Politik

Freihandel, Armut, Krieg und Vertreibung

Referat von Walter Stehling, gehalten auf der Mitgliederversammlung der DKP Köln-Innenstadt am 15.09.2015

Fluchtursachen und Fluchtwege

Menschenmassen drängen aus - und vor den Gebäuden.

Anfang September 2015 erregte eine Kinderleiche weltweite Betroffenheit. Der Dreijährige Aylan liegt tot am türkischen Gestade, wie Bruder und Mutter, ertrunken. Dem IS-Terror im Norden Syriens glücklich entkommen, gestorben im Mittelmeer. So wie 2.600 Vertriebene allein in diesem Jahr vor ihm. Geschätzt.

Busseweise verlassen die Menschen Syrien, es herrscht Krieg. Eine Ausreise nach Europa können sich indessen nur recht wenige leisten. Millionen Arme irren im Land umher. Es ist der Mittelstand, der in der Lage ist, rund 10.000 Euro aufzubringen. Und selbst dann ist die Reise ein gefährliches Abenteuer und endet oft am Ende eines verstopften Fluchtweges in einem Lager oder im Tod.

Ungarn im September. Ungarn baut, 26 Jahre nach dem medienwirksamen Abbau des »eisernen Vorhangs« wieder einen neuen Zaun. Zur Abwehr der »neuen Völkerwanderung«. Gleichzeitig wird die Weiterfahrt nach Norden abgeschnitten: Tausende fordern am Ostbahnhof von Budapest ihre Weiterreise. Man steckt sie in Lager. Angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit entschließt sich die Bundesregierung, die Einreise nach Deutschland zu gewähren. »Ein großartiger Akt der Humanität« jubelt ProAsyl.

Aber sind die rund 12.000 Vertriebenen vorwiegend aus Syrien, Irak und Afghanistan willkommen? Die »Wutbürger« zündeln schon. Mit Angst und Hass im Bauch. Vakuum im Kopf. »Emphatieloses Gesocks« (Till Schweiger).

Nach Angaben des in Genf ansässigen, 1951 gegründeten UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) liegt die Zahl der weltweit forcibly displaced people für 2014 bei 59, 5 Millionen. Gäbe es einen Vertriebenenstaat, wäre dieser der 24. größte der Welt.

2013 waren es 51,2 Millionen. 86% aller Flüchtlinge leben in den Entwicklungsländern und kommen kaum weiter als bis ins nächste Nachbarland. Geschätzte 38,2 Millionen ziehen so als Binnenflüchtlinge innerhalb eines Landes umher. Nur 19,5 Millionen haben Aussicht auf Asyl, 18 Millionen warten in Lagern auf ihre Weiterreise oder Aufnahme. Das ist ganz NRW.

Die Zahlen des UNHCR von 2014, wo vorhanden, auf 2015 aktualisiert:

Die derzeit größten Herkunftsländer:

Syrien: 3,88 Mio.
Afghanistan: 2,59 Mio.
Somalia: 1,11 Mio.
Sudan: 648.000
Ukraine: 600.000
Eritrea: 500.000- 600.000
Kongo: 516.000
Myanmar: 479.000

Die größten Aufnahmeländer:

Türkei: 1,59 Mio.
Pakistan: 1,51 Mio.
Libanon: 1,5 Mio.
Iran: 1,0 Mio.
Russland: 900.000 (größtenteils aus Ukraine)
Jordanien: 750.000
Äthiopien: 650.000-700.000 (größtenteils aus Eritrea)

Die Länder mit den meisten Binnenvertriebenen:

Syrien: 7,6 Mio.
Kolumbien: 6 Mio.
Irak: 3,6 Mio.
Kongo: 2,8 Mio.
Sudan: 2,1 Mio.
Ukraine: 1,26 Mio.
Somalia: 1,1 Mio.
Aufgrund des Bürgerkriegs, des wirtschaftlichen Niedergangs, faschistischem Terrors und einem Assoziierungsabkommen mit der EU wird die Ukraine zu einem der großen Flüchtlingsländer der nahen Zukunft. Bis 2016 werden geschätzt:

1,5 Mio. Binnenflüchtlinge
1 Mio. Flüchtlinge nach Russland
500.000 nach Weißrussland, Moldawien und EU, vor allem Polen.
2,6 Millionen Ukrainer leben bereits in Russland. Russland nimmt derzeit auch weltweit die meisten Asylanträge an: 2015 aktuell alleine 225.000 aus der Ukraine. Weißrussland: 50.000.

In den 27 EU-Staaten wurden 2014 530.000 Asylsuchende gezählt, 0,11% der Bevölkerung. In Deutschland 2015 bislang 218.221. Bei rund 82 Mio. Einwohnern sind das 0,27%.

Die Erstasylanträge in der EU plus Schweiz 2014: (Flüchtlingsbericht 2014 der EU)

BRD: 172.345
Schweden: 74.980
Italien: 63.000
Frankreich: 57.000
Griechenland: 48.000
Ungarn: 41.215
Großbritannien: 31.070

Spanien: 5.460

In Relation zur Bevölkerung (gut 1%) nahm Schweden 2014 die meisten Asylanträge an, gefolgt von Ungarn, Malta, der Schweiz, Dänemark, Griechenland, Norwegen. Erst danach folgte Deutschland.

Während also zum Beispiel der Libanon mit knapp 4,5 Millionen Einwohnern und einem BIP von 6.569 Dollar pro Kopf gut 1,5 Mio. Vertriebene aufnahm, ein Drittel, sind es in der ganzen EU mit knapp 500 Mio. Einwohnern und einem BIP von 36.788 Dollar aktuell eine halbe Million. Die Zahl soll auf 800.000 steigen, aber auch im Libanon werden es nicht weniger werden.

Am Ende des Dreißigjährigen Krieges betrug der Anteil von Migranten und Flüchtlingen in Köln runde 65%.

Was ist ein Januskopf? Das ist einer, der vorne lächelt und hinten droht.

Die Politiker der EU sind medial betroffen, öffnen auch mal spontan Fluchtwege und Grenzen und lassen sich dafür abfeiern- beraten aber intern derweil über folgende »Lösungen«:

  • Militäreinsätze zur Bekämpfung der »Schlepperbanden«,
  • eine weitere rigorose Verstopfung der Fluchtwege,
  • Bau von »Aufnahmezentren«, sprich Lagern und eine schnellere Rückabschiebung,
  • Festhalten am sogenannten Dublin-System, welches Rückführungen in Erstaufnahmeländer vorsieht, zum Nachteil von z.B. Italien, Malta und Griechenland.

Ulla Jelpke kommentierte das in der jungen Welt vom 3.9.2015 so:

»Nicht mal im Rahmen der Diskussion um Notmaßnahmen zur Flüchtlingsrettung können sich die Mitgliedsstaaten von ihren nationalen Interessen lösen und sich wie eine solidarische Staatengemeinschaft verhalten. Gelder fließen weiterhin nur in Maßnahmen zur Abschreckung von Flüchtlingen sowie zur Abschottung der EU, nicht aber in den Aufbau einer zivilen Seenotrettung oder in die Schaffung der Voraussetzungen für eine menschenwürdige Aufnahme von Schutzsuchenden.«

Innenminister Thomas die Misere (de Maizière) fordert zudem, vor allem den Asylsuchenden aus dem ehemaligen Jugoslawien und Albanien kein Geld mehr zu geben. Sie würden mehr bekommen als ein Hartz-4ler: 1000 Euro! Dabei sind es nach Angaben sozialer Träger maximal 439 Euro für eine ganze, fünfköpfige Familie. Die Misere meint auch: Wir müssen die Leistungen verringern, denn es wollen noch viel, viel mehr Flüchtlinge zu uns. Oh wei, da bekommt er noch mehr Angst, der »Wutbürger«, eine irrrationale Angst, die in englischen Gazetten als »German Angst« verspottet wird.

Die Fluchtwege nach Europa:

Von Westafrika auf die Kanaren oder via Marokko nach Spanien. Verstopft durch Grenzanlagen und rigorose Rückführungen, Stau in Auffanglagern.

Von Libyen oder Tunesien nach Italien und Malta, über den Landweg via Türkei nach Griechenland. Wer nicht im Mittelmeer ertrinkt landet meist in überfüllten Lagern auf Lampedusa, den griechischen Inseln, oder bleibt im Libanon hängen. Eine weitere große Route verläuft von Afghanistan und Pakistan Richtung Iran und Türkei.

Die Weiterreise nach West- und Mitteleuropa ist kaum möglich, die Wege durch Grenzen, Zäune und Gesetze verstopft. Wer da, mit Glück und Geld, durchkommt, schafft es auch noch nach Ungarn oder Serbien.

Am 1. September verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Italien wegen des Umgangs mit Flüchtlingen auf der Insel Lampedusa. Ebenso wurde die schnelle Abschiebepraxis in den meisten EU-Ländern, oft ohne Prüfung des Asylgrundes, gerügt.

Der italienische, in Eritrea gebürtige Priester und Gründer der Entwicklungshilfeagentur Habeshia Don Zeral hält die Flüchtlingspolitik der EU für verbrecherisch: »Europa könnte die Ursachen leicht bekämpfen und kurzfristig Flüchtlinge retten. Tut aber das Gegenteil«.

Wo legale Wege rar werden, blüht das Schleppergewerbe erst auf.

Gleichen Schritt mit der Steigerung bei den Flüchtlingszahlen hält die Steigerung der Waffenexporte. Im ersten Halbjahr 2015 hatten die Ausfuhren an Rüstungsgütern aus der BRD einen Wert von 6,35 Mrd Euro. 2014 waren es im gesamten Jahr 6,5 Mrd.

Die Hauptempfänger sind Saudi Arabien, die Emirate und die Türkei. Von dort gelangt ein grosser Teil der Waffen direkt in die Kriegsgebiete im nahen Osten und befeuert u.a den Syrienkrieg. Insgesamt wurden so bislang 4 Millionen Syrer vertrieben, fast ebensoviele Iraker.

In gut 40% aller Länder dieser Erde herrschen Krieg und Kriegsähnliche Zustände.

Klaus Stein von der DKP kommentiert das so:

»Wer Waffen ausführt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er Flüchtlinge einführt.«

Die letzte Meldung in diesem Zusammenhang ist alarmierend:

Der ukrainische Präsident Porotschenko erlaubt die Stationierung fremder Atomwaffen und anderer Massenvernichtungswaffen auf dem Gebiet der Ukraine!

Der Kampf gegen Krieg ist auch ein Kampf gegen Vertreibung und Flucht.

Auf dem G20 Gipfel in Ankara herrschte, angesichts der Aussichten auf eine weltweite Verschärfung der Krise, Ratlosigkeit. Schäuble nennt den Schuldigen: China.

Und er nennt die Rezepte: Privatisierung, Haushaltskonsolidierung, Strukturanpassungsprogramme, Stabilitätspakte et cetera pp.

Noch größere Ratlosigkeit, denn die Realität sieht anders aus. Schäuble allein zuhaus?

Michel Chossudovsky schrieb in seinem Buch über Welthandel, Krieg und Armut, »Global Brutal« bereits 1997:

»Seit den frühen 80er Jahren zwingen IWF und Weltbank den Entwicklungsländern als Bedingung für Umschuldungsverhandlungen und neue Kredite Programme zur ›makroökonomischen Stabilisierung‹ und ›Strukturanpassung‹ auf. Diese Programme haben zur Verarmung Hunderter Millionen von Menschen geführt.«

Privatisierungen und Freihandelsabkommen jeder Couleur haben in den betreffenden Ländern die Währungen destabilisiert, die Binnenkaufkraft vernichtet, Bildungs-und Gesundheitswesen zerstört, die Versorgung mit Strom und Wasser verteuert und damit eine enorme Massenarmut geschaffen. Chossudovsky zählt eine Unmenge Beispiele aus Südamerika, Asien und Afrika auf, wo Freihandel tötete. Kamerun, wo durch solche EU-Verträge der gesamte Hähnchenmarkt zusammen brach, 80.000 Betriebe durch billige, hochsubventionierte Importware ruiniert und über 2 Millionen Menschen arbeitslos ins Elend gestoßen wurden. Senegal, wo die EU zum eigenen Segen Erdnussplantagen mit Krediten förderte, ein Landraub einsetzte und als der Markt einbrach, hockte der Senegal auf Millionen Tonnen von Nüssen, die Landwirtschaft lag am Boden. Die Menschen flohen.

Im Kongo wird seit Jahrzehnten ein blutiger Bürgerkrieg am Leben gehalten, damit westliche Monopolkonzerne mit Kindersklaven die wertvollen Ressourcen des riesigen Landes ausplündern können. Um damit immer mehr Elektroschrott herzustellen.

Es gibt der Beispiele viele und letztendlich wird ja auch Europa mit diesem Wirtschaftsterror überzogen, den Heilmitteln neoliberaler Raffsäcke. Und ihr Instrument ist das Dreigestirn aus Weltbank, Weltwährungsfond (IWF) und Welthandelsorganisation (WTO). Chossudovsky nennt sie das Dreieck der Macht, der ehemalige UN- Kommissar für Ernährung, der Schweizer Jean Ziegler nennt sie »Die drei apokalyptischen Reiter«.

Einer der Hauptgründe für Flucht ist neben dem Krieg der Hunger. Weltweit gelten derzeit rund 1 Milliarde Menschen als dauerhaft unterernährt, dazu kommen noch Hunderte Millionen mangelernährter Menschen. Über 80% davon leben in Asien und Schwarzafrika, rund 2% in den entwickelten Ländern. Auch Jean Ziegler schildert uns in seinem 2011 erschienenem Buch »Wir lassen sie verhungern – Die Massenvernichtung in der Dritten Welt« wie der Freihandel tötet:

Auf der 2005 in Hongkong wiederbelebten, 2001 in Doha begonnenen Doha-Entwicklungsrunde, wandte sich die WTO entschieden gegen die unentgeltliche Lebensmittelhilfe. Es verstoße gegen alle heiligen Regeln des Marktes, wenn das WFP, das ist das Welternährungsprogamm der UNO, aus Agrarüberschüssen der Geberländer, Reis, Mehlpaste, Fladenbrote und Milch umsonst in Flüchtlingslagern, Dörfern und Krankenhäusern verteilt. Das pervertiert den Markt, jede Ware muss ihren Wert haben!

Das WFP wehrte sich gegen dieses Ansinnen und konterte:

»Die Weltgesundheitsorganisation lehrt uns, dass auf unserer Erde Unterernährung und Hunger die größten Gesundheitsrisiken darstellen. Jedes Jahr sterben mehr Menschen an Hunger, als an Aids, Tuberkulose, Malaria und all den anderen Epidemien zusammen… Die WTO ist ein Club für Reiche… Die Debatte, die sie führt, ist keine Debatte über den Hunger, sondern eine Debatte über Handelsvorteile… Ist es hinnehmbar, dass die Lebensmittelhilfen für die hungernden Mütter und Kinder, die auf dem Weltmarkt keine Rolle spielen, im Namen des Wirtschaftsliberalismus gekürzt werden?«

In Hongkong lehnten sich vor allem die südlichen Länder gegen die Mächte des Freihandels auf. Der Antrag auf Besteuerung der Nahrungsmittelhilfe wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Auch Indien mit seinen 1,2 Milliarden Menschen beschied die Doharunde mit der Forderung nach Abschaffung seines Programms »public distribution system« PDS. Nachdem 1943 in Bengalen mehr als 3 Millionen Menschen verhungert waren und die englischen Besatzer sogar die Kornspeicher geleert hatten, machte Gandhi den Kampf gegen den Hunger zum wichtigsten Aspekt indischer Politik. Seit Nehru, dem ersten Premierminister des souveränen Indien, schützt dieses staatliche und aus ganz verschiedenen Quellen gespeiste Nahrungsverteilungsprogramm Abermillionen von Indern vor dem Verhungern. Zudem gibt es 900.000 Zentren zur Kinderernährung. Die konservative Modi Regierung konnte nicht anders, sie musste den Angriff von WTO, IWF und Weltbank abwehren.

Für die Länder Afrikas, wo dies nicht gelang und der Freihandel, nebst Landgrabbing, Nahrungsmittelspekulation ungehindert Einzug hielt, nennt Jean Ziegler zwei Beispiele:

Sambia, an den Ufern des Sambesi, durchaus nicht unfruchtbar. Grundnahrungsmittel ist der Mais. In den 80er Jahren wurde der Maisverbrauch zu 70% vom Staat subventioniert, ebenso die Landwirtschaft. Diese Subventionen machten ungefähr 20% des Haushaltes aus und die Ernährung aller wurde gesichert durch eine Behörde, das Marketing Board.

Der IWF verordnete über die Kreditvergabe zunächst die Verringerung, dann die völlige Abschaffung dieser Subventionen. Er verbot auch die staatlichen Zuschüsse für den Kauf von Dünger, Saatgut und Pestiziden. Ebenso wurden die Schulen und Krankenhäuser kostenpflichtig. Im Ergebnis stieg der Zahl der Kranken und Mangelernährten rapide an, viele Bauern mussten ihr Land verlassen, der Maisverbrauch sank um 25%, die Kindersterblichkeit explodierte.

2010 lebten 86% der sambischen Bevölkerung unter der nationalen Armutsschwelle, 72,6% mussten sich mit weniger als einem Dollar am Tag begnügen, 45% gelten als schwer und permanent mangelernährt.

Ghana hat bereits 1957 seine Unabhängigkeit erstritten. Der erste Präsident, Kwame Nkrumah gründete 1960 in Addis Abeba zusammen mit Gamal Abdel Nasser und anderen die Organisation der Afrikanischen Einheit, OAE, Vorläufer der Afrikanischen Union.

Hauptnahrungsmittel der Ghanesen ist der Reis. 1970 wurde von rund 800.000 einheimischen Bauern die gesamte Menge des Reisbedarfs produziert.
1980 schlug der IWF zu: Der Schutzzoll für Reis musste um 20% herabgesetzt und sollte weiter reduziert werden. Ebenso fielen, wie in Sambia, alle Subventionen für die Bauern dem Markt zum Opfer.

Heute importiert Ghana 70% des benötigten Reises. Die staatliche Behörde zum Vertrieb von Nahrungsmitteln wurde abgeschafft. Um die Exporte (Kakao und Kaffee) kümmern sich ausländische Konzerne. 2010 zahlte Ghana über 400 Mio Dollar für Nahrungsmitteleinfuhren.

WTO, IWF und Weltbank haben zu allem Überfluss noch einen vierten Reiter der Apokalypse in petto: die Nato. Widerborstige »Hitlers«, wie Milosewitsch, Ghaddafi oder Assad werden mit dem Schwert der Menschenrechte, sprich, dem Recht sich zu bereichern, geschlagen, ihre Länder von Natobomben verwüstet. In Afghanistan, in Libyen, im Irak, im Sudan, in Syrien sind die Menschen durchweg durch diese Sippschaft in Not und Verzweiflung gestürzt worden. Die Folgen von wirtschaftlicher und militärischer Einmischung, die Erpressung durch Kredite, Embargos, das Zerschlagen sozialer Staatlichkeit, die totale Abhängigmachung vom westlichen Markt sind zu offensichtlich, als das man unseren Herrschenden ihren Katzenjammer und ihre einfachen Schuldzuweisungen noch abkaufen kann. Ihre Politik exekutiert die Vorgaben der apokalyptischen Reiter und ihrer Hintermänner. Und diese Politik ist auch in Europa angekommen. Griechenland, Kosovo, Serbien, Bulgarien usw… und weiter gedacht: Ruhrgebiet und Ostdeutschland.

Fassen wir kurz zusammen und lassen wir die sich weltweit verschärfende Krise des Kapitalismus, die Umweltzerstörung und den Klimawandel einmal als zusätzliche Ursachen außen vor, dann ergibt sich folgende Systematik der Fluchtgründe:

  • Schaffung abhängiger Märkte in Ländern der Peripherie, Kontrolle durch Kredite
  • Überschuldung der betreffenden Länder, Strukturanpassungsprogramme durch den IWF
  • Freihandels und Schutzzollabbauabkommen mit den betreffenden Ländern
  • Privatisierungswelle, weitere Überschuldung der Staatshaushalte, ausufernde Armut.
  • Machtübertragung an transatlantische Monopolkonzerne, Landraub, Ausverkauf von Bildung und Gesundheit sowie der Ressourcen, Erhöhung der Warenimporte in die betroffenen Länder, Hunger.
  • Offen oder verdeckt geführte Kriege der Nato, offen oder verdeckte Kolonial-, Stellvertreter- und Bürger- oder Bandenkriege.
  • Länderübergreifender Zerfall staatlicher Strukturen, Flucht und Vertreibung.

Vor gut 25 Jahren erklärte mir ein aus dem »Erdnussparadies« Senegal stammender Künstlerkollege, auf die Frage, was er ausgerechnet im kalten Deutschland will, er sei einfach dahin gegangen, wo auch die Früchte seines Landes und ihr Geld hingegangen seien, einfach der Nase lang- und schwupp war er in… Frankfurt. Gefiel ihm nicht. Jetzt ist er nichtregistrierter Binnenflüchtling in fremden Landen.

Gemäß des Leitartikels der UZ vom 4.9.2015 bleibt zu fordern:

Menschen schützen, nicht das Geld!

Solidarität mit allen Vertriebenen weltweit!

Fluchtgründe und Fluchtursachen beseitigen!

Merci de votre attention!

Bild: »David Roberts, Israelites Leaving Egypt, 1828« von David Roberts
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