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ManiFiesta - Fest der belgischen Partei der Arbeit

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Das 7. ManiFiesta seit 2010,
erstmals von Freitagabend bis Sonntag, in Bredene aan Zee

«Wir sind hier, auf der ManiFiesta, an diesem Wochenende, zusammen mit 19.000 Menschen. 19.000 Menschen, die ihr Ticket selbst bezahlt haben. 19.000 Menschen aus der ganzen Welt und mit vielen Sprachen, die Freisinnigen und die Gläubigen, die Menschen von der Senne, der Dyle, der Demer, der Durme, der Sambre, der Maas, Lesse, der Semois und der Schelde. 19.000 Menschen, die eine Botschaft der Einheit und Hoffnung bringen, statt Angst und Spaltung. 19.000 Menschen, das schönste Fest des Landes, wo die ganze Arbeit von mehr als 1.400 Freiwilligen durchgeführt wird.»

Mit diesen Worten begann Peter Mertens, Vorsitzender der belgischen Partei der Arbeit seine Rede auf der 7. ManiFiesta seit 2010, erstmals von Freitagabend bis Sonntag, in Bredene aan Zee. Die ManiFiesta ist das Pressefest von Solidaire, der Zeitung der PTB. Zwischen 15 und 20 Euro hatten die Besucher*innen für das Ticket bezahlt. Im Gegensatz zu 13.000 jüngst bei der stärksten rechten Partei Belgiens, der N-VA, die umsonst rein kamen bei einem von hochbezahlten professionellen Veranstaltern organisierten «Event». Die PTB zeigte hier auch ihre gewachsene Kraft, die sich nicht nur durch über 10.000 Mitglieder manifestiert, 2008 waren es knapp 3.000, und über 50 Abgeordnete in vielen Städten und Regionen sowie mit Raoul Hedebouw und Marko Van Hees, seit 2014 im nationalen Parlament, sondern in vielfältiger Verankerung in den Bewegungen des Landes. Daß je ein Vertreter oder eine Vertreterin der beiden großen Gewerkschaftsbünde, des sozialistischen und des christlichen, das Wort ergreifen beim «Centraal Moment», der Hauptkundgebung, ist schon Brauch. Heute sind die sozialistischen Gewerkschafter stolz darauf, daß Rik Vermeersch, «le directeur du festival», früher bei ihnen Gewerkschaftssekretär war. Insgesamt waren 116 Parteien und Organisationen präsent, auch die Drapeau Rouge, die Zeitung der nur noch in Brüssel und der Wallonie existenten Belgischen Kommunistischen Partei.

Die PTB / PVDA ist die einzige gesamtbelgische Partei von Bedeutung. Da ist es selbstverständlich, daß Peter Mertens abwechselnd in beiden Landessprachen spricht. Mit verständlichen Worten, ohne platt zu werden, mit anschaulichen Beispielen kommt er zur Sache. «Man konnte keine Zeitung in diesem Sommer öffnen, die sich nicht über den Burkini ausließ. Wer hat einen Burkini hier in Bredene gesehen? Sie sind schwieriger zu finden als ein Pokémon, aber für einige unserer Regierung hat das offenbar in der Tat höchste Priorität. Und während die Regierung wichtige Debatten den Badeanzügen widmet, ist es still über Jordy. Jordy war neunzehn Jahre alt. Er starb vor zwei Wochen in einem Zelt auf einem Campingplatz in Gent. Starb an Hunger und Entbehrung, die offiziellen Stellen erklärten, ein schwieriger Fall. «Zu empfindlich auf dieser rauen Welt», sagte jemand. Jordy war zu empfindlich, oder ist diese Welt unempfindlich? … Sind wir zu empfindlich, wenn wir über die Situation in Pflegeheimen sprechen? Drei Euro pro Tag, das ist der Preis, den einige Pflegeheime auf Mahlzeiten für unsere alternden Eltern und Großeltern aufbringen. Drei Euro! Nicht für eine Mahlzeit, aber drei Mahlzeiten pro Tag. Drei Euro! Das ist der Preis von zwei Dosen Katzenfutter.»

Der PTB-Vorsitzende ging ein auf die drohende Schließung bei Caterpillar, auf Arbeitsplatzabbau in anderen Konzernen, die Rolle der Banken, die sich, wie BNP Paribas, mit 6,7 Mrd. öffentlicher Gelder retten ließen und nun die Sparer mit 0,11% Zinsen abspeisen, auf die hohlen Versprechungen bürgerlicher Politiker zu Beginn der Finanzkrise. Hart ins Gericht ging er mit Politikern, die die Rente erst mit 67 wollen, selbst aber mit 55 und 4.200 Euro in Pension gehen. Die Menschen wenden sich da zunehmend der PTB zu. Wären jetzt Wahlen, sie bekäme 10 statt 2 Sitze im Parlament. Die PTB verspricht, weiter mit den Menschen, «für bezahlbaren Wohnraum zu stehen und sichere Fahrradwege, erschwingliche Müllbeutel und gute öffentliche Verkehrsmittel, gegen Gewalt an Frauen, für lebenswerte Renten, für die 30-Stunden-Woche und die Sorge für die Menschen,» gegen TTIP und CETA zu kämpfen. «Wir werden immer bleiben, wer wir sind: die Partei, bei der Menschen zuerst kommen, nicht Dividenden.»

Ein bewegender Moment war der Auftritt von Aleida Guevara, der Tochter Ches, die zum Zusammenhalt aller Menschen in ihrer Vielfalt als der einzigen Chance, die Welt zu erhalten, zum Hochhalten der Werte Menschlichkeit, Solidarität und Internationalismus aufrief. Tausende sangen in ihren Sprachen mit, als sie zum Ende ihrer Rede die Internationale anstimmte. Internationale Solidarität spielte eine große Rolle bei der ManiFiesta, nicht nur mit dem sozialistischen Kuba und allen, die in Lateinamerika unter teil komplizierten Bedingungen für gesellschaftlichen Fortschritt kämpfen. Viel Raum nahm auch die Palästina-Solidarität ein. Die PLO war vertreten wie auch die PFLP. So waren dann auch viele kommunistische und Arbeiterparteien dabei. Die Vereinigte Linke und die PCE aus Spanien, Zyperns AKEL, die Rifondazione Italiens, die kommunistischen Parteien Frankreichs, Chiles und Portugals. Natürlich auch die mit der PTB eng zusammenarbeitende Kommunistische Partei Luxemburgs und die Neue Kommunistische Partei der Niederlande, deren Delegationen angeführt von dem Präsidenten Ali Ruckert und seinem Vize Gilbert Simonelli bzw. dem Vorsitzenden Job Pruijser, und die DKP, vertreten durch Wolfgang Bergmann. David Pestieau, der Stellvertretende Vorsitzende der PTB, besuchte am Samstag die Stände. Aus Deutschland waren zudem die LINKE und die Rosa-Luxemburg-Stiftung präsent.

Die PTB ist eine junge Partei, das widerspiegeln die Beiträge des Studentenverbandes COMAC, des Jugendverbands RED FOX (14 bis 18 Jahre) und der Pioniere ebenso wie zig Tausende junger Gesichter, die das Fest mit prägten. «Medizin für das Volk», mit eine der wichtigsten befreundeten Organisationen, stellt ihre Arbeit in über einem Dutzend von ihr betriebenen Gesundheitszentren dar. Es geht nicht nur um Zugang aller zu medizinischer Versorgung frei von Profit- und ärztlichen Standesinteressen, sondern auch um die Mobilisierung der Menschen im Kampf um humanes Gesundheitssystem und Arbeitsbedingungen. «Marianne» organisiert Frauen, beteiligt sich u.a. an der internationalen Aktion «One Billion Rising», einer weltweiten Kampagne für ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Mädchen und für Gleichstellung. Die einzelnen Regionen stellten in großen Zelten ihre politischen Schwerpunkte dar und boten dazu auch ihre kulinarischen Spezialitäten an. Die Debattenzelte waren gut besucht bei den diversen Veranstaltungen zu Themen wie Feminismus heute, der Krieg im Mittleren Osten, kollektive Arbeitszeitverkürzung und unter Leitung der Verantwortlichen für Gewerkschaftspolitik, Alice Bernard, zu den Angriffen auch in Belgien, Frankreich und Großbritannien auf das Streikrecht.

Das Wetter spielte erst ab Samstag richtig mit, warm, bis auf einige leichte Schauer trocken. Anders am Freitag, als ein Sturm über das Gelände fegte und Tausende vor allem jugendlicher Fans um das Konzert mit Manu Chao brachte. Aber PTB und Manu Chao lösten das Problem, er trat außerplanmäßig am Samstag auf. Tausende zusätzlicher Besucher ließen es dann auch aus Sicherheitsgründen unerläßlich werden, daß samstags nur noch Karteninhaber eingelassen werden konnten, die Tageskassen aber schließen mußten. Wegen Überfüllung geschlossen, auch das sagt etwas aus über die gewachsene PTB und ihre Ausstrahlung auf immer mehr Menschen in Belgien. Allen, die sich über die Gründe des Erfolgs näher informieren möchten, sei das Buch «Verbreitern, Verbinden, Vertiefen – Solidaritätskongreß 2015» empfohlen, dessen deutschsprachige Ausgabe beim ptb.shop bezogen werden kann. Es liefert Inspirationen weit über Belgien hinaus.

Merci et bedankt ManiFiesta! Vaarwel en au revoir 2017!

Text und Foto: Volker Metzroth


P.S. Die Zitate von Peter Mertens wurden mit einem Übersetzungsprogramm aus dem Niederländischen übersetzt und vom Autor nach bestem Wissen grammatikalisch überarbeitet. Sollte etwas nicht ganz korrekt wiedergegeben worden sein, bittet er um Nachsicht und verweist auf die website der PVDA, wo das Original in niederländischer oder französischer Sprache nachgelesen werden kann.