Soziales

Von Schulden und Rettungsschirmen

Grafik: Entwicklung der Zinssätze für 10-jährige Staatsanleihen ausgewählter europäischer Länder.

Krise und drohende Geld­ent­wertung

 

Schon Anfang 2010 hatten Grie­chen, Portu­gie­sen und Spa­nier Schul­den von 800 Mil­liar­den Euro, vor­wie­gend bei deut­schen und fran­zö­si­schen Ban­ken. Un­aus­ge­wo­ge­ne Han­dels­bi­lan­zen sind der Grund. Deutsch­land führt mehr Wa­ren aus als ein. Unsere Ex­por­te werden durch nied­rige Löhne im Lande gestützt.

 

 

2009 ex­por­tier­ten deut­sche Kon­zer­ne Wa­ren im Wert von 8,3 Mrd Euro nach Grie­chen­land, allein Rüs­tungs­güter für 2,8 Mrd Euro. Um­ge­kehrt kauf­ten Deut­sche grie­chi­sche Güter für ge­rade mal 1,8 Mrd Euro. Hie­sige Kon­zer­ne ver­die­nen gut dabei. Aber Grie­chen­land be­nö­tigt da­für Kre­dite. Die­se Kre­di­te sind ein gu­tes Ge­schäft für die Ban­ken, so­lan­ge der Schuld­ner für seine Schul­den auf­kom­men kann. Andern­falls sind Ban­ken selbst von Bank­rott bedroht.

An­ge­sichts des­sen wird der Staats­haus­halt Grie­chen­lands seit Feb­ruar 2010 von der EU kon­trol­liert. Aber just unter der Regie der EU sind die Schul­den ex­plo­diert. Von 120 Pro­zent des Brut­to­in­lands­pro­dukts (BIP) stie­gen sie im Lau­fe des Jah­res auf 143,8 %. Im nächs­ten Jahr werden sie 166,1 % des BIP be­tra­gen (KR 13.9.11).

Wie kann das sein? Hat­ten nicht schon im Mai ver­gan­ge­nen Jah­res die EU-Re­gie­run­gen Ret­tungs­schir­me in Höhe hun­der­ter Mil­liar­den Euro über Grie­chen­land auf­ge­spannt? Und gleich­zei­tig harte Be­din­gun­gen ge­stellt, Steuern er­hö­hen las­sen, Ein­spa­rungen, Ren­ten- und Lohn­kür­zun­gen im öf­fent­li­chen Dienst, Ver­kauf von öf­fent­li­chen Ein­rich­tun­gen erzwungen?

Stimmt. Gerade des­we­gen aber sinkt die Wirt­schafts­leis­tung und steigt die Schul­den­spi­rale. In der Tat wird Grie­chen­land mit den öf­fent­li­chen Gel­dern der EU-Län­der nicht sa­niert, son­dern seine Zins- und Til­gungs­ver­pflich­tun­gen sub­ven­tio­niert, um die Gläu­bi­ger­ban­ken über Was­ser zu hal­ten. So ver­wan­deln sich faule Papie­re pri­va­ter Ban­ken in öf­fent­li­che Staatsschulden.

Diese werden bis 2012 im Euro-Land im Schnitt von 66,3 % im Jahr 2007 auf 88,7 % wach­sen (KR 13.9.11). Ganz Euro­pa sitzt in der Schul­den­falle. Wir leben und arbei­ten auf Pump. Es sind wieder rie­si­ge Bla­sen entstanden.

Nach Angaben des Inter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds (IWF) haben alle welt­weit pro­du­zier­ten Güter und Dienst­leis­tun­gen einen Wert von 63 Bil­lio­nen (= 63 000 Mil­liar­den) Dol­lar. Dem steht ein Vo­lu­men von 87 Bil­lio­nen ge­han­del­ter Ak­tien und Bonds, 601 Bil­lio­nen außer­börs­lich ge­han­del­ter Finanz­de­ri­va­te und 955 Bil­lio­nen an De­vi­sen­ge­schäf­ten gegen­über. Ins­ge­samt zählt der IWF fik­ti­ves Wett-Kapi­tal in Höhe von 1 643 Bil­lio­nen Dol­lar (SPIE­GEL 34/2011). Das ist das 26-fache der Realwirtschaft!

Ein geringer Anlass wird genü­gen, die Bla­se plat­zen zu las­sen und Ka­pi­tal, das seine An­lage­mög­lich­kei­ten nicht mehr fin­det, zu ent­wer­ten. Das ist der Sinn der Krise. Seit es den Ka­pi­ta­lis­mus gibt, wird bei zyk­lisch auf­tre­ten­der Unter­kon­sump­tion über­flüs­si­ges Ka­pi­tal ver­nich­tet. Die Bun­des­re­gie­rung und die Ban­ken glau­ben gegen­wär­tig noch, die­sen Vor­gang kon­trol­lie­ren zu kön­nen. Sie be­fürch­ten, dass Vize­kanz­ler Rös­lers »geord­ne­te Insol­venz« eine glo­ba­le Plei­te­wel­le aus­löst. Da­bei könn­te der Euro und über­haupt Geld seine Funk­tion als Zah­lungs­mit­tel ver­lie­ren. Das meinte Mer­kel im Herbst 2008 mit dem »Ab­grund«, den sie vermieden habe.

Ein anderes Konzept wird von der Deut­schen Bank ver­treten. Deren Chef­volks­wirt, Tho­mas Mayer, for­der­te (F.A.S. 7.8.11) eine ge­ziel­te In­fla­tion: »Ich sage schon länger, dass man letzt­lich die Schul­den­last durch einen mäßi­gen An­stieg der In­fla­tion – sagen wir mal so auf fünf Pro­zent glo­bal – ab­tra­gen wird«. Eine sol­che In­fla­tion würde indes alle arm machen. Zu­mal nicht zu er­ken­nen ist, wie sie »gemäßigt« werden soll.

Die Herren haben wo­mög­lich die Rech­nung ohne den Wirt ge­macht. Die grie­chi­sche Be­völ­ke­rung lässt sich die Armuts­pro­gram­me nicht gefal­len. Euro­pa re­bel­liert ge­gen Pri­va­ti­sie­rung und Ver­ar­mung. Auch hier im Lande ist eine Pro­test­be­we­gung fäl­lig. Dabei muss es zu­nächst um die Ent­eig­nung und öf­fent­li­che Kon­trol­le der Ban­ken gehen.

 

Quelle: Flugblatt der DKP Köln
vom 24. September 2011
Grafik: Spitzl (Wikipedia)