Soziales

Schulden­schnitt statt Schulden­bremse!

Der fol­gen­de Bei­trag wur­de auf dem Ple­num des Köl­ner Bünd­nis­ses »Um­ver­tei­­len statt Ka­putt­­kür­zen« am 16. Sep­tem­­ber 2013 vor­ge­­tra­gen, teil­wei­se auch auf der Kom­mu­nal­­be­ra­tung des DKP-Be­zirks Ruhr-West­­fa­len am 21. Sep­­tem­ber.

Schulden der kommu­nalen Kern­haus­halte in NRW: 46,4 Milliar­den Euro

Schuldenuhr: »Die Stadt Langenfeld informiert über den Schuldenstand…«.

In der Aus­ga­be des Ge­werk­schaf­ter-In­fos »Ein­blick« vom 2. Sep­tem­ber stellt Sa­bi­ne Rei­ner von Ver.di fest, dass die Zahl der Be­schäf­tig­ten im un­mit­tel­ba­ren öf­fent­li­chen Dienst der Kom­mu­nen von knapp zwei Mil­lio­nen im Jahr 1991 auf gut 1,2 Mil­lio­nen ge­sun­ken sei, die der Voll­zeit­be­schäf­tig­ten ha­be sich so­gar von 1,6 Mil­lio­nen auf 750 000 mehr als hal­biert. Ur­sa­che sei­en mehr­fa­che Steu­er­sen­kun­gen seit der Jahr­tau­send­wen­de mit der Fol­ge, dass Ein­nah­men in Hö­he von 8 Mrd Eu­ro aus­blie­ben.

Die Ge­samt­schul­den al­ler Städ­te und Ge­mein­den be­trug im Jah­re 2011 129,6 Mrd Eu­ro. Ein Jahr spä­ter wa­ren die Schul­den im Ver­hält­nis zu ei­nem Ge­samt­etat von 190 Mrd Eu­ro auf 135,2 Mrd ge­stie­gen, die dar­in ein­ge­schlos­se­nen Kas­sen­kre­di­te von 44 Mrd auf 47,4 Mrd.

Schul­den­fal­le

Der Kas­sen­kre­dit ist für die Kom­mu­nen, was der Dis­po für den Pri­vat­mann ist, der Kre­dit mit be­son­ders ho­hen Zin­sen. Auch dem Pri­vat­mann geht es ja um die »Über­brü­ckung kurz­fris­ti­ger Li­qui­di­täts­eng­päs­se«. Im Mai wur­de be­kannt ge­ge­ben, dass sich die Schul­den der kom­mu­na­len Kern­haus­hal­te in NRW im ver­gan­ge­nen Jahr auf 46,4 Mil­li­ar­den Eu­ro er­höht ha­ben. Da­von ent­fal­len al­lein auf Kas­sen­kre­di­te 23,7 Mil­li­ar­den. In­ner­halb von 10 Jah­ren ist die durch­schnitt­li­che kom­mu­na­le Pro-Kopf-Ver­schul­dung in NRW von 2098 Eu­ro um 55,2% auf 3.256 Eu­ro ge­stie­gen. Die­se Er­hö­hung ist vor al­lem auf die Kas­sen­kre­di­te zu­rück­zu­füh­ren. Da geht es den Kom­mu­nen wie dem pri­va­ten Schuld­ner. So kommt man aus der Schul­den­fal­le nicht mehr her­aus. Und das ge­fähr­det die Kre­dit­ge­ber, in der Re­gel Ban­ken.

Vor die­sem Hin­ter­grund hat die Un­ter­neh­mens­be­ra­tungs­fir­ma Ernst & Young 300 deut­sche Kom­mu­nen mit min­des­tens 20 000 Ein­woh­nern nach den Aus­wir­kun­gen be­fragt und die Er­geb­nis­se in ei­ner Kom­mu­nen­stu­die im Au­gust ver­öf­fent­licht.

Nur zwei von drei deut­schen Kom­mu­nen (69 %) ge­hen da­von aus, ih­re Schul­den aus ei­ge­ner Kraft til­gen zu kön­nen. Bei den Kom­mu­nen, die der­zeit ein Haus­halts­de­fi­zit er­wirt­schaf­ten, liegt der An­teil so­gar nur bei 55 %.

In NRW steigt bei 56% der Kommunen die Pro-Kopf-Verschuldung.

In den ver­gan­ge­nen drei Jah­ren (2011-2013) ha­ben 40 % der deut­schen Kom­mu­nen Haus­halts­si­che­rungs­kon­zep­te auf­stel­len müs­sen. In den kom­men­den drei Jah­ren wird die­ser An­teil nach Er­war­tung der Be­frag­ten auf 53 % an­stei­gen. In NRW hat­ten im Haus­halts­jahr 2012 77 Pro­zent der Kom­mu­nen ein Haus­halts­de­fi­zit, die­ser Pro­zent­satz steigt im lau­fen­den Jahr auf 91%.

Die Kommunen reagieren nach der Studie von Ernst & Young wie folgt:

  • 43% haben die Grundsteuer heraufgesetzt oder planen das für das folgende Haushaltsjahr.
  • 39 % nehmen bei Kitas oder Ganztagsschulen höhere Gebühren oder planen das.
  • 38% erhöhen die Friedhofsgebühren oder planen das.
  • 37% nehmen höhere Eintrittspreise für Bäder, Konzerte etc. oder planen das.
  • 31% erhöhen die Hundesteuer oder planen das.
  • 25% erhöhen die Parkgebühren oder planen das.
  • 17% verteuern die Straßenreinigung oder planen das, das Wasser und die Gebühren der Bücherei,
  • 12% führen neue Abgaben ein und
  • 11% erhöhen die Müllgebühren.
  • 16% reduzieren die Angebote in Jugendbetreuung und Seniorenarbeit oder planen das für 2013/14,
  • 14% reduzieren die Straßenbeleuchtung,
  • 13% schließen Hallen- und Freibäder oder schränken den Betrieb ein,
  • 8% schließen Veranstaltungshallen und Bürgerhäuser,
  • 4% schließen Bibliotheken und andere kulturelle Einrichtungen.

Insgesamt reduzieren 37% der Kommunen in 2013/14 ihre Leistungen, 74% erhöhen Steuern und Gebühren.

Kommunen und Finanzhilfen

Von den 15% der Kom­mu­nen, die schon aus kom­mu­na­len Ret­tungs­schir­men oder dem so­ge­nann­ten Stär­kungs­pakt (NRW) be­son­de­re Fi­nanz­hil­fen er­hal­ten, wer­den 71% die frei­wil­li­gen Leis­tun­gen re­du­zie­ren, 58% die Aus­ga­ben für Pflicht­auf­ga­ben re­du­zie­ren, 50% für hö­he­re Aus­schüt­tun­gen aus den kom­mu­na­len Be­trie­ben sor­gen, 41% wer­den Pri­va­ti­sie­run­gen prü­fen und 18% not­wen­di­ge In­ves­ti­tio­nen über ÖPP (=PPP, al­so Pu­blic Pri­va­te Part­nership) rea­li­sie­ren.

69 % der Städ­te und Ge­mein­den rech­nen mit ei­ner stren­ge­ren Auf­sicht und Auf­la­gen der Kom­mu­nal­auf­sicht auf­grund der Schul­den­brem­se im Grund­ge­setz oder auf­grund der Schul­den­brem­se im Sta­bi­li­täts­pakt der Eu­ro-Zo­ne (ESM), 68 % mit wei­te­ren Auf­ga­ben­ver­la­ge­run­gen auf die Kom­mu­nen oh­ne fi­nan­zi­el­le Kom­pen­sa­ti­on, 62 % mit nied­ri­ge­ren Schlüs­sel­zu­wei­sun­gen der Län­der. 60% er­war­ten dau­er­haft stei­gen­de Zin­sen.

Öffentliche Schulden und private Geldvermögen

Sa­bi­ne Rei­ner ver­schweigt in dem oben er­wähn­ten Ar­ti­kel nicht, dass den zwei Bil­lio­nen Eu­ro öf­fent­li­cher Schul­den 3,4 Bil­lio­nen Eu­ro pri­va­ten Geld­ver­mö­gens ge­gen­über ste­hen. Von die­sem Geld­ver­mö­gen be­sitzt das reichs­te Pro­zent der Be­völ­ke­rung al­lein ein Drit­tel. Sie schlägt vor, dass die­se Reichs­ten der Rei­chen wie­der ih­ren Teil an der Fi­nan­zie­rung ge­sell­schaft­li­cher Auf­ga­ben bei­tra­gen.

Das sieht die Ber­tels­mann Stif­tung ganz an­ders. Sie hat sich eben­falls vor kur­zem ein­schlä­gig im Kom­mu­na­len Fi­nanz­re­port 2013 ge­äu­ßert.

Das Rezept von Bertelsmann

Das Re­zept von Ber­tels­mann ist nicht sehr ori­gi­nell. Wenn es nach den Au­to­ren des Fi­nanz­re­ports geht, soll Per­so­nal ein­ge­spart wer­den. Wört­lich:

Kon­so­li­die­rungs­po­ten­tia­le bei Per­so­nal und Ver­sor­gung. Die Per­so­nal­aus­ga­ben neh­men im kom­mu­na­len Aus­ga­ben­port­fo­lio ei­ne be­deu­ten­de und in Gren­zen va­ria­ble Rol­le ein. In­so­fern zäh­len Än­de­run­gen an die­ser Stel­le zu den re­gel­mä­ßi­gen Vor­schlä­gen bei Kon­so­li­die­rungs­über­le­gun­gen. Die ge­ne­rier­ten Kenn­zah­len zu Per­so­nal­aus­ga­ben und Be­schäf­tig­ten im Län­der­ver­gleich kön­nen bei der Iden­ti­fi­ka­tion von Kon­so­li­die­rungs­po­ten­tia­len hilf­reich sein.

(Ber­tels­mann Stif­tung, Kom­mu­na­ler Fi­nanz­re­port 2013, S. 102)

Und Ber­tels­mann schlägt vor, die Grund­steu­er B zu er­hö­hen, so dass auch die Mie­ten teu­rer wür­den. Das wür­den dann al­le spü­ren und so den Spar­ge­dan­ken in der Kom­mu­ne ver­brei­tern hel­fen. Wört­lich:

Die Grund­steu­er B trifft di­rekt (Ei­gen­tü­mer) oder in­di­rekt (Ein­rech­nung in Miet­prei­se) al­le Bür­ger so­wie auch Un­ter­neh­men ei­ner Ge­mein­de. Ih­re Ge­ne­rie­rung und ge­ge­be­nen­falls auch ih­re Er­hö­hung sind da­her be­son­ders ge­eig­net, den Zu­sam­men­hang zwi­schen kom­mu­na­len Leis­tun­gen und ih­ren Kos­ten in das Be­wusst­sein der Bür­ger zu rü­cken. Das be­flü­gelt Dis­kus­sio­nen über das not­wen­di­ge Leis­tungs­an­ge­bot in­ner­halb ei­ner Ge­mein­de und er­zeugt Kon­so­li­die­rungs­druck aus der Ge­samt­be­völ­ke­rung.

(Fi­nanz­re­port 2013, S. 170)

Letzt­lich will die Ber­tels­mann-Stif­tung ei­ne kom­mu­na­le Schul­den­brem­se, nach­dem we­gen der Schul­den­brem­sen bei Bund und Län­dern Kos­ten auf die Kom­mu­nen ab­ge­wälzt wer­den.

Zi­tat:

Kom­mu­na­le Haus­halts­de­fi­zi­te sind das Re­sul­tat des Zu­sam­men­wir­kens en­do­ge­ner (z. B. lo­ka­le Po­li­tik) und exo­ge­ner Fak­to­ren (z. B. Kon­junk­tur). In wel­chem Ma­ße die­se in den Ge­mein­den und Ge­mein­de­ver­bän­den je­weils ge­wich­tet sind, kann all­ge­mein nicht be­ant­wor­tet wer­den. In Be­zug auf die exo­ge­nen Fak­to­ren ist vor al­lem die Pro­ble­ma­tik über­tra­ge­ner so­zia­ler Auf­ga­ben zu nen­nen, die un­voll­stän­dig ge­gen­fi­nan­ziert wur­den. In die­sem Feld sind in den ver­gan­ge­nen Jah­ren we­sent­li­che Fort­schrit­te er­reicht wor­den. Dies ist ein ent­schei­den­der Schritt zur Ver­bes­se­rung der kom­mu­na­len Fi­nanz­si­tua­ti­on, was sich auch in der po­si­ti­ven mit­tel­fris­ti­gen Pro­gno­se aus­drückt. Die Rah­men­be­din­gun­gen für die kom­mu­na­len Haus­hal­te in Gän­ze sind so gut, wie seit vie­len Jah­ren nicht mehr. Die kom­men­den Jah­re müs­sen durch die Ver­ant­wort­li­chen vor Ort da­zu ge­nutzt wer­den, Haus­halts­de­fi­zi­te und Kas­sen­kre­di­te ab­zu­bau­en. Die dop­pi­sche Kom­mu­nal­schul­den­brem­se un­ter­stützt die­sen Pro­zess, in­dem sie die en­do­ge­nen Fak­to­ren adres­siert.

(Fi­nanz­re­port, S. 178)

Klar­text: die Si­tua­ti­on der Ge­mein­den sei von au­ßen nicht mehr zu ver­bes­sern. Not­wen­dig sei al­so Spa­ren und Ver­schie­ben von Po­si­tio­nen im städ­ti­schen Haus­halt selbst.

Kürzungsvorschläge der Kölner Stadtverwaltung

Im Herbst ver­gan­ge­nen Jah­res wur­den die Kür­zungs­vor­schlä­ge der Köl­ner Stadt­ver­wal­tung be­kannt. Bei uns ha­ben SPD und Grü­ne die Mehr­heit im Stadt­rat. Für 2013/14 war ein Dop­pel­haus­halt vor­ge­se­hen. Um die be­son­ders be­trof­fe­nen Köl­ner Bür­ger­häu­ser und Bür­ger­zen­tren bil­de­te sich ein Bünd­nis. Es ent­schied sich für ei­ne Kund­ge­bung am 16. März. Sie wur­de die wich­tigs­te Ak­ti­on in der Rei­he von Pro­tes­ten ge­gen den Kür­zungs­haus­halt. Das lag selbst­ver­ständ­lich an der Brei­te des Bünd­nis­ses, das wir tref­fend »Um­fair­tei­len statt Ka­putt­kür­zen« nann­ten.

Arsch huh war da­bei, wir hat­ten Un­ter­stüt­zung von ge­werk­schaft­li­cher Sei­te, von At­tac. Selbst­ver­ständ­lich DKP und PDL. An­de­re Be­trof­fe­ne wur­den so er­mu­tigt, sich eben­falls mit ei­ge­nen Ak­tio­nen be­merk­bar zu ma­chen. Zwei­mal de­mons­trier­te die Stadt­schul­pfleg­schaft vor dem Rat­haus. Die Wohl­fahrts­ver­bän­de, die sich schon im De­zem­ber ge­rührt hat­ten, ha­ben am 19. März vor dem Rat­haus noch ein­mal pro­tes­tiert. Der Mann­schafts­bus des Fuß­ball­ver­eins For­tu­na Köln trans­por­tier­te vom Bür­ger­haus Stoll­werck aus am 14. März Jour­na­lis­ten zu drei wei­te­ren Bür­ger­zen­tren. Bläck Fööss, Jür­gen Be­cker, Schmick­ler und an­de­re Pro­mi­nen­te wa­ren da­bei, um ih­ren Pro­test ge­gen die ge­plan­ten Kür­zun­gen sicht­bar zu ma­chen.

Am 13. April mach­te das Köl­ner Bünd­nis »Um­fair­tei­len« im Rah­men des bun­des­wei­ten Ak­ti­ons­ta­ges sei­ne Kund­ge­bung an der Ei­gel­stein­tor­burg. Ab dem 15. April kam die täg­li­che Gong­ak­ti­on »Jetzt schlägt's Drei­zehn« zum Zu­ge. Am sel­ben Tag de­mons­trier­te die Stadt­schul­pfleg­schaft vor al­lem für den Er­halt der Über­mit­tags­be­treu­ung. Am 19. April de­mons­trier­ten 2500 Ki­ta-Be­schäf­tig­te ge­gen Ver­grö­ße­rung der Grup­pen. Am 30. April wa­ren die Freun­de der Kunst- und Mu­se­ums­bi­blio­thek vor dem Rat­haus, drin­nen bei der Haus­halts­be­ra­tung ok­ku­pier­ten ei­ni­ge Oc­cu­p­y­er die Zu­schau­er­tri­bü­ne, drau­ßen gab es Mu­sik und wei­te­re Ak­tio­nen. Ins­ge­samt war das ein­drucks­voll ge­nug, dass der Stadt­rat zu Ab­mil­de­run­gen ver­an­la­sst wer­den konn­te.

Katalog sozialer Grausamkeiten

Trotz die­­ser Ab­­mil­­de­­run­­­gen bleibt der Dop­­pel­haus­halt 2013/14 ein Ka­­ta­­log so­zi­a­­ler Grau­­sam­kei­­ten. Für 2013 sind Kür­zu­n­­­gen bei So­zi­a­­les, Ju­­gend, Ku­l­­tur, Bil­­dung und Sport in Hö­he von 5,1 Mil­­lio­­nen und 2014 von 11,7 Mil­­lio­­nen Eu­­ro ein­­ge­­plant wor­­den. Im­­mer­hin, vor­­her stan­­den 37 Mio zu Bu­che. Aber es blei­­ben Kür­zu­n­­­gen, die tie­­fe Wun­­­den rei­ßen. Ein Bei­­spiel. Die Se­­ni­o­­ren­­net­z­wer­ke wer­­den ei­­ne hal­­be Mil­­li­on ein­­spa­­ren müs­­sen. Die­­se hal­­be Mil­­li­on, das sind min­­des­­­tens 12 Vol­l­ar­beits­­plät­ze, die be­­trof­­fe­­nen Se­­ni­o­­ren ha­­ben es nicht ge­­schafft, ih­­ren Pro­­­test zu or­ga­­ni­­sie­­ren.

Ähn­­lich geht es mit an­­de­­ren Kür­zu­n­­­gen. Nur wer sich wehr­­te, ha­t­­te ei­­ne Chan­ce. Da­bei geht es im stä­d­­ti­­schen Haus­halt um ganz an­­de­­re De­­fi­zi­­te – sie be­­tra­­gen plan­­mä­ßig pro Jahr et­wa 300 Mil­­lio­­nen. Mit die­­ser Art der Haus­halts­­kon­­so­­li­­die­­rung will die Stadt Köln an­­ge­b­­lich ein Haus­halts­­si­che­­rungs­­­kon­zept und da­­mit das Di­k­­tat der Be­zirks­­re­gie­­rung ver­­­mei­­den. Ta­t­­säch­­lich aber be­­schlie­ßt sie Kür­zu­n­­­gen, die dem Haus­halts­­si­che­­rungs­­­kon­zept nur zu­­vor kom­­men. Das gleicht dem Selbst­­mord aus Angst vor dem Tod. Zur Fun­k­­ti­on ei­­nes Haus­halts­­si­che­­rungs­­­kon­ze­p­­tes ist zu sa­­gen, dass das selbst­­ver­­­stän­d­­lich ei­­ne Set­­zung ist. Es soll da­­mit er­­reicht wer­­den, dass die Kom­­mu­­nen im­stan­­de blei­­ben, ih­­re Kre­­di­­te zu be­­die­­nen. Es geht al­­so nicht et­wa dar­­um, kei­­ne Schu­l­­den zu ma­chen, son­­dern ge­ra­­de so viel, dass die Stadt sie auch zu­­­rück­­zah­­len kann.

­Die Stadt be­harrt auf ih­­rem ur­­­sprün­g­­li­chen Plan ei­­nes »kon­­ti­nu­ier­­li­chen De­­fi­zit­a­b­baus durch Spa­­ren und Er­­trags­­stei­­ge­­rung« ab 2015 und über das Jahr 2017 hin­aus. Da wer­­den Ver­­­schu­l­­dungs­­klüf­­te an die Wand ge­­malt, um die­­se Ab­­sicht zu be­­grün­­den. Wenn sich nichts än­­de­­re, wer­­de die Fi­­nan­zie­­rungs­­lü­­cke grö­ßer und in­­­fol­­ge­­des­­­sen die Ver­­­schu­l­­dung bis 2030 von jetzt 6,5% des (an­­tei­­li­­gen) BIP auf über 25 % stei­­gen. Fol­g­­lich soll der Fehl­be­­trag jähr­­lich bis 2017 re­­du­ziert wer­­den.

Vorschlag der Linkspartei

Der Vor­schlag der Links­par­tei lau­tet: »Ver­zicht auf al­le Kür­zun­gen, Rück­nah­me der Kür­zun­gen aus dem Dop­pel­haus­halt 2010/11 und 2012, Er­hö­hung der Ge­wer­be­steu­er, Ver­zicht auf Be­auf­tra­gung ex­ter­ner Dienst­leis­ter und Ein­stel­lung zu­sätz­li­cher Steu­er­prü­fer.«

­Wir wür­den in Köln den For­de­rungs­ka­ta­log ger­ne er­wei­tern. Denn die Kür­zun­gen sind zu um­fäng­lich, um sie mit zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­sum­men aus­glei­chen zu kön­nen. Das jähr­lich ge­plan­te Mil­lio­nen­de­fi­zit ist aber drei­stel­lig. Es geht al­so um ei­ne an­de­res Fi­nan­zie­rungs­kon­zept für die Kom­mu­nen.

Wir brauchen eine breite kommunale Protestbewegung

Aber nicht nur Köln ist be­trof­fen. Wir brau­chen ein Pro­jekt für ei­ne brei­te kom­mu­na­le Pro­test­be­we­gung ge­gen die Kür­zungs­po­li­tik. So­zi­al­po­li­tik ge­rät zu­neh­mend un­ter die Rä­der. Et­wa, weil es uns mitt­ler­wei­le bes­ser gin­ge? Das Ge­gen­teil ist der Fall. Die Ar­mut nimmt zu. An­nä­hernd 20 Pro­zent der Men­schen sind arm, wei­te­re 20 Pro­zent von Ar­mut be­droht. Es wird von Sei­ten der Herr­schen­den wohl eher un­ter­stellt, dass wir nicht mehr im­stan­de sei­en, un­se­re be­schei­de­nen An­sprü­che ein­zu­for­dern.

Selbst die Kri­tik an so­ge­nann­ten Gro­ß­pro­jek­ten, die sich ger­ne als In­ves­ti­tio­nen ver­hül­len und ge­gen­über den Trans­fer­leis­tun­gen auf­zu­ho­len hät­ten, greift zu kurz. Denn sie bleibt in­ner­halb des be­grenz­ten Fi­nanz­rah­mens der Städ­te, er­fasst noch nicht die ge­wal­ti­ge neue Di­men­si­on der Kür­zun­gen, die mit den Schul­den­brem­sen in Bund und Län­dern und in der Fol­ge des Fis­kal­pakts auf die Kom­mu­nen ab­ge­wälzt wer­den sol­len. Des­we­gen müs­sen wir wei­ter grei­fen und ei­nen Schul­den­schnitt in die De­bat­te brin­gen. Schul­den­schnitt statt Schul­den­brem­se!

Klaus Stein, 21. September 2013
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