Umwelt

Das Leuchtturmprojekt Reisholzer Hafen

Reisholzer Hafen von oben.

Nach der kapitalistischen Devise:

«Friss oder du wirst ge­fres­sen»

oder «für Profit gehen wir über Leichen»

Mit der Gründung der «Neuss-Düsseldorfer-Häfen» begann ein Feldzug gegen die Konkurrenz am Niederrhein den bisher grössten Binnenhafen der Welt, den Duisburger Hafen: man erkaufte sich die 49% Beteiligung am Krefelder Hafen, ging so gestärkt in die Verhandlung mit der Hafengesellschaft Köln und bildete anschliessend die RheinCargo. Mit dem jüngsten Coup, der Übernahme aller Anteile an der Neska-Gruppe durch die HGK kam zu 100% der Containerterminal UCT Stürzelberg dazu und man hat beim Konkurrenten Duisburg-Ruhrort mit zwei Container-Terminals und einer konventionellen Krananlage einen Fuss in der Tür. Bleibt nur noch das Leuchtturmprojekt «Reisholzer Hafen» auf der rechten Rheinseite.

Aber es geht nicht um die wirtschaftliche Entwicklung einer Region, die sich über 90 km entlang des Rheins erstreckt, sondern um den Gewinn.

Volker Goetz von der Bürgerinitiative «Hafenalarm» gegen den trimodalen Ausbau des Reisholzer Hafens schrieb in einem Artikel in der Düsseldorfer Stattzeitung Terz» (wir übernehmen den Artikel mit freundlicher Genehmigung des Autors).

STADTENTWICKLUNG

Hafenalarm im Hafen Reisholz

Was tut sich zur Zeit in Sachen «Ausbau des Reisholzer Hafens»? Ein Zwischenbericht:

Der Hafen Reisholz, Ende des 19. Jahrhunderts für die Industrie-Unternehmen in Reisholz mit Bahnschienen-Anbindung zum Rhein erbaut, liegt auf Holthausener Gebiet. An der Spitze der engsten Rheinschleife ist er umringt von drei hochrangigen Naturschutzgebieten: Südlich auf der anderen Rheinseite erstreckt sich der Zonser Grind, nur durch die Flussbreite von ca. 280 Meter vom Hafengebiet getrennt. Er ist bis ca. 100 Meter in den Rhein als Flora-Fauna-Habitat – Natura 2000 – Gebiet ausgewiesen. Nordwestlich liegen die Orte Itter und Himmelgeist mit dem Himmelgeister Rheinbogen, der «Jücht», gegenüber linksrheinisch der Uedesheimer Rheinbogen, ebenfalls ein Flora-Fauna-Habitat – Natura 2000 – Gebiet. Südöstlich kann man vom Hafen Reisholz aus den Schlosspark Benrath sehen, dahinter liegt die Urdenbacher Kämpe mit ihrer einmaligen Auenlandschaft.

Das Rheinufer bei der Benrather Rheinterrasse mit Blick zum Reisholzer Hafen.

Zurzeit ist der Hafen von der örtlichen Industrie umweltverträglich und bürgernah genutzt: Kohletransporte vom Schiff auf LKW über die Reisholzer Werftstraße, TEREX verlädt hier Kranschwerteile auf Schiffe, die BASF bezieht hier ihr Flüssiggut. In den historischen Hafengebäuden haben die Düsseldorfer Künstler*innen, die aus dem Schicki­micki-Hafen im Düsseldorfer Zentrum vertrieben wurden, ihre Ateliers – alljährlich bei den Düsseldorfer Kunstpunkten eine große Attraktion.

Um die Jahrtausendwende war der Plan des damaligen Oberbürgermeisters Joachim Erwin, den Hafen zur «Marina» umzubauen, am Widerstand der örtlichen Industrie und des DGB gescheitert. 2011 hatte dann der ehemalige Oberbürgermeister Dirk Elbers zusammen mit dem Industriekreis (Neuss Düsseldorf Hafen, Industrie und Handelskammer, Messe Düsseldorf, Flughafen Düsseldorf, IDR, Henkel und viele andere) leider auch mit Unterstützung des DGB eine neue, gewaltige Idee: Vollmundig legten sie den «Masterplan Industrie für Düsseldorf» vor – mit dem «Leuchtturmprojekt D Port Hafen Reisholz». Hier sollte ein «trimodaler Container-Terminal» als Umschlagplatz zu einem der «modernsten Binnenhäfen Europas» ausgebaut werden. Als wichtiges Ziel bezeichneten sie die zügige Be- und Entladung der großen Container-Binnenschiffe von den Hafen Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam. Neben der Erneuerung der Kaianlagen sollte ein computergesteuerter Containerstapelplatz mit Transportbrücken entstehen, auch eine Trocken-Umschlaganlage, eine Schüttgut-Umschlaganlage, eine Flüssiggut-Umschlaganlage und ein Bahnterminal waren angedacht. Der Betrieb sollte im 24/7-Modus laufen, also rund um die Uhr, die ganze Woche und nachts mit Flutlicht.

Bei der sattsam bekannten Firma Planco Consulting GmbH Essen bestellte «Neuss Düsseldorf Häfen, GmbH & Co. Kg» eine Bedarfsanalyse, die im November 2012 mit dem gewünschten Ergebnis fertiggestellt war. Der staunenden Öffentlichkeit präsentierten die Leuchtturmprojektler*innen Ende 2012 in einer Bürgerversammlung in der mittlerweile abgerissenen Kantine von Demag Crane (heute TEREX) ihre Idee – es schien alles glatt zu laufen. Schon 2013 sollte nach Gründung einer Projektgruppe eine Machbarkeitsstudie, selbstverständlich ebenfalls von Planco, für ein Honorar von einer Million Euro vorliegen. Vor der gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung hatten die Planer*innen keine Angst: Zündend fanden sie ihr Argument, den LKW-Verkehr von Holland nach Nordrhein Westfalen von der Autobahn weg auf den Rhein zu bringen – der Rhein als Ersatzautobahn!

Ja, wenn nur die Leute nicht wären…

Da gab es Naturschützer, Anwohner*innen in Itter, Neubürger*innen in Himmelgeist, die sich sorgten wegen des Impulslärms, blockierten Verkehrswegen durch Container-LKWs und Containergüterzüge, Luftverschmutzung durch Stickstoffoxide aus mit Schweröl fahrenden Container-Binnenschiffen und der Zerstörung von Flora und Fauna in den Naturschutzgebieten. Erst zögerlich, dann Fahrt aufnehmend bildete sich eine Bürger*innen-Initiative, vom Industriekreis nicht ernst genommen und vom ehemaligen OB Elbers als «Randalierer» bezeichnet. Die gab sich 2013 den Namen «Hafenalam», hatte Logo, T-Shirts, Homepage und legte los mit Flyern, Transparenten und sammelte Protestunterschriften an zahlreichen Infoständen, die Elbers vorgelegt werden sollten. Es bildeten sich Arbeitsgruppen mit den Themen Politik, Umwelt, Öffentlichkeitsarbeit, Recht und Internet. In monatlichen Vollversammlungen berichteten die Gruppenleiter*innen über ihre Arbeit, die in der Vollversammlung basisdemokratisch gefassten Entscheidungen vertraten die beiden Sprecherinnen und ein Sprecher nach außen. Die Bürgerinitiative suchte Bündnispartner und fand diese: Kontakte mit der Bürgerinitiative Köln-Godorf, Krefeld, mit dem BUND, dem NABU, der biologischen Station Haus Bürgel und den NaturFreunden kamen zustande.

Die Bürgerinitiative setzte auf einen Machtwechsel im Rathaus bei der Kommunalwahl 2014. Höhepunkt ihrer Aktionen war im März 2014 die in der überfüllten Freizeitstätte Garath angesetzte Podiumsdiskussion, bei der auch der jetzige Oberbürgermeister Thomas Geisel sprach und in der die Sachverständigen klarmachten, wie absurd der Containerterminal-Plan war. Kurz vor der Kommunalwahl übergab die Bürgerinitiative mehrere tausend Protestunterschriften; der damalige OB Elbers kniff und schickte hierzu seinen Vertreter Dr. Keller.

Ihr Nahziel hat die Bürgerinitiative erreicht: Der Wind im Rathaus hat sich gedreht. OB Thomas Geisel und die Ampelkoalition haben in der Koalitionsvereinbarung zum Hafen Reisholz folgendes festgeschrieben: «Reduzierung der Verkehrsbelastung im Düsseldorfer Süden. Kein überregionaler «Hub», der neue Verkehrsströme erzeugt. Privatwirtschaftlicher Bau und Betrieb unabhängig von Steuergeldern.»

Brecht hat Recht: Es wechseln die Zeiten, die riesigen Pläne der Mächtigen kommen am Ende zum Halt: Die vom Industriekreis für 2013 angekündig­te Projektgruppe gibt es bis heute nicht. Die für Ende 2013 angekündigte Machbarkeitsstudie ist nicht einmal in Auftrag gegeben. Ein Verkehrsgutachten zur Verkehrsproblematik im Düsseldorfer Süden hatte «Neuss Düsseldorf Häfen» für Mai 2014 angekündigt – es liegt bis heute nicht vor, offensichtlich sind die gewünschten Ergebnisse nicht mehr so leicht zu begründen.

Auch juristisch hat sich viel getan: Der geplante Ausbau des Hafens Köln-Godorf scheiterte vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes zur Elbvertiefung in Hamburg dürften die Pläne des Landesministers Groschek zur Rheinvertiefung durchkreuzen. Die Bürgerinitiative Hafenalarm weiß, dass sie auf der Hut bleiben muss: Auf dem Neuss Düsseldorfer Hafentag 2014 hat Landesminister Michael Groschek den Containerterminal Hafen Reisholz vehement befürwortet. Mit Hilfe der Arbeitsgruppe Recht hat die Bürgerinitiative massenhaft Widersprüche gegen den Landesentwicklungsplanentwurf der Bezirksregierung eingereicht. Am 11.09.2015 organisierte die Bürgerinitiative, um dem «Verkehrsgutachten» auf die Sprünge zu helfen, eine Demonstration mit einem ca. 300 m langen Containergüterzug über die Bonnerstraße Ecke Niederheid. Der Verkehr staute sich bis Benrath.

Text: Volker Goetz
www.terz.org – 01.09.2015
Fotos: Partei die Linke, I.Lang