Betrieb & Gewerkschaft
Sie hatten keine Chance, aber die haben sie genutzt
Der Flughafen Düsseldorf scheint ein gutes Pflaster zu sein für eigentlich aussichtslose Arbeitskämpfe
Immer wieder der Kampf David gegen Goliath. 2005 der Arbeitskampf bei Gate Gourmet. Ein halbes Jahr lang. Trotz Streikbrechern und recht zögerlicher Haltung der Gewerkschaften konnte zumindest ein Teilerfolg durchgesetzt werden. 2015 der Wach- und Sicherheitsstreik in der Fluggastkontrolle. Eigentlich bis dahin für unorganisierbar gehaltene Kollegen gehen erfolgreich in die Aktion. Mit Unterstützung von Verdi und es wurden erhebliche Lohnsteigerungen erkämpft.
Und jetzt die Reinigungskräfte. 168 Kolleginnen und Kollegen sollten entlassen werden und standen gegen eine sture Unternehmensleitung bei Klüh, die die Reinigungskräfte mit zum großen Teil Vollzeit und langer Beschäftigungsdauer los werden wollten. So wurde, als der Reinigungsauftrag am Düsseldorfer Flughafen an den Konkurrenten Dr. Sasse verloren wurde, mit dem größtenteils unternehmenshörigen Betriebsrat flugs ein «Interessensausgleich» vereinbart, der diesen Namen nicht einmal ansatzweise verdient.
Die Reinigungskräfte sollten trotz langjähriger Betriebszugehörigkeit mit Minimal-Beträgen abgespeist werden. Die neue Reinigungsfirma auf dem Flughafen war nicht bereit, die Reinigungskräfte zu den gleichen oder ähnlichen Bedingungen wie bei Klüh zu übernehmen, vor allem nicht unbefristet. Irgendwer muss ja die 200.000 € bezahlen, die Dr. Sasse weniger bekommt als Klüh für die gleiche Leistung. Der Flughafen Düsseldorf, der zu 50% der Stadt Düsseldorf gehört und dessen Aufsichtsratsvorsitzender der Düsseldorfer OB Geisel (SPD) ist, wollte sich nicht einmischen. Es sei eine Sache zwischen Klüh, Dr. Sasse und dem Reinigungspersonal.
Eine eigentlich ausweglose Situation, denn die 168 Kolleginnen und Kollegen hatten nichts als ihre Verzweiflung und ihre Wut – und ihre Gewerkschaft, die IG BAU.
Nachdem erste Aktionen der IG BAU gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen im Flughafen offensichtlich ins Leere liefen, entschlossen sich, die Beteiligten massiv an die Öffentlichkeit zu gehen. Ein erster Aktionstag hatte noch wenig Unterstützung. Aber als der Streik mit über 97% beschlossen war, kam auch die Solidarität ins Rollen, und Presse und Fernsehen wurden aufmerksam. Beim Streikaktionstag gab es viel Unterstützung aus anderen Gewerkschaften. DGB, Verdi und NGG waren da und Vertreter von Parteien, darunter auch die DKP.
Ein gemeinsamer Besuch der Aufsichtsratssitzung der Flughafen AG hat offensichtlich gehörigen Eindruck hinterlassen. Kein Flughafenoffizieller traute sich raus zu den aufgebrachten Kolleginnen und Kollegen. Und die Presse und der WDR berichteten positiv.
Aber erst die dritte öffentlichkeitswirksame Aktion, Protest unmittelbar vor und kurzzeitig auch in der Unternehmenszentrale von Klüh, wieder mit massiver Solidarität von außen und mit Begleitung von Presse, Funk und Fernsehen brachte so etwas wie einen Durchbruch, und die Beteiligten konnten an den Verhandlungstisch gezwungen werden.
Peter Lommes, Sprecher des DKP-Bezirksvorstandes und dort verantwortlich für die Betriebs- und Gewerkschaftspolitik, stellte fest, dass sich das Ergebnis für die schwierigen Ausgangsbedingungen sehen lassen könne. Es sei zwar kein strahlender Sieg, aber ein Erfolg. 20 Reinigungskräfte werden bei Klüh weiter beschäftigt, 50 von Dr. Sasse übernommen, und für die übrigen knapp 100 Kolleginnen und Kollegen konnte ein «Interessenausgleich» vereinbart werden, der diesen Namen wenigstens verdient. Ohne den Widerstand der Kolleginnen und Kollegen wäre das Ergebnis mager ausgefallen.
Dieser Kampf habe einmal mehr gezeigt, dass auch aus der Defensive heraus gekämpft werden könne, weil das Kräfteverhältnis durchaus zu verschieben sei. Ein solches Vorgehen sei aber nicht voraussetzungslos. Es bräuchte Kolleginnen und Kollegen, die zumindest instinktiv wissen, warum sie in den Kampf gehen und nicht resignieren. Es braucht eine Gewerkschaft, die den Kampf der Kolleginnen und Kollegen aufnimmt und ausschließlich den Interessen der Kolleginnen und Kollegen verpflichtet ist. Und es braucht ein aufmerksames Umfeld, das bereit ist, Solidarität zu organisieren und zu geben.
Diese Voraussetzungen seien in allen drei Fällen, bei Gate Gourmet, bei den Wasi-Leuten in der Fluggastkontrolle und bei den Reinigungskräften von mal zu Mal stärker gegeben gewesen. Darum konnten alle drei Kämpfe mit relativen Erfolgen beendet werden. Und in allen drei Kämpfen hätten die Kolleginnen und Kollegen zumindest gelernt, dass es sich lohnt zu kämpfen. Wie nachhaltig dieses Gelernte sein wird, hänge nun im Wesentlichen davon ab, ob sie auch weiterhin eine kämpferische Interessenvertretung an ihrer Seite haben.
Peter Lommes
Foto: Bettina Ohnesorge