Antifaschismus
Sie wollten ein besseres Deutschland
Erinnern
Seit 16 Jahren begeht in der Kölner Antoniterkirche ein sehr breites Bündnis den 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee.
In diesem Jahr erinnerte es an die überlebenden Kölnerinnen und Kölner, die während der NS-Zeit Widerstand leisteten und aus politischen Gründen verfolgt wurden. Ihr Wirken und ihre Erfahrungen nach der Befreiung 1945 standen im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltung «Erinnern – eine Brücke in die Zukunft».
Pfarrer Mathias Bonhoeffer begrüßte die Teilnehmer der Veranstaltung in der überfüllten Kirche, Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes sprach engagierte Worte zur Eröffnung. Das Jansa-Duo (Christine Rox, Violine, und Klaus-Dieter Brandt, Cello) bot ein unvollendetes Stück von dem in Auschwitz umgekommenen Komponisten Gideon Klein. Am Schluss spielte es ein Andante von Jerzy Fitelberg, der sich 1933 nach Frankreich retten konnte. Beunruhigende Musik.
Schauspieler – Monika Mainka, Axel Gottschick und Josef Tratnik – trugen die Texte vor. Der Kalte Krieg verstellt noch heute die Wahrnehmung der unmittelbaren Nachkriegszeit. Gleich nach der Befreiung war aber in den Programmen weder der bürgerlichen noch der Arbeiterparteien Feindschaft angelegt. Im Gegenteil. Sowohl in den Ortsausschüssen, der bald gegründeten Einheitsgewerkschaft wie in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes stand die Zusammenarbeit der Antifaschisten unterschiedlicher Parteibindung im Vordergrund. Es ging allen darum, sich vom Militarismus, dem Antihumanismus, der Kulturfeindlichkeit des deutschen Faschismus abzugrenzen. Staatliches Handeln und gesellschaftliches Leben sollte von den Einflüssen der Naziideologie gereinigt werden. Zunächst galt es aber, den dringendsten Nöten abzuhelfen, die Trümmer zu beseitigen, Lebensmittel und Wohnraum zu beschaffen. Man arbeitete zusammen: Christen, Sozialdemokraten und Kommunisten, insbesondere in der Arbeiterbewegung.
Das änderte sich schon nach wenigen Jahren. Die Währungsreform im Juni 1948 durchschnitt das Land. Die Sowjetzone wurde von den Westzonen wirtschaftlich endgültig abgetrennt. Im Westen prosperierte die Wirtschaft durch die feste Bindung an den Dollar. Lange vor der Mauer teilte der «eiserne Vorhang» Deutschland. 1949 wurde im Mai die Bundesrepublik und im Oktober die DDR gegründet. Letzteres hatten die Kommunisten 1945 gar nicht vorgesehen. Ihre Pläne hatten sich auf das ganze Deutschland bezogen, sie wollten ein antifaschistisches, demokratisches Deutschland. Jetzt schwanden die Gemeinsamkeiten. Der Westen rüstete zum «roll back». Im Zuge der Wiederherstellung der alten Eigentums- und Machtverhältnisse und der Remilitarisierung wandelte sich hier der antifaschistische zum antikommunistischen Grundkonsens. Mitglieder der VVN und der KPD wurden ab September 1950 aus dem öffentlichen Dienst entlassen. Die Nazis fügten sich wieder in den Staatsapparat ein. 1956 wurde die KPD verboten, ihre Mitglieder eingesperrt.
Die Veranstaltung in der Antoniterkirche konnte indes den akademischen Gestus eine Geschichtsseminars vermeiden. Stellvertretend wurden einige wenige Persönlichkeiten der Kölner Nachkriegsjahre mit ihren Hoffnungen und Enttäuschungen vor Augen und Ohren geführt: Die Sozialdemokraten Willi Schirrmacher und Robert Görlinger, die christlichen Politiker Konrad Adenauer und Leo Schwering sowie die Kommunisten Maria Fensky und Kurt Bachmann. Deren Lebensführung kontrastierte mit der der Nazi-Täter. Letztere wurden nachlässig und in nur geringer Zahl zur Rechenschaft gezogen.
Im Anschluss bewegten sich die Teilnehmer in einem «Mahngang» zum Rathaus, der im Spanischen Bau vor einer Gedenktafel endete. Es wurden Blumen niedergelegt. Elf Namen finden sich auf der Tafel: sozialdemokratische und und kommunistische Stadtverordnete, die von den Nazis umgebracht worden sind.
Fotos: arbeiterfotografie.com