Politik
Trumps Anschlag auf die Demokratie
Aufruhr
08.01.2021: «Ein Faschist hat seit Januar 2017 das Weiße Haus besetzt. Wenn er einen oder zwei Generäle dazu bringen könnte, mit ihm zu gehen und die Truppen dafür bereitzustellen, gibt es dann wirklich noch irgendeinen Zweifel, dass Trump die US-Demokratie komplett zerstören würde?» (People's World, 6.1.2021)
Der Aufruhr von einigen tausend nach Washington zusammengeholten Anhängern von US Präsident Donald Trump am 6. Januar mit dem Sturm auf das Kapitol, den Sitz des US amerikanischen Parlaments, als Höhepunkt hat weltweit eine Welle von Empörung und Widerspruch ausgelöst. Die Bestätigung für den gewählten Nachfolger Joe Biden von den «Demokraten» konnte damit nur kurzfristig aufgehalten, aber nicht verhindert werden. Damit dürften der «Republikaner» Trump und seine Hintermänner, Unterstützer und militante Anhänger kaum noch eine Chance haben, den endgültigen Wechsel im Präsidentenamt der USA am 20. Januar noch zu verhindern – es sei denn, sie versuchen noch einmal, eine Situation zu provozieren, die es ihnen ermöglicht, einen «nationalen Notstand» aufzurufen, mit dem sie sich außerordentliche Vollmachten zu verschaffen versuchen.
Die Gefahr ist groß, dass Trump die verbleibende Zeit bis zur endgültigen Amtseinführung von Joe Biden am 20. Januar nutzen wird, um weiterer provokative Aktionen zu starten, sowohl in der Innen- wie in der Außenpolitik. Der Trump-Clan in der US-amerikanischen Oberschicht könnte versuchen, für die Zeit nach ihm innen- wie außenpolitisch ein schwieriges Erbe zu hinterlassen, das nicht so einfach wieder rückgängig gemacht werden kann. Außerdem dürfte er damit die Formierung eines starken rechtsextremistischen und rassistischen Anhängerblocks voranzutreiben versuchen, um ihn in der kommenden Amtszeit unter Führung der «Demokraten» als Druckpotential zur Verhinderung demokratischer Reformvorhaben zu nutzen, aber auch, um damit eine Ausgangsbasis für eine erneute Kandidatur Trumps bei der nachfolgenden Präsidentenwahl im November 2024 zu schaffen.
Der nachfolgende Text ist eine Arbeitsübersetzung des ersten Artikels in der linken US amerikanischen Online-Zeitung «People’s World» zu den Vorgängen vom 6. Januar in Washington. Er erschien unter der Überschrift: «Trumps faschistischer Aufruhr in DC zielt darauf ab, die US-Demokratie zu zerstören».
«People’s World» versteht sich als Sprachrohr und Plattform verschiedener Linkskräfte und Gewerkschaften in den USA, ist aber als Nachfolgerin der früheren kommunistischen Zeitung «Daily Worker» weiterhin eng mit der KP der USA (CPUSA) verbunden. Der Artikel ist wohl anlässlich der besonderen und alarmierenden Bedeutung der Vorgänge vom 6. Januar als kollektive Meinungsäußerung des gesamten Herausgeberteams gekennzeichnet: Editor-in-Chief John Wojcik, Managing Editor C.J. Atkins, Social Media Editor Chauncey K. Robinson, Senior Editor Roberta Wood, Senior Editor Joe Sims, Copy Editor Eric A. Gordon, Washington D.C. Bureau Chief Mark Gruenberg.
«Trumps faschistischer Aufruhr in DC zielt darauf ab, die US-Demokratie zu zerstören»
People's World, 6. Jan. 2021
Seit vielen Monaten hat diese Zeitung davor gewarnt, dass Trump sich selbst als Anführer einer faschistischen Massenbewegung aufgebaut hat und vor nichts zurückschrecken werde, um seinen Zugriff auf die Macht zu behalten. Der aufrührerische Coup, der sich am Mittwoch in Washington D.C. entfaltete, bestätigte die ultimative und unbestreitbare Wahrheit dieser Warnung live auf den Fernsehern und Smartphones der ganzen Welt.
Seit der Zeit, als er erstmals die Idee einer Verschiebung der Wahl ins Spiel brachte und bewaffnete Bundestruppen gegen Demonstranten von Black Lives Matter im Lafayette Park einsetzte, bis zur Einrichtung von Stimmendiebstahl-Kommissionen in Pennsylvania im Oktober und den endlosen Lügen über die «gestohlene Wahl» seit November hat Trump die Flammen unter dem brodelnden Kessel eines rassistischen Rechtsextremismus hochgedreht.
Dieser tödliche Mix ist nun übergekocht und hat zu einem ausgewachsenen faschistischen Putsch in der Hauptstadt der Nation geführt.
Der scheidende Amtsinhaber im Oval Office verbrachte Wochen damit, diesen Mob nach Washington zu rufen, angeblich um zu «protestieren» gegen die Zertifizierung seines Amtsverlusts an den designierten Präsidenten Joe Biden durch das Wahlkollegium. In Wirklichkeit dienten sie als äußere Muskeln, um den «Sedition Caucus» («Aufruhr-Sitzung») im Senat zu unterstützen, der in dessen Innerem betrieben wurde, um die Besiegelung von Trumps Wahlniederlage zu sabotieren.
Nachdem er seine Kräfte im Zentrum von Washington D.C. versammelt hatte, zündete Trump die Lunte für die Explosion der Gewalt am Mittwochmorgen mit seinem Kriegsschrei «Wir werden niemals aufgeben! Wir werden niemals kapitulieren!».
Rudy Giuliani (einer der engsten Unterstützer und Berater Trumps, Übers.), wie Joseph Goebbels klingend, erzählte den Trump-Anhängern, dass es Zeit für «trial by combat» («einen Versuch per Kampf») sei. Nachdem sie ihre Legionen in einen Rauschzustand versetzt hatten, schickten Trump und seine Handlanger sie auf den Marsch zum Kongress (Parlamentsgebäude).
Nach der Ankunft drangen Trumps Sturmtruppen Türen zerbrechend und Fenster einschlagend in das Kapitol ein. Sie trafen dort nur auf geringen Widerstand von Polizeikräften, eine seltsame Tatsache angesichts der Schwadronen von schwerbewaffneten Bundestruppen, die in der ganzen Stadt stationiert wurden, wenn Black-Live-Matter-Demonstranten im vergangenen Sommer friedliche Proteste veranstalteten. Bewaffnete weiße Suprematisten (rassistische Verfechter weißer Vorherrschaft, Übers.) kamen jedoch in die Stadt und waren in der Lage, die Kontrolle über das US-Capitol zu ergreifen. Die Trump-Administration hielt währenddessen die Nationalgarde fern.
Den Unruhen gelang es, die Bekanntgabe der Ergebnisse des Electoral College vorübergehend zu verzögern. Mitglieder des Kongresses wurden in Sicherheit gebracht und Vizepräsident Mike Pence wurde durch einen geheimen Tunnel aus dem Gebäude geschmuggelt. (Nachdem er es unterlassen hatte, sich auf Trumps letzten Versuch einzulassen, die Wahl zu stehlen, ist Pence nun offenbar für die MAGA-Leute (MAGA = «Make America Great Again», Trumps Wahlkampfparole «Macht Amerika wieder groß», Übers.) auch zum Schurken geworden).
Der designierte Präsident Biden kritisierte den Mob und seine Anführer schärfstens und sagte: «Genug ist genug ist genug!». Nach Stunden des Schweigens meldete sich auch Trump endlich zu Wort – aber nicht um die Gewalt zu verurteilen, sondern um die Randalierer zu loben! Er erklärte den Kriminellen am Kapitol seine Zuneigung und Wertschätzung, indem er sagte: «Wir lieben euch. Ihr seid was ganz Besonderes.»
Der einzige Lichtblick des Nachmittags ergab sich, als genau in dem Augenblick, als die Früchte des Aufstands der Republikanischen Senatoren in den Hallen des Kapitols eingeholt werden sollten, sie die Kontrolle über diese «ihre» Kammer verloren. Inmitten des Chaos entglitt die Senatsführung den Händen von Mitch McConnell (Fraktionschef der Republikaner im Senat, Übers.), als der zweite Senatssitz bei der Nachwahl in Georgia Jon Ossoff (Kandidat der Demokraten, Übers.) zugesprochen wurde.
Bis zum Abend wurden einige der verursachten Schäden immer deutlicher. Mindestens eine Person wurde durch einen Schuss getötet, Sprengstoff wurde entdeckt und die verräterische und weiße Überlegenheit symbolisierende Sterne-und-Balken-Flagge der ehemaligen «Konföderation» (Vereinigung der für den Erhalt der Sklaverei kämpfenden Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg 1860/61, Übers.) wurde in der Senats-Kammer entrollt. Tränengas wehte über den Hügel des Kapitols, als die Sonne unterging, und auf der National Mall (National- und Gedenkpark im Zentrum Washingtons) brachen Brände aus.
Alle von den randalierenden Faschisten sollten verhaftet, angeklagt und wegen Aufruhrs verurteilt werden. Ein beträchtlicher Teil von ihnen weigerte sich, aus Protest gegen den Coronavirus-»Schwindel» Masken zu tragen, sodass sie leicht zu identifizieren und zu festzunehmen sein sollten.
Trumps Komplizen in der Republikanischen Partei, die versuchten, die Zertifizierung der Wahl zu sabotieren – Ted Cruz, Josh Hawley und die übrigen – verdienen nicht nur eine Verurteilung durch die Geschichte, sondern auch eine Verurteilung durch die Gerichte. Klagt sie an, schließt sie aus dem Kongress aus, wie Cori Bush (afroamerikanische Politikerin der Demokraten, examinierte Krankenschwester und Pastorin aus Missouri, Übers.) gefordert hat, und wenn möglich, sperrt sie ins Gefängnis.
Was den Möchtegern-Diktator selbst betrifft, sollte der Kongress sofort über neue Anklagepunkte für ein Impeachment (Amtsenthebungsverfahren) abstimmen und mit einem Verfahren im neuen Senat mit demokratischer Mehrheit weitermachen. Der Abgeordnete Ilhan Omar von der Demokratischen Farmer- und Arbeiterpartei Minnesota ist bereits dabei, sie zu entwerfen. Sie verdienen so schnell wie möglich eine Abstimmung darüber.
Trumps Aufforderung zum Wahlbetrug an diesem Wochenende an den Staatssekretär von Georgia, Raffensperger, bot bereits genügend Anlass dazu; die Ereignisse vom Mittwoch sollten jedes Zögern beseitigen, ihn erneut anzuklagen.
Auch wenn er bereits aus dem Amt entfernt sein wird, bevor eine Entscheidung darüber gefällt werden kann, kann ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wegen des Versuchs, die demokratisch gewählte Regierung der Vereinigten Staaten zu stürzen, ihn für immer daran hindern, jemals wieder für ein Amt zu kandidieren.
Seit Jahren erzählt uns Trump, wer und was er ist. Ein Faschist hat seit Januar 2017 das Weiße Haus besetzt. Wenn er einen oder zwei Generäle dazu bringen könnte, mit ihm zu gehen und die Truppen dafür bereitzustellen, gibt es dann wirklich noch irgendeinen Zweifel, dass Trump die US-Demokratie komplett zerstören würde?
Für diejenigen, die die Dinge aufmerksam verfolgen, war schon lange offensichtlich, dass Trump eine Bedrohung für das Überleben einer demokratischen Regierung in diesem Land war. Die Ereignisse in Washington am 6. Januar machen es völlig unbestreitbar.
Wir haben es schon vorher gesagt und wir werden es wieder sagen: Nein zum Trump-Putsch!
Quellen: kommunisten.de | peoplesworld.org
Text und Übersetzung: Georg Polikeit