Antifaschismus

Das Vermächtnis des 8. Mai 1945

Jahrestag der Befreiung vom Faschis­mus

Sowjetische Fahne über dem Reichstagsgebäude.

Am 30. April 1945 hiss­ten so­wje­ti­sche Sol­da­ten – nach er­bit­ter­ten Kämp­fen um den von 5 000 SS-Leu­ten ver­tei­dig­ten Reichs­tag – in den frü­hen Mor­gen­stun­den auf des­sen Dach die ro­te Fah­ne des Sie­ges über den Fa­schis­mus. We­ni­ge Ta­ge spä­ter ka­pi­tu­lier­ten die rest­li­chen Ein­hei­ten der Wehr­macht in Berlin.

Hinter der Sowjetarmee lagen fast vier Jahre eines mit unvorstellbaren Opfern geführten Kampfes um die Befreiung Europas vom Faschismus. Allein der Kampf um Berlin, der sieben Tage andauerte, kostete 30 000 sowjetischen Soldaten das Leben. Jedes Haus, jede Straße mussten im Sturm genommen werden. Ebenso viele sowjetische Soldaten waren nach dem Übergang über die Oder beim Sturm auf die Seelower Höhen gefallen. Das untergehende faschistische System hatte bis zur letzten Stunde auch Zehntausende deutsche Soldaten, Zivilisten, Frauen und Kinder in einem sinnlosen Kampf verheizt, SS-Sonderkommandos erschossen jeden an Ort und Stelle, der sich weigerte den sinnlosen Widerstand fortzusetzen. Die Befreiung der Völker Europas von den faschistischen Eroberern und Unterdrückern war eine welthistorische Tat. Sie war das Ergebnis des gemeinsamen Kampfes der Armeen der Antihitler-Koalition, der Widerstandskämpfer in den von Hitlerdeutschland und seinen Verbündeten okkupierten Ländern, der Partisanen in vielen dieser Länder.

Unübersehbar hatte die sowjetische Armee den größten Anteil am Sieg über den Faschismus. Hitlers Armeen wurden vor Moskau im Winter 1941 zum ersten Male gestoppt und zurückgeschlagen. Sie erlebten in Stalingrad und im Kaukasus ihre ersten große Niederlagen, verloren 1943 nach der Kursker Schlacht endgültig die strategische Initiative. Bis zu diesem Zeitpunkt stand die Sowjetarmee auf dem europäischen Festland allein der faschistischen Koalition gegenüber. Sie erkämpfte die Wende des Krieges. Erst dann landeten alliierte Truppen in Italien, erst im Juni 1944 entstand mit der Landung in der Normandie die bereits für 1942 versprochene zweite Front. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Rote Armee aus eigener Kraft ihr Land fast völlig befreit und näherte sich der Weichsel und den deutschen Grenzen. Auch nach der Landung in der Normandie blieb die sowjetische Front die Hauptfront, wurde hier am erbittertsten gekämpft. Immer standen mehr als 60 Prozent der deutschen Armee an dieser Front. Nur einmal, in Vorbereitung der »Ardennen-Offensive«, wurden für kurze Zeit Elitedivisionen von der Ostfront an die Westfront verlegt. Das Scheitern dieser Aktion im Winter 1944 und die sofort beginnende vorgezogene Offensive der Roten Armee an der Weichsel-Front korrigierten diese Kräfteverteilung rasch wieder.

Zwischen der Landung in der Normandie und der Kapitulation der faschistischen Armee starben insgesamt 174 000 Angehörige der USA-Streitkräfte. Zwischen dem 22. Juni 1941 und dem 8. Mai 1945 starben an den Fronten gegen Hitlerdeutschland 8,5 Millionen sowjetische Soldaten – nicht gerechnet die Millionen, die in deutscher Kriegsgefangenschaft ermordet wurden oder verhungerten. Mindestens 10 Millionen Menschen, zumeist aus den von Deutschland überfallenen Ländern, wurden als Arbeitssklaven eingesetzt. Viele überlebten die Zwangsarbeit nicht.

Jeder zweite der 55 Millionen Toten des Krieges war ein Sowjetbürger. Vor acht Jahren – zum 60. Jahrestag – erschien in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« eine Anzeige früherer Bundeswehrgenerale, die bezeichnend ist für den Umgang eines Teils der sogenannten Eliten in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Generale bezeichneten den 8. Mai 1945 als »Tag der Niederlage unserer Wehrmacht« sowie als »Beginn der deutschen Teilung«. Sie beklagten die »Abrechnung der Sieger« mit der Zivilbevölkerung und den Soldaten in den ersten Nachkriegsjahren. Im Mai 2010 lehnte eine Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag einen Antrag von Abgeordneten der Partei »Die Linke« ab, künftig den Tag der Befreiung als bundesweiten gesetzlichen Feiertag zu begehen – entsprechend der seit 2002 geltenden Regelungen in Mecklenburg- Vorpommern. Zuvor hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert in seiner Eröffnungsrede der 41. Sitzung des Bundestages zwar immerhin erklärt: »Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung«. Doch dann fügte er hinzu: »Für nicht wenige begann eine neue Leidenszeit, weil sie in Gefangenschaft gerieten, weil sie aus ihrer Heimat vertrieben wurden oder weil sie sich erneut in einer Diktatur wiederfanden …«

  • Dem Vermächtnis des 8. Mai 1945 widerspricht es, wenn die Befreiungsmission der Roten Armee – auch im Bundestag – in diskreditierender Weise geleugnet wird und wenn in osteuropäischen Ländern faschistische Kollaborateure als Nationalhelden gefeiert werden.
  • Dem Vermächtnis des 8. Mai 1945 widerspricht es, wenn Faschisten – durch die Polizei geschützt – hier wie in anderen Ländern Europas in Städten und Gemeinden aufmarschieren dürfen und antifaschistische Gegendemonstranten durch Polizei und Justiz kriminalisiert werden.
  • Dem Vermächtnis des 8. Mai 1945 widerspricht es, wenn die Mehrheit der Abgeordneten des deutschen Bundestages, den von der SPD eingebrachten NPD-Verbotsantrag ablehnt.
  • Dem Vermächtnis widerspricht es, wenn nach wie vor versucht wird, den wahren Umfang der Verstrickungen von Diensten und Politik in die NSU-Morde zu »deckeln«

Nina Hager
aus UZ vom 03.05.2013
unsere zeit – Zeitung der DKP

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