Frauen

Das Land, in dem der Machismo aussterben wird

Aus dem SDAJ Brigadetagebuch:

Die meisten sexistischen Rollenbilder sind aufge­brochen

Mann und Frau am Arbeitsplatz.

»Ka­rin, wäschst du gleich mei­ne Wä­sche?«, fragt Da­vid sei­ne Freun­din. Sie tippt sich mit dem Zei­ge­fin­ger an die Stirn und fragt »Bist du doof?«. Wir dis­ku­tier­ten mal wie­der über den Ma­chis­mo auf Cu­ba, da wir oft durch das Ver­hal­ten un­se­rer cu­ba­ni­schen Ge­nos­sen ir­ri­tiert sind. Frau­en wird grund­sätz­lich aus dem Bus ge­hol­fen und un­se­re weib­li­chen Bri­ga­dis­tas muss­ten es sich hart er­kämp­fen, ih­re Ruck­sä­cke selbst tra­gen zu dür­fen.

Die meisten der sexistischen Rollenbilder sind jedoch aufgebrochen. Vor der Revolution war Putzen und Kochen laut Angela, eine der Protagonistinnen von »Zucker und Salz«, reine Frauensache. Heute teilen sich beide Geschlechter die Hausarbeit und auch Männer können sich bei vollem Lohnausgleich das erste Jahr um das Neugeborene kümmern.

Podium mit fünf Frauen in Kuba.

Aber eine wirkliche Gleichbehandlung der Geschlechter finden auch wir nicht vor. Am Wandbild, das wir hier als bleibendes Zeichen unserer Solidarität malen, muss man sich als Mann schon mal sagen lassen, dass die feinen Malarbeiten doch eher in der Natur der Frau lägen und wir doch lieber unsere Frauen nicht die schweren Eimer tragen lassen sollten. Wenn wir diese Aufforderung verneinen, werden wir seltsam beäugt und es wird gefragt, ob wir keinen Respekt vor unseren Frauen haben. Außerdem wird uns erklärt, dass sie die schweren körperlichen Arbeiten den Frauen durchaus zutrauen, aber sie anatomisch bedingt bei solchen Aufgaben schlicht benachteiligt sind und Männer deswegen zur Hand gehen müssen.

Diese Differenzierung passt so gar nicht zu den selbstbewussten und starken Frauen, denen wir hier in verschiedensten Leitungspositionen aber auch in alltäglichen Situationen begegnen. Die Direktorin der technischen Universität lacht genauso über die Frage nach bestimmten Förderprogrammen für Frauen, wie die Leiterin der Grundschule. Frauen brauchen keine besonderen Kurse um auch in den naturwissenschaftlichen Fächern gut abzuschneiden, das machen sie ganz von allein. In den meisten Studiengängen und Betrieben ist das Geschlechterverhältnis ziemlich ausgeglichen. 59% der technischen Fachkräfte in Cuba sind Frauen und auch in der »Union der kommunistischen Jugend« (UJC) muss für keine Quotierung gekämpft werden, da hier auf allen Ebenen ein Gleichgewicht herrscht.

Aber warum wird Frauen denn nun nicht zugetraut im Bus zu stehen oder diesen ohne helfende Hand zu verlassen? Die Erklärung scheint allen Cubaner_innen ziemlich klar zu sein: Respekt vor der Frau. »Frauen haben biologisch gesehen, eine besondere Rolle, sie gebären Kinder und ziehen diese groß, sie sind somit für das Überleben der gesamten Menschheit verantwortlich. Um ihnen dafür zu Danken, müssen wir sie auf Händen tragen.«, sagt uns ein Genosse.

Eine Vertreterin des Frauenverbands gesteht ein, dass eine Art positiven Sexismus existiert und noch nicht alle Geschlechterprobleme gelöst sind, aber die grundlegenden sind beseitigt. Die Frau ist auf Cuba ökonomisch unabhängig, sie bekommen die gleichen Löhne und werden bei der Berufsvergabe nicht diskriminiert. Alleinerziehende bekommen zusätzliche Unterstützung und jedem Kind steht ab dem ersten Lebensjahr ein kostenloser Kindergartenplatz zu, damit Mütter nicht auf die finanzielle Unterstützung eines Mannes angewiesen sind.

Grafik in Form eines Gepäckanhängers: Havanna Reisetagebuch.

Dies war noch nicht immer so, vor der Revolution wurden Frauen weder geachtet noch ernst genommen. Fidel sei der erste gewesen, der den »Kampf für die Rechte der Frauen« ausgerufen hat und die Frauen seien heute die größten Verteidigerinnen der Revolution, berichtet uns die Gründerin des Frauenverbands. Seit 1962 haben alle Mädchen ab dem 14. Lebensjahr die Möglichkeit sich dort zu organisieren. 95% der Cubanerinnen nehmen diese Chance wahr und somit ist der Frauenverband eine der größten Massenorganisationen auf Cuba.

Der Machismo wird in Cuba besiegt werden, da sind sich hier alle einig und dieser Sieg wird hoffentlich auch in den Rest der lateinamerikanischen Länder getragen werden. Von David und Karin können wir uns auf jeden Fall viel über einen gleichen Umgang der Geschlechter abschauen.

Tobi, Havanna
Quelle: SDAJ-Netz