Kultur
Schulkonsens verhindert gemeinsames Lernen
Inklusion ist allgemeines Menschenrecht – Erklärung des
NRW-Bündnis »Eine Schule für alle«
zu den geplanten Änderungen in der Landesverfassung und im Schulgesetz NRW
Durch den so genannten »Schulkonsens« mit den geplanten Änderungen in der Landesverfassung und im Schulgesetz wird die längst überfällige Schulentwicklung zum gemeinsamen Lernen in einer Schule für alle auf lange Sicht blockiert.
Wir fordern die Landtagsabgeordneten auf, diese Gesetzesänderungen abzulehnen. SPD und GRÜNE haben sich seit Sommer 2009 gemeinsam um einen überfraktionellen Konsens in der Bildungspolitik bemüht. Dieses an sich begrüßenswerte Vorhaben bedeutet im Ergebnis, dass den Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen das Recht auf Bildung in einem inklusiven Schulsystem verwehrt wird: Die Regierungsparteien sind auf der Suche nach einem Konsens mit der CDU immer weiter von ihrer grundsätzlichen Kritik an dem gegliederten Schulsystem abgerückt. Ohne Beteiligung der Öffentlichkeit haben die Spitzen von SPD, CDU und Grünen einen faulen Kompromiss ausgehandelt und wollen diesen jetzt sogar in der Landesverfassung festschreiben.
- Obwohl das gegliederte Schulsystem, wie wissenschaftlich immer wieder belegt wurde, sozial ungerecht, undemokratisch und ineffektiv ist, setzen sich SPD und Grüne wider besseren Wissens über diese Tatsachen hinweg.
- Die Abkopplung des Themas Inklusion von den Beratungen der Bildungskonferenz und dem derzeitigen Gesetzgebungsverfahren zeigt, dass die Landesregierung sich dem Menschenrecht auf Inklusive Bildung nicht verpflichtet fühlt. Inklusion wird nicht zum übergeordneten Prinzip der Bildungspolitik, sondern verkommt bestenfalls zum Anhängsel. Inklusive Bildung für alle wird auf die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen verkürzt.
- Bildungsgerechtigkeit und soziale Teilhabe sind keine Zielvorgaben der NRW-Bildungspolitik mehr. Die geplanten Veränderungen werden ausschließlich mit den Zwängen aus demografischer Entwicklung und aus verändertem Schulwahlverhalten der Eltern begründet.
- Mit der »Ermöglichungspolitik« nach den Wünschen vor Ort sind Schulkonflikte in Städten und Gemeinden und zwischen ihnen vorprogrammiert. Die Landesregierung stiehlt sich mit ihrem so genannten Schulfrieden aus ihrer Verantwortung.
- Die Zeche zahlen Kinder und Jugendliche, die in großer Zahl weiterhin »Bildungsverlierer« bleiben werden.
- Lehrerinnen und Lehrer sind weiterhin dem Widerspruch ausgesetzt, gleichzeitig zu integrieren und zu selektieren. Der Schulkonsens zementiert den Fortbestand des mit Inklusion unvereinbaren Selektionsprinzips. Barrieren auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungssystem müssen endlich überwunden werden.
»Die Konzepte für gemeinsames Lernen in einer heterogenen Lerngruppe sind seit Jahrzehnten entwickelt, erprobt und als erfolgreich belegt. Es geht jetzt um die umgehende Realisierung!«
(Jahrestagung der InklusionsforscherInnen in Bremen, Februar 2011)
Wir fordern die Landtagsabgeordneten auf, sich für eine Änderung der Landesverfassung und der Schulgesetze einzusetzen, die den Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen entsprechen. Das Recht auf gemeinsames Lernen ist allgemeines Menschenrecht für alle Kinder, unabhängig von Fähigkeiten, von Elternhaus und Einkommen, von sozialer, kultureller und ethnischer Herkunft.
Die Erklärung wird durch folgende Gruppen unterstützt:
Aktion Humane Schule
attac-Köln, AK Bildung und Erziehung
attac-Lemgo
Bielefelder Initiative Eine Schule für alle
Deutscher Kinderschutzbund NRW
Deutscher Kinderschutzbund Kreis Warendorf
Freenet Kooperative
Initiative Bildungsfreundschaft, Münster
Invema e.V., Kreuztal
Jenaplanschule, Herzogenrath
LandesschülerInnenvertretung NRW
mittendrin e.V., Köln
Regionalarbeitskreis Gemeinsam Leben-Gemeinsam Lernen, Münster
SjD-Die Falken Landesverband NRW
SoVD NRW e.V.
Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen Dorsten
Einzelunterzeichner
Bis zum 15.10.2011 haben 377 Einzelpersonen die Erklärung online unterzeichnet.
Ansprechpartner
NRW-Bündnis »Eine Schule für alle«
Foto: Eine Schule für alle