berg­werk kei­ne Si­cher­heit: ›Die Ge­werk­schaf­ten sind Ma­rio­net­ten und die Ge­schäfts­füh­rung küm­mert sich nur ums Geld.‹«

 

In Deutsch­land wird der Klas­sen­geg­ner vom DGB deut­lich ge­nannt: »Schlech­te Ar­beits­be­din­gun­gen, ex­zes­si­ve Ein­spar­maß­nah­men, völ­lig un­zu­rei­chen­de Ar­beits­si­cher­heit ha­ben zu dem bis­lang wohl schwers­ten Gru­ben­un­glück in der Tür­kei ge­führt.« Die DGB-Re­gi­on Düs­sel­dorf-Ber­gisch Land rief des­halb mit dem Tür­kei­zen­trum zu So­li­da­ri­tät und Mahn­wa­che vor dem DGB-Haus auf.

 

­Die Zahl der Kum­pel, die noch in dem Berg­werk sind, ist un­be­kannt. Die Fir­ma So­ma Kö­mür­le­ri A. hat kei­ne ge­nau­en Zah­len über die Mit­ar­bei­ter ver­öf­fent­licht. Meh­re­re tau­send An­ge­hö­ri­ge sind vor Ort und war­ten. Un­ter den To­ten ist ein 15-jäh­ri­ges Kind. Der Vor­sit­zen­de von DISK sprach von »Mas­sen­mord«.

 

­Nach der Pri­va­ti­sie­rung des So­ma-Berg­werks hal­ten sich die Berg­werks­be­trei­ber und die ein­ge­setz­ten Sub­un­ter­neh­mer und Leih­ar­beits­fir­men we­ni­ger an Ge­set­ze und Vor­schrif­ten. Hin­wei­se auf man­geln­de Si­cher­heit wur­den vom Berg­werks­be­trei­ber und der Re­gie­rung igno­riert.

 

­Die Be­schäf­tig­ten und de­ren Ge­werk­schaft Ma­den-Is, aber auch die Op­po­si­ti­ons­par­tei­en ha­ben be­reits mehr­mals auf De­fi­zi­te bei der Ar­beits­si­cher­heit in der An­la­ge hin­ge­wie­sen. Im Par­la­ment wur­de von den Op­po­si­ti­ons­par­tei­en mehr­fach ein Un­ter­su­chungs­aus­schuss be­an­tragt. Die AKP-Re­gie­rung hat die­se An­trä­ge im Par­la­ment im­mer wie­der, zu­letzt am 29.04.2014, ab­ge­lehnt. Gru­ben­un­glü­cke sind in der Tür­kei kei­ne Sel­ten­heit. Man­gel­haf­te Si­cher­heits­vor­keh­run­gen so­wie feh­len­de Kon­trol­len in Berg­werks­be­trie­ben ha­ben in den ver­gan­ge­nen Jah­ren im­mer wie­der zu schwe­ren Un­glü­cken bei­ge­tra­gen.

 

­Mi­cha­el Vas­si­lia­dis, Vor­sit­zen­der der IG BCE: »Das Un­glück von So­ma macht in schreck­li­cher Wei­se die tat­säch­li­chen Si­cher­heits­män­gel deut­lich. Wir er­war­ten und for­dern, dass jetzt end­lich die Si­cher­heits­stan­dards un­ter Ta­ge ein­ge­hal­ten wer­den, um das Le­ben der Berg­leu­te zu schüt­zen.« Die IG BCE for­dert die Ein­hal­tung der Si­cher­heits­be­stim­mun­gen und der Rech­te der Ge­werk­schaf­ten. Sie bie­tet kon­kre­te Hil­fe an. Sie äu­ßert sich aber nicht zum Zu­sam­men­hang von Pri­va­ti­sie­rung, Ge­winn­erwar­tung, Ar­beits­platz­ab­bau, Leih­ar­beit und Un­fall­ri­si­ko.

 

Ber­na­det­te Sé­gol, Ge­ne­ral­se­kre­tä­rin des Eu­ro­päi­schen Ge­werk­schafts­bun­des kri­ti­sier­te, dass die Tür­kei ei­nen ar­men Re­kord in der Si­cher­heit hal­te. Sie hoff­te eben­falls, dass nun mehr für die Ge­sund­heit, die Si­cher­heit und die Rech­te der Be­schäf­tig­ten ge­tan wer­de.

 

­Der tür­ki­sche Prä­si­dent Ab­dul­lah Gül be­kam von Bun­des­prä­si­dent Joa­chim Gauck ein Bei­leids­schrei­ben, in dem sich Gauck aber nicht zu den in­ner­tür­ki­schen Ei­gen­tums­ver­hält­nis­sen äu­ßer­te: »Mei­ne Ge­dan­ken sind bei den Hin­ter­blie­be­nen und den An­ge­hö­ri­gen der noch ver­miss­ten Berg­leu­te«. In pas­to­ra­lem Ton schrieb auch An­ge­la Mer­kel, dass Deutsch­land in die­sen schwe­ren Stun­den eng an der Sei­te der Tür­kei ste­he. Bei ih­ren Aus­sa­gen zur Ukrai­ne und zu Russ­land wis­sen bei­de ver­meint­li­che Ur­sa­chen und Tä­ter beim Na­men zu nen­nen.

 

Text: Uwe Koopmann
Foto: Bettina Ohnesorge

 


Die IG BCE richtete ein Spendenkonto ein. Stichwort: Solidarität Bergleute Soma. IBAN: DE55250101111811400104, SEB Hannover