Betrieb & Gewerkschaft

Hände weg vom Streikrecht!

Einschränkung der Koalitions­freiheit und Ent­sor­gung der Tarif­autonomie

Lok, Lokführer, Schild: »Dieser Betrieb wird bestreikt. GDL«.

November 2014

Wir, Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, pro­tes­tie­ren ge­gen die Ab­sicht der Bun­des­re­gie­rung, in die Ta­rif­au­to­no­mie ein­zu­grei­fen und das grund­ge­setz­lich ver­an­ker­te Ko­ali­ti­ons­recht zu be­schnei­den.

Schon seit Jah­ren for­dern Ar­beit­ge­ber­ver­bän­de die Ein­schrän­kung des Streik­rechts. In schö­ner Re­gel­mä­ßig­keit neh­men sie da­bei ge­ra­de Streiks klei­ne­rer oder be­rufs­be­zo­ge­ner Ge­werk­schaf­ten zum An­lass, wie eben ak­tu­ell die Ar­beits­nie­der­le­gun­gen von GDL und Cock­pit. Die For­de­run­gen sei­en un­ver­hält­nis­mä­ßig und nicht ver­han­del­bar, die Streiks zu häu­fig und über­dies wirt­schafts­schä­di­gend.

Dass auch Teile der DGB-Gewerkschaften durchaus ihre Schwierigkeiten mit den als Konkurrenz wahrgenommenen Berufs- und Interessenverbänden haben, nutzen Konzernleitungen schamlos aus: Scheinheilig usurpieren sie die alte Gewerkschaftsforderung »Ein Betrieb – eine Gewerkschaft« und verkehren diese in eine zutiefst gewerkschaftsfeindliche Forderung nach Einschränkung des Streikrechts.

Ein Betrieb? Wer hat denn die großen ehemals bundeseigenen Betriebe Bahn, Post und Lufthansa privatisiert, filetiert und in viele Stücke zerschlagen? Wer zerlegt denn permanent große Betriebseinheiten durch Out-Sourcing, Teilverkäufe, Börsengänge, Standortschließungen, Werkverträge, Leiharbeit etc.? Waren es denn nicht die Konzerne und Banken, die Kapitalanlage-Fonds und Arbeitgeberverbände, die entsprechende Gesetze forderten und durchsetzen konnten?

Eine Gewerkschaft? Wer hat denn große Belegschaften in viele kleine Einheiten gespalten und so eine gemeinsame Interessenvertretung der Beschäftigten immer schwieriger gemacht? Wer hat denn vor dem Hintergrund der Hartz-Gesetze einzelne Beschäftigte, kleinere Betriebseinheiten oder ganze Standorte erpresst und aus dem Flächentarif vertrieben? Und waren es nicht Unternehmensvorstände von Siemens oder Daimler, die mit reichlich krimineller Energie selbst Interessenverbände nach ihrem Willen gründeten und diese korrumpierten?

Die Arbeitgeber haben – meist Hand in Hand mit allen Bundesregierungen der vergangenen Jahre – bewusst und ohne Skrupel eine gemeinsame Interessenvertretung von Beschäftigten nach Kräften behindert oder unmöglich gemacht. Jetzt sollen als nächste Schritte die Einschränkung der Koalitionsfreiheit und die Entsorgung der Tarifautonomie folgen. In Wahrheit lautet ihr Motto: »MEIN Betrieb – und eine Gewerkschaft MEINER Wahl«.

Tatsächlich ist das Prinzip »Ein Betrieb – eine Gewerkschaft« in Gefahr geraten und muss heute als »gebündelte« Interessenvertretung vielfach gespaltener Belegschaften zu neuem Leben erweckt werden. Wir bleiben dabei, dass gewerkschaftliche Organisation und Arbeitskampfmaßnahmen Grundrechte sind. Lasst uns in den nächsten Tagen und Wochen gemeinsam handeln: Gegen die Angriffe der Bundesregierung auf die Tarifautonomie! Hände weg vom Streikrecht!

 Grafik: »Hände weg vom Streikrecht«.

Berndt Wolfgang (DGB-Kreisvorsitzender Amberg-Sulzbach), Bess Frank (ver.di, Gewerkschaftssekretär Fachbereich Gemeinden, Nürnberg), Bigus Achim (IGM-Vertrauenskörper-Leiter, Volkswagen Osnabrück), Cramm Olaf (Gewerkschaftssekretär, DGB Region Osnabrück-Emsland), Fricke Detlef (Rechtsanwalt, Hannover), Hagenhofer Thomas (ver.di, Saarbrücken), Hofmann Claus (MAV-Vorsitzender Werkhof Regensburg, Mitglied im DGB Kreisvorstand Regensburg), Hofner Gebhard (IG Metall, Konzernbetriebsratsvorsitzender Dematic GmbH, Offenbach), Hornauer Roland (ver.di, Personalratsvorsitzender, Stadt Erlangen), Hoyer Hans (ver.di Erlangen), Janicki Heide (ver.di, Betriebsrätin i.R., Braunschweig), Koppelmann Wilhelm (ver.di, stellvertretender GPR-Vorsitzender Stadt Osnabrück), Kullmann Friedrich (ver.di, stellv. Personalrat, Stadt Bergisch-Gladbach), Lutz Werner (ver.di, Personalrat, Stadt Erlangen), Matrai David (ver.di, Gewerkschaftssekretär, Hannover), Mehrstedt Bernd (ver.di, Personalratsmitglied aha Abfallwirtschaft Region Hannover), Paape Isa (IGM-Vertrauensfrau, Siemens Erlangen), Schmitz Ulrike (Delegierte IG Metall, Braunschweig), Schreier Erich (DGB Ortsvorstand Röthenbach/Pegnitz), Schreiter Jutta (IG Metall, Betriebsrätin, Siemens Erlangen), Schubert Joachim (Betriebsrat und Mitglied der IGM-VKL bei ALSTOM Power, Mannheim), Stehr Heinz (Mitglied im IGM-Seniorenteam, IGM Unterelbe), Weinberg Harald (ver.di, Mitglied des Bundestages Fraktion DIE LINKE, Nürnberg), Wiedmann René (ver.di, Betriebsgruppenvorsitzender DATEV Nürnberg), Ziegler Ewald (GEW Nürnberg)

Kontakt: Isa Paape, paapenet@aol.com
Werner Lutz, einheiztext@t-online.de


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