Frieden

Italien: 100.000 beim Friedensmarsch in Assisi

Friedensmarsch in ­Assisi

09.10.2018:

  • 100.000 am Sonntag beim traditonellen Friedensmarsch von Perugia nach Assisi
  • antirassistisches Koordinationskomitee: es gibt ein anderes Italien
  • Solidarität mit Mimmo Lucano

100.000 Menschen beteiligten sich am vergangenen Sonntag (7.10.) beim traditionellen Friedensmarsch von Perugia nach Assisi; darunter viele junge Menschen und viele Familien, mit Rucksäcken auf den Schultern und Windjacken, um sich vor dem Regen zu schützen. Sie marschierten «für Frieden und Brüderlichkeit», gegen alle Formen von Diskriminierung und Rassismus. Denn «niemand soll allein gelassen werden», wie es im Manifest von Perugia-Assisi 2018 heißt.

Neben vielen Friedens- und Kulturorganisationen, Gewerkschaften, der Nationalen Koordination der Friedensschulen, der Partisanenvereinigung ANPI, Umweltverbänden, christlichen Organisationen, Amnesty rief auch das nationale antirassistische Koordinationskomitee zur Beteiligung am Friedensmarsch auf.

Der fremdenfeindlichen und
rassistischen Tendenz entgegentreten

Eine «nationale und massenhafte Mobilisierung» sei dringlich, «um der fremdenfeindlichen und rassistischen Tendenz, der Welle von Gewalt und Hass gegen Migranten und Flüchtlinge entgegenzuwirken». «Der 'Marsch für Frieden und Brüderlichkeit' ist eine ideale Gelegenheit, zu zeigen, dass es ein anderes Italien und eine andere Kultur gibt, die tief in den Prinzipien und Werten unserer Verfassung und in der Verteidigung der Demokratie verwurzelt sind», so die antirassistische Koordinierung weiter.

Gemeinsam stehen wir, getrennt fallen wir

Der Gewerkschaftsdachverband CGIL erklärte: «In Italien wie in Europa stehen wir vor einer historischen Phase, die wir mit den Errungenschaften der Demokratien und mit der Erinnerung an die Katastrophen der beiden großen Kriege und des Faschismus des letzten Jahrhunderts als überwunden glaubten. Leider war das nicht der Fall. Heute, mehr als gestern, ist es daher unerlässlich, die Prinzipien und Werte unserer Verfassung zu bekräftigen, ihre Anwendung zu verpflichten und zu fordern, die individuellen und kollektiven Rechte von Männern und Frauen auf universelle Weise, ohne Mauern, Barrieren, Diskriminierung oder gefährlichen Nationalismus, wieder in den Mittelpunkt zu stellen»

Die etwa 100.000 Teilnehmer*innen wurden von einem Jugendblock, darunter 10.000 Studierende aus allen Teilen Italiens, angeführt. Dahinter die Banner der italienischen Gemeinden, Regionen und Provinzen.

Die Regenbogenfahnen der Friedensbewegung wehten überall im Demonstrationszug; immer wieder ertönte das antifaschistische Lied «Bella Ciao».

Mit dabei auch die jungen Kommunist*innen der Rifondazione Comunista (Foto links), weil es «keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und Freiheit» gibt. Sie fordern den sofortigen Austritt Italiens aus der NATO und die Schließung der NATO-Einrichtungen in Italien. Lautstark fordern sie die sofortige Freilassung des Bürgermeisters von Riace, von Mimmo Lucano.

In der Demonstration die Generalsekretärin der CGIL, Susanna Camusso, und Maurizio Landini, Generalsekretär der Metallgewerkschaft FIOM sowie die bekannten Gesichter von Mitte-Links: der Sekretär der PD, Maurizio Martina; Nicola Fratoianni von der italienischen Linken; Pippo Civati von Possible; die Regionalpräsidentin von Umbrien, Catiuscia Marini (PD). Knapp 300 italienische Gemeinden, Provinzen und Regionen sind mit Abordnungen vertreten. Repräsentanten der Regierung fehlen -, dass die ultrarechte Lega nicht dabei ist, ist klar, aber auch Repräsentanten der Fünfsternebewegung M5S meiden den Friedensmarsch.

Maurizio Acerbo, Nationalsekretär von Rifondazione Comunista - Sinistra Europea, kritisiert allerdings auch das demonstrative Auftreten der PD-Politiker*innen: «Was machen die PD-Repräsentant*innen im Friedensmarsch? Sie sind seit Jahren Anhänger*innen von Kriegen, Dekreten gegen die Immigrant*innen, erhöhten Militärausgaben und Waffenexport. Sie wollten nicht einmal den UN-Vertrag über das Verbot von Kernwaffen ratifizieren. Sie sind beteiligt an der Unterdrückungspolitik der israelischen Regierungen gegenüber den Rechten der Palästinenser*innen. Aber was genau ist das pazifistische Engagement der PD seit einem Jahrzehnt?»

Bei der Ankunft in Assisi erinnert Catiuscia Marini daran, dass «Europa und Italien vor mehr als 70 Jahren die besten Jugendlichen brauchten, um die Demokratie zu verteidigen, der nationalsozialistischen und faschistischen Diktatur ein Ende zu setzen und ihre Länder vom Krieg zu befreien». «Noch heute», fügte er hinzu, «brauchen wir die besten Jugendlichen, um die Grundrechte zu bekräftigen, unsere Verfassung zu verteidigen und die Erklärung der Menschenrechte von vor siebzig Jahren zu bekräftigen.

Der Koordinator des Friedensmarsches, Flavio Lotti, schlägt vor, das «Riace-Modell» des inhaftierten Bürgermeisters Dominico Lucano für den Friedensnobelpreis zu nominieren. Es sei ein «Modell der Aufnahme und Solidarität, das auf die Werte realisiere, die den Marsch inspirieren», sagte er.

Quelle: kommunisten.de

 

Bürgermeister in Italien verhaftet - «Schritt zu einem autoritären Staat»


Gleichzeitig fanden an diesem Samstag und Sonntag in vielen Städten Italiens Demonstrationen und Kundgebungen für die Freilassung von Domenico Lucano satt.

Mehrere tausend Menschen versammelten sich auf dem Marktplatz der kalabrischen Kleinstadt Riace (Foto rechts). 

Sie zogen am Haus des Bürgermeisters vorbei, der dort unter Hausarrest steht. Sie sangen «Bella Ciao» und Mimmo Lucano grüßte mit geballter Faust durch das Fenster die Demonstrant*innen. (Video unten)


     Bürgermeister in Riace (Video)